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DIESEN Gerichtsbeschluss zu Corona-Maßnahmen verschweigen dir Querdenker

von | Mrz 22, 2021 | Analyse

Diese 7 häufigen „Querdenken“-Argumente hat das OVG Berlin-Brandenburg widerlegt

Am 05.03. gab das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einen Beschluss bekannt, auf den sicherlich auch so manch „Querdenkende“ gespannt gewartet hatten. Man hoffte mal wieder darauf, endlich einen „Beweis“ dafür zu haben, dass „alles gelogen“ ist und es gar keine Pandemie gäbe. Was war passiert?

Ein Gastwirt aus Brandenburg (den wir, wie auch das Gericht, im Folgenden „Antragsteller“ nennen) hatte den Antrag gestellt, die dort gültige sechste SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen. Und dafür hat er wirklich alle Geschütze aufgefahren, die sich Pandemie-Leugnende nur ausdenken könnten:

Der Antragsteller hat zuerst einmal versucht, möglichst viele Rechtsnormen anzuführen, vielleicht in der Hoffnung, das Gericht mit seinem Feuerwerk an „Argumenten“ (wenn man sie denn so nennen will) zu überrumpeln. Er forderte das Gericht unter anderem auch dazu auf, eidesstattliche Versicherungen des Gesetzgebers und der zitierten Wissenschaftler:innen einzuholen. Ein weiterer Versuch, das ganze mehr aufzublasen, als es sein müsste – der vom Gericht ohne Umschweife abgeblockt wurde (vgl. im Beschluss Rn. 51).

Doch auch inhaltlich wurde hier so ziemlich alles, was in den vergangenen 12 Monaten mal quergedacht worden war, dem Gericht hingeworfen. Offensichtlich in der Hoffnung: Alles werden sie schon nicht widerlegen können.
Spoiler: Konnten sie. Und zwar richtig. Wir haben das zum Anlass genommen, die einzelnen, vom Gericht sauber zerlegten Argumente der Pandemie-Leugner:innen für euch aufzuarbeiten. Hier kommen 7 widerlegte Quatsch-Argumente – diesmal in der Version „gerichtlich geprüft“.

Die Entscheidung des Gerichts

Es gab natürlich schon viele Verfahren, in denen Querdenkende mehr oder weniger spektakulär gescheitert sind – nicht selten schon an irgendwelchen Formalitäten oder auch einfach der Unfähigkeit, ihre absurden Theorien in ein rechtsstaatliches Verfahren zu packen. Die Besonderheit am Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg ist dagegen, dass hier nicht schwerwiegende Mängel in der Form entscheidend waren, sondern das Gericht tatsächlich fein säuberlich den Antrag des Brandenburgers zerlegt und vor allem inhaltlich widerlegt hat. Es kam zur Entscheidung: Der Antrag ist NICHT begründet; eine Rechtswidrigkeit der Corona-Verordnung drängt sich NICHT auf (vgl. Rn. 15, 20).

Schauen wir uns 7 häufige Fehler in der Argumentation von Pandemie-Leugner:innen am Beispiel dieses Gerichtsbeschlusses doch einmal genauer an.

1. Widerlegtes Argument: angebliche Missachtung des § 28a Abs. 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) (Rn. 27)

Zuerst einmal müssen wir kurz erläutern, worum es in diesem § 28a Abs. 5 des IfSG geht. Vereinfacht gesagt: Rechtsverordnungen zum Schutz vor Infektionskrankheiten müssen begründet und zeitlich befristet sein. Diese Frist beträgt grundsätzlich 4 Wochen, kann aber verlängert werden.

Eine solche Rechtsverordnung ist auch die vom Antragsteller infrage gestellte 6. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg. Es ist sehr einfach nachzuweisen, dass sowohl eine Begründung vorliegt als auch die zeitliche Befristung. Uns ist auch bei mehrmaligem Nachlesen nicht so ganz klar geworden, worauf der Antragsteller hier eigentlich hinauswollte – denn dieser Fake lässt sich nun wirklich sehr einfach widerlegen. Wenn jemand nachlesen möchte: Hier ist das Dokument verlinkt.

Fazit: Es drängt sich hier schon fast die Frage auf, ob der Antragsteller die Verordnung überhaupt gelesen hat, gegen die er geklagt hat. Falls ja: Warum hat er dann den Vorwurf eines Verstoßes gegen diese Rechtsnorm in den Raum gestellt? Jeder Mensch, der sich auch nur am Rande mit Rechtsthemen beschäftigt, hätte das sofort erkennen müssen.

Schon hier zeigt sich also, dass die auf den ersten Blick „erdrückende Beweislast“ auf wackeligen Beinen gebaut wurde. Aber es wird noch viel besser.

2. Widerlegtes Argument: PCR-Tests wiesen angeblich nicht automatisch Ansteckungsverdacht nach. (Rn. 29/30)

Okay, dazu müssen wir erstmal einen Schritt zurück treten: Was hat es mit diesem „Ansteckungsverdacht“ auf sich? Und was für eine Bedeutung hat das für unsere Corona-Strategie?

Erst einmal zur Begrifflichkeit: „Ansteckungsverdächtig“ ist, wer zwar keine Symptome besitzt, aber bei wem anzunehmen ist, dass er oder sie Krankheitserreger aufgenommen hat. Darauf basiert letztlich unsere Teststrategie: Es geht also um die Menschen, die zwar keine Symptome aufweisen, aber bei denen mit Hilfe der Tests nachgewiesen wurde, dass Corona-Viren bereits im Körper sind. Erst wenn wir ein gutes Konzept haben, um auch diese Verbreiter:innen der Krankheit aufzuspüren und gegebenenfalls zu isolieren, ist unsere Teststrategie erfolgreich.

Zurück zu den PCR-Tests und unserem Beschluss. Die Argumentation des Antragstellers ist also: PCR-Tests können keine „Ansteckungsverdächtigen“ nachweisen, also sind die Statistiken unzuverlässig, also sind die auf diesen Statistiken basierenden Verordnungen und Maßnahmen unbegründet. Dazu hat der Antragssteller auch eine Studie aus China angehangen, die aus seiner Sicht bestätigt, dass positiv getestete Menschen ohne Symptome keine „Ansteckungsverdächtigen“ sind. Durchschlagende Argumente? Ganz im Gegenteil.

Querdenker widerlegt sich mit Studie versehentlich selbst

Das Gericht schmetterte diese Argumentation nämlich wunderschön ab: Es zitiert dazu aus genau der Studie, die der Antragsteller selbst als „Beweis“ nutzen wollte. Demnach seien mindestens 63,3 % der Personen, die ohne Symptome positiv getestet auch tatsächlich infiziert und damit gemäß IfSG „ansteckungsverdächtig“ (wir erinnern uns). Eine Quote, die viel zu hoch ist, als das man das einfach ignorieren könnte, wie es der Antragsteller gern hätte. Doch es kommt noch härter.

Tatsächlich hat der Antragsteller mit seiner Verwendung der Studie auch einfach das Thema verfehlt. Relevant seien nämlich laut Gerichtsbeschluss vor allem diejenigen Personen, die NOCH keine Symptome haben, aber SCHON ansteckend sind. Oftmals entwickeln diese Personen sogar später noch Symptome. Die zitierte Studie ist aber eine Momentaufnahme – eine solche zeitliche Entwicklung kann die (Querschnitt-)Studie also gar nicht nachvollziehen. Darauf wiesen sogar Autor:innen der Studie selbst hin.

Fazit: Entweder hat der Antragsteller die Studie falsch gelesen oder aber sie einfach nicht verstanden. Die Studie beweist keineswegs, dass das Fehlen von Symptomen bei positivem Corona-Test einen Verdacht auf Ansteckung vom Tisch wischt – ganz im Gegenteil. Hätte der Antragsteller etwas genauer nachgelesen, hätte er das auch selbst merken können.

3. Widerlegtes Argument: Angeblich gäbe es gar keine epidemische Lage von nationaler Tragweite (mehr). (Rn. 31-33)

Um zu verstehen, was das nun wieder bedeutet, sollten wir uns die (wie wir gleich sehen werden: unsinnige) Argumentation der Pandemie-Leugnenden zu diesem Thema vor Augen führen: Da angeblich verhältnismäßig wenige Menschen an Covid-19 sterben, sei Corona eine „sehr seltene Erkrankung“ und demnach keine Gefahr für die Allgemeinheit gemäß dem Infektionsschutzgesetz (§ 2 Nr. 3a IfSG). Damit sei es nicht möglich, eine epidemische Lage nationaler Tragweite auszurufen.

Auch hier zeigt sich wieder, dass klar im Vorteil ist, wer (Gesetze) lesen kann. Das Gericht kann es; entsprechend trocken wird auch dieser Versuch einer Argumentation abgelehnt.

Das Bestehen einer pandemischen Lage nationaler Tragweite und damit die Voraussetzungen für die Corona-Verordnungen der Landesparlamente hat gar nichts mit „Gefahr für die Allgemeinheit“ zu tun. Die pandemische Lage nationaler Tragweite wird stattdessen vom Bundestag festgestellt. Und auch nur der Bundestag kann die pandemische Lage aufheben – oder eben verlängern, wie er es zuletzt am 04.03. getan hat. Ob das dem Antragsteller nun passt oder nicht, ist dabei egal. Nur das demokratisch gewählte Parlament entscheidet, nicht die Laune Einzelner.

Fazit: Selbst wenn man der Auffassung ist, dass eine Pandemie mit knapp 75.000 Toten eine „seltene Erkrankung“ sei, was ich persönlich für mindestens zynisch halte, spielt das also keine Rolle für die epidemische Lage von nationaler Tragweite. Denn über diese (und damit auch die Grundlage für all die Corona-Maßnahmen) entscheidet nur das deutsche Parlament.

4. Widerlegtes Argument: Angeblich ist Corona gar nicht so gefährlich, weil prozentual nur wenige Fälle mit Lungenentzündung vorliegen. (Rn. 46/47)

Klingt wirr? Ist es auch und wird dementsprechend gleich mehrfach zerlegt:

Erste Widerlegung des Arguments: Es stimme zwar laut Gericht, dass nach offiziellen Zahlen „nur“ 1,4 % der nachweislich Infizierten mit gravierenden klinischen Symptomen eine Lungenentzündung erlitten; allerdings weist sogar das RKI selbst darauf hin, dass bei diesen Zahlen von einer „deutlichen zahlenmäßigen Untererfassung ausgegangen“ werden müsse (Quelle: hier, S.15). Es ist also davon auszugehen, dass deutlich mehr Corona-bedingte Lungenentzündungen aufgetreten sind, als diese Statistik vermuten lässt.

Zweite Widerlegung des Arguments: Diese Art der Argumentation lässt komplett unter den Tisch fallen, dass Covid-19 nicht nur allein wegen der Gefahr, Lungenentzündungen auszulösen, gefährlich ist. Es ist schon länger bekannt, dass das Virus auch in vielen anderen Teilen der Körpers verheerende Schäden anrichten kann. Das Gericht zählt unter Berufung auf das RKI unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen und neurologische Symptome und Erkrankungen auf (vgl. hier, Ziffer 9). Auch aus dieser Hinsicht ist also die vom Antragsteller vorgelegte Statistik stark beschönigt.

Fazit: Der Trick des Herunterhandelns von Zahlen, indem nur die Infizierten mit Lungenentzündung als „gefährdete Fälle“ angesehen werden, geht nicht auf. Einerseits ist die gemeldete Zahl wohl deutlich niedriger als die Zahl der tatsächlichen Fälle. Andererseits sind Lungenentzündungen bei Weitem nicht die einzige gefährliche Folge, die eine Covid-19-Infektion haben kann.

5. Widerlegtes Argument: Angeblich seien Intensivstationen gar nicht überlastet. (Rn. 48)

Bevor wir uns wieder in den Beschluss stürzen: Ich kenne persönlich etliche Ärzte und Pflegekräfte, die seit Monaten Übermenschliches leisten und bei solchen Aussagen nur den Kopf auf den Tisch knallen wollen. Es sind vor allem diese Menschen, denen wir den Rücken freihalten sollten. Und es sind diese Menschen, deren Arbeit jeder einzelne „Querdenkende“ mit Füßen tritt. Sollte jemand von euch das hier lesen: Haltet durch. Wir stehen hinter euch – ihr seid meine Helden!

Den Antragsteller wird man allerdings mit solch einer emotionalen Botschaft nicht erreichen. Muss man auch nicht, denn seine Argumentation ist auch an diesem Punkt unschlüssig. Er hatte auf Basis von willkürlich ausgesuchten, aus dem Kontext gerissenen Zahlen zur Auslastung der Intensivstationen in Brandenburg versucht, seine Argumentation zu stützen. Da die Kapazitäten ja kaum ausgelastet seien, könne eine pandemische Lage gar nicht vorliegen – so die Argumentation, welche wir schon oft von Querdenkenden und vergleichbaren Leugner:innen gehört haben. Das Gericht widerlegt diese Argumentation nicht nur, sie zeigt sogar, dass der Antragsteller hier eigentlich ein starkes Argument FÜR die Corona-Maßnahmen gebracht hat: Es kommt nämlich zum Schluss, dass die Anzahl intensivmedizinisch Behandlungsbedürftiger in der Tat momentan vergleichsweise gering sei – EBEN WEIL die Maßnahmen so erfolgreich sind!

Weiterhin rechnet es vor, dass ohne diese Maßnahmen die Intensivstationen im Land wohl komplett zusammengebrochen wären. Statt rund 150 wären in Brandenburg allein ca. 720 Fälle, die intensivmedizinisch behandelt werden müssten! (Grundlage dieser Berechnungen laut Gericht u. a. die Zahlen der München-Klinik)

Fazit: Der angebliche „Widerspruch“, dass bei strengen Schutzmaßnahmen die Zahl der Intensivpatienten sinkt, ist eigentlich ganz im Gegenteil logische Folge und Beweis der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen. Das Gericht hat das sehr schön vorgerechnet und argumentiert – aber eigentlich hätte da jeder Mensch selbst drauf kommen können, der halbwegs in der Lage ist, komplexere Zusammenhänge zu verstehen.

6. Widerlegtes Argument: Angeblich seien „bei uns“ bislang kaum Mutationen aufgetreten. (Rn. 50)

Das Argument der Pandemie-Leugnenden ist so simpel wie falsch: Da angeblich in Deutschland (hier genauer: In Brandenburg) bislang kaum Mutationen auftreten, dürften diese Mutationen auch nicht als Grundlage für unsere Gesetze gelten.

Obwohl selbst die Aussage, in Brandenburg seien bisher kaum Fälle von Mutationen aufgetreten, zumindest fragwürdig ist (Quelle), ist der trockene Konter des Gerichts viel schöner: Offensichtlich hat nämlich der Antragsteller den Sinn des Infektionsschutzgesetzes nicht so ganz verstanden. Dabei steckt es ja eigentlich im Wort „Schutz“ schon drin: Es geht nicht darum, nur abzuwarten und sich dem anzupassen, was gerade jetzt in Deutschland passiert, sondern vielmehr darum, selbst mit allen zur Verfügung stehenden Daten und Mitteln der Pandemie immer einen Schritt voraus zu sein. Das Ziel ist also, mit dem Wissen über die Mutation aus anderen Ländern möglichst zu verhindern, dass es in Deutschland überhaupt erst so weit kommt. Zudem hat sich mittlerweile auch die düstere Vorahnung bestätigt, dass wir wohl auch in Deutschland in Zukunft hauptsächlich gegen die Mutationen kämpfen werden.

Fazit: Egal, ob schon massiv Mutationen auftreten oder nicht – der Zweck des Infektionsschutzgesetzes ist es, genau so etwas möglichst im Vorhinein zu verhindern. Es wäre ehrlich gesagt auch ziemlich dumm, Möglichkeiten des Bevölkerungsschutzes verstreichen zu lassen und erst dann zu reagieren, wenn es zu spät ist.

7. Widerlegtes Argument: Angeblich sei die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen nicht gegeben.

Ja, ich weiß: Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist oftmals ein sehr zähes Verfahren. Es lohnt sich jedoch, diese Zusammenfassung der Argumentation des Gerichts zu lesen, denn hier wird beispielhaft das häufige Argument, die Maßnahmen seien „nicht verhältnismäßig“ widerlegt (um nicht zu sagen, zerlegt). Vom Gericht werden dazu einzelne Fragen analysiert:

A) Verfolgt die Verordnung ein legitimes Ziel mit legitimen Mitteln? (Rn. 36-38)

Das Ziel ist der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit. Das ist sehr wohl ein legitimes Ziel. Dazu möge man Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG lesen. Demnach ist der Staat nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, diesen Schutz zu gewährleisten. Auch wenn es keinen absoluten Schutz gibt (und geben kann!), muss der Staat hier die Gesundheit der Bürger:innen möglichst weitgreifend schützen, auch wenn dafür zeitweise die Freiheit eingeschränkt wird. Außerdem greift das Gericht einem häufigen „Gegenargument“ vor: Auch die Maßnahmen zur Eindämmung und Verhinderung der Ausbreitung sind Teil vom „Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit“; auch wenn sie „nur“ vorbeugend sind, können sie indirekt viele schwere Erkrankungen und Todesfälle verhindern.

Zwischenfazit: Es ist sehr wohl ein legitimes Ziel, das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen – und genau das tun die Corona-Maßnahmen.

B) Sind PCR-Tests zuverlässig genug? (Rn. 41-45)

Kurze Antwort: Ja. Das Gericht führt das in den Randnummern 41-45 sehr wortreich aus. Eine ausführliche Wiedergabe der Argumente des Gerichts würde diesen Artikel bei Weitem sprengen. Letztlich üben sich hier wie auch oft an anderer Stelle Pandemie-Leugner:innen in Erbsenzählerei. Für die, die es dennoch genauer interessiert: In den o. g. Randnummern finden sich die (sehr gut) begründeten Antworten des Gerichts auf folgende widerlegte Vorwürfe: PCR-Tests seien unzuverlässig; PCR-Tests führten zu unverhältnismäßig vielen falsch-positiven Testergebnissen; PCR-Tests weisen nur das Genom nach, nicht aber eine Infektion; sowie etliche implizite Behauptungen, die damit in Verbindung stehen.

Zur Genauigkeit der PCR-Tests haben wir hier schon sehr ausführlich geschrieben:

PCR-Tests sind sehr genau: Teile diesen Text, um die zentralen Lügen der Pandemie-Leugner zu widerlegen

C) Ist die Schließung gastronomischer Stätten (um die es dem Antragsteller ja hauptsächlich ging) angemessen? (Rn. 55-60)

Bei der Beantwortung dieser Frage geht das Gericht noch einmal ausführlich darauf ein, welche Schneeball-Effekte Zusammenkünfte in geschlossenen Einrichtungen momentan haben können. Selbst wenn es „nur“ einzelne Infektionen gäbe, könnten die sich in die Familien ausbreiten, über andere Treffen dann wieder zwischen den Familien und so weiter. Das würde schließlich schnell wieder zu einer Überlastung der Intensivstationen führen, womit sich wieder eine Abwärtsspirale ergeben würde.

Das Gericht hat dabei auch explizit darauf hingewiesen, dass allen Beteiligten sehr wohl bewusst ist, dass hier ein tiefer Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG vorliegt. Auch dass dieser Eingriff Existenzen bedroht, ist sowohl dem Gericht als übrigens auch den Gesetzgebern in der Tat bekannt. Dennoch muss bei aktueller Infektionslage dem Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Vorrang gegeben werden. Diese beiden gelten als „Rechtsgüter mit überragend hohem Gewicht“ – das heißt nichts weniger, als dass der Staat sogar dazu verpflichtet ist, sie zu schützen.

Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen ist derzeit gegeben

Natürlich ist auch das keine absolute Aussage und wenn sich das Infektionsgeschehen beruhigt, dann muss und wird auch der Schutz der Berufsfreiheit wieder in den Vordergrund rücken. Doch angesichts der momentan steigenden Infektionszahlen würde der Staat seiner Pflicht zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit nicht nachkommen, wenn er jetzt plötzlich entscheidet, es sei Zeit für Lockerungen in der Gastronomie. So hart und ungerecht das für den Einzelnen auch wirken mag.

Fazit: Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen derzeit gegeben ist. Viel wichtiger aber: Anhand der vielen Ausführungen zu gerade dieser Frage wird ersichtlich: Es ist EBEN NICHT so, dass diese Verhältnismäßigkeit willkürlich festgesetzt oder in Stein gemeißelt ist. Gerichte setzen sich immer wieder damit auseinander, wägen die verschiedenen schützenswerten Rechtsgüter gegeneinander ab und kommen so zu ihrem Ergebnis. Dieser nach außen zähe und auf den ersten Blick übermäßig genaue Prozess ist enorm wichtig, da er das Funktionieren der Gewaltenteilung und des Rechtsstaats auch in Pandemiezeiten belegt.

Zusammenfassung: Alles Quatschjura widerlegt!

Das Gericht hat also zahlreiche Argumente präzise analysiert und größtenteils widerlegt. Das ist wohl auch der Grund, warum dieser Beschluss in den Querdenken-Gruppen nicht wirklich angekommen ist. Immerhin zeigt es ja auf, dass die Gewaltenteilung funktioniert und dass wir einen vertrauenswürdigen Rechtsstaat haben, der sich kritisch, aber sachlich mit politischen Maßnahmen auseinandersetzt. Dieser Beschluss würde aus Sicht der „Querdenkenden“ ja das schöne Narrativ zerstören, die Regierung handele rücksichtslos und die Gerichte seien nur zum Schein da. Oder sie nehmen Urteile aus anderen Ländern und erzählen euch Märchen darüber:

Faktencheck: Wie dich Pandemie-Leugner über das PCR-Test-Urteil aus Portugal belügen

Was heißt das jedoch für uns? Den harten Kern von „Querdenken“ & Co. werden wir mit diesem Artikel sicherlich nicht erreichen. Aber es geht uns vor allem darum, allen Leser:innen eine Anleitung anzubieten, um unterscheiden zu können, was sinnvolle Kritik an den Maßnahmen der Regierung ist und was einfach nur selbstgerechte Hetze. Solltet ihr im Diskurs mit Bekannten, Verwandten oder sonstigen Menschen auf eines der oben genannten Argumente treffen, dann teilt ihnen gerne diesen Artikel. Vielleicht kann er ja doch so manchem die Augen öffnen.

Artikelbild: Georg Slickers, CC BY-SA 3.0

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