Dank euch im Einsatz!  ❤️‍🔥Jetzt spenden!

👕 Mit HALTUNG in den Herbst! Shop 👕

🎙️ Neue Podcast-Folge! 🎙️

10

Urteile Oktober: Geldstrafe für AfD-Politiker Bystron wegen Hitlergruß-Fotomontage

von | Okt. 30, 2025 | Serie

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen Demokratiefeinde – es gibt auch immer mehr Urteile. In unserer Urteile-Reihe beleuchten wir immer am Monatsende eine Auswahl an neuen Rechtsprechungen, die das Querdenker- und Reichsbürger-Milieu, den Rechtsextremismus, Antisemitismus oder Rassismus und andere demokratiefeindliche Gruppierungen in Deutschland betreffen. Die Trennlinie zwischen diesen verläuft häufig nicht scharf. Mit der Urteile-Reihe wollen wir, neben Informieren, vor allem eins: Mut machen. Viele Urteile zeigen, dass der Rechtsstaat in Deutschland Demokratiefeinde nicht einfach ungestraft lässt.

Im September ging es unter anderem darum, dass der Ex-Mitarbeiter von Maximilian Krah (AfD) wegen Spionage für China verurteilt wurde. Im Oktober schauen wir unter anderem auf das Urteil im Fall des AfD-Politikers Petr Bystron, der eine Fotomontage mit Hitlergruß auf Social Media postete. Dazu gleich mehr!

1. Geldstrafe für AfD-Politiker Bystron wegen Fotomontage mit Hitlergruß

Mal wieder wird ein AfD-Politiker zur Kasse gebeten. Diesen Monat allen voran: Petr Bystron, derzeit Europaparlamentsabgeordneter für die AfD und von 2017 bis 2024 Abgeordneter des Bundestags.  

2022 postete er auf seinem Twitter-Profil eine Montage von Angela Merkel und Bettina Wulff, der Frau des ehemaligen Bundespräsidenten, mit erhobenem Arm und ausgestreckter Hand. Das Amtsgericht München verurteilte ihn daher wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 125 Euro, also insgesamt 11.250 Euro. 

Das Gericht blieb damit knapp unterhalb der Forderung der Staatsanwaltschaft, die 110 Tagessätze forderte. Damit wäre Bystron vorbestraft gewesen. Das Zeigen und Weiterverbreiten des Hitlergrußes ist in Deutschland nur in wenigen Ausnahmefällen erlaubt. Bystron kündigte an, Rechtsmittel einlegen zu wollen. Sein Verteidiger räumte vor Gericht ein, dass Bystron der Urheber des Posts ist.

Doch Bystrons Probleme hören mit diesem Urteil nicht auf. Gegen ihn laufen immer noch Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche und Bestechlichkeit. Dafür hob das EU-Parlament bereits im Mai dieses Jahres seine Immunität auf. Bystron wird vorgeworfen, vom Betreiber des prorussischen Portals Voice of Europe Geld bekommen zu haben. Dafür soll er in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter im Sinne Russlands agiert haben. Auch Steuerhinterziehung und Betrug in mehreren Fällen werden ihm vorgeworfen. 

2. Geldstrafe für AfD-MdB Hahn wegen manipulierten Videos

Kommen wir gleich zum nächsten prominenten AfD-Politiker mit einer Geldstrafe im Oktober. Ingo Hahn, AfD-Bundestagsabgeordneter, muss tief in die Tasche greifen. 4.800 Euro Geldstrafe sind fällig (30 Tagessätze à 160 Euro) – wegen strafbarer Beteiligung an einer Urheberrechtsverletzung. Die Verhandlung vor dem Amtsgericht München drehte sich um ein manipuliertes Video, das Hahn in Auftrag gegeben haben soll, und zwar im Januar 2021 – während der Pandemie. Hahn war von 2018 bis 2025 AfD-Landtagsabgeordneter in Bayern, bevor er dieses Jahr in den Bundestag einzog.

In einer Sondersitzung debattierte der Bayerische Landtag 2021 unter anderem über Impfungen. „Hahn, der sich gegen Impfungen aussprach, monierte, dass „für die Deutschen“ kein Impfstoff vorhanden sei. Gleichzeitig gab es Zwischenrufe von Gabi Schmidt [Abgeordnete der Freien Wähler, Anm. d. Red.], die etwa die Schutzwürdigkeit von alten Leuten thematisierte”, wie die SZ berichtet. Ein Ton- und Medientechniker soll im Anschluss gebeten worden sein, die Aufzeichnung der Sitzung zu manipulieren. Heraus kam ein Video, in dem Gabi Schmidt lächerlich gemacht wurde.

Eine dritte Person lud das manipulierte Video dann auf die AfD-Fraktionsseite hoch. Dort war es fast vier Wochen zu sehen, mit teils sexistischen und gewaltverherrlichenden Kommentaren und sogar Morddrohungen. Gabi Schmidt sagte der SZ, sie habe gegen jeden Verfasser Strafanzeige gestellt, etwa 40 Verurteilungen seien die Folge gewesen.

Die zuständige Richterin des Amtsgerichts glaubte dem ehemaligen Techniker der AfD-Fraktion, der das manipulierte Video erstellte, dass Hahn es abgesegnet hatte. Der Verteidiger Hahns kündigte bereits an, in Berufung zu gehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist bezeichnend, wie mutmaßliche AfD-Fans auf das Urteil im Internet reagierten. Unter einem Tweet von „KreuzAcht”, ein Twitter-Profil, das regelmäßig Urteile zu AfD-Politikern postet, kommentiert ein User:

Screenshot

3. Unterlassungserklärung abgegeben: AfD-Politiker muss Fake-KI-Bild löschen

Neben Hahn fuhr noch ein weiterer AfD-Bundestagsabgeordnete im Oktober eine Niederlage ein.

Der Bundestagsabgeordnete Luigi Pantisano (Linke) wehrte sich erfolgreich gegen ein Fake-KI-Bild, mit dem der Landeschef der AfD in Sachsen-Anhalt, Martin Reichardt, ebenfalls Mitglied des Bundestags, gegen ihn hetzte. Das Fake-Bild, das von künstlicher Intelligenz kreiert wurde, zeigte Pantisano bedrohlich, aggressiv und mit verzerrtem Gesicht. Mit dabei der Satz: „Linken-Abgeordneter dreht im Bundestag völlig durch und erhält keinen Ordnungsruf.“

Screenshot

Pantisano forderte den rechtsextremen Hetzer zu einer Unterlassungserklärung auf. Dieser löschte daraufhin das Bild und sagte zu, es nicht mehr zu veröffentlichen. Hintergrund ist eine Hassrede Reichardts über die linke Bundestagsfraktion (inklusive Beschimpfungen mit den Worten „Fraktion der Stalinisten“ und „linke Schergen“), auf die Pantisano mit Zwischenrufen reagierte und Reichardt einen „Rassisten“ und „Faschisten“ nannte. Sowohl Reichardt als auch Pantisano erhielten im Nachgang jeweils einen Ordnungsruf von Bundestagsvizepräsidentin Josephine Ortleb. 

Nicht nur war das Bild von Pantisano also KI-gefakt, sondern auch die zusätzliche Info unter dem Bild war faktisch falsch. Pantisano erhielt einen Ordnungsruf. Die AfD ist im Bundestag übrigens die Partei, die mit Abstand die meisten Ordnungsrufe erhält:

Screenshot Spiegel

Natürlich hat die Größe der jeweiligen Fraktionen einen Einfluss auf die Anzahl der Ordnungsrufe. Die FDP sitzt gar nicht mehr im Bundestag und kann somit gar keine Ordnungsrufe mehr kassieren. Seitdem die AfD im Bundestag sitzt, war sie noch nie die größte Fraktion – kassiert aber dennoch die mit Abstand meisten Ordnungsrufe.

4. Nach Rassismus- und Volksverhetzungsvorwürfen: Verfahren gegen AfD-Lokalpolitiker mit Geldauflage eingestellt

Auch im hohen Norden beschäftigt die AfD die Gerichte. Das Amtsgericht Reinbek (Schleswig-Holstein) stellte Ende Oktober das Verfahren gegen einen AfD-Politiker ein. Die Staatsanwaltschaft hatte Holger Stienen, AfD-Kreistagsmitglied aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg, Volksverhetzung und Beleidigung vorgeworfen. 

Dem NDR liegen Facebook-Posts vor, in denen Stienen zum Beispiel solche Sachen schreibt:

„Wir brauchen ein paar Jahre einen totalitären Staat alter Prägung, um mit dem Gesocks aufzuräumen“. Im Facebook-Kanal auch die Forderung nach „K-Lagern und Rückflügen“. Beispielsweise auch: „Weg mit dem Gesindel, zurück zur Familie in Afrooderirgendwo, aber vorher in einen Sack und mit dem Knüppel drauf“. In einem anderen Post fallen Begriffe wie „grünen Endlösung“ und „Wer mit Gas heizt, wird ins eigene Gas geschickt oder in den Ölpool“.

Den entsprechenden Ausschnitt aus der NDR-Reportage, der Screenshots der Facebook-Posts zeigt, findest du hier:

Geschichtsrevisionismus: Das kann die AfD am besten

Von einer NDR-Journalistin mit den Facebook-Posts konfrontiert, versucht sich Stienen sehr unglaubwürdig herauszureden. Auf seine Wortwahl „K‑Lager“ angesprochen, weist er im NDR-Interview erst noch darauf hin, dass es schwer nachweisbar sei, dass der entsprechende Post von ihm stamme. Um gleich im Anschluss einen AfD-typischen Geschichtsrevisionismus hinterherzuschieben und zu behaupten, das Wort „K‑Lager“ wäre auch ein Begriff in der Wirtschaft. Geschichtsrevisionismus, also der Versuch, die deutsche Geschichte umzudeuten und zu verharmlosen, ist in der AfD nicht neu. Ein prominentes Beispiel: Alice Weidel, die im X-Talk mit Elon Musk Anfang Januar behauptete, Hitler sei Kommunist gewesen. Stienens Facebook-Kanal ist mittlerweile privat gestellt. 

Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht Reinbek gestand Stienen nun seine Schuld und auch seine Urheberschaft ein, zwischen Januar und Dezember 2023 verschiedene Facebook-Posts abgesetzt zu haben. Neben den obigen ging es auch um Politikerbeleidigung. Nach einem Rechtsgespräch entschied das Gericht, den Prozess unter Auflagen vorläufig einzustellen. Stienen muss 5.000 Euro an eine Vereinigung für Sozialarbeit zahlen. Ein Rechtsgespräch ist ein Instrument, mit dem das Verfahren beschleunigt werden kann. Gericht, Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft versuchen dabei, eine einvernehmliche Lösung zu finden. 

Die Staatsanwältin spricht von einer „Ausnahmeentscheidung“ und betont den „Wert einer öffentlichen Distanzierung“ durch den Angeklagten. Stienen ist durch die milde Strafe weiterhin nicht vorbestraft – einen fahlen Beigeschmack hinterlässt das eingestellte Verfahren allemal. Immerhin hatte Stienens Facebook-Hetze für die AfD-Fraktion im Kreis Konsequenzen. Schon 2024 halbierte sich die Fraktion, eine ausgetretene Politikerin begründete ihre Entscheidung mit Stienens radikalen Äußerungen. 

5. AfD-Stadtverordneter zu Geldstrafe verurteilt

Der AfD-Stadtverordnete Nicolai Schirocki aus Strausberg (Brandenburg) wurde wegen Bedrohungen, Körperverletzung und des Mitführens einer Waffe auf einer öffentlichen Veranstaltung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 30 Euro (insgesamt 2.100 Euro) verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Schirocki war bei einer Gedenkveranstaltung am 27. Januar 2025, dem Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz und internationaler Holocaust-Gedenktag, in Strausberg anwesend. Er soll nach der Veranstaltung ein Messer gezückt und Teilnehmende damit bedroht haben. Die Polizei, die von Teilnehmenden alarmiert wurde, fand bei Schirocki kein Messer. Der zuständige Richter glaubte aber den Zeugen, die das Messer gesehen haben.

Nach dem Vorfall ist er eigenen Angaben zufolge aus der AfD ausgetreten. Er sitzt aber noch in der rechtsextremen Fraktion der Stadtverordnetenversammlung. 

6. Neonazi und Ex-AfD-Mitglied zu Bewährungsstrafe verurteilt nach Sachbeschädigung in Gedenkstätte

Nicht nur Schirocki soll anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags dieses Jahr straffällig geworden sein. Auch ein anderer Rechtsextremist wurde verurteilt – er soll Sachbeschädigung in der Gedenkstätte Ahlem (Hannover, Niedersachsen) begangen haben, zwei Tage nach dem Internationalen Gedenktag. Deswegen und wegen unerlaubten Besitzes von Schusswaffen und Munition wurde er vom Amtsgericht Hannover zu zwei Jahren Haft verurteilt, die aber auf 3 Jahre Bewährung ausgesetzt wurden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann Kränze zerstört hat, die anlässlich des Holocaust-Gedenktags in der Gedenkstätte niedergelegt wurden. 

Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurden unter anderem eine vollautomatische Maschinenpistole mit Munition sowie ein Springmesser und eine Schreckschusspistole gefunden. Der Verurteilte muss außerdem 2.000 Euro an eine Fachstelle zur Radikalisierungsprävention zahlen. Außerdem muss er an einem Aussteigerprogramm teilnehmen. Der Rechtsextremist wurde vor zwei Jahren bereits vom selben Gericht unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt. 

Endstation-Rechts berichtet darüber hinaus von einer AfD-Mitgliedschaft des Rechtsextremisten zum Zeitpunkt der Tat Ende Januar:

“Laut Polizei seien auch Unterlagen der AfD gefunden worden. So sei der 26-Jährige zum Tatzeitpunkt auch Mitglied der AfD gewesen. Die rechtsextreme Partei annullierte nach Bekanntwerden der Vorwürfe dessen Mitgliedschaft.”

Es ist uns derzeit nicht bekannt, ob das Urteil schon Rechtskraft besitzt.

7. Campact: Einstweilige Verfügung gegen X.AI wegen Falschaussage von Grok

Campact e.V., die renommierte Kampagnen-Organisation in Deutschland, wehrt sich immer wieder erfolgreich gegen Lügen über ihre Organisation. Sehr oft wird beispielsweise behauptet, Campact werde vom Staat oder mit Steuergeldern finanziert. Dabei ist Campact e.V. unabhängig und finanziert sich, so wie der Volksverpetzer, über Spenden

Grok, der KI-Chatbot von Elon Musk und das wohl bekannteste Produkt von X.AI behauptete jedoch auf Nachfrage eines X-Users, Campact e.V. werde mit Steuergeldern finanziert. Campact wehrte sich gegen die Lüge und erzielte dabei nun einen Teilerfolg. In der Pressemitteilung seitens der Organisation heißt es:

„Das Landgericht Hamburg stellt klar, dass es sich beim Grok-Kommentar um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt und nimmt X.AI dafür unmittelbar in die Pflicht. Sollte der KI-Chatbot seine Behauptung wiederholen, kann dem Unternehmen ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro auferlegt werden. Gegen den Beschluss kann X.AI noch Widerspruch einlegen.”

Wusstest du übrigens schon, dass Volksverpetzer zurzeit X verklagt? Hier kannst du nachlesen, was Ende September vor Gericht passiert ist:

Artikelbild: Philipp von Ditfurth/dpa

Passend dazu: