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Peinlich! Weidel-Tweet entblößt versehentlich AfD-Hetz-Strategie

von | Dez 28, 2019 | Aktuelles, Analyse, Social Media

Weidel verarscht ihre Wähler*innen

An diesem Beispiel sieht man deutlich, wie völlig gleichgültig der AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel die Wahrheit ist – und ihre Wähler*innen. Kurz nach Weihnachten twitterte die AfD-Frau einen Artikel über Barbara Hendricks, die sie für vermeintliche Aussagen in einem Focus-Artikel heftig kritisierte – natürlich, um wie immer ihre wutsüchtige Fanbase und deren etablierte Feindbilder zu bedienen.

Wie man sieht, fand der Tweet größere Beliebtheit bei ihren Anhänger*innen – und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auch nach vielen Hinweisen immer noch online. Weil der Inhalt keine Rolle spielt, sondern nur die Aufregung ihrer Anhänger*innen. Weidel kritisierte Hendricks für die angebliche Aussage, dass „Leute“ „nicht mehr als 30 Quadratmeter“ zum Wohnen bräuchten.

Dass das Zitat auch verfälscht worden ist, dazu kommen wir gleich noch. Wichtiger ist: Weidel polterte am 27. Dezember 2019: „Mich würde interessieren, auf wie vielen Quadratmetern #Hendricks auf Kosten der Bürger wohnt & sich per Dienstwagen durch die Gegend kutschieren lässt, während sie den Leuten noch die Parkplätze wegnehmen will.“



Hendricks ist schon lange nicht mehr Ministerin

Wichtigstes Detail: der Artikel ist über drei Jahre alt. Und Hendricks schon seit fast zwei Jahren keine Bauministerin mehr. Weidel, die schließlich im Bundestag als Oppositionsführerin sitzt, muss das ganz genau wissen. Das bedeutet: Es war Weidel völlig egal. Denn Fakten spielen für die AfD keine Rolle, nur die Empörung und das Bedienen von den immer gleichen Vorurteilen. Und es zeigt Wirkung, ihre Anhänger*innen zweifeln keine Sekunde an der Rechtschaffenheit ihrer Wut.

„Ekelhafte Heuchler“ oder „sehr sozial diese SPD-Politiker“. Sinnlose Vorwürfe à la „Sozialismus in Reinkultur“ oder„Arbeiterschließfächer sagte man früher in der Zone. Da will die neue SED wieder hin. Unfassbar.“ Weidel weiß ganz genau, dass die AfD die wohl leichtgläubigsten Anhänger*innen hat, die alles glauben, solange es ihre Vorurteile bestätigt. Da muss man sich keine Mühe machen, aktuelle Themen oder echte Probleme aufzugreifen.

Weidel hat schon mehrfach versehentlich entblößt, dass sie nach jeder Gelegenheit sucht, um eine Situation zu inszenieren, um für ihre Anhänger*innen eine Show hinzulegen, die deren Vorurteile bekräftigt. So Ende Oktober, als sie das Husten ausgerechnet eines AfD-Fans als „Kopf-Ab“-Geste umdeutete, um ihn medienwirksam vor ihrem Publikum rauszuwerfen. Als die wahren Umstände bekannt wurden, waren ihr die Konsequenzen aber auch immer noch herzlich egal. Mehr dazu:

Peinlich! Weidel rastet aus – und wirft versehentlich AfD-Sympathisant raus

Hendricks-Zitat übrigens verfälscht

Das Zitat Hendricks ist im Übrigen auch nicht so gefallen, wie es die Focus-Clickbait-Überschrift suggeriert. Denn die ursprüngliche Idee der ehemaligen Bauministerin war es, Bauvorschriften zu lockern, um Neubauten zu erleichtern. So bräuchte es keine Vorschriften, dass in Städten Stellplätze vorgeschrieben sein müssten, denn „viele junge Leute in den Städten fahren heute gar kein Auto mehr“. Hendricks wollte also nicht Stellplätze abschaffen, nur Bauherren die Möglichkeit geben, auch Wohnungen ohne zu bauen – sollten sie das wollen.

Und nicht über „Leute“, sondern über „junge Berufstätige“ sagte sie: Diese „brauchen doch meist nicht mehr als 30 bis 35 Quadratmeter Wohnfläche, weil sie ja hauptsächlich zum Schlafen in ihren Wohnungen sind.“ Anstatt also den Wohnraum für alle Menschen zu beschränken, schlug sie lediglich vor, dass jede*r, der oder die kleinere Wohnung bauen und bewohnen wollen würde, das auch können dürfe. Für die mediale Hysterie hat sich Focus auch der absichtlichen Verkürzungen von Zitaten bedient – was offenbar auch drei Jahre später bei dem offenbar leichtgläubigsten Teil der Wählerschaft funktioniert.

Artikelbild: Mark Nazh, shutterstock.com