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OTTO hat alles richtig gemacht, was bei Umweltsau schief gelaufen ist

von | Jan 14, 2020 | Aktuelles, Hintergrund, Social Media

Der rechte Shitstorm, der keiner wurde

Hast du von der Kontroverse um OTTO gehört? Vermutlich nicht. Wir erinnern uns alle noch an die Debatte um Umweltsau. Auch wenn es im Nachhinein viele nicht wahrhaben wollten, wurden sie Opfer einer absichtlichen Falschdarstellung durch rechtsextreme Accounts und wurden dazu manipuliert, einen orchestrierten Shitstorm mitzumachen. Denn: Die Aussage des Liedes wurde von Rechten gezielt verzerrt und es wurden niedere Motive unterstellt, die nie existierten, wie man beweisen kann. Was das Video wirklich bedeutet hatte und wie die nicht-rechtsextreme Öffentlichkeit auch wegen der denkbar schlechtesten Reaktion des WDR darauf herein fiel haben wir hier schon einmal erklärt:

Köln: Wer gegen „Umweltsau“ protestiert, hat das Video nicht verstanden

Doch warum jage ich die Umweltsau schon wieder durchs Dorf? Um zu zeigen, dass die rechte Social Media-Blase fast täglich versucht, ihre verzerrten Interpretationen populär zu machen, um ihre Feindbilder und rechtsextremen Narrative einem Publikum außerhalb ihrer Blase schmackhaft zu machen. Die meisten dieser Versuche versanden jedoch im Nichts – zum Glück. So hat die AfD in Hamburg sich erst kürzlich damit blamiert, einer Schule zu unterstellen, sie würde die AfD „diffamieren“ und Hass gegen die rechtsextreme Partei verbreiten – indem sie ein Plakat mit „Rassismus adé“ bei einem Schulfest aufgehängt hatte.

Eigentor: AfD gibt versehentlich zu, rassistisch zu sein



Die Logik hinter dem Shitstorm-Versuch

Ein anderer Fall kam gestern und vorgestern von OTTO. Ganz kurz tauchte #Otto in den Twitter-Trends auf – war dann jedoch gleich wieder verschwunden. Ein rechter Account versuchte – getarnt als einfache Kundenbeschwerde – einen Shitstorm und einen Boykott vom Versandhändler zu starten:

Zum Glück hat sich dieser Account dabei ziemlich unglücklich angestellt. Denn um zu vermeiden, zu deutlich den Rassismus zu zeigen und zu sagen, dass angeblich keine weißen Menschen im Katalog abgebildet sind, hat er „wir“ gesagt, was natürlich lustig ist – denn keiner von uns kommt in einem Katalog vor. Es sei denn, wir sind Models. Doch die Intention war klar: Man hat gezielt einige Seiten mit vor allem vermeintlich „nicht-weißen“ Models herausgesucht, um typisch rechtsextreme Narrative zu bedienen: Durch „Political Correctness“ würden „Weiße verdrängt“, Linke und Grüne hassen Deutsche und blabla, dieser ganze Blödsinn.

Doch diese rechtsextreme Ideologie, die eigentlich nichts anderes ist als Rassismus, sollte nur durch die Hintertür eingeschleust werden, indem man so tut, als müsse OTTO immer einen realitätsnahen Durchschnitt der Bevölkerung in seinen Katalogen abbilden. Und als wäre das nicht schon der Fall (und nein, willkürlich ausgewählte Beispiele belegen das nicht). Dabei bilden derartige Kataloge selbstverständlich niemals die Bevölkerung realistisch ab. So ist es natürlich nur der Versuch, Empörung zu simulieren, um OTTO dazu zu mobben, weniger nicht-weiße Models (oder wen die Rechten dafür halten) abzubilden. Und dass diese damit von der medialen Bildfläche verschwinden. Damit immer weniger „nicht-weiße“ in der Öffentlichkeit vorkommen. Denn wer Menschen mit „fremdem“ Aussehen für normal hält, ist weniger anfällig für Rassismus. Das wollen sie verhindern.

Otto blieb cool

Dass es sich um einen rechten Shitstorm-Versuch handelte, sieht man auch daran, dass selbstverständlich vor allem rechte Accounts dazu rassistischen Blödsinn posteten. Alle Tweets, die das als den offensichtlichen Rassismus kritisierten, der er war, wurden vom Ersteller ausgeblendet. Und es wurde auch gezielt dazu aufgerufen wurde, den „Twitterhorizont“ zu „überschreiten“ und einen „Überschallknall“ zu erreichen. Es war eine gezielte „Aktion“, wie dieser Tweet entblößt.

Screenshot via @gedankenbalsam

Ja, wirklich. Getarnt als normale Empörung (oder vermeintlich berechtigte Kritik an einem Scherz-Lied) versuchen Rechte täglich, ihre rassistische Ideologie unter die Bevölkerung zu bringen. Denn wer aus nicht-rechten Gründen anfängt, diese Dinge zu kritisieren, der verbreitet deren Feindbilder und trägt sie hinaus aus der abgeschlossenen rechten Blase. Doch zum Glück fiel dieser Unsinn nicht auf fruchtbaren Boden. Auch dank OTTO, die (im Gegensatz zum WDR) die Pseudo-Kritik nicht ernst nahmen. Und auf den Original-Beitrag gar nicht erst reagierten.

OTTO erklärte den Original-Tweet für „absurd“ und „realitätsfern“ – und hat damit natürlich vollkommen Recht. Zu einem anderen Tweet, der auf die rechte Strategie dahinter aufmerksam machte, schrieb OTTO auch noch einmal: „Das halten wir aus“ und sie „Freuen uns immer über neue (vielfältige) Kund*innen“.

Was OTTO richtig gemacht hat

Der WDR brockte sich die Empörung quasi selbst ein, weil er sofort auf die Pseudo-Kritik von rechts reagierte, sich dafür entschuldigte und das Video sofort löschte. Dadurch signalisierte er nicht nur, dass die Kritik offenbar gerechtfertigt gewesen sei, sie nahmen anderen Leuten auch die Möglichkeit, sich selbst ein Bild vom Umweltsau-Lied zu machen – und sie somit anfälliger für falsche, rechte Interpretationen. Deshalb der Rat an jedes Social Media Team: Immer erst einmal überlegen, woher ein Shitstorm kommt und ob die Kritik daran wirklich Sinn macht, bevor man überhaupt reagiert.

OTTO hat es hier ganz richtig gemacht. Denn die rechte Twitter-Blase ist klein und wird auch durch viele Fake- und Bot-Accounts noch künstlich aufgeblasen, wie man schon oft gesehen hat. Wer diese Manipulationsversuche ernst nimmt, der adelt die Versuche von Rechtsextremen, den öffentlichen Diskurs zu manipulieren und ihre rassistischen Welt- und Feindbilder zu übernehmen und zu verbreiten. Sie versuchen es täglich. Am schlauesten ist es, gar nicht zu reagieren und ihnen keine Aufmerksamkeit zu schenken. Oder so darüber berichten, dass keinen Zweifel über ihre wahren Absichten aufkommt. Also danke OTTO!

Artikelbild: Vulp, Screenshot twitter.com