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Impfgegner wieder beim Täuschen erwischt: Besuche in Notaufnahmen sind keine Diagnose

von | Nov 8, 2021 | Analyse

Irreführende Anti-Impf-Grafik: Besuche in Notaufnahmen sind keine Diagnose

Die zugelassenen Impfstoffe gegen Covid-19 gehören jetzt schon zu den meisterforschten und am häufigsten verabreichten Impfstoffen der Welt. Daher wissen wir auch, dass sie enorm sicher sind. Hier ein paar Studien, die das belegen:

  • Geimpfte sterben sogar seltener als Ungeimpfte an Nicht-Covid-Gründen (Studie, mehr dazu).
  • Myokarditis ist bei Covid-19-Infektion bei jungen Menschen etwa 6-mal wahrscheinlicher als bei mRNA Impfung (Quelle).
  • Geimpfte Frauen sind genauso fruchtbar wie ungeimpfte (Quelle).
  • Der Impfstoff wirkt enorm stark gegen Infektion und schweren Verlauf (Quelle, Quelle).

Alle genannten Studien sind übrigens populationsbasierte Studien, die nicht auf der Bereitschaft von Ärzt:innen beruhen, Nebenwirkungen zu den Impfungen zu melden. Also hier wurde nichts „übersehen“ oder dergleichen.

Schweres Pflaster für Impfgegner:innen. Anstatt also sich mit den oben genannten Studien auseinanderzusetzen, lenken sie mit qualitativ schlechten Rohdaten ab. Die sich natürlich nicht für entsprechende Schlüsse eignen. So wie in diesem für Impfgegner:innen typisch hämischen, aber bewusst manipulierenden Beitrag, der ehrlich gesagt zu noch mehr Gelächter führt, anstatt die fanatische Impfpanik zu belegen:

Was ist das AKTIN-Notaufnahmeregister?

Hier sieht man Daten aus dem AKTIN-Notaufnahmeregister. Die sollen zeigen, dass die kardiovaskulären und neurologischen „Vorstellungsgründe“ angestiegen sind. Was heißt das? Das Register wird vom RKI betrieben und wird aktuell aufgebaut (Quelle). Im aktuellen Notaufnahme-Report sind Daten aus 6 Notaufnahmen verfügbar (Quelle). Insgesamt gibt es in Deutschland allerdings ungefähr 1.000 Notaufnahmen (Quelle), es ist also nur ein sehr kleiner Teil der Daten (Quelle).

Das Register enthält jene „Vorstellungsgründe“, also warum ein:e Patient:in in die Notaufnahme gekommen ist. Es enthält aber keine Diagnosen, da diese meist erst nach der Aufnahme gestellt werden. Man sieht an den Daten auch, dass sich die Einteilungen und Kategorisierungen je nach Klinik teils deutlich unterscheiden (Quelle). Wenn nun ein bestimmter Vorstellungsgrund ansteigt, kann das verschiedene Gründe haben. Und muss auch überhaupt nicht repräsentativ sein.

Mehr Menschen gehen bei niedrigen Zahlen ins Krankenhaus

Beispielsweise würde es ausreichen, dass nur eine oder zwei Kliniken ihre Kategorisierungen ändern, dann würde das bereits Auswirkungen auf die Statistik haben, eben weil nur so wenig Notaufnahmen betrachtet werden. Außerdem kann es sein, dass einfach mal mehr oder weniger Menschen in die Notaufnahmen gehen. Beispielsweise sieht man ganz klar, dass die Lockdowns mit einem Rückgang in den Notaufnahmen einhergingen. Mittlerweile liegt der Wert wieder auf normalem Niveau, vermutlich weil sich mehr Menschen sicherer fühlen durch die Impfungen.

Das war ja ein großer Kritikpunkt der Querdenker:innen und Lockdown-Gegner:innen, dass die Gesundheitsversorgung unter den Lockdowns leidet. Tatsächlich hatten die meisten Menschen vermutlich einfach Angst, das Haus zu verlassen und sich dann anzustecken. Die Infektionszahlen waren das Problem, nicht die Lockdowns. Denn die Notaufnahmen waren die ganze Zeit geöffnet, es gab sogar Aufrufe, Krankenhausbesuche eben nicht aufzuschieben.

Kaum gehen wieder mehr Menschen in die Kliniken, nutzen die Leugner:innen das nun, um Stimmung gegen die Impfungen zu machen. So läuft das immer: Sie nutzen jedes Detail, um euch zu täuschen. Es ist längst klar, bei diesen Demagogen geht es vor allem ums „dagegen“ sein, nicht um sachliche Interpretation der Daten.

Anstieg an Notaufnahmen kann viele Gründe haben

Die Corona-Leugner:innen und Impfgegner:innen führen also jetzt den Anstieg bei kardiovaskulären und neurologischen Vorstellungsgründen (in 6 Notaufnahmen) natürlich auf die Impfung zurück, natürlich ohne jeden Beleg. In gewisser Weise könnten sie damit auch recht haben, wenn auch nicht so, wie sie unterstellen wollen. Man sieht hier einen Anstieg ab April 2021:

Genau zu diesem Zeitpunkt gab es die Diskussion um die Sinusvenenthrombosen bei AstraZeneca. Ebenfalls im April gab es Erkenntnisse über einen Anstieg von Myokarditis nach Biontech-Impfung (Quelle). Interessanterweise war das erst der Zeitpunkt, zu dem die Nebenwirkung bekannt wurde, offensichtlich wurde aber davor auch schon AstraZeneca und Biontech verimpft und es gab auch schon Fälle von Nebenwirkungen. Vor diesem Datum gab es aber keinen deutlichen Anstieg bei neurologischen oder kardiovaskulären Vorstellungsgründen.

Es ist also denkbar, dass durch die Diskussion um Thrombosen und Myokarditis mehr Menschen bei Kopfschmerzen oder Ähnlichem dann in die Notaufnahme fuhren. Man sieht aber eben dann letztlich nur sehr geringe Fallzahlen an Sinusvenenthrombosen und Myokarditis (Quelle). Das ist eben der Unterschied zwischen „Vorstellung“ und „Diagnose“. Das RKI schreibt dazu:

„Hier kann auch keine Aussage zur Krankheitsschwere getroffen werden. Eine Person, die z. B. mit Kopfschmerzen in der Notaufnahme vorstellig wird, findet sich unter der Kategorie neurologische Vorstellungsgründe wieder. Die Stärke der Kopfschmerzen, die dazugehörige Diagnose oder deren Ursache können dieser Darstellung im Situationsreport nicht entnommen werden.“

Man sieht auch besonders einen Anstieg an „normalen“ und „nicht dringenden“ Ersteinschätzungen. Das ist erstmal sehr gut, denn es heißt, dass Menschen eben nicht mehr bis zuletzt warten, sondern sich wieder in die Notaufnahmen trauen. Aber eben auch nicht wegen „sehr dringender“ Gründe. Bei denen gibt es nämlich kaum Veränderungen.

Fazit: Diese Daten zeigen keine Impfnebenwirkungen

Es ist viel wahrscheinlicher, dass einfach nach der Pandemie wieder mehr Menschen in die Notaufnahme gehen und im Kontext der Diskussion um Impfstoff-Nebenwirkungen auch am Ende sich als harmlos herausstellende Symptome eher abklären lassen. Falls es überhaupt einen Anstieg gab – nochmal: Hier geht es um Daten aus 6 Notaufnahmen von 1.000. Die Daten zeigen aber klar, dass der Anstieg vor allem von „normalen“ Ersteinschätzungs-Stufen ausgeht und es in Deutschland nur wenige Fälle von Sinusvenenthrombosen und Myokarditis nach der Impfung gibt. Impfgegner:innen schaffen es auch hier wieder, von hochqualitativen Studien mit unvollständig verstandenen Rohdaten, die für solche Einschätzungen überhaupt nicht geeignet sind, abzulenken. Populationsdaten bescheinigen den Impfstoffen eine enorm hohe Sicherheit, sie sind in praktisch jedem Alter der Infektion vorzuziehen.

Das ist deren Masche und der ganze Trick hinter allen Lügen und Verschwörungsmythen rund um Impfungen: Sie wollen nicht, dass ihr die sehr vielen Studien zu Gesicht bekommt, die die Wahrheit zeigen mit Daten von Millionen Menschen – und gaukeln euch mit irgendwelchen Ausschnitten mit Statistiken von 6 Notaufnahmen irgendwelche Korrelationen als Kausalitäten vor. Das müssen sie, weil ihr immer radikaler werdender Glaube einfach nichts mehr mit der Realität zu tun hat. Von deren Wahn müsst ihr euch aber nicht verunsichern lassen!

Artikelbild: pixabay.com, CC0

Unsere Autor:innen nutzen die Corona-Warn App des RKI.