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Abrechnung mit dem „Aber 25.000 Grippetote“-Argument der Corona-Verharmloser

von | Aug 25, 2020 | Aktuelles, Analyse, Corona, Corona-Fake

25.000 Grippetote sind auch kein Klacks

Gastbeitrag von „Mrs. Eluhut“

Die Aussage “Ist doch nur eine Grippe” verharmlost nicht nur Corona, sondern auch die Gefahren einer Grippe. Wie wäre es stattdessen mit einer Welt, in der die Menschen den Sinn von Impfungen, Masken und Hygieneregeln verstanden haben.

Eine typische Aussage von Corona-Verharmloser*innen: “Ist doch nur ‘ne Grippe, daran sind vor ein paar Jahren auch 25.000 Menschen gestorben und trotzdem haben wir keinen Lockdown verhängt.” Mit dieser Aussage fordern Corona-Verharmloser*innen nicht den jährlichen Lockdown aus Sorge um die Grippetoten. Sie sagen schlicht und ergreifend “Es ist mir egal ob jetzt 25.000 Tote an der Grippe oder an SARS-CoV-2 sterben, so ist halt das Leben.”

Corona ist definitiv gefährlicher

Aber so einfach, wie sich das die Corona-Verharmloser*innen machen, ist es auch nicht. Selbst wenn SARS-CoV-2 “nur” so gefährlich wie eine heftige Grippe wäre – was nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand definitiv FALSCH ist! (Quelle1, Quelle2, Quelle3) – würde diese Aussage SARS-CoV-2 wirklich ungefährlicher machen? Oder redet sie nicht vielmehr die Auswirkungen einer starken Grippewelle klein? Es würde bedeuten, dass man gewillt ist, zum Beispiel 25.000 Grippetote PLUS die gleiche Anzahl Coronatote einfach hinzunehmen. Die Grippe und ihre Auswirkungen verschwindet ja nicht, nur weil wir jetzt ein neues Virus namens SARS-CoV-2 haben. Im Gegenteil, die Maßnahmen helfen ja AUCH gegen die Grippe.

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Zudem geht es hier nicht ausschließlich um die Toten, sondern auch um die Langzeitschäden, die offenbar einen größeren Anteil von Infizierten betreffen als ursprünglich vermutet (Quelle1, Quelle2, Quelle3). Und wer jetzt mit dem Whataboutism “aber die Grippe macht auch Langzeitschäden” kommt, der hat das obere Argument nicht verstanden. Nur weil die Grippe möglicherweise Langzeitschäden verursachen kann, verharmlost das NICHT die Schäden durch SARS-CoV-2. Es führt vielmehr zu weit mehr Langzeitgeschädigten. Einem Geschädigten wird es außerdem herzlich egal sein, welches Virus den Schaden verursacht hat.

SInd die 25.000 An oder Mit der Grippe gestorben?

Übrigens sind die „25.000 Grippetoten“ der Grippewelle 2017/18 ein schlechter Vergleich. Nicht nur war es die tödlichste Grippewelle der letzten 30 Jahre und damit bereits irreführend (Quelle). In vielen anderen Jahren gab es gar keine „Übersterblichkeit“, in anderen nur einige hundert Fälle. Eine Tabelle hat die Tagesschau hier aufgestellt. Da wirken über 9.000 Todesfälle trotz im internationalen Vergleich sehr effektive Maßnahmen gleich ganz anders. Viel wichtiger ist jedoch der Vergleich von Äpfel und Birnen: Pandemie-Leugner stellen ja gerne in Frage, ob man AN oder MIT Corona gestorben sein.

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Bei der schlimmsten Grippewelle der letzten 30 Jahre stellen sie die Frage nicht. Denn: Die 25.000 Grippe-Toten sind nicht alle nachweislich an der Grippe gestorben. Bei diesen Zahlen des RKI handelt es sich um ein Schätz-Ergebnis und wird „Übersterblichkeit“ bezeichnet. Oft ist nicht klar, ob jemand an einer Lungenentzündung gestorben ist oder an der Grippe, deshalb schätzt man lediglich, wie viele theoretisch ohne Grippewelle gestorben wären. Laborbestätigte Grippetote gab es „nur“ 1674 in der Saison 2017/18.

Weshalb verhängen wir also nicht jedes Jahr zur Grippesaison einen Lockdown?

Einfache Antwort: Weil es unverhältnismäßig wäre. Tatsächlich wägt die Politik die gesundheitlichen Gefahren und die wirtschaftlichen Interessen ab. SARS-CoV-2 fordert ohne jegliche Maßnahmen weit mehr Tote als die Grippe. Im Vergleich mit den meisten Jahren offensichtlich sogar mit Maßnahmen. Es breitet sich schneller aus und droht damit unser Gesundheitssystem zu überlasten, deshalb müssen wir es eindämmen, so lange wir keinen Impfstoff oder Herdenimmunität haben.

Wir stehen schweren Grippewellen aber auch nicht völlig schutzlos gegenüber. Anstatt die jetzigen Maßnahmen mit der Begründung “es gibt auch heftige Grippewellen” schlecht zu reden, könnten wir unseren Umgang mit übertragbaren Krankheiten mal überdenken. Natürlich sollen wir jetzt weder in einen Hygienewahn noch eine Keimphobie verfallen, geschweige denn in jeder Grippesaison einen Lockdown durchführen. Mir ist bewusst, dass wir nicht jeden Krankheitserreger ausmerzen können.

Aber wir könnten anfangen, uns regelmäßig gegen die Grippe impfen zu lassen. Wir könnten uns nicht mehr mit der schwersten Erkältung zur Arbeit oder sonst wohin schleppen (vor allem nicht zur Oma ins Altenheim). Wir könnten zum Schutz unserer Mitmenschen (besonders der Risikogruppen) auch ohne Zwang beginnen Masken zu tragen, sobald wir uns krank fühlen, wie es in den asiatischen Ländern bereits üblich ist. (Und bevor jemand fragt, auch ich habe asiatische Tourist:innen mit Maske bislang immer nur belächelt und habe mich mit schwersten Symptomen zur Arbeit geschleppt.)

Wer weiß, vielleicht könnten wir mit einem solchen Verhalten kommende Grippewellen abflachen anstatt blöde Vergleiche zu ziehen, die jeden einzelnen der Verstorbenen (sei es durch SARS-CoV-2 oder Grippe) zu einem “so what, Menschen sterben halt” herabwürdigen.

Nothing beats Facts!

Eure Mrs. Eluhut

Zum Thema:

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Autorin: Mrs. Eluhut. Der Beitrag erschien zuerst auf ihrem Blog HIER. Artikelbild: pixabay.com, CC0


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