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„Der Goldene Aluhut“ verklagt Ballweg nach riesigem Querdenken-Eigentor

von | Dez 23, 2020 | Aktuelles

Ballweg hat sich ein riesiges Eigentor geschossen

Im Oktober haben wir alle gerätselt, warum „Querdenken“ sich mit Absicht derart blamieren würden und unbedingt den Negativaward „Der Goldene Aluhut“ gewinnen wollten, nachdem sie wegen manipulierter Umfragen aus der Wertung genommen wurden.

Auf Twitter kündigten sie an, eine Versammlung in (!) den Veranstaltungsräumen der Preisverleihung durchzuführen, um für eine „demokratische Abstimmung“ für einen Negativaward zu demonstrieren. Ein Querdenker-Anwalt forderte den Preis sogar juristisch ein, wir berichteten. Die Veranstalterin hielt dies zunächst für einen Fake, weil es so absurd war:

Kein Scherz: Querdenken wollen unbedingt „Preis für Blödheit“ & drohen juristisch

Wenn man es aus der Sicht eines Geschäftsmodells betrachtet, ergibt es ein wenig Sinn: Jede PR ist gute PR, wenn man Merchandise verkaufen und Spenden sammeln will. So erklärt es auch Rechtsanwalt Chan-Jo Jun, der „Der Goldene Aluhut“ gegen Ballweg vertritt.

Ballweg merkte, dass er ein Eigentor geschossen hatte

Anwalt Jun fragte sich zuerst, was oder wer denn „Querdenken“ eigentlich sei, das mit einer Klage drohte. Querdenken-Chef Ballweg erklärte später in einem Interview mit netzpolitik.org, „Querdenken“ habe möglicherweise gar keine Rechtsform (Quelle). In einem seiner Videos stellt Jun jedoch fest, „Querdenken“ müsse offenkundig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sein, so wie sie agieren und wirtschaften. Und das sind schlechte Nachrichten für die Pandemie-Leugner. Mehr dazu:

Anwalt deckt auf: Querdenker haften persönlich & werden Steuern nachzahlen müssen

Ballweg, der zu „Querdenken“ widersprüchliche Aussagen macht, stellt die Bewegung gern als dezentrale Bürgerrechtsbewegung dar, bei welcher sich jede:r einbringen könnte. Dann jedoch sammelt er „Schenkungen“ auf ein privates Konto, über welches er keine Auskunft geben möchte und schmeißt eigenmächtig Leute raus. Außerdem zeigen Recherchen, dass er und seine Mit-Querdenker ordentlich Geld verdienen mit Merch, Auftritten und Busreisen (Quelle). Mehr dazu:

Querdenken-Chef empört: Schenkungen gehen auf sein privates Konto, nicht Privatkonto

Dass er im Namen von Querdenken „Der Goldene Aluhut“ mit einer Klage drohte, geht daher jetzt gewaltig nach hinten los: Denn das kann er nur, wenn er entsprechend vertretungsberechtigt ist. Genau deshalb hat Anwalt Jun für seine Mandantin jetzt eine negative Feststellungsklage erhoben: Weil sich Ballweg nicht mehr traute, seiner PR-Drohung Taten folgen zu lassen, zieht jetzt quasi „Der Goldene Aluhut“ den Fall vor Gericht und möchte feststellen, dass „Querdenken“ keine Ansprüche auf den Preis hat, wie sie heute in einer Pressemitteilung bekannt gemacht haben (Link).

Ihr guten Weihnachtshüte,
gestern habe ich euch ein Geschenk versprochen und hier ist es. <3
Ich habe mir sogar extra…

Posted by Der goldene Aluhut on Tuesday, 22 December 2020

Sie schreiben konkret:

„Da Herr Ballweg seine Ansprüche auf unseren Award nicht zurückzog und sie stattdessen weiterhin öffentlich bekräftigte, jedoch keine weiteren rechtlichen Schritte einleitete, reichten wir am 22.12.2020 vor dem Landgericht Berlin die negative Feststellungsklage in dieser Sache ein. Der Streitwert ist auf 5001,00€ angesetzt.

Da Querdenken711 bis zu dem von Ralf Ludwig verfassten Schreiben in welchem er das Mandat für Quedenken711, vertreten durch Herrn Michael Ballweg, anzeigt uns gegenüber nicht öffentlich als Rechtssubjekt in Erscheinung getreten war, wollen wir jetzt feststellen lassen, dass Querdenken sehr wohl eine rechtsfähige gewerbliche Gesellschaft mit Gewinnerzielungsabsicht ist, die jedoch nur durch alle Gesellschafter gemeinsam vertreten werden kann. Hierbei zweifeln wir nicht nur deren Ansprüche auf unseren Award an, sondern beleuchten vor allem die gesellschaftliche und finanzielle Natur von Querdenken.“

Ironisch: „Der Goldene Aluhut“ argumentiert, dass Ballweg sie hätte verklagen dürfen

Und hier zeigt sich die große Zwickmühle, in die sich Ballweg hinein bugsiert hat: Denn um die Fassade aufrecht zu erhalten, kein gewerbliches Unternehmen mit voller Haftung des Privatvermögens zu sein und keine Auskünfte darüber geben zu müssen, was mit dem ganzen „geschenkten“ Geld eigentlich passiert, muss der eigene Anwalt von Querdenken jetzt vor Gericht gegen „Der Goldene Aluhut“ argumentieren, dass sie die Abmahnung nicht hätten schreiben dürfen und würden dadurch sofort selbst den Prozess verlieren.

Tun sie das nicht, werden sie gezwungen, vor Gericht alle Vorwürfe zuzugeben: Dass sie in Wahrheit ein profitortientiertes Gewerbe sind und Ballweg allein alle wichtigen Entscheidungen trifft. Und keine zentrale, ehrenamtliche und politische Bürgerbewegung. Ein Eingeständnis, das besonders das Finanzamt interessieren dürfte, welches bereits fahndet. Es könnte sogar kriminell sein und sich um Geldwäsche handeln, wie Jun feststellt:

Die Widersprüche in ihrem Handeln und in ihren eigenen Pressemitteilungen mit der Selbstdarstellung sind bereits länger aufgefallen. Dieser kleine PR-Stunt war jedoch wohl viel zu kurz gedacht. Es ist aber meiner Meinung nach nicht verwunderlich, dass Menschen, die täglich mit Fake News und Falschdarstellungen ihr Geld verdienen, irgendwann die Realität aus den Augen verlieren.

Zum Thema:

5 Fälle, in denen Querdenken versehentlich für Verschärfung von Maßnahmen sorgte!

 

Artikelbild: Christoph Schmidt/dpa


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