Wann treten Kalbitz und Höcke von allen Ämtern zurück?
Die AfD möchte, dass die sächsische Justizministerin Meier zurücktritt, weil sie vor 20 Jahren in einer Punkband Bass gespielt hat. Dieselbe Partei, die Landesvorsitzende wie Kalbitz haben, der von 2014-2015 Vorsitzender eines antisemitischen und holocaustleugnenden Vereins gewesen ist. Andreas Kalbitz ist nach dem Bundesparteitag der AfD in Braunschweig wieder als Beisitzer im AfD Bundesvorstand bestätigt/wiedergewählt worden. Jemand, der im Übrigen mehr als einen rechtsextremen Bezug vorzuweisen hat.
Ein paar Fakten dazu:
- Die Mitgliedschaft in der Pennalen Schülerburschenschaft Saxonia-Czernowitz. Der Verfassungsschutz prüfte, ob von ihr Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ausgehen.
- Seine Mitgliedschaft im rechtsextremen Witikobund und dem aktiven Schreiben von Artikeln für den Witikobund.
- Seine Kontakte zur (in Verfassungsschutzberichten erwähnten) Münchner Burschenschaft Danubia, die zeitweise an derselben Adresse residierte wie die Pennäle Burschenschaft Saxonia-Czernowitz. Ende 2000 und Anfang 2001 soll Kalbitz zwei Veranstaltungen für die JLO mitorganisiert haben. Dabei dürfte es sich um die Veranstaltungen mit dem Holocaustleugner Horst Mahler handeln, über die schon das AntifaInfoblatt 2000/2001 berichtet hatten.
- Kalbitz’ Besuch des Pfingstlagers der Neonazi-Organisation Die heimattreue Jugend 1993 in Thüringen oder 2007 bei deren später verbotenen Nachfolgeorganisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) auf einem Bauernhof in Eschede (RBB-Video).
- Kalbitz’ Reise 2007 nach Athen, wo eine von dem NPD-Funktionär Jens Pühse geführte Gruppe von 14 deutschen Neonazis an einem Fackelzug für im Ägäis-Konflikt 1996 umgekommene griechische Offiziere teilnahm. Nachts habe die Gruppe eine Fahne von einem Balkon ihres Hotels gehängt – mit Hakenkreuz, heißt es in einem Polizeivermerk aus dem der Spiegel zitierte.
- Von 2014 bis 2015 war Kalbitz Vorstandsmitglied des rechtsextremen und antisemitischen Vereins Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit e.V., gegründet von dem ehemaligen SS-Hauptsturmführer und NPD-Vorstandsmitglied Waldemar Schütz.
- Der Spiegel berichtete kürzlich unter Berufung auf interne Dokumente der Bundeswehr, dass Kalbitz während seiner Bundeswehrzeit gegenüber dem Militärgeheimdienst MAD auch eine Mitgliedschaft in der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen zugegeben habe.
- Bestätigt ist auch, dass Kalbitz 1994 an einer neofaschistischen Veranstaltung in Diksmuide teilgenommen hat. Diese Recherche baut auf der Recherche von uns und dem Artikel der Zeit auf und wird tiefer gehende Informationen bereitstellen.
- Mindestens seit 2007 ist Kalbitz Mitglied des antisemitischen und Holocaust-leugnenden Kulturvereins “Verein der Zeit”gewesen. Dieser wurde “von Nazis, SS-Offizieren und NPD-Funktionären” 1985 gegründet.
Dieselbe Partei, die einen Landesvorsitzenden Höcke hat, der nachweislich mit einem militanten Neonazi Thorsten Heise befreundet ist. Erst vor einigen Tagen haben wir in einer sehr langen Recherche, die Freundschaft des Landesvorsitzenden Höcke zum militanten Neonazi Thorsten Heise veröffentlicht:
Das neurechte Netzwerk der AfD Teil 3: Thorsten Heise und Björn Höcke
Die Doppelmoral der AfD
Die sächsische Justizministerin Katja Meier soll aber laut AfD-Fraktionsvorsitzenden Sebastian Wippel zurücktreten, weil sie mit 16 Jahren in einer Punkband gespielt hatte und in einem ihrer Lieder die Textzeile „Advent – ein Bulle brennt“ zu hören ist? Meier spielte den Bass. „Wer es jemals in seinem Leben toll fand, dass Polizisten brennen, kann die Justiz nicht anführen“, erklärte Wippel. Meier hingegen hatte diese Vergangenheit nie verheimlicht, jedoch erklärt, 20 Jahre später, „nicht alle Texte, zu denen ich mit 16 Jahren Bass gespielt habe“ noch inhaltlich zu teilen (Quelle).
Dazu sei auch angemerkt, dass in dieser Zeit verschiedene Varianten der Liedzeile existierten, die sich unter anderem auch auf Punker beziehen. Natürlich ist dies eine geschmacklose Zeile, aber wenn die AfD meint, dass Meier für eine zwanzig Jahre alte Liedzeile, die sie weder getextet, noch gesungen hat, zurücktreten müsse, während die AfD eine Partei ist, in der Neonazis und Faschisten beheimatet sind, die durchaus schlimmere Dinge gesagt und getan haben – und das nicht als „Jugendsünde“ vor 20 Jahren, wie wir gezeigt haben – sind diese Vorwürfe gerade zu lächerlich.
Und die Krönung dazu: Das ausgerechnet von Wippel, der erst 2016 persönlich den „Verantwortlichen dieser [Migrations-]Politik“ den Tod gewünscht hatte (Quelle). Der Flügel und die Jugendorganisation werden seit kurzem vom Verfassungsschutz beobachtet – also insbesondere die AfD Sachsen. Nicht wegen „Jugendsünden“ vor 20 Jahren, sondern ganz aktueller Verfassungsfeindlichkeit. Die AfD wirft fleißig Steine im Glashaus.