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Haben ARD & ZDF zum Wahlerfolg der AfD beigetragen?

von | Sep 9, 2024 | Aktuelles, Demokratischer Herbst

Die AfD wird von ARD, ZDF und DLF mit großer Aufmerksamkeit belohnt, gerade im Wahljahr 2024 bekam die rechtsextreme Partei extrem viel Reichweite geschenkt: Mehr als die Grünen oder Linken, die immerhin im Bund respektive den Bundesländern Thüringen und Sachsen, in denen gewählt wurde, an den jeweiligen Regierungen beteiligt sind. In Thüringen lag sie sogar auf Platz 1 in der Berichterstattung – wohlgemerkt bevor sie dann auch stärkste Kraft wurde. Hat ausgerechnet der ÖRR zum Erfolg der Faschisten beigetragen?

Eine jüngst veröffentlichte Kurz-Studie von Media Tenor lässt den Verdacht aufkommen, dass die Berichterstattung der beiden Sender mitverantwortlich für den Aufstieg der rechtspopulistischen Partei sein könnte. Die Analyse zeigt auf, dass die AfD im Wahljahr 2024 eine Medienpräsenz erhielt, die angesichts des Rechtsextremismus in der Partei Fragen aufwirft und möglicherweise zu einer Self-Fulfilling-Prophecy führte.

Sichtbarkeit als Erfolgsfaktor

Medienanalysten wissen: Sichtbarkeit in den Nachrichten ist eine „Gold-Währung“ für Parteien, die nicht nur bei den etablierten Regierungsparteien, sondern auch bei der Opposition entscheidend sein kann. Klar: Wer unbekannt ist, wird wohl kaum gewählt. Die Werbe-Industrie weiß das seit Jahrzehnten. In Social Media dominiert die AfD mit cleverer Propaganda und Desinformation schon lange die Trends. Das zeigte jüngst eine andere Studie der Uni Potsdam. Doch sogar der als angeblich so “linksgrüne” ÖRR schenkt den Faschisten enorme Aufmerksamkeit:

Quelle

Laut der Media-Tenor-Studie, die im Jahr 2024 von Januar bis August 7.665 Berichte analysiert hat, erreichte die rechtsextreme AfD dabei Gesamtrang 3 in Sachen Medien-Sichtbarkeit. Interessant hierbei ist, dass die AfD weder auf Landes- noch auf Bundesebene Regierungsverantwortung trägt, aber dennoch prominenter in den Primetime-Nachrichten vertreten war, als etwa die Grünen oder die Linkspartei. Diese Diskrepanz ist besonders auffällig, da die Grünen bis zu den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen an der Regierung beteiligt waren und dennoch weniger mediale Aufmerksamkeit erhielten.

Media Tenor-Chef Roland Schatz stellt fest, dass insbesondere die Berichterstattung in den Tagen vor den Wahlen eine überproportionale Darstellung der AfD gezeigt habe. So lag die AfD im Berichtszeitraum sogar auf Platz 1 in der Berichterstattung über Thüringen. Laut Schatz ist dies ein klassisches Beispiel für das Phänomen der Self-Fulfilling-Prophecy. Medien schenken einer Partei verstärkt Aufmerksamkeit, was die Neugier der Wähler weckt und schließlich zu Wahlerfolgen führt. „Spätestens seit der Bayern-Wahl 2023 ist bekannt, dass vor allem der Faktor Sichtbarkeit dazu beiträgt, für wen Wähler sich interessieren“, heißt es.

Vernachlässigung anderer Parteien

Während die AfD im Fokus der Berichterstattung stand, kamen andere Parteien wie die Linkspartei oder die FDP deutlich zu kurz. Dies erstaunt vor allem in Thüringen, wo die Linkspartei den Ministerpräsidenten stellte, aber dennoch in der Berichterstattung weit hinter der AfD rangierte.

Ein weiterer Punkt, den die Media-Tenor-Studie beleuchtet, ist die thematische Gewichtung in der Berichterstattung. Auffällig: Bis Mai wurde die AfD mit den Spionage– und Korruptionsskandalen der EU-Wahl Spitzenkandidaten in Verbindung gebracht. Schon zuvor natürlich vor allem mit dem Aufschrei nach den Enthüllungen der Deportationspläne aus dem Geheimtreffen in Potsdam. Da sanken die Umfragewerte der AfD deutlich.

Danach änderte sich das aber wieder und die AfD wurde besonders in Verbindung mit ihren Kern-Propaganda-Themen Migration und Sicherheit dargestellt. Und prompt stiegen ihre Werte wieder. Korrelation oder Kausalität? Diese Fokussierung auf emotionale und kontroverse Themen kann ebenfalls eine Rolle bei der Mobilisierung potenzieller Wähler spielen.

Die Rolle der öffentlich-rechtlichen Sender

Ein markantes Beispiel ist das Thema Kriminalität und Sicherheit. Dieses war kurz vor den Wahlen durch das Attentat von Solingen noch einmal stark in den Medien präsent. Hierbei erhielt die AfD – trotz fehlender Regierungsverantwortung – sogar mehr Sendezeit als etwa die SPD, die in diesem Bereich mit der Fachministerin in der Bundesregierung vertreten war. Auch hier wird ein Zusammenhang zwischen medialer Präsenz und Wahlerfolg deutlich.

Ein weiteres kritisches Element der Diskussion betrifft die Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien insgesamt. So heißt es in der Studie: Claus Kleber, einstiges Aushängeschild des ZDF-„heute-journals“, merkte bereits im Jahr 2020 an, dass Journalisten nicht die Rolle von „Pressesprechern“ übernehmen sollten – weder für die Regierung noch für oppositionelle Parteien. Die Studie fragt sich, ob Sensationslust auch ARD, ZDF & Co. dazu verführt, der rechtsextremen Partei mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Und ihr so sogar ungewollt zu helfen.

Fazit

Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF haben im Wahljahr 2024 der AfD eine Sichtbarkeit verschafft, die in keinem angemessenen Verhältnis zur politischen Bedeutung der Partei steht. In letzter Zeit ist auch gefühlt jede zweite Woche ein AfD-Rechtsextremist in einer ÖR-Talkshow eingeladen. Von dem massiven Boost, den Sahra Wagenknecht mit ihrer neu aufgezogenen Partei genossen hat, wollen wir gar nicht erst anfangen. Angesichts der fundamentalen Bedeutung, die der Medienberichterstattung in demokratischen Prozessen zukommt, sollte die Rolle der öffentlich-rechtlichen Sender in diesem Zusammenhang kritisch hinterfragt werden. Muss man ständig Faschisten unkritische Sendezeit geben?

Teile des Artikels wurden mit maschineller Hilfe erstellt. Artikelbild: Matthias Bein/dpa