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Alice Schwarzer bei Maischberger in 2 Minuten mit Fakten entlarvt

von | Nov 30, 2022 | Aktuelles

Warum bekommen Menschen, die von einem Thema keine Ahnung haben, immer wieder Bühnen in reichweitenstarken Sendungen? Unser Leben als Anti-Fake-News-Blog könnte so entspannt sein. Stattdessen müssen wir immer und immer wieder den Quatsch gerade rücken, den Leute in Talkshows erzählen, die schon tausend Mal widerlegt wurden. Diesmal geht es also um Alice Schwarzer in der Sendung Maischberger, die, völlig unabhängig was man sonst von ihr halten mag, nun mal definitiv KEINE Expertin für den Ukrainekrieg ist. Und trotzdem (oder deswegen?) eine ziemlich gewagte Position vertritt. Die noch dazu in sich völlig widersprüchlich ist und gar keinen Sinn ergibt.

Alice Schwarzer verbreitet ohne jegliche Belege längst widerlegte Verschwörungsmythen und spricht der Ukraine ihr Recht auf Selbstbestimmung und -verteidigung ab – eine sehr merkwürdige Rhetorik für eine „Feministin“. Umso befriedigender, wenn jemand wie Vassili Golod, Ukraine-Korrespondent der ARD, das gekonnt knapp alles auseinandernehmen kann, noch dazu ohne Polemik. Aber eins nach dem anderen.

Die Meinung von Expert:innen

In der Sendung bei Maischberger sitzt also unter anderem Vassili Golod, der selbst in der Ukraine geboren ist und regelmäßig vor Ort ist. Ihn fragt Maischberger nach seiner Einschätzung dazu, wie lange die Menschen in der Ukraine die Situation mit ständigen Stromausfällen und den Artilleriebeschuss aushalten werden. Seine Antwort: „Die Menschen werden so lange aushalten, solange dieser Krieg andauert. Für die Menschen geht es um ihr Leben, es geht um ihre Freiheit und sie werden alles dafür tun um ihr Land zu verteidigen.“ Jede einzelne Person, mit der er in der Ukraine spreche, sei bereit, weiter alles für die Verteidigung der Ukraine zu tun. Die Journalistin Anna Planken hebt hervor, dass es westliche Bemühungen um Verhandlungen gibt. Im Übrigen versucht „der Westen“ schon die ganze Zeit – sogar schon vor dem Krieg – zu verhandeln. Putin führt trotzdem Krieg. Er könnte es ja auch einfach lassen. Wir hatten da mal eine unvollständige Liste von Verhandlungs-Versuchen angefertigt.

Planken sagt: „Aber man muss auch erstmal in die Position gebracht werden um überhaupt Verhandlungen führen zu können. Was ist denn die Alternative? Zu sagen „Nein wir unterstützen nicht mehr“? Dann hat sich die Hartnäckigkeit und die Angriffe auf die Zivilstruktur von Putin gelohnt“. Auch andere Aggressoren würden daraus lernen, dass man nur den längeren Atem haben müsse. Auch der dritte Journalist in der Runde, Rainer Hank, pflichtet den beiden bei. Laut einer Studie seien 90% der Ukrainer:innen dafür, weiter für ihre Freiheit zu kämpfen. (Hier findet ihr mehr zu dieser Studie, die übrigens auch besagt, dass eine Mehrheit der russischen Minderheit in der Ukraine gegen den Abtritt von Gebieten an Russland ist). Wir hatten das Thema auch schon mal ausführlich im Kontext von Fake News von Elon Musk.

„Wer wären wir, dass wir denen jetzt sagen „Jetzt reicht es mal“?“ fragt Hank. Natürlich müsse man in dieser Situation die Ukraine weiter unterstützen. Zugleich sei es wichtig, das man, sobald der Krieg ende, eine gute Verhandlungslösung finden werde. Es ist eben KEIN Widerspruch diplomatische Lösungen zu suchen und gleichzeitig die Ukraine zu unterstützen – das stellt nur die russische Propaganda gern so da.

Alice Schwarzer ist anderer Meinung – und wiederholt Putins Propaganda-verschwörung

Von diesen Aussagen der Expert:innen hält Schwarzer wenig. Sie sei mehr denn je der Meinung, dass keine Waffen an die Ukraine geliefert werden sollten. Waffenlieferungen würden ihrer Meinung nach das Grauen verlängern – welches übrigens nach wie vor allein die Schuld Russlands ist, was sie jedoch verschweigt. Dass in den von der Ukraine nach russischer Besatzung zurückeroberten Gebieten reihenweise Kriegsverbrechen aufgedeckt wurden, ignoriert sie schlichtweg. Die Tatsache, dass Ukrainer:innen sich Unterstützung wünschen und weiter kämpfen wollen, tut sie einfach als „Betroffenheit“ ab. (Diese Rhetorik ist extrem gefährlich: Warum sollten die Stimmen und der Wunsch nach Selbstbestimmung derer, die am meisten unter diesem Krieg leiden, nicht zählen – weil sie betroffen sind?). Und verstrickt sich dann in Widersprüche:

Sie begrüße das zwar nicht, aber es seien ja nicht nur die Ukrainer:innen, die entscheiden, was in diesem Krieg passiere, sondern auch die USA. Dann versteift sich Alice Schwarzer in wilde Verschwörungsmythen und russische Propaganda-Rhetorik: der Krieg sei nicht nur ein Abwehrkrieg gegen den russischen Angriffskrieg, sondern auch ein „Stellvertreterkrieg“ zwischen Amerika und Russland.

Da finden sich gleich drei Fehler in dieser einen Aussage

Erstens hat die USA mit der Entscheidung Putins, einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beginnen wenig zu tun gehabt. Mit der Maidan-Revolution 2013 hat sich die Ukraine für eine Annäherung an die EU entschieden – was Russland nicht akzeptierte und statt dessen einen mehr oder weniger offenen Krieg gegen die Ukraine begann. Allein aufgrund der Tatsache, dass die USA sich in diesem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg durch Russland hinter die Ukraine stellt – von einem „Stellvertreterkrieg“ zu sprechen, ist umstritten, aber entspricht sicherlich nicht der klassischen Definition. Und die Ukraine hat ja laut Umfragen und Aussagen ihrer nicht immer ganz so diplomatischen Diplomaten ja durchaus nachvollziehbare eigene Positionen und Meinungen zum Thema.

Auch stellt der Begriff „Stellvertreterkrieg“ die Gegebenheiten falsch dar. Denn Russland hat kaum „Stellvertreter“ in der Ukraine, selbst russischsprachige Einwohner der Ukraine lehnen die Invasion mit überwältigender Mehrheit ab. Die Großmacht Russland führt einfach einen Angriffskrieg, das ist was anderes. Die Ukraine möchte ihre Unabhängigkeit, der „Westen“ hilft ihr dabei. Putin möchte die Ukraine vernichten. Den Kampfbegriff „Stellvertreterkrieg“ verwendet hingegen vielmehr die russische Propaganda. Damit versucht Russland die alleinige Schuld von sich zu weisen und ausgerechnet den USA eine Mitschuld zu geben – dafür dass Putin die Ukraine überfällt. Putin dürfte sich bei Alice Schwarzer sehr bedanken.

Alice Schwarzer spricht Ukrainer:innen das Selbstverteidigungs- und Selbstbestimmungsrecht hab

Zweitens ist Alice Schwarzer dafür, die Meinung der Ukrainer:innen (die ihr nicht passt) zu ignorieren, weil ja angeblich eigentlich die USA das Sagen haben, was sie wiederum schlecht findet? Okay, dann lasst doch einfach auf die Ukrainer:innen hören? Was soll das sein, ein Sein-Sollen-Fehlschluss, nur verkehrt herum und mit einer falschen Tatsachenbehauptung? Die Ukrainer:innen wollen eindeutig ihre Unabhängigkeit, sie wollen sich vor Putins Angriff verteidigen. Die USA (und viele andere) helfen ihnen dabei. Durch diese Hilfe soll die Selbstbestimmung und die Selbstverteidigung laut Schwarzer schlecht geredet werden. Obwohl sie durch die Hilfe erst realistisch möglich wird. Perfider Propagandatrick und Verschwörungsmythos.

Sie leugnet den Willen der ukrainischen Bevölkerung und impliziert, das sei von den USA gesteuert, liefert dazu allerdings keinen einzigen Beleg. Das nennt man Verschwörungsmythos.

Drittens sind es aktuell laut Medienberichten die USA , die in der Ukraine mehr Offenheit für Verhandlungen fordern. Putin bricht Verhandlungen ab. Putin ist der Aggressor, Putin hat den Krieg begonnen. Das verleugnet Schwarzer durch ihre Pro-Putin-Rhetorik.

Golod zerlegt Schwarzers Pro-Putin-Propaganda in 2 minuten

Der Journalist Vassili Golon findet klare Worte: „Da sind wir im Bereich der Verschwörungsmythen angekommen“. Er betont, dass die Ukraine als demokratischer Staat seit mehr als acht Jahren von Russland angegriffen werde. „Wenn die Ukraine jetzt aufgeben würde, dann würde Russland noch mehr Städte einnehmen und noch mehr Menschen terrorisieren.“

Und wie reagiert Alice Schwarzer darauf? In dem sie die Reaktion als „Polemik“ abtut. Mehr hat sie nicht, kann sie nicht haben. Sie hört also erstens nicht den Expert:innen zu, die sprechen, erzählt dann Quatsch, und weißt dann Kritik an diesem Quatsch als „Polemik“ zurück. Das ist übrigens Polemik. Sie offenbart, dass sie keine Gegenargumente hat.

Hier nochmal zusammengefasst:

Warum man Quatsch-Erzähler:innen keine Bühne bieten sollte

Warum muss Alice Schwarzer überhaupt eine Bühne geboten werden, um solchen Quatsch ganz im Sinne des Kriegstreibers Putin zu erzählen? Im Ernst: es ist überhaupt kein Aufwand, Verschwörungsmythen zu erfinden und zu erzählen. Aber es bedarf sehr viel mehr Zeit, Recherche und Ressourcen, um diese zu widerlegen. Schwarzer kann „Polemik“ auf eine sachliche Erwiderung rufen und fertig. Mit welcher Qualifikation sitzt sie in der Runde, außer, um falsche Dinge zu sagen, die man widerlegen muss? Deswegen: Die, die von zahlreichen Leuten, die sich auskennen, widerlegt wurden, brauchen keine Bühne zu Themen, in denen sie sich nicht auskennen.

Und dabei dürfen wir das Wichtigste nicht verkennen: Alice Schwarzer, die dezidiert keine Ahnung hat von der aktuellen Situation und hoffentlich nur deswegen extrem falsche Dinge erzählt, kriegt viel mehr Bühne als diejenigen, die wissen, wovon sie reden. Kein Wunder, dass immer mehr auf russische Verschwörungserzählungen (Studie) hereinfallen. Was hier fehlt und was Alice Schwarzer leugnet: die Stimme, das Recht auf Selbstbestimmung der Ukrainer:innen. Wenn Alice Schwarzer ein ganzes Land als Marionetten der USA darstellt, das sich einfach nur vor dem Aggressor und Kriegsverbrecher Putin verteidigen will, nimmt sie diesen Millionen Menschen verbal das Recht zur Selbstbestimmung und Verteidigung.

Wenn sie diesen Menschen die Waffen vorenthalten will, die sie brauchen, um sich zu verteidigen, die sie brauchen – auch um Putin an den Verhandlungstisch zwingen zu können, was dieser verweigert – dann will sie nicht eine erfundene Kontrolle der USA über die Ukraine verhindern. Sondern sie setzt sich für die Kontrolle Putins über die Ukraine ein.

Artikelbild: Screenshot