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Kassel: Russland-Propaganda macht aus Mini-Demo „Massenunruhen“

von | Sep 7, 2022 | Analyse

In Kassel gab es am Freitag, den 2. und Samstag, den 3. September 2022 Demonstrationen gegen den Rüstungskonzern von Krauss-Maffei Wegmann (Quelle). Laut Angaben der Polizei waren kurzfristig rund 700 Menschen anwesend, die meiste Zeit aber weitaus weniger (Quelle). Die Deutsche Welle berichtete am Freitag von etwa 240 Demonstrant:innen (Quelle). Die Initiative ‚Rheinmetall Entwaffnen‘ macht sich mit Aktionen wie der Blockade der Eingänge des Firmengeländes für Antimilitarismus stark. Pro-Russische Propaganda macht daraus natürlich wieder, was sie will – und das russische Staatsfernsehen inszeniert die kleinen Demonstrationen kurzerhand als „Massenunruhen“.

Channel One sieht „Massenunruhen“, wo keine sind

Der russische Channel One nahm sich dem Thema bereits am zweiten Tag der Demonstrationen an. Bei dem halbstaatlichen Fernsehkanal handelt es sich um den bekanntesten Sender Russlands – allein auf Twitter verfolgen seine Nachrichten 2,9 Millionen Follower:innen. Dass der Kanal zur Stärkung pro-russischer Propaganda auch mal zu Fake News greift, ist weitläufig bekannt (Quelle).

Trotz der großen Reichweite von Channel One erzielte der folgende Tweet bis zum 7. September trotzdem lediglich 61 Likes und 24 Retweets. In dem geposteten Video erzählt der Nachrichtensprecher von den Demonstrationen in Kassel. Der dazugehörige Tweet lautet übersetzt: „In der deutschen Stadt Kassel brachen Massenunruhen aus.“ (Quelle)

Das Narrativ gewalttätiger Proteste gegen die Unterstützung der Ukraine sowie die Regierungen der Nato-Mitglieder passt natürlich ideal in die Erzählungen pro-russischer Propaganda. Dass es überhaupt nur zu Waffenlieferungen in die Ukraine kommt, weil das russische Militär vor einem halben Jahr einen Angriffskrieg gestartet hat, erwähnt natürlich niemand (Quelle). Besonders paradox: Im Video von Channel One werden Aufnahmen der Blockade eingeblendet – darauf ist selbstverständlich zu sehen, dass die Zahl der Teilnehmenden über einige hundert nicht hinausgeht. So schreibt dann auch ein User in Bezug auf das Video: „Wo sind die Massen?“

Gewalttätige Ausschreitungen während der Demonstrationen

Trotz der maßlosen Übertreibungen von Channel One: Die Demonstrationen vom 02. und 03. September in Kassel verliefen tatsächlich nicht komplett friedlich. Nachdem Teilnehmer:innen des Protests Polizist:innen am Samstag mit Gegenständen bewarfen, setzten diese Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Zwei Menschen wurden festgenommen (Quelle).

Am Samstag ging es dann etwas ruhiger zu. Bereits vor Beginn des Protests nahmen Polizist:innen vier Rüstungs-Kritiker:innen fest, weil diese Sturmhauben, Seitenschneider und eine Akkuflex mit sich trugen. Später zündeten einige Anwesende dann Pyrotechnik, ein Teilnehmer wurde gegenüber einigen Polizeibeamt:innen gewalttätig (Quelle). Verletzt sei nach den beiden Tagen dennoch niemand (Quelle, Quelle).

Neben der Demonstration der Initiative ‚Rheinmetall Entwaffnen‘, die sich laut ihrer Twitter-Beschreibung zur Aufgabe gemacht hat, „die Waffen- und Panzerproduktion von Rheinmetall und anderen Rüstungskonzernen [zu] blockieren“, kam es zur selben Zeit zu einigen weiteren Demonstrationen. Bei Versammlungen zu den Themen „Europa ist stark“, „Missstände in der Schweinehaltung“ und „Friedlich, frei & selbstbestimmt“ kamen hundert, zehn und 15 Teilnehmer:innen zusammen (Quelle).

Artikelbild: Screenshot