Die Reichsbürger-Verbindungen von Querdenken
Die Verbindungen der vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierung “Querdenken 711” (Quelle) zum ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachteten, rechtsextremen Reichsbürger Peter Fitzek dürften inzwischen bekannt sein. Ein zunächst nicht nach außen kommuniziertes Strategie-Treffen mit dem selbsterklärten “König von Deutschland” führte zu starkem internen Streit. Darüber berichteten zahlreiche Medien, aber auch wir hatten Beiträge dazu veröffentlicht. Zum Beispiel:
Spaltung bei Querdenken nach Geheimtreffen: Ballweg trifft rechtsextremen Reichsbürger „König“
Ballweg will Reichsbürger-Verbindungen vertuschen?
Querdenken-Chef Ballweg, der stets versucht, die vielen Vorfälle rechtsextremer Verbindungen zu relativieren, veröffentlichte im November eine Pressemitteilung, in der es so aussehen sollte, als sei Reichsbürger Fitzek nur “anwesend” gewesen. Dabei fand das geheime Treffen buchstäblich in dessen selbst erklärtem “Königreich” statt. Auch leugnete Querdenken die rechtsextreme Gesinnung und bezeichnete Fitzek als “fälschlicherweise der Reichsbürger-Szene zugeordnet”.
Fitzek soll jemand sein, der “auf dem Boden des Grundgesetzes nach Lücken sucht, die eine weitgehende Autonomie von staatlichen Strukturen” ermöglichen. In Wahrheit ist Fitzek ein Monarchist und Reichsbürger. Das sagen nicht wir, das sagt der Verfassungsschutz, der ihn überwacht. Fitzek bestreitet das. Laut Querdenken redet man halt mit allen. Anscheinend auch mit verurteilten Extremisten, die die Demokratie als “wider der Natur, also unnatürlich” bezeichnet haben (Quelle).
Querdenker-Aussteiger leakt interne Mail
Ballweg, der gerne fragt, was denn an seiner Bewegung extremistisch sein soll, erklärte bereits im Sommer eine Querdenken-Demo als “verfassungsgebende Versammlung” und sagte buchstäblich, dass er die Verfassung abschaffen und ersetzen wolle. Wie wortwörtlich verfassungsfeindlicher kann es noch werden?
Veranstalter der Berlin-Demos: Ist „Querdenken“ verfassungsfeindlich?
Dass man sich mit Extremisten trifft und selbst inzwischen wohl so weit radikalisiert hat, dass der Verfassungsschutz erste tatsächliche Anhaltspunkte für eine extremistische Gesinnung bei Querdenken beobachtet, wird nicht bei allen Querdenker:innen gern gesehen. Ein Aussteiger, Christian Kreiß, erklärte: “Ich bin auf Querdenken hereingefallen”. In einem Beitrag auf Telepolis rechnet er mit dem Treffen mit dem Reichsbürger sowie der “krummen und unehrlichen” Sache ab. Er attestiert Querdenken im Hintergrund “ganz andere Bestrebungen” als nur das Anprangern der vermeintlichen Unverhältnismäßigkeit von Maßnahmen. Er veröffentlichte auch eine “vertrauliche” E-Mail, die zeigt, dass Ballweg das Treffen mit dem Reichsbürger-“König” unter Verschluss halten wollte (Quelle).
Unser Bericht seinerzeit darüber:
Ballweg/Querdenken leugnet Reichsbürger „König“ sei Reichsbürger – interner Streit eskaliert weiter
Querdenken will nicht, dass wir darüber berichten
So weit dürfte regelmäßigen Leser:innen alles bekannt sein, diese Informationen sind alle seit November 2020 öffentlich und darüber haben wir auch berichtet. Nach einer Winterpause, in der sich die Querdenken-Spitze nach weiteren Enthüllungen über dubiose Spenden-Praktiken und rechtliche Schwierigkeiten zurückzog, hatte man wohl gehofft, dass über die Verbindungen zu Reichsbürgern etwas Ruhe einkehren würde. Die Strategie in der Außenkommunikation lautete wohl, Extremismus und Verbindungen dazu herunterzuspielen. Doch die Beobachtung durch den Verfassungsschutz hat bereits zu weiteren Erkenntnissen geführt:
Wie wir gestern berichteten, hat der Verfassungsschutz herausgefunden, dass Ballweg ein Konto bei der reichsbürgernahen “GemeinwohlKasse” eröffnet hat. Geld habe er auch bereits überwiesen, berichtet der SPIEGEL (Quelle). Im September des letzten Jahres hat der bereits erwähnte vorbestrafte selbsternannte Reichsbürger-König die “Bank” in Ulm eröffnet. Der Gleiche, mit dem man sich im November im Geheimen traf. Das wirft wohl erneut ein ungünstiges Licht auf die Bewegung, die sich gerne von Extremismus distanziert hätte.
Da kommt Berichterstattung wie unsere wohl ungelegen: Gestern erreichten uns bei Volksverpetzer drei gleichlautende Mails von Michael Ballweg sowie zwei weiterer Mitglieder. Mit gewohntem Quatsch-Jura und dem Zitieren diverser Paragrafen wurde behauptet, Volksverpetzer dürfe die vom Verfassungsschutz beobachtete Bewegung nicht als “extremistisch” bezeichnen, weil das eine “strafrechtliche Beurteilung” sei. “Extremismus” ist kein Strafbestand. Außerdem hätten wir “personenbezogene Daten” veröffentlicht, die wir löschen sollen. Wir und auch Anwalt Jun fragen uns, welche das sein sollen.
…Manöver soll geheim bleiben und nicht an die Öffentlichkeit gehen. Das hat leider nicht geklappt. Die Mail an den @Volksverpetzer landete erstaunlicherweise beim Anwalt. Ob @heiseonline für den Leak die gleiche Mail bekommen hat? https://t.co/tkUWtlWhmD pic.twitter.com/jfDmJpMuLh
— Chan-jo Jun 🇺🇦 (@Anwalt_Jun) February 23, 2021
Aufforderung der Löschung und Beschwerde beim Datenschutzbeauftragten
Letztlich kündigte uns Ballweg und sein Team eine Beschwerde beim Datenschutzbeauftragten an, wenn wir nicht innerhalb von 48h die seit Monaten öffentlich einsehbare, geleakte E-Mail löschen würden, in welcher keinerlei personenbezogene Daten zu sehen sind. Ballweg will nicht, dass man seinen Namen kennt oder was stellt er sich darunter vor? Außerdem verlangt Ballweg einfach Informationen über uns und unsere gUG. Der Tonfall der E-Mail ist extrem herablassend und wirkt, als würden Ballweg & Co. uns über grundlegende Informationen belehren wollen. Was besonders ironisch ist, da die ganzen Forderungen trotz putzig zitierter Paragrafen keinerlei Grundlage besitzen.
Wir sind erstaunt, für wie naiv “Querdenken 711” uns halten muss. Und wie dreist versucht wird, mit dem wilden Werfen von Paragrafen kritische Berichterstattung zu verhindern. Wir bewerten das als einen Einschüchterungsversuch, der typisch für Pandemie-Leugner:innen wie Querdenker ist. Kritischen Journalismus durch Einschüchterung mundtot zu machen, um dann die Mail mit “freiheitlichen Grüßen” abzuschließen, zeigt die fundamentale Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Meinungsfreiheit soll wohl nur für einen selbst gelten. Damit kennen wir uns aus – wir werden gerade auch von dem Pandemie-Leugner Wodarg und seinem Anwalt mit juristisch ähnlichem Unsinn verklagt.
Doch wer Berichterstattung verhindern will, erreicht in der Regel das Gegenteil davon: Ballweg und seine Kolleg:innen haben versehentlich zugegeben, dass die geleakte Mail authentisch ist. Und wie wenig “Querdenken 711” möchte, dass ihr an die geleakte Mail und das Treffen von Querdenkern mit Reichsbürgern erinnert werdet. Ihr wisst, was zu tun ist.
Artikelbild: Christoph Schmidt/dpa
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