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Alabama: Theokratisches Gedankengut im Gewand des Gesetzes

von | Feb 24, 2024 | Analyse

Der Alabama Supreme Court hat geurteilt, dass Embryonen (befruchtete Eizellen) den rechtlichen Status von Kindern haben – dass sie als “extrauterine Kinder” gelten, also als Kinder außerhalb des Uterus. Und die Folgen dieses Urteils treten, ähnlich wie nach dem Dobbs-Urteil aus dem Sommer 2022, das das Ende des Grundsatzurteils im Fall Roe bedeutete, sofort ein: Die University of Alabama, sowie zwei weitere Behandlungscenter haben deswegen die IVF-Behandlung/künstliche Befruchtung pausiert – aus Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen. Das Ganze fußt auf einem Glaubenssatz der Religiösen Rechten, dass menschliches Leben von dem Moment der Befruchtung an besteht. 

dunkle Zeit für die Menschen im Bundesstaat Alabama

In dem vorliegenden Fall ging es um drei Paare, die geklagt hatten, weil jemand im Krankenhaus ihre Embryos versehentlich fallen ließ und damit zerstört hatte. Das Gericht begründete sein Urteil mit einem Gesetz von 1872 zur “widerrechtlichen Tötung Minderjähriger” – und behauptete, dass die Embryos als Kinder gelten würden. In der Vorinstanz war die Klage gescheitert, weil die Richter den Embryos nicht den Status von “Personen” und Kindern” zubilligten. Der Oberste Gerichtshof von Alabama tat in seinem drakonischen Urteil jetzt genau das – und läutete damit eine dunkle Zeit für die Menschen im Bundesstaat ein. 

Barbara Collura, Geschäftsführerin der National Infertility Association, sagte der New York Times, dass der neue Rechtsrahmen „es unmöglich machen könnte, Dienstleistungen wie IVF anzubieten“, und dass es „unklar bleibt, was diese Entscheidung für Familien bedeutet, die derzeit Embryonen in diesen Kliniken aufbewahren lassen“. 

Die potentiellen Folgen des Urteils des Alabama Supreme Courts sind beängstigend. Denn, wie Collura sagt – was folgt daraus, wenn eine Gruppe Zellen rechtlich als Mensch gelten? Was passiert, wenn ein Embryo eingepflanzt wird, die Person nicht schwanger wird? Und was hat das für rechtliche Folgen? Was bedeutet das für Frauen, die ihre Eizellen haben einfrieren lassen? Können Frauen gezwungen werden, existierende Embryos einpflanzen lassen zu müssen? Das sind alles Fragen, die durch das Urteil des Alabama Supreme Courts jetzt gestellt werden müssen – und man muss befürchten, dass die Antworten nicht positiv ausfallen werden für die Schwangeren und Frauen, um deren Körper es geht.

Kommen jetzt Zwangsschwangerschaften?

Aber was will die Bewegung, die hinter der konservativen Mehrheit am Alabama Supreme Court steht, eigentlich erreichen?

“Das Ziel ist es, dem ganzen Land ihre Vorstellungen, die durch ein konservatives christliches Religionsverständnis geprägt sind, durch den Rechtsstaat aufzuzwingen, so dass das Gesetz konservative weiße christliche Männer schützt, sie aber nicht bindet, und das Gesetz alle anderen bindet, sie aber nicht schützt”, erklärt mir Andrew Seidel, Verfassungsrechtler und Experte für die juristischen Bestrebungen Weißer Christlicher Nationalisten.

Dass die Religiöse und Politische Rechte versuche, ihre Ziele durch Gerichtsentscheidungen, anstatt an der Wahlurne zu erreichen, sei laut Seidel nicht verwunderlich:

“Der Grund, warum sie so vorgehen, ist, dass ihre Positionen, ihre politischen Überzeugungen, ihre Ziele, äußerst unpopulär sind. Sie sind gegen die gleichgeschlechtliche Ehe. 71 % der Amerikaner unterstützen sie jedoch. Sie wollen die Abtreibung verbieten. 85 % der Amerikaner sind der Meinung, dass Abtreibung legal sein sollte. Sie wollen eine Nation von Christen wie sie selbst. 73 % der Amerikaner stehen dem religiösen Pluralismus offener gegenüber. Sie würden mit ziemlicher Sicherheit auch die Empfängnisverhütung verbieten wollen. Aber etwa 91 % der Amerikaner sind für Verhütungsmittel. Ihre Ideen und ihre Ideologie sind äußerst unpopulär, also brauchen sie eine antidemokratische Institution, um sie allen aufzudrängen. Deshalb haben sie die Gerichte ins Visier genommen, mit dem Ziel, sie zu erobern.”

„Sie werden nicht aufhören. Wir müssen sie aufhalten.“

Wer glaubte, mit dem Urteil des Supreme Courts, der im Sommer 2022 das Recht auf Abtreibung als verfassungswidrig erklärt hatte, habe die die Religiöse Rechte ihr Ziel erreicht, wurde schnell eines Besseren belehrt. Seidel hat für derlei Hoffnungen, die der Faktenlage zuwider laufen, keine Geduld mehr, denn: “Kein noch so großes Maß an Macht oder Privilegien wird die amerikanischen christlichen Nationalisten zufriedenstellen. Sie werden nicht aufhören. Wir müssen sie aufhalten. Es liegt an uns. Es liegt an uns, an uns, dem Volk. Wir müssen Macht aufbauen. Und uns gegen diese unamerikanische Ideologie wehren”, sagt er. 

Und es gibt keinen Zweifel, welche Ideologie hinter diesem Urteil steht – Weißer christlicher Nationalismus. Der Chief Justice, Tom Parker, machte in seiner “concurring opinion” – eine Art Sondervotum, in der der Autor dem Mehrheitsvotum zustimmt, aber mit einer anderen Begründung – deutlich, was für ihn die Grundlage des Urteils ist: der “Zorn Gottes”. Parker schreibt: 

“Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die theologisch begründete Auffassung von der Unantastbarkeit des Lebens, die sich das Volk von Alabama zu eigen gemacht hat, Folgendes umfasst: (1) Gott hat jeden Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen; (2) jeder Mensch hat daher einen Wert, der die Fähigkeit des menschlichen Wesens übersteigt, zu kalkulieren und (3) menschliches Leben kann nicht unrechtmäßig zerstört werden, ohne den Zorn eines heiligen Gottes auf sich zu ziehen, der die Zerstörung seines Ebenbildes als einen Affront gegen sich selbst ansieht. Abschnitt 36.06 erkennt an, dass dies für das ungeborene menschliche Leben mehr gilt als für jedes andere menschliche Leben, dass nämlich alle Menschen schon vor ihrer Geburt ein Teil Gottes sind und dass ihr Leben nicht zerstört werden kann, ohne seine Herrlichkeit zu beeinträchtigen.”

Weißer christlicher Nationalismus

Parker bezieht sich auf diverse Bibelstellen – Genesis, das Buch Jeremia (“Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt”, Jeremia 1:5), Johannes Calvin, und Kirchenväter wie Augustinus und Thomas von Aquin. Er schreibt außerdem:

“Die Erschaffung des Menschen als Gottes Ebenbild ist die Grundlage für das allgemeine Verbot der absichtlichen Tötung von Menschen, siehe Genesis 9:6 (“Wer Menschenblut vergießt, des Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen nach seinem Bilde gemacht”..)” […]

Alle drei Gewalten des Staates unterliegen dem verfassungsmäßigen Auftrag, jedes neugeborene menschliche Leben mit Ehrfurcht zu behandeln. Eine Ausnahme für die Menschen in diesem Fall, wäre für das Volk dieses Bundesstaates, das die Pflicht hat, jeden Menschen so zu behandeln, wie er von Gott nach seinem Ebenbild geschaffen wurde, inakzeptabel.”

Bibel und rechtsradikale Verschwörungsgläubige

Parker hat außerdem vor kurzem einem selbsternannten Propheten, QAnon-Verschwörungsideologen und Vertreter des Dominionismus namens Johnny Enlow ein Interview gegeben, das am Tag der Urteilsverkündung veröffentlicht wurde. In dem Interview äußert Parker seine Zustimmung zum sogenannten „7 Mountain Mandate” – einem Glaubenssatz, dem Dominionisten anhängen, der besagt, dass sie sich rechtschaffene Christen die “7 Berge” einer Gesellschaft untertan machen sollen – dazu zählen sie auch staatliche Institutionen und somit Gerichte. Im Urteil des Alabama Supreme Courts taucht das Wort “Gott” 41 Mal auf. 

Die Journalistin Jessica Mason Pieklo, die auf reproduktive Rechte spezialisiert ist, warnt auf Twitter vor den potentiellen Folgen dieses Urteils: “Es führt ein direkter Weg von der Aussage des Gerichte, dass man einen IVF-Embryo nicht zerstören darf, zu der Aussage, dass man einen IVF-Embryo einpflanzen muss.” Eine Einschätzung, die andere Experten, wie beispielsweise der Jurist Elie Mystal, der für “The Nation” vor allem über den SCOTUS berichtet, teilt – und warnt, dass die angekündigten Versuche einiger Abgeordnete im Landesparlament von Alabama, künstliche Befruchtung durch Gesetzgebung zu schützen, zum Scheitern verurteilt seien: 

„das Gesetz könne nicht anders ausgelegt werden, als es die Richter als Gottes Willen auslegen“

“Das Gericht argumentiert, dass die Behandlungen, bei denen überzählige Embryonen erzeugt werden, gegen die Verfassung des Staates verstoßen. Die Logik des Gerichts ermöglicht es ihm, jedes Gesetz, das die Legislative verabschiedet, zu kippen. Es wäre völlig angemessen, sich ausschließlich auf das unsinnige juristische Argument des Obersten Gerichtshofs von Alabama zu konzentrieren, aber es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieses Argument eigentlich kein juristisches ist. Es ist ein religiöses Argument: Das Gericht behauptet, das Gesetz könne nicht anders ausgelegt werden, als es die Richter als Gottes Willen auslegen.”

Der Chef-Richter des Höchsten Gerichts des Bundesstaats, Tom Parker, ist eine bekannte Größe in Kreisen der Religiösen Rechten – seinen Urteilen und Artikeln rechnen Kritiker wie Unterstützer Parkers erheblichen Einfluss auf den Erfolg für die amerikanische Rechte, das Grundsatzurteil im Fall Roe zu kippen, zu. Schon 2014 warnte ProPublica vor Parkers Einfluss in der Bewegung, die versucht, Persönlichkeitsrechte für Föten zu etablieren und berichtete über seine enge Verbindung zum früheren Richter an Alabama Supreme Court, Roy Moore, der aufgrund seiner theokratischen Anwandlungen gleich zweimal seines Amtes enthoben worden war. Bei Parkers Vereidigung am Supreme Court von Alabama machte er 2005 deutlich, dass er in den Fußstapfen seines alten Chefs, Roy Moore wandelte, als er sagte

„Der Gott der Heiligen Schrift selbst, der Schöpfer, ist die Quelle des Rechts, des Lebens und der Freiheit.”

alabama sehr gefährlicher Bundesstaat für schwangere Personen

Alabama war schon vor der Aufhebung des Rechts auf Abtreibung durch das SCOTUS Urteil im Fall Dobbs im Sommer 2022 ein sehr gefährlicher Bundesstaat für schwangere Personen – denn schon seit 2018 gilt ein Fötus dort als Person. Das strikte Abtreibungsverbot Alabamas sieht zwar an sich nicht die Strafverfolgung einer Schwangeren Person selbst, sondern “nur” derjenigen, bei der Abtreibung helfen oder sie möglich machen – also zum Beispiel jemand, der die Schwangere zum Arzt fährt, Taxifahrer, Ärzte und Ärztinnen, Klinikpersonal –  vor, doch das hält Staatsanwälte in Alabama nicht davon ab, andere Wege für die Strafverfolgung schwangerer Personen zu finden.

Schon im letzten Jahr deutete der Sprecher von Alabamas Attorney General in einem Statement an, dass man plane, Schwangere, die eine Abtreibung vornehmen lassen, unter Zuhilfenahme anderer Gesetze trotzdem strafrechtlich zu verfolgen. Er nannte dabei ein Gesetz, das Kinder eigentlich davor schützen soll, mit giftigen Chemikalien in Kontakt zu kommen. Es könne genutzt werden, um Abtreibung durch Medikamente zu kriminalisieren, behauptete der Sprecher. 

schwangere Frauen kriminalisieren

Ursprünglich sollte dieses Gesetz Eltern davon abhalten, ihre Wohnungen z.B. in Meth Labore umzuwandeln und damit ihre Kinder zu gefährden – doch Staatsanwälte haben es seitdem mehrfach genutzt, um schwangere Frauen zu kriminalisieren. Wie beispielsweise Ashley Banks, die zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, weil die Polizei Marihuana bei ihr fand. Sie hatte nach eigener Aussage zwei Tage, bevor sie wusste, dass sie schwanger war, einen Joint geraucht – am Tag ihrer Verhaftung hatte sie erfahren, dass sie in der 6. Woche schwanger war. Deswegen wurde sie drei Monate lang ohne Prozess gefangen gehalten. Nach sechs Wochen Inhaftierung hatte sie begann sie zu bluten. Doch weil ihre Kautionsbedingungen einen Entzug vorsahen – sie aber nicht für einen Entzug qualifiziert war, weil sie nicht als drogensüchtig war, wurde sie fünf weitere Wochen lang gezwungen, blutend auf dem Boden ihrer Zelle zu schlafen, bis man sie schließlich freiließ. 

Jessica Valenti, Journalistin und Bloggerin, fasste diese Strategie folgendermaßen zusammen: “Mit anderen Worten: Der Generalstaatsanwalt von Alabama plant, Frauen zu verhaften und anzuklagen, die Abtreibungsmedikamente einnehmen – was mehr als 50 % der Abtreibungen ausmacht und die Hauptmethode ist, mit der Frauen in Anti-Abtreibungsstaaten Abtreibungsverbote umgehen.” 

Trump-Wahl bedeutet große Gefahren für Frauen

Die Äußerungen des Sprechers des Alabama Attorney Generals verdeutlichen eine der vielen Gefahren, die bei einer weiteren Trump-Präsidentschaft drohen: Für ein landesweites Abtreibungsverbot bräuchte Trump zwar eine Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses. Aber selbst wenn er die nicht erreichen sollte, könnte er durch Exekutiv-Verordnungen beispielsweise den Zugang zu Mifepristone massiv einschränken, dem Wirkstoff, der für mehr als die Hälfte aller Abtreibungen in den USA verwendet wird. Die Pläne der “Heritage Foundation”, die uns vorliegen, sehen außerdem den Einsatz diverser Teile des administrativen Staates vor, um die Privatsphäre-Rechte von Patienten zu schwächen und den Zugang zu Abtreibungsmedikamenten zu erschweren oder unmöglich zu machen. 

Seit dem Fall von Roe durch das Dobbs-Urteil des SCOTUS, und damit dem Ende des bundesweit geltenden Rechts auf Abtreibung, haben grausige Geschichten von Schwangeren in Not Schlagzeilen gemacht – von der Angst, auf dem Parkplatz eines Krankenhauses zu verbluten, bis befunden wird, dass die Lage lebensbedrohlich genug ist, um eingreifen zu können, ohne selbst ins Gefängnis zu wandern. Von Schwangerschaften, die nicht nur nicht lebensfähig sind, sondern tödlich für die Mutter enden könnten, von lebensgefährlicher Sepsis. Die Dunkelziffer solcher Fälle ist schwindelerregend. Eine neue Studie, die im “Journal for the American Medical Association” veröffentlicht wurde, schätzt, dass in Texas in den 18 Monaten seit dem Dobbs-Urteil mehr als 26.000 ungewollte Schwangerschaften durch Vergewaltigungen gezeugt wurden – dabei hatte der texanische Gouverneur Greg Abbott doch versprochen, dass es mit einem Abtreibungsverbot magischerweise auch keine Vergewaltigungen mehr geben würde! 

Texas: 26.000 ungewollte Schwangerschaften durch Vergewaltigungen seit dem Urteil

Abtreibungsverbote gefährden nicht nur das Leben derer, die ungewollt schwanger werden und diese Schwangerschaft beenden wollen, sondern auch gewollt Schwangere, deren Schwangerschaft aus medizinischer Notwendigkeit abgebrochen werden muss. In den letzten Monaten haben sich bestürzende Berichte gemehrt, von Frauen, deren Leben in Gefahr war, und denen, entgegen dem Rat von Ärzten, eine lebensrettende Abtreibung verwehrt worden war – wie beispielweise im Fall von Kate Cox, der der Texas Supreme Court die lebensrettende Abtreibung einer nicht-lebensfähigen, gewollten Schwangerschaft, verwehrte, die ein erstinstanzliches Gericht zuvor erlaubt hatte. 

Das erscheint – genau wie das effektive IVF Verbot in Alabama –  nur dann widersinnig, wenn man das Narrativ der Religiösen Rechten, dass es ihnen um „ungeborenes Leben“ geht, für bare Münze nimmt. Es geht nicht um den Schutz von “Leben” – sondern um die Kontrolle der Körper von Frauen, von schwangeren Personen – und um nichts anderes.

Es geht um Kontrolle des Körpers der Frauen

Ein elementares Werkzeug, um diese absolute patriarchale Kontrolle zu sichern, ist die Schaffung von Persönlichkeitsrechten für Föten. Der Verfassungsrechtler Andrew Seidel erklärt: 

“Die Etablierung von fötalen Persönlichkeitsrechten ist ein Ziel der christlich-nationalistischen Bewegung. Es ist ein Weg, Frauen und alle anderen, die schwanger werden können, zu kontrollieren. Es ist ein Weg, ihre Körper zu kontrollieren. Es ist ein Weg, sie zu einem Status [von Bürgern] zweiter Klasse zu degradieren, wie es die christlich-nationalistische Ideologie vorschreibt. Mit anderen Worten, es geht darum, dieses Land in eine Zeit zurückzuversetzen, in der konservative weiße christliche Männer regierten. Das ist das Ziel des christlichen Nationalismus in Amerika. Das ist es, wogegen wir kämpfen.”

Seidel geht eher nicht davon aus, dass dieser Fall vor dem SCOTUS landen wird – denn dazu müssten zwei Dinge eintreten, erklärt er mir: 

“Es kann nicht vor den Obersten Gerichtshof gehen, es sei denn, die Parteien argumentieren, dass die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Alabama gegen die US-Verfassung verstößt, und der Oberste Gerichtshof der USA dem zustimmt.” 

Es stehen düstere Zeiten bevor

Beides müsste geschehen, damit der Fall vor dem höchsten Gericht des Landes verhandelt werden würde – sehr unwahrscheinlich, so Seidel. Er befürchtet unterdessen, dass Alabama erst der Beginn einer ganzen Reihe von effektiven IVF-Verboten in Republikanisch geführten Bundesstaaten sein wird: “Ich glaube, dass mehr Bundesstaaten Alabamas Beispiel folgen werden. Das ist so gut wie sicher. Das Ziel ist ein nationaler Standard für die fötalen Persönlichkeitsrechte, der für jeden Bundesstaat gilt, so dass wir keine Zufluchtsorte für Abtreibungen mehr haben, wie zum Beispiel Kalifornien oder New York. Das ist es, was sie wollen”, sagte er mir. 

Erneut sind die Warnungen von Expert*innen, die schon vor dem Ende von Roe vorhergesagt hatten, dass die Folgen für die Selbstbestimmung von Frauen und insbesondere von schwangeren Personen über ihren Körper katastrophal sein würden – und weit über diesen einen Fall hinausgehen würden – bestätigt worden. Das hat der Alabama Supreme Court durch sein drakonisches jüngstes Urteil jetzt erneut bestätigt. Es stehen düstere Zeiten bevor. 

Artikelbild: Sundry Photography