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Sixtus: Wie BILD für Hetze gegen den ÖRR manipuliert & andere Meinungen unterdrückt

von | Feb 4, 2020 | Aktuelles, Kommentar, Medien

So verlogen und manipulativ arbeitet die BILD

Es mag übertrieben klingen, aber wenn eine der größten Zeitungen Deutschlands anlasslos mit Halb- und Unwahrheiten gegen einen einzelnen Twitter-Nutzer hetzt, sodass dieser permanent Hassmails bekommt und damit eine Steilvorlage für Hetze der AfD gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk liefert, läuft etwas gewaltig falsch. Am Sonntag saß der Filmemacher Mario Sixtus in einem überfüllten ICE. Als zusätzlich viele Bundeswehrsoldat*innen mit großen Feldsäcken den überfüllten Zug besteigen wollten, äußerte Sixtus seine Sorge, dass solche Situationen nicht zu mehr Akzeptanz des Soldatenberufs führen würden, sondern die gegenteilige Wirkung haben könnten.

https://twitter.com/sixtus/status/1223987674131976193

Hintergrund: Seit Anfang des Jahres dürfen Bundeswehrsoldat*innen in Uniform kostenlos Bahn fahren. Ziel dieser Aktion ist es, dass die Sichtbarkeit der Soldat*innen erhöht wird, um mehr Akzeptanz für sie in der Bevölkerung zu erzeugen (Quelle). Da die Bundeswehr aber für die Soldaten-Bahncard-100 kaum etwas zahlt, wird unter anderem von Sixtus kritisiert, dass die ohnehin schon finanziell stark belastete Bahn somit ohnehin schon vollere Züge noch voller macht. Es wird kritisiert, dass mehr Menschen das Problem von zu wenigen Zügen, Strecken und zu vielen Zugausfällen verstärkt, nicht verbessert.

Mario Sixtus äußerte überspitzt sein Bedenken, dass solche Situationen wie er sie im ICE erlebt hatte, mit Soldaten mit großem Feldgepäck die anderen Reisenden vielmehr nerven würde. Wie er uns auf Anfrage erklärte, sein Tweet stelle „allein die Frage, ob die oben beschriebene Regelung eine gute Idee war, oder ob sie vielmehr *kalten Hass* bei genervten Mitreisenden verursacht. Man kann gerne anderer Meinung sein und durchaus die überspitzte Wortwahl des Filmemachers kritisieren, doch was die BILD und auch der Focus aus diesem regelrecht harmlosen Tweet machten, ist unglaublich.



Lügen und Falschdarstellungen von BILD und Co

Für den Tweet erhielt Mario Sixtus gut 3000 „Gefällt mir“-Angaben und nur ein paar wenige Tweets, die Widerspruch ausdrückten. Dabei hätte es bleiben können, doch was BILD und auch der Focus aus diesem Tweet machten, hatte letztlich nur wenig mit der Realität zu tun:



Aus einem ziemlich harmlosen Tweet haben große Boulevard-Medien plötzlich „Schimpfe“ und „Pöbelei“ gegen Soldaten gemacht und völlig willkürlich noch einen Bezug zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemacht. Denn hier steckt bereits die erste Lüge: „Ich bin nicht beim ZDF angestellt und war das auch nie. Ich bin freier Drehbuchautor, Filmemacher und Journalist. Das ZDF ist einer meiner Kunden“, erklärt Sixtus uns. BILD und Focus stellen jedoch bewusst den Bezug her, um über das Anti-ÖRR-Sentiment ihrer Leserschaft künstlich Empörung zu erzeugen.

Durch Aufmachung, aus dem Kontext gerissenem Zitat und der Unterstellung, es gäbe „Widerspruch“, wurde von BILD so getan, als hätte der Tweet für eine Kontroverse („viele User“ und „deutliche Kritik“ sind erfunden) gesorgt, als Beleg mussten harmlose Widersprüche einzelner Nutzer*innen herhalten. Die ständige Betonung, es sei „aggressiv“ gewesen, in Kombination mit der Behauptung, der Tweet sei „gegen Soldaten“ gerichtet, erweckt den Eindruck, Sixtus hätte sich abwertend über Soldat*innen geäußert. Was er definitiv nicht tat. Weiter wurde versucht, ein Bezug zum ÖRR zu suggerieren, indem das ZDF um eine Stellungnahme gebeten wurde – für eine Person, die nicht für sie arbeitet.

Screenshot

Wie der „linksgrüne ÖRR“ und „alimentierte Hetze“ gebastelt wird

Die Darstellung ist klar: Es wird absichtlich der Eindruck erweckt, ein „ZDF-Journalist“ würde gegen Soldat*innen hetzen. Dass die Leserschaft von BILD und Co das genau so versteht, verrät ein Blick in jeweiligen Kommentarspalten. Sixtus stellt aber noch einmal klar, „dass der Tweet in keinster Weise zum Hass aufruft, weder gegen Soldaten, noch gegen sonstwen. Der Tweet handelt auch nicht etwa von meinem „kalten Hass“, denn auch ich hasse weder Soldaten noch sonstwen.“

Doch sie haben genau das erreicht, was sie wollten: Die Nutzer*innen regen sich auf, als ob Sixtus Soldat*innen kritisiert hätte, man bildet sich gar ein, er hätte sie als „Mörder“ bezeichnet! Und in den meisten Beiträgen wird der ÖRR kritisiert, der rein gar nichts damit zu tun hat. Man fordert eine „Entlassung“ und beschwert sich, dass er mit „unseren Rundfunkgebühren“ bezahlt werde.

Und auch die rechtsextreme AfD, die eine Hetz-Kampagne gegen den ÖRR fährt, greift selbstverständlich dankbar diese Falschdarstellung von BILD und Focus auf:

 

Die rechtsextreme Filterblase darauf aufmerksam gemacht erfährt Sixtus jetzt permanent Hassmails. Sixtus erklärt uns: „Um meinen Tweet geht es aber längst nicht mehr. Die „Bild“ hat mich zum Bundeswehr-Hasser erklärt, und Bild-Leser folgen diesem Spin. Mitarbeiter und Fans der Bundeswehr verbreiten inzwischen offene Lügen und Diffamierungen über mich.“ Er werde seit den Artikeln von „Hass-Horden“ heimgesucht, die ihn als „Volksverräter“ betiteln und ihm den Tod wünschen.

Verlogener Journalismus

So haben BILD und Focus einen Pseudo-Skandal erzeugt, wo zuvor keiner war und völlig grundlos dafür gesorgt, dass ein Filmemacher einem Shitstorm ausgesetzt wird und Todeswünsche erhält. Nicht nur das: Völlig unnötigerweise wurde das ZDF in diesen Pseudo-Skandal hineingezogen und somit wurde weiter ein rechtsextremes Anti-ÖRR-Narrativ befeuert.

Vor allem die BILD hat einen etwas überspitzt formulierten aber harmlosen Tweet – was man ja gerne kritisieren kann – zu einem Skandal aufgebauscht und zum Teil einer Kampagne gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk instrumentalisiert. Ein Rundfunk, der offenbar immer noch besseren Journalismus betreibt als so ein Boulevard-Blatt, das grundlos mit vielen Halb- und Unwahrheiten Steilvorlagen für Rechtsextreme liefert. So ein Umgang mit Fakten und mit seiner Reichweite ist völlig unverantwortlich.

Bei allem Gerede von „Shitstorms“ und „Hass im Netz“ dürfen wir nicht die Verantwortung unterschätzen, die solche Boulevard-Medien dabei haben. Sie sind es, die Futter für rechte Narrative liefern und die Empörung künstlich anheizen, indem sie lügen und Dinge absichtlich falsch darstellen. Man muss Sixtus nicht zustimmen, man kann ihn gerne für seine Wortwahl kritisieren – aber Hassmails und die Hetze gegen den ÖRR sind wahnwitzig.

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Artikelbild: Screenshot bild.de