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Maischberger: BILD, CSU & Co wollen nicht, dass du weißt, wie gut Ramelow wirklich auftrat

von | Feb 14, 2020 | Aktuelles, Kommentar, Medien

So souverän war Ramelow bei Maischberger wirklich

Vorgestern Abend wurde ein sehr spannendes und aufschlussreiches Interview zwischen Sandra Maischberger und Bodo Ramelow ausgestrahlt. Hier in voller Länge zu sehen.

Ich kann nur empfehlen sich das 20-minütige Video selbst anzuschauen und sich ein eigenes Bild darüber zu machen, wie Herr Ramelow, in einer für sein Bundesland schwierigen Situation, Rede und Antwort gestanden ist. Schaut man sich an, wie die Medien seinen Auftritt betiteln muss ich schon fragen, ob wir alle dieselbe Sendung gesehen haben. Hier ein paar Beispiele wie sein Auftritt in den Headlines geframed wurde:

Merkur: „Linken Politiker im ARD: Ramelow wettert über Thüringen-Eklat – Maischberger trifft mit Frage empfindlichen Nerv“ (Link)

Spiegel: „Hier ist ein elendiges Spiel gemacht worden“: „Bei „Maischberger“ präsentierte sich Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow eine Woche nach dem Wahl-Eklat von Erfurt immer noch angefasst – und traf auf eine unbeeindruckte Moderatorin.“ (Link)

Welt: „Wollen Sie damit sagen, dass ich kein Experte war?“, fragt Ramelow (Link)

Focus: „Maischberger piesackt Ramelow dreimal mit selber Frage – der reagiert genervt“ (Link)

Stern: Bodo Ramelow stellt sich bei Maischberger – weicht den wichtigen Fragen aber aus (Link)

Bild hat natürlich den Vogel abgeschossen: „Ramelows Arroganz-Anfall bei Maischberger“ (Link)


Die CSU Schnitt das Interview so zusammen, dass Herr Ramelow so schlecht wie möglich dargestellt wird und riss seine Aussagen aus dem Zusammenhang. Titel: Best of Bodo Bodenlos (Link)

Auch Frau Maischberger versuchte, ihn negativ aussehen zu lassen

Ich hatte den Eindruck, Frau Maischberger versuchte permanent Herr Ramelow negativ dastehen zu lassen. Von wegen: ein linker Ministerpräsident darf nicht so gut dastehen, wie er es im Moment tut. Aber das ist nur mein subjektiver Eindruck des Interviews. Es sei auch kurz zu erwähnen, dass es in der Verantwortung der Abgeordneten von FDP, CDU und AfD in Thüringen liegt, dass das Bundesland jetzt im Chaos liegt.

Das Interview wirkte fast so, als wolle Frau Maischberger die Schuld Herr Ramelow in die Schuhe schieben, dabei hat er alle legitimen Mittel eines Demokraten angewandt, um eine Minderheitsregierung zu bilden. Letztendlich verließ er sich darauf, dass die FDP und die CDU niemals mit der AfD zusammenarbeiten würden (hätten wir das nicht alle gedacht) und diese ihm demnach ermöglichen werden, eine Minderheitsregierung zu bilden.

Doch long Story short, FDP und CDU beschlossen, dass sie lieber mit dem Faschisten Höcke paktieren, um einen „sozialistischen“ Ministerpräsidenten zu verhindern.

Die wichtigsten Aussagen von Ramelow, die du wohl nicht mitgekriegt hast:

Ich habe hier die wichtigsten Aussagen von Herr Ramelow zusammengetragen, die zeigen, wie staatsmännisch er sich im Interview geäußert hat:
Auf die Frage ob er sich von der CDU reingelegt fühle:

„Wissen Sie, dass ist so eine Kategorie, ich habe den Mittwoch erlebt, ich weiss garnicht was ich zu reingelegt sagen soll. Auf der ganzen Welt hat man gesehen, dass in Thüringen, 90 Jahre nach dem Tabubruch (erstmalige Zusammenarbeit mit der NSDAP in Thüringen), ein neuer Tabubruch stattgefunden hat. Das kann ich nicht von der Tagesordnung nehmen.“

Auf die Frage, ob man nicht auch einen Kandidaten der SPD aufstellen hätte können, der für die CDU leichter zu akzeptieren gewesen wäre:

„Wir haben von allen Parteien ein Volumen (an Wählerstimmen) bekommen, da würden andere Parteien noch Stolz hinschauen, wenn sie ein solches Volumen bekommen und da sagen Sie mir, ich möge doch bitte einen andere Partei bitten, einen Kandidaten aufzustellen, damit es der CDU leicht fällt mit ihrem Antikommunismus endlich klarzukommen?“

Auf die Frage warum Ramelow die DDR nicht einen Unrechtsstaat nennen will wie von der CDU gefordert:

„Ich sage das Unrecht in der DDR muss immer weiterbearbeitet werden. Auch eine Diktatur wie die DDR Diktatur darf sich nicht wiederholen. Einen Rechtsstaat kaputt zu machen darf sich nicht wiederholen. Ich habe mit den ganzen Opfern, den Opfern der stalinistischen Zeit, den Opfern der Zwangsausgesiedelten, all diesen Opferverbänden fortlaufen in den 5 Jahren gearbeitet. Ich bitte daran gemessen zu werden was ich wirklich getan hab und nicht was andere über mich erzählen.“

Eine generelle Feststellung von Ramelow:

„Wir werden an diesem Freitag zum ersten Mal etwas erleben, was in Deutschland noch nie passiert ist. Seit 70 Jahren hat es noch nie den Fall gegeben, dass ein Land nicht im Bundesrat vertreten sein wird. Das hat es noch nie gegeben.“

Auf die Frage, ob das Erpressung sei, in einer solchen Situation von der FDP und CDU 4 Stimmen (für die benötigte Mehrheit) zu verlangen.

„Entschuldigung, die Frage der staatspolitischen Verantwortung muss jeder, der vom Volk gewählt worden ist und sagt: ich arbeite fürs Volk, der muss sich überlegen, wie wir geordnet zu Neuwahlen kommen. Wer das nicht beantwortet, der begeht wirklich einen schweren Bruch und übernimmt schwere Verantwortung für den Schaden der eintritt. Deswegen sag ich: unser Angebot ist, man kann den Weg gehen, einen anderen kenne ich nicht. Herr Kemmerich hat angenommen (Maischberger unterbricht: „Der stimmt für Sie?“) und ist dann zurückgetreten, der kann nichtmal mehr die Vertrauensfrage stellen. (Maischberger will wieder unterbrechen) Nein, ich erläutere einfach nur Verfassungsrecht. (Maischberger will nochmals unterbrechen) Es wäre manchmal einfach hilfreich in die Gesetze reinzuschauen, damit man eine Handlungsfähigkeit bekommt.“

Auf die Frage, wie man Politiker von Parteien überzeugen soll für ihn zu stimmen, obwohl die ihren Wählern erzählt haben sie würden einen sozialistischen Ministerpräsidenten verhindern:

„Ich bin erstaunt, Frau Maischberger, dass Sie mich einen sozialistischen Ministerpräsidenten zu nennen. Ich bin sehr erstaunt. (Maischberger unterbricht) Wir können den kalten Krieg auch weiterspielen oder wir können uns um Thüringen kümmern. (Maischberger: Ich bin zwar nicht bei Ihnen aber sagen sie doch wie sie es gemacht haben, wie haben sie CDU und FDP von etwas überzeugt, dass die nicht machen wollen?) Ich habe die nicht überzeugt. Sie haben mich gefragt und ich antworte. (Maischberger: Und das heißt?) Sie sind nicht die CDU, sie sind nicht die FDP. Am Montag wird das erste Gespräch stattfinden. Mit der CDU, den von der CDU Fraktion legitimierten Vertretern. Und ich hoffe darauf, dass man ein gemeinsames Paket schnürt, um aus dieser Situation rauszukommen. Eins ist doch klar: Entweder haben wir nur drei tolle Tage, dann müssten wir es schnell beenden oder wir machen Thüringen zum Tollhaus und das wäre eine Katastrophe für unser Land.“

Auf die Frage nach den politischen Auswirkungen von Thüringen auf die CDU:

„Es grämt mich, weil das ist genau das Geschäft von der AfD, das mir Angst macht. Ich habe kein Interesse daran, dass sich die CDU auflöst. (…) Ich glaube an die parlamentarische Demokratie und in der parlamentarischen Demokratie glaube ich an die Notwendigkeit stabiler Parteien. Aber die Parteien müssen am Willen des Volkes arbeiten und es auch umsetzen. Sie dürfen sich nicht über die Bevölkerung hinwegsetzen.“

Fazit:

„Ramelows Arroganz-Anfall bei Maischberger“? „Best of Bodo Bodenlos?“ Liebe Bildzeitung, liebe CSU, also wirklich. Stellt eure Dreckschleudern à la AfD Manier doch bitte wieder ein. Der Mann macht sich ernsthafte Sorgen darum, dass sein Bundesland im Chaos versinkt, weil Herr Kemmerich erst ganz „überrascht“ Ministerpräsident wird und kurz darauf wieder zurücktritt. Was eine Farce.

Das einzige, worauf Herr Ramelow pocht, ist, dass er zum Ministerpräsident gewählt wird, damit er Neuwahlen auf den Weg bringen kann. Je länger CDU und FDP das blockieren, desto länger spielen sie der AfD in die Karten. Dass beide Parteien aber natürlich Neuwahlen verhindern wollen, weiß jeder, der sich aktuelle Umfragen anschaut.

Für diesen Schlamassel kann Herr Ramelow nicht die Verantwortung tragen. Sie liegt alleine bei den politischen Anfängern, die sich, egal wie man es dreht oder wendet, ob sie davon gewusst haben oder nicht, von Höcke aufs Kreuz gelegt wurden – oder sein Verhalten in Kauf nahmen. Entsprechend trat Herr Ramelow auch bei Maischberger auf. Zurecht.

P.s.: Über weite Strecken des Interviews erinnerte mich Herr Ramelow an eine deutsche Version von Bernie Sanders. In diesem Sinne: #feelthebodo



Artikel: Andreas Bergholz, Artikelbild: Screenshot ard.de