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Ich habe mir die rechtsradikale Antwort auf Danger Dan angesehen, damit ihr es nicht müsst

von | Apr 14, 2021 | Aktuelles

Vier Minuten Wehleidigkeit

Wir haben die rechte Antwort auf Danger Dan zerlegt. Vorweg: Es gibt Menschen, die die Gabe haben, einfach Dinge zu ignorieren, die sie eklig oder abartig finden. Sie schauen nicht hin, wenn ein totes Tier irgendwo liegt. Aber es gibt auch diejenigen, die sich einen Stock nehmen und dann anfangen, das Tier zu piken und es mit einer morbiden Faszination untersuchen. So jemand bin ich. Ich bin Soziologe, soziale Abgründe widern mich nicht an, ich schaue sie mir an und seziere sie mit etwas, das man wohl als „Faszination des Ekels“ bezeichnen kann.

Diese „Faszination des Ekels“ hat nun auch Runa NDS bei mir geweckt und ich möchte mit dieser Faszination Leuten auch einen Gefallen tun: Ich habe mir ihr Antwortvideo „Schrille Töne, Roter Filz” auf Danger Dans „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ angesehen. Das wurde vor einigen Tagen veröffentlicht und im Grunde kann man sich eine bessere Selbstdemontage kaum vorstellen, fast so, als hätten Linke sich als Rechte ausgegeben, um diese besonders lächerlich dastehen zu lassen.

Worum geht es?

Mit seinem Lied „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ hat Danger Dan, Mitglied der Gruppe „Antilopen Gang“, viel Aufsehen erweckt. Es war eine deutliche politische Positionierung und weniger Hip-Hop, denn ein musikalisches Kabarett-Stück. Mit dem Stück thematisiert Danger Dan das „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen“, das üblicherweise von rechts artikuliert wird. Dan formuliert gleichzeitig den Vorwurf an die „Neue Rechte“, geschickt am Rand der Meinungsfreiheit Tabus zu brechen, um Hetze und Fake News zu verbreiten und sich gleichzeitig als Opfer zu stilisieren, während er selbst in seinem Lied aufzeigt, dass das auch anders herum so funktioniert.

Zeilen wie „Jürgen Elsässer ist Antisemit / Kubitschek hat Glück, dass ich nicht Bogen schieß’ / An Reptilienmenschen glaubt nur der, der wahnsinnig ist / Gauland wirkt auch eher wie ein Nationalsozialist.“ Es ist Kritik an der Ideologie der erwähnten Personen und gleichzeitig eine entlarvende Satire auf deren Methoden. Hintergrund dafür war – wie auch im Lied selbst erwähnt – eine Anzeige des Verschwörungsideologen Ken Jebsen.

YouTube player

Das vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ überwachte rechtsextreme Magazin „Compact“, das vom im Lied als „Antisemiten“ bezeichneten Jürgen Elsässer herausgegeben wird, veröffentlichte kurz darauf eine „Antwort“ auf Danger Dans Lied. Die Rapperin Runa NDS sang das Lied „Schrille Töne, Roter Filz“. Und es war nicht die geniale Antwort, die die Rechtsradikalen sich erhofft hatten.

Eher Eigentor als Antwort

Ab Beginn ist der Backgroundchor zu hören: „dumm, dumm, dumm“, was das Lied schon mal gut zusammenfasst. Street Credibility soll wohl die Graffiti beschmierte Kulisse erzeugen, in der das Video spielt. Im Refrain wird – um das zu betonen – geäußert, dass man statt Sekt lieber Konterbier trinkt, also sich durch die eigene Gossenzugehörigkeit von „denen da oben” abgrenzt. Das ist halt Durchschnitt im Hip-Hop, dem das Lied wohl zugeordnet werden soll. Aber dieser lebt mehr von guten Punchlines als von Kulisse, und in diesem Song sehen die in etwa so aus:

„Dieser Gruß ist, damit du nicht vergisst,

was für die Antilope die Safari ist…“

Natürlich ist das alles andere als subtil, denn klar, dass dies auf Danger Dans „Antilopen Gang” verweist und was bedeutet Safari? Jagen, ganz wie Gauland sagte: „Wir werden sie jagen.“ Das nun ist noch die beste Zeile in dem Stück – und wenn das nun der Lichtblick an Kreativität ist, was gibt es dann alles, was schlechter ist? Schauen wir uns das auch mal an:

In der ersten Strophe wird noch versucht, so zu tun, als würde man über den Dingen stehen:

Danger Dan als „durchgedrehter Typ“, der gegen das hetzt „was er als rechts interpretiert“. Und was dies für ein „abartiger antideutscher Dreck“ sei. Aber natürlich steht man nicht darüber:

„Danger, hör mal, wenn du »Danger« willst,

dann kommt ein Haken dran, ob Leber oder Milz.“

Aber viel interessanter: Danger Dan hat was gegen ihre Amigos, Elsässer und Kubitschek gesagt, sie sagt dazu: „Er hetzt”. Und die einzige Antwort, die ihr einfällt, ist die Androhung von Gewalt? Und damit sind wir auf dem Niveau von „Du hast was gegen uns gesagt, halt die Fresse, sonst gibt’s aufs Maul” angekommen.

Drohkulisse statt Argumente

Auf dem Schulhof gibt es ja die, die andere tyrannisieren und wenn sie Gegenwind bekommen, drohen und zu mehreren auftauchen. Passend, natürlich ist Runa nicht allein, ein paar vermummte Freunde springen auch rum, um die Drohkulisse eindrucksvoller wirken zu lassen. Ist ja schade, wenn man dieses Level nie überwunden hat und nach eigener Angabe mit diesem Horizont noch für Kinder verantwortlich ist (die Dame ist laut Beschreibung mehrfache Mutter). Was da wohl vermittelt wird? Ist ja mit 16 vielleicht noch okay, wenn das eigene kleine Ego angegriffen ist und die narzisstische Kränkung kompensiert werden will, indem man anderen auf die Fresse haut oder Schläge androht. Aber wer eben die eigene Evolutionsverweigerung versucht, ideologisch positiv aufzuladen, muss wohl auch geistig stehen bleiben.

Immerhin kann sie damit prahlen, dass Jutta Ditfurth einmal erfolgreich von Elsässer verklagt wurde. Dass die Richter nicht wissenschaftlichen Antisemitismusdefinitionen bei ihrem Urteil folgten, verschweigt sie natürlich (mehr dazu). Aber dass Runa NDS von Wissenschaft wenig Ahnung haben könnte, wundert nicht. Es reicht, die Beleidigung anderer als „lächerliche Clowns“ und die Freude, mal recht bekommen zu haben.

So lächerlich aber findet sie dann „Marxisten” ja doch nicht und beklagt, dass diese den NPD-Politiker Paul Rzehaczek „fast umgebracht” hätten. Hintergrund: Im März drangen Vermummte in dessen Wohnung ein und verletzten ihn. Dass Rzehaczek selber gegen andere gehetzt hat und wie viele Angriffe von Kameradinnen und Kameraden es auf andere gab und wie viele jene „fast umbrachten”, ist natürlich in der eigenen Selbstviktimisierung kein Thema. Auch nicht, dass zu keiner Zeit Lebensgefahr bestand. Aber es reicht, so lange den angeblichen Totschlag zu wiederholen, bis man die Geschichte selber glaubt. Ansonsten war der Angriff natürlich zu verurteilende Körperverletzung, keine Frage.

Selbstviktimisierung

Wenn es wenig gute Argumente für die eigene Position gibt, bleibt nur noch das Rumopfern. Dazu passt auch der Rest: Man bekomme ja nichts von großen Firmen, müsse alles selber machen, alle sind gegen einen. Ach ja: Und natürlich steckt Merkel mit der „Antifa“ unter einer Decke, weil im Kanzleramt „Alerta” gebrüllt wird. Ja, klar! Alle sind gegen einen und haben sich gegen einen verschworen. Endlich ein Vorwand, um selber Täter zu werden?

Idealisiert wird dies mit der Behauptung, man stehe zu seinem Land. Wäre dem so, gäbe es diese knapp vier Minuten Wehleidigkeit nicht. Aber irgendwer hat den Text geschrieben, das Video gedreht, es hochgeladen usw. Es ist jemandem offensichtlich nicht egal, wenn Linke etwas tun, das man selber als „verwirrt” bezeichnet. Getroffene Hunde bellen eben.

NDS ist übrigens das Label von Runa, was für „Neuer deutscher Standard“ steht. Wenn man nun bedenkt, dass Rechte ja ständig vom Niedergang schwadronieren, der aufzuhalten ist, dann fragt man sich, warum sie selber so niedrige Standards einführen und offenbar den kulturellen Niedergang mit so Machwerken mitverantworten.

Vier Minuten Wehleidigkeit

Andererseits kann man auch froh sein: Wenn wirklich das als Standard in diesen Milieus gilt, dann ist die Kulturrevolution von rechts sehr unwahrscheinlich. Und wenn das wirklich reicht, um die eigene Klientel zu bedienen (die Youtube-Kommentare feiern es ja), dann sagt das Einiges über deren Geschmack, Horizont und intellektuelle Verfassung aus. Von der spitzfindigen Satire, die gleichzeitig die Methoden der „Neuen Rechten“ aufdeckt, wie sie Danger Dan bediente, findet sich in der Antwort nichts. Hingegen unglaubwürdige Beteuerungen, dass die Vorwürfe einen nicht treffen würden, gepaart mit einer Drohkulisse und Selbstviktimisierung. Danger Dan hat mit seinem Lied ins Schwarze getroffen, und die „Neue Rechte“ scheiterte bei dem Versuch, eine gleichwertige Reaktion zu liefern.

Wer jetzt doch neugierig geworden ist und lachen will, kann sich das Video natürlich dennoch ansehen. Abschließend ist nur noch zu sagen: Danke Runa für deinen ideologischen und geistigen Offenbarungseid und jetzt kannst du auch gerne deinen vermummten Kameraden sagen: „Der VVP war gemein zu mir, haut die!“ Oder ein ganzes Video darüber produzieren, wie wenig dich das juckt. Eine Frage muss nur offen bleiben: Ob Kubitschek und Elsässer, die Wert auf einen gediegenen Eindruck legen, nicht solche Fürsprecherinnen insgeheim peinlich sind.

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Artikelbild: Screenshot youtube.com

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