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Fridays gegen Altersarmut: Fast jede zweite Mahnwache von Rechten organisiert

von | Jan 23, 2020 | Aktuelles, Hintergrund

Aufpassen bei den Mahnwachen!

Wie wir bereits vor zwei Wochen berichtet haben, haben Recherchen ergeben, dass die „Fridays gegen Altersarmut“-Gruppen von rechten und rechtsextremen Admins ins Leben gerufen wurden und rechte Narrative verbreiten.

Wie Recherchen der Seite KKA, sowie unsere eigenen belegen, sind die vielen Admins dort unter anderem mit Mitgliedern der AfD und NPD befreundet oder haben Seiten wie „Gelbwesten Deutschland“, „Intensiv Patrioten“, „Alice Weidel“, „Fridays for Hubraum“ oder „Freiheit statt EU-Diktatur“ gelikt oder verbreiten Hetze gegen Greta Thunberg, Carola Rackete und andere. Die Admins verbreiten auf ihren Privatseiten rechte und rechtsextreme Propaganda und sind dort mit anderen Rechten vernetzt.

Nicht nur wird die Gruppe „Fridays gegen Altersarmut“ augenscheinlich von Menschen mit rechter und rechtsextremer Agenda geleitet, die Gruppe scheint auch als Honigtopf für nichts ahnende Menschen zu dienen, da kurz vor der Gründung, im Juli 2019 rechtsextreme Blogs dazu aufgerufen haben, das Thema Altersarmut zu nutzen.

Zwischenzeitlich hat auch AfD-Chef Meuthen seine rechtsextremen Anhänger*innen aufgerufen, sich an den Mahnwachen von „Fridays gegen Altersarmut“ zu beteiligen. Warum das ausgerechnet von ihm pure Heuchelei ist, haben wir hier erklärt:

Echt jetzt? Die Anti-Renten Partei AfD ruft zu Fridays gegen Altersarmut auf



Weitere Unterwanderung durch Rechte

Neben den rechten Admins und den rechtsextremen Seiten, die den Plan formulierten, das Thema Altersarmut von rechts zu besetzen, findet man auch viel Werbung für die Gruppe auf rechten Seiten, Gruppen und Kanälen. Ausgewählte Beispiele:

Ein weiteres Indiz ist auch, dass sich bereits frühere Versuche, „gegen Altersarmut“ zu versammeln als genau das entpuppt haben: In Augsburg tauchten bei einer Demonstration gegen Altersarmut nur rechte Rocker und vom Verfassungsschutz beobachtete Rechtsextreme auf (Quelle). Auch die rechtsextreme Partei „die Rechte“ hat zur Unterstützung der Gruppe aufgerufen:

Weiterhin gibt es unzählige Berichte von Personen, die lediglich kritische Rückfragen gestellt haben oder Verbesserungsvorschläge gemacht haben und von den Gruppenadmins umgehend aus der Gruppe geworfen wurde. Kritische nachfragen werden in dieser Bewegung nicht toleriert. Weitere Infos findet ihr hier:

Wie dich Rechte mit „Fridays gegen Altersarmut“ verarschen wollen

Fast jede zweite Mahnwache rechts

Wie KKK vor kurzem recherchiert hat, stehen auch 47% aller Anmelder*innen im Verdacht, eine rechte Gesinnung zu haben. Laut KKK haben sie sich alle Social-Media-Auftritte der Personen angesehen, die Mahnwachen für „Fridays gegen Altersarmut“ angemeldet haben. Von insgesamt 197 Mahnwachen sind inzwischen 12 aus der Gruppe ausgestiegen oder wurden wegen der rechten Verknüpfungen abgesagt.

Von den verbliebenen 185 Mahnwachen wurden die Profile der Anmelder*innen eingesehen. Dabei wurden Likes, Abos und Beiträge berücksichtigt. Ihre Recherche ergab, dass 47% (87) der anmeldenden Personen Beiträge posten und Seiten geliked haben, die auf ein geschlossen rechtsextremes Weltbild schließen lassen (38,4%) oder zumindest Anhaltspunkte dafür bieten (8,6%).

Bei weiteren 40 (21,6%) war das Profil nicht für die Öffentlichkeit einsehbar, sodass kein Urteil möglich ist. 24,9% lassen keine konkrete politische Ausrichtung erkennen und 6,5% (12) er Anmelder*innen zeigen Belege oder klar Indizen dafür, dass sie sich klar von Rechtsextremismus distanzieren und sich dagegen engagieren.

Seid bitte vorsichtig!

Ganz wichtig: Wir möchten mit diesem Artikel weder jeden Teilnehmenden von „Fridays gegen Altersarmut“ als „rechts“ bezeichnen, noch dazu aufrufen, sich nicht gegen Altersarmut zu engagieren. Auch wenn manche das immer wieder behaupten. Soziale Ungerechtigkeit, insbesondere für Renter*innen ist ein großes Problem.

Aber wie wir gesehen haben, versuchen Rechtsextreme eure berechtigte Wut für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Das erkennt man auch daran, dass in der Gruppe keine Lösungsvorschläge gegen Altersarmut diskutiert werden.

Man findet dort außer emotionalisierenden Appellen keine konkreten Ziele, geschweige denn Hilfen für Betroffene! Keine Petitionen, keine Tafeln, an welchen man sich engagieren könnte, keine konkreten Forderungen an die Politik, keine Artikel oder Analysen, wie Altersarmut denn konkret aussieht, wen sie genau betrifft oder wie sie denn überhaupt entstanden ist. Das ist höchst verdächtig.

Denn verdeckt werden hier von den rechten Admins ebensolche Feind- und einfache Weltbilder bedient. „Die Regierung“ sei einfach Schuld, ohne Erklärung, warum. Und „die Altparteien“ müssten einfach bekämpft werden (Ein alter Nazi-Begriff).

Man will rechte Feindbilder etablieren

Es wird einfach die simple, populistische Erklärung bedient, „die da oben“ seien Schuld und wenn man gegen „die Elite“ kämpft, wird sich das Problem irgendwie auf magische Weise von selbst lösen. Es ist reiner Populismus, der bei unbedarften Mitgliedern ein vereinfachtes Weltbild etablieren soll, dass nahtlos an das rechtsextreme Weltbild der AfD andocken kann, wenn die Zeit reif ist. Der Mechanismus ist der gleiche: Man erzeugt emotional Unmut über ein Problem – und bietet keine Lösung dafür an, aber Feindbilder. Der Frust darüber führt zu Radikalisierung und lässt sich gut instrumentalisieren.

Die rechten Admins und Anmelder*innen von „Fridays Gegen Altersarmut“ (und andere, die weniger versteckt ihre rechte Agenda formulieren), versuchen über dieses Thema neue Menschen dazu zu trainieren, ihre vereinfachten Welt- und Feindbilder zu verinnerlichen. Wenn jemand unkritisch Hass auf „die da oben“ entwickelt, ohne konstruktive Lösungsansätze, dann wird er empfänglicher dafür, wenn er sich mit den verkappten Rechten in der Gruppe vernetzt, die dann gegen Schutzsuchende hetzen. So beginnt eine Spirale, an deren Ende die Opfer zu vollen Rechtsextremen gemacht werden sollen.

Ich will demonstrieren, aber mich nicht instrumentalisieren lassen. Was soll ich tun?

Noch einmal: Die wenigsten, die bei Fridays gegen Altersarmut mitmachen sind wahrscheinlich rechts. Es sind vor allem wenige, die jedoch gezielt die Gruppen aufgebaut haben und zum großen Teil auch die Mahnwachen anmelden, die versuchen, euch zu instrumentalisieren. Die rechtsextremen Gruppen und Parteien schicken ihre Anhänger*innen in die Gruppe, damit diese dort jede Kritik wegmobben. Und euch falsche Dinge einreden über alle, die kritisch bleiben wollen.

Deshalb: Denkt für euch selbst! Hört nicht auf die rechten Admins, gerne auch nicht auf uns. Schaut nach, wer eure Mahnwache angemeldet hat. Seid kritisch. Hört bei den Reden gut zu, ob dort rechte Begriffe wie „Altparteien“ fallen – oder gar gegen Migranten gehetzt wird. Demonstriert gegen Altersarmut, aber setzt auch klare Statements gegen Rechtsextreme. Man kann ja beides gleichzeitig machen. Wenn eure Mahnwache und die anderen Demo-Teilnehmer*innen wirklich nicht rechts sind, sollten sie ja nichts dagegen haben. Wenn doch, fragt euch und sie: Warum?

Skeptisch bleiben!

Wir brauchen euer Engagement gegen Altersarmut. Wir brauchen auch Engagement gegen Niedriglöhne, gegen zu niedrige Hartz-IV-Sätze und grausame Sanktionen, wir brauchen Empörung, wir brauchen das Selbstverständnis, dass Menschen nicht zwei oder mehrere Jobs arbeiten müssen. Dass nicht Menschen, die ihr Leben lang „Mindestohn“ verdienen, garantiert in Altersarmut landen. Was derzeit noch der Fall ist. Warum nicht darüber reden?

Wer eure Wut ohne Lösungsansätze anstachelt und nur darauf trainieren will „die da oben“ zu hassen, sollte skeptisch beäugt werden. Demonstriert gegen Altersarmut, bitte! Aber lasst euch nicht von rechten Populisten instrumentalisieren. Zeigt klare Kante gegen Rassisten und Rechtsextremisten, die sich in Wahrheit einen Dreck um Altersarmut scheren. Und passt auf, dass ihr euch am Ende nicht in mitten einer Gruppe Rechtsextremer wiederfindet.

Artikelbild: Sreenshot facebook.com

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