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Fake: KEIN Aufruf von „Linksextremen“ zum Plündern – Unseriöse Stimmungsmache

von | Mrz 20, 2020 | Aktuelles, Analyse

Diese Meldung verbreiten nur Nazi-Seiten – und der Tagesspiegel?

Auf der Seite Indymedia ist ein dubioser Text erschienen, der dazu aufruft, sich auf Ausgangssperren einzustellen und sie zu „unterlaufen“ und zu Plündern: „Organisiert Flashmobs, Aufstände, Plünderungen.“ Auf Indymedia kann jede*r anonym Texte hochladen, die unredigiert hochgeladen werden. Regelmäßig wird die linke Plattform von Rechtsextremen genutzt, um Fals-Flag-Aktionen durchzuführen. So wurden vermeintliche „linke“ Bekennerschreiben zu Magnitz oder auch zu einem Anschlag auf eine Moschee 2017 auf Indymedia veröffentlicht – in beiden Fällen war es nach Expertenmeinung eine False-Flag-Aktion. Im Falle des Anschlags auf die Moschee war der Täter am Ende auch ein Pegida-Anhänger. (Quelle).

Natürlich sind nicht alle Veröffentlichungen dort unseriös, ein Bekennerschreiben bei einem Anschlag auf eine Kabeltrasse in Berlin ist nach Sicherheitsexpert*innen wohl echt gewesen. Das Schreiben, das vor wenigen Tagen jedoch veröffentlicht wurde, hätte unbedeutend in der Versenkung verschwinden können. Doch rechtsextreme Fake-News-Blogs stürzen sich auf diesen dubiosen Post und verbreiten die Meldung: „Linksextreme rufen zum Plündern auf“.

Unseriöse Meldung

Abgesehen davon, dass es keinerlei Hinweise auf Autor*innen und Intention dieser irrelevanten Meldung gibt, stammt der Text auch gar nicht aus Deutschland. Wie in den Anmerkungen verzeichnet handelt es sich bereits um einen zweifach übersetzten Text, der ursprünglich aus Griechenland stammt.

Nun haben wir also eine obskure Übersetzung eines dubiosen Textes ohne größere Relevanz, den nur rechtsextreme Desinformations-Seiten verbreiten, um Stimmung gegen „Linke“ zu machen und sie zu diskreditieren. Es wäre nicht weiter Beachtung wert. Doch hauptsächlich eine Zeitung bläht diesen Post unerklärlicherweise massiv auf und trägt völlig ohne Not zu Panik bei: Der Tagesspiegel. Der Titel: „Das Coronavirus als Gelegenheit – Linksextremisten rufen zum Plündern auf“.

„Das Coronavirus als Gelegenheit –Linksextremisten rufen zum Plündern auf“(Link)

Sinnlose Panik- und Stimmungsmache

„Mit Sorge beobachten die Sicherheitsbehörden, dass Linksextremisten die Coronakrise in Deutschland für militante Agitation nutzen“ titelt der Tagesspiegel gleich im ersten Satz erzählt aber nicht, welche Sicherheitsbehörden das sein sollen. Direkt wird durch tendenziöse Aufmachung die dubiöse Meldung als seriös und gesichert dargestellt. Und als echte Gefahr obwohl nichts dafür spricht. Ohnehin besteht mehr als die Hälfte des Artikels aus allgemeiner Berichterstattung über Indymedia und weniger über den Aufruf zum Plündern.

Laut DLF, die den Post via Tagesspiegel auch erwähnen,  erklärte der FDP-Bundestagsabgeordnete Luksic den Aufruf einen „Fall für den Verfassungsschutz“. Durch die nicht erklärliche Legitimation durch den „Tagesspiegel“ wandelt sich die Meldung von unbedeutend zu dubios, zu rechtsextremer Fake News bis hin zu „echter“ Meldung. Das ist fatal und unerklärlich, warum der „Tagesspiegel“ eine derartig unseriöse Meldung aus Italien als „Aufruf von Linksextremisten zum Plündern“ verbreitet, und unnötig Panik schürt. Oder sollte lediglich ein „linkes Feindbild“ bedient werden? Auch die DPolG Hamburg verbreitete die Meldung.

Nachtrag 21.03.: Die FAZ setzte noch einen drauf

Auch die FAZ griff das Thema auf – und ließ sogar AfD-Frau Beatrix von Storch eine Verbotsforderung von Indymedia formulieren. Dabei entlarvt der letzte Satz des 8.000 Zeichen-Artikels (aufgrund eines anonymen Internet-Kommentars aus Italien auf einer offenen Plattform!) den Unsinn des Artikels selbst: „Das Innenministerium teilt auf Anfrage mit, dass man sich zu Verbotsüberlegungen nicht äußern werde. Außerdem rechne man nicht mit Plünderungen.“

Zum Thema:

An der Coronakrise merkt man deutlich, wie nutzlos & störend die AfD ist

 



Artikelbild: Screenshot twitter.com