4.850

Grüner Kommunalpolitiker soll rechte Straftaten erfunden haben – Erkelenz

von | Sep 3, 2022 | Aktuelles

Wenn man sich politisch engagiert, ist man mittlerweile leider regelmäßig Hass und Hetze ausgesetzt. Manches Mal gehen die Bedrohungen sogar so weit, dass man um sein Leben fürchten muss. So planten Querdenker:innen letztens beispielsweise die Entführung von Prof. Karl Lauterbach (SPD). Ziel der Drohungen und des Hasses sind oft Grüne und Linke Politiker:innen und diese Hetze ist sehr oft leider sehr real. In einem Fall könnte es jetzt aber doch nicht der Fall gewesen sein: Ein grüner Kommunalpolitiker aus Erkelenz soll rechte Straftaten gegen sich erfunden haben. Im Falle des (jetzt ehemaligen) Grünen-Kommunalpolitikers Manoj S., ermittelten Staatsschutz und Polizei und kamen zu einem Ergebnis, das sie so wohl auch nicht erwartet hätten.

Haftstrafen für die Bedrohung von Politikern

Nicht nur Politiker:innen mit Bundestagsmandat werden regelmäßig zur Zielscheibe von Hasskriminalität. Auch in der Kommunalpolitik sehen sich immer mehr ehrenamtlich (!) tätige Menschen einer größeren Hassfront ausgesetzt. So wurde vor zwei Monaten erst ein Querdenker zu vier Monaten Gefängnis verurteilt, da er dem Wittener Kommunalpolitiker Stefan Borggraefe (PIRATEN) mehrfach den Tod gewünscht hat und aus seinen Mordfantasien kein Geheimnis machte:

Kommunalpolikter:innen werden fast täglich beleidigt oder bedroht

Das Magazin Kommunal berichtete im April 2022 aufgrund einer Studie des Innenministeriums darüber, dass Kommunalpolitiker:innen in Brandenburg fast jeden Tag beleidigt oder bedroht werden. Diese Studie bezieht sich zwar nur auf Brandenburg, lässt sich wohl aber auf ganz Deutschland übertragen. Zur Erinnerung: die Ausübung eines kommunalen Mandats geschieht rein ehrenamtlich, es gibt lediglich eine Aufwandsentschädigung für die Arbeit in der kommunalen Selbstverwaltung. Diese Menschen opfern ihre Freizeit dafür, damit die Städte und Kommunen vor Ort handlungsfähig bleiben und Menschen dort in Ruhe und Sicherheit leben können.

Der Fall Manoj S. – Hakenkreuze und SS-Runen

Die Hetze und dem Hass, gegenüber denen sich viele ehrenamtliche Mandatsträger:innen ausgesetzt sehen, ist schon schlimm genug. Es gibt jedes Mal parteiübergreifende Solidaritätsbekundungen und Rückhalt für die Opfer, denen so etwas widerfährt. Dies war auch im Falle des Erkelenzer Stadtrates Manoj S. der Fall. Der gesamte Erkelenzer Stadtrat stellte sich geschlossen hinter S., der Opfer mehrerer Attacken geworden sein soll. Die Stellungnahme wurde mit Datum vom 03.09.2022 aktualisiert, dazu gleich. Nachdem im Mai sein Fahrrad gestohlen wurde, wurde sein Auto wenige Wochen später an der Beifahrerseite mit einem Hakenkreuz beschmiert und die Fensterscheibe des Beifahrerfensters zum zweiten Mal eingeschlagen.

Auch habe er mitten auf der Autobahn plötzlichen einen platten Reifen entdeckt, obwohl die Reifen noch sehr neu gewesen seien. An seiner Wohnungstür fand er plötzlich SS-Runen sowie ein Hakenkreuz vor. Mitte August erhielt er eine Rasierklinge per Post zugeschickt und am 30.8.2022 habe er einen Brief mit seinem Todesdatum und der Unterschrift NSU 2.0 erhalten. Zunächst erschien dies alles glaubwürdig, gab es doch vor genau einem Jahr Plakate der rechtsextremen Partei der III. Weg, die gefordert hatten die Grünen „zu hängen“. S. war ebenfalls Mitglied der Grünen. Wir berichteten:

Staatsschutz ermittelt, parallel Schutzmaßnahmen für S.

Der Staatsschutz der Polizei Aachen ermittelte seit Juli intensiv und nahm die Vorkommnisse offensichtlich sehr ernst. Die Bedrohungslage für S. schien groß zu sein. Auch die Polizei Heinsberg ergriff Schutzmaßnahmen, damit er keine Angst um sein Leben haben muss. Er selbst wollte sich davon nach eigener Aussage aber nicht unterkriegen lassen und betonte, er wolle sein Engagement noch verstärken.

Alles nur erfunden?

Doch daraus wird nichts mehr. S., der auch in mehreren Ausschüssen aktiv war, legte sein Ratsmandat am vergangenen Freitag nieder, da die Ermittlungen der Polizei ergeben haben, dass er mindestens einen Teil der Vorfälle und Attacken nur erfunden und inszeniert haben soll. Durchsuchungen und eine Vernehmung mit Geständnis ergaben, dass S. selbst die Drohungen inszeniert habe. S. selbst gibt zu, dass er die Drohschreiben erfunden habe, die Sachbeschädigungen seien aber wirklich so passiert. Die Ermittlungen laufen weiter.

Die Stellungnahme(n) der Grünen Erkelenz

In der Pressemitteilung der Grünen Erkelenz heißt es dazu:

Am gestrigen Tag hat der ehemalige Ratsherr Manoj (…) gestanden, dass er die Bedrohungen gegenüber seiner Person vorgetäuscht hat. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Erkelenz und der Ortsverband der Grünen Erkelenz sind fassungslos und schockiert.

„Manoj (…) hat die Solidarität nicht nur der Erkelenzer Grünen, sondern aller Kommunalpolitiker*innen im Kreis Heinsberg und darüber hinaus missbraucht. Angesichts der tatsächlichen Bedrohungen durch Rechte Gewalt, denen Kommunalpolitiker*innen und viele People of Color ausgesetzt sind, ist sein Tun unentschuldbar“, so Hans-Josef Dederichs.

Quelle

Austritt statt Parteiausschluss

Weiter heißt es in der Pressemitteilung, dass S. auch alle weiteren parteipolitischen Ämter niedergelegt habe und auch aus der Partei ausgetreten sei. Dies ist ein logischer Schritt, da ihm sonst aller Wahrscheinlichkeit nach ein Parteiausschlussverfahren gedroht hätte welches bei so einem Vorfall auch Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

Durch sein Handeln hat S. allen Opfern von rechter Gewalt einen Bärendienst erwiesen. Ich wünsche S. Kraft und professionelle Hilfe um aus der Lebenskrise zu kommen. 

Stephan Muckel (CDU), Bürgermeister der Stadt Erkelenz

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen Erkelenz sagt dazu noch Folgendes:

Das ist nicht nur parteischädigend, sondern ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die wirklich Opfer rassistischer Gewalt sind.

Hans Josef Hederichs

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Artikelbild: shutterstock