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Was dir BILD & Co über die Energiewende verschweigen

von | Feb. 20, 2025 | Faktencheck

Unser Gastautor Andreas Schmitz, auch AkkuDoktor genannt, klärt auf seinem Youtube Kanal zu Themen wie Balkonsolar, DYI Wärmepumpen oder der Energiewende im Allgemeinen. In diesem Beitrag räumt er mit häufigen Mythen über die Energiewende auf. Den Beitrag könnt ihr auch als Video schauen.

Die Energiewende läuft deutlich besser als die rechten Panikmacher von BILD, WELT und anderen uns glauben lassen wollen. Windräder und Solar ergänzen sich gut. Wir haben genug Kraftwerke, um selbst bei “Dunkelflaute” genug Strom zu erzeugen. Hier wird der Bullshit über ein angebliches Scheitern der Energiewende ausführlich zerlegt.

So schwindeln BILD & Co. über die Energiewende

Die Axel-Springer Medien schwindeln regelmäßig über die Energiewende – denn der Milliardär und Besitzer der Gruppe Mathias Döpfner glaubt einfach mal nicht an den Klimawandel.

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Aktuelle Aussagen von AfD, BILD & Co. haben eins gemeinsam: Sie vermitteln den Eindruck, dass bei der Energiewende alles den Bach heruntergeht. Windräder sind böse, der Blackout droht, und unsere Stromnetze sind praktisch schon tot. Wissenschaft, tatsächliche Herausforderungen und vor allem Lösungen geraten dabei völlig in den Hintergrund.

Ein Beispiel: Der VDE hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass unsere Stromnetze um bis zu 60 % stärker ausgelastet werden könnten – wenn man sie konsequenter digitalisiert. Und das ist nur eines von vielen genialen Konzepten, die unsere verdammt schlauen Leute entwickelt haben.

Jetzt stellt euch die Frage: Warum berichten diese Medien nicht über sowas? Warum hört unseren Ingenieur:innen keine Sau mehr zu? Weil diese Leute gar kein Interesse an Lösungen haben! Diese Politiker und Medien wollen, dass ihr Angst habt – denn so haltet ihr die Schnüss. (Grüße an meine Kölner Freunde! 😄)

“WINDMÜHLEN DER SCHANDE” ABREISSEN? KEINE GUTE IDEE!

Fangen wir mit den Windkraftanlagen an, oder den “Windmühlen der Schande”, wie sie Alice Weidel gerne nennt. Hier sind wir mit dem Ausbau an Land noch nicht besonders weit. Bis 2030 sollen laut Fraunhofer ISE 145 GW an Leistung installiert sein, aktuell stehen wir gerade mal bei 63,5 GW.

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Aber wie wichtig ist Windkraft überhaupt für unser Stromsystem? Energetisch liefern Windkraftanlagen ca. ⅓ unseres gesamten Stroms und das ganz besonders im Winter.

Hier seht ihr die real verfügbare Leistung von Solar- und Windkraft in den letzten Jahren. Während Offshore-Windkraftanlagen, also auf See, relativ konstant bleiben, unterliegen Windkraftanlagen an Land und Solaranlagen deutlichen Schwankungen. Dabei ergänzen sie sich aber sehr gut: Im Winter geht die Solar-Kurve runter und wird durch einen Anstieg der Windenergie kompensiert.

Eigene Berechnungen auf Grundlage von Energy Charts

Im Winter ist der Verbrauch allerdings grundsätzlich höher, wodurch mehr Erzeugungsleistung benötigt wird. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, ist also der weitere Zubau von Windkraftanlagen enorm wichtig und aktuell sogar wichtiger als Photovoltaik. Die Aussage der AfD Windkraftanlagen abzureißen und den Ausbau zu stoppen, ist also eine unglaublich dumme Idee.

DUNKELFLAUTEN: PANIKMACHE?

Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Erneuerbaren und der Energiewende kommt immer wieder ein Thema auf: die Dunkelflaute – also Zeiträume, in denen weder die Sonne scheint noch genug Wind weht. Diese Vorstellung jagt vielen Leuten gewaltig Angst ein.

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Gibt es dabei aktuell eine Gefahr für unsere Versorgung? Schauen wir uns mal einen der heftigsten Tage des letzten Jahres an: den 6. November. An dem Tag gab es eine Dunkelflaute und noch dazu Kraftwerksausfälle – also eine Art Worst-Case-Szenario. Hier seht ihr für diesen Tag die installierte Leistung und die Schwankungsbreite der Last in Deutschland an diesem Tag. Die Leistung der Erneuerbaren (Biomasse, Wind, Solar usw.), die ich hier zeige, entspricht an diesem Tag dem Minimum und war auch nicht gleichmäßig über den Tag verteilt, sondern nur um die Mittagszeit konzentriert.

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Und jetzt die große Überraschung: Das war alles kein Drama! Wir konnten uns an diesem Tag trotzdem gut selbst versorgen.

An dieser Stelle nochmal eine Warnung vor Desinformation: Das, was ich hier zeige, ist die installierte Leistung – also das, was wirklich verfügbar ist bzw. war! Irgendwelche Blackout-Propheten zeigen dagegen gerne die gelieferte Leistung – aber was soll das überhaupt heißen?

Das ist ganz einfach: In der gelieferten Leistung sind auch Importe drin – und die sind an solchen Tagen besonders hoch, wenn es einfach günstiger ist, Strom zu importieren! Das hat aber nichts mit der verfügbaren Kraftwerksleistung in Deutschland zu tun. Das eine ist komplett preisgetrieben, das andere ist das, was wir tatsächlich physisch haben!

Jetzt zu meinem „Aber“ – oder dem Körnchen Wahrheit in der Panikmache:

Auch wenn das aktuell alles noch gut funktioniert: So viel Luft zum weiteren Abschalten von konventionellen Kraftwerken (wie Braunkohle) ist nicht mehr da! Und ja, auch das gehört zur Wahrheit: An solchen Tagen sind wir derzeit noch zu 80 % auf fossile Kraftwerke angewiesen.

Aber – und das ist der entscheidende Punkt – es sind so wenige Tage im Jahr, dass das nicht großartig ins Gewicht fällt.

Was muss passieren?

Wir müssen Gaskraftwerke für diese dunklen Tage bauen, um Kohle zu ersetzen. Warum? Ganz einfach: Der CO₂-Preis wird steigen – also die Kosten, die Kraftwerke fürs Emittieren von CO₂ zahlen müssen. Und da Braunkohle rund 2–4 Mal so viel CO₂ raushaut wie Gaskraftwerke, wird das ein richtig teurer Spaß. Zudem besteht die Hoffnung, dass man die Gaskraftwerke in Zukunft auf grünes H2 umstellen kann. 

WINDKRAFT-PROBLEMKIND BAYERN

Während viele Bundesländer beim Windkraft-Ausbau aktuell ordentlich anpacken, hinkt vor allem Bayern dabei aber noch ziemlich hinterher und lenkt lieber durch Atomkraft-Forderungen davon ab.

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Beim PV-Ausbau werden hier Spitzenwerte geliefert, in Bezug auf neue Windkraftanlagen heißt es aber nur “Hier weht ja gar nicht genug Wind!”. Schuld ist aber eigentlich die sogenannte 10H-Regel. Die besagt, dass ein Windrad mindestens einen Abstand vom Zehnfachen seiner Höhe zur nächsten Siedlung haben muss, was bei einer Höhe von ca. 200m einem Abstand von 2km entspricht. Das schränkt die verfügbare Fläche extrem ein. Diese Grafik zeigt, dass mit einem geringeren Mindestabstand das Potenzial an zugebauter Windenergie deutlich gesteigert werden könnte:

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Unterm Strich sieht es so aus, als hätte man den Atomausstieg einfach ignoriert und den dringend nötigen Windkraftausbau blockiert. Das sorgt im Winter für große Erzeugungs-Defizite, sodass Bayern aktuell viel Strom aus anderen Bundesländern oder dem Ausland importieren muss. 

Gleichzeitig gibt es in Deutschland auch ein ständiges Ungleichgewicht, weil im Norden viel Strom erzeugt und im Süden viel verbraucht wird, die Leitungen in den Süden aber nicht ausreichen. Hier sollte Bayern eigentlich mit mehr Windkraft gegensteuern und ein Gleichgewicht erzeugen.

Aber es gibt auch Hoffnung: Vor etwa zwei Jahren hat die bayerische Staatsregierung rund um, man glaubt es kaum, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger himself beschlossen, bis 2030 den Bau von 1000 Windkraftanlagen zu planen

Der nötige Zubau von 100-150 Anlagen pro Jahr wurde zuletzt mit nur 72 im Jahr 2024 zwar noch deutlich unterboten, stellt aber immerhin einen Anstieg dar. Außerdem wurde auch die 10H-Regel gelockert, was ein unbedingt notwendiger Schritt ist, um Windkraft überhaupt möglich zu machen.

PHOTOVOLTAIK-AUSBAU LÄUFT SUPER! ABER…

Weiter zur Photovoltaik. Hier sind wir richtig gut auf Kurs und haben von den bis 2030 zu erreichenden 139GW bereits 99,2GW installiert.

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Die hohen Energiepreise verbunden mit niedrigen Kosten für Akkus und PV-Anlagen haben dafür gesorgt, dass immer mehr Anlagen auf den Dächern aufgetaucht sind und wir dadurch inzwischen viel weiter sind als ursprünglich geplant war. Das ist verdammt gut, während der Krise habt ihr alle hier richtig gehandelt und uns im PV-Bereich auf Kurs gebracht.

Leider bringt der schnelle Ausbau aber auch Probleme mit sich. Eines davon ist die Einspeisevergütung. Die bekommen PV-Betreiber als festen Betrag (z.B. 7,9 ct bei Neuanlagen, bei älteren Anlagen mehr) für jede kWh Strom, die ins Netz eingespeist wird. Wenn aber zu viel PV-Strom produziert wird, ist dieser schnell keine z.B. 7ct mehr wert und für die Differenz muss der Staat aufkommen, was mittlerweile für Kosten in Milliardenhöhe sorgt.

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Das ist jetzt für Einige wieder ein Grund, dagegen zu wettern und die Photovoltaik schlechtzureden. Zu viel Ausbau ist scheinbar auch nicht recht.

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Also was tun? Einfach auf schlechtes Wetter hoffen? Zum Glück reagiert der Staat bereits und setzt bei Neuanlagen in Zeiträumen mit besonders niedrigen Strompreisen die Einspeisevergütung aus. Stattdessen sind Anlagenbetreiber dann in der Direktvermarktung, das bedeutet, dass sie für eingespeisten Strom jede Stunde den Preis bekommen, den er an der Strombörse wert ist, meist mit einer Art “Untergrenze”. Weil das in diesen Zeiträumen nicht viel ist, fördert das in erster Linie den Eigenverbrauch, der wiederum das Stromnetz entlastet, weil nicht so viel auf einmal eingespeist wird. Das ist also schon ein Problem, aber auch das ist lösbar und die Politik arbeitet sogar schon daran. 

BATTERIEN DER SCHANDE? IM GEGENTEIL!

Wie steht es mit dem Speicherausbau? Wir haben aktuell 17,8 GWh installiert, benötigen 2030 aber 104 GWh. Das läuft auf den ersten Blick noch nicht ganz optimal. Positiv ist aber, dass Akkus inzwischen verdammt günstig sind.

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Ein vielversprechendes Geschäftsmodell ist es dabei mittlerweile, Strom günstig einzukaufen (wenn durch PV viel erzeugt wird), zwischenzuspeichern und wieder teurer zu verkaufen, wenn nicht mehr so viel produziert wird. Oder an die sogenannten Regelleistungsmärkte zu gehen (hier wird man bezahlt, wenn man Netzschwankungen ausgleicht). Dadurch kommt gerade eine regelrechte Flut an neuen Großspeichern auf uns zu, aktuell sind 226GW angemeldet. Davon werden nicht alle “durchgehen”, aber selbst wenn nur ein Teil dieser Speicher tatsächlich kommt, sind wir durch mit dem Ziel für 2030.

WIR SIND NICHT VON FRANZÖSISCHEM ATOMSTROM ABHÄNGIG, SONDERN WIR BRAUCHEN UNS GEGENSEITIG! 

Obwohl wir in der Lage sind, uns selbst zu versorgen, importiert Deutschland immer wieder Strom aus dem Ausland. Wenn man diesen Schlagzeilen Glauben schenkt, scheint das auch eine ganze Menge zu sein.

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Sind wir aus der Atomkraft ausgestiegen, nur um jetzt Atomstrom aus Frankreich zu importieren? Wir importieren wirklich viel aus Frankreich, das ist also wahr! Aber sind wir deswegen abhängig? Ganz so einfach ist es nicht. Im Gegenteil, Frankreich ist sogar von uns abhängig. Deren Atomkraftwerke haben regelmäßig einen deutlichen Erzeugungs-Überschuss, weil sie auf die Spitzenlast ausgelegt sind. Die Franzosen haben z.B. im Sommer viel zu viel Strom und MÜSSEN exportieren. Warum? Weil Kernkraftwerke nur rentabel sind, wenn sie durchlaufen, jede Pause kostet bares Geld.

Dadurch ist Frankreich aktuell einer der größten Stromexporteure in Europa, wodurch dann ein Teil des Stroms auch bei uns landet. Frankreich bekommt aber ein echtes Problem, wenn im Sommer alle umliegenden Staaten PV-Strom erzeugen und die ihren Kernkraftstrom nicht mehr loswerden. Dieser Effekt ist bereits jetzt schon extrem sichtbar, auf dem Bild seht ihr die Auslastung französischer Kernkraftwerke und sie fällt permanent. Auf kurz oder lang wird das zum Problem.

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FAZIT: ENergiewende läuft doch ganz gut

Bei der näheren Betrachtung des Ausbaus der Erneuerbaren wird also klar: Es gibt zwar noch jede Menge Baustellen und ja, darüber müssen wir reden, vor allem, wie wir diese ökonomisch am besten lösen! Aber sie sind alles andere als aussichtslos. Statt – wie AfD, BILD & Co. – darauf herumzuhacken, wie furchtbar alles ist und unnötige Hetze zu betreiben, sollte man lieber auf die Wissenschaft hören und Lösungen im Auge behalten, die machen in den meisten Bereichen nämlich wirklich Hoffnung.

Beitrag als Video:

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Artikelbild: canva.com/Screenshots