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Studie: Vor allem AfD-Wähler & Impfgegner fallen auf Putins Lügen herein

von | Mai 13, 2022 | Aktuelles

Studie belegt: Vor allem AfD-Wähler:innen und Impfgegner:innen glauben an Ukraine-Verschwörungen

Eine repräsentative Umfrage von Pia Lamberty, Maheba Goedeke Tort und Corinne Heuer zeigt, wie verfestigt russische Desinformation und Verschwörungserzählungen in unserer Gesellschaft sind. Besonders empfänglich sind laut der Studie „Verschwörungserzählungen über den Angriffskrieg gegen die Ukraine in der Gesellschaft“ Ungeimpfte und AfD-Anhänger:innen.

2022 werden Kriege nicht mehr nur mit Waffen, sondern auch mit gezielten Desinformationen geführt. Deutlich wird das derzeit im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Wer Kreml-Propaganda besonders bereitwillig glaubt, hat eine Umfrage von Pia Lamberty, Maheba Goedeke Tort und Corinne Heuer herausgefunden. Die gute Nachricht: Der Großteil der Deutschen fällt nicht auf die Lügen herein. Narrative, nach denen der Krieg nur von der Corona-Pandemie ablenken soll, erhalten wenig Zustimmung: Lediglich 3,7 Prozent stimmen zu, 8,2 Prozent stimmen teilweise zu.

Viele vertrauen Putin mehr als westlichen Medien

Erfolgreicher sind Erzählungen, die vor allem seitens Russland massiv verbreitet werden. Demnach denken 21,3 Prozent der Menschen teilweise, man könne der Kriegsberichterstattung westlicher Medien nicht vertrauen; fast ein Viertel ist sich sogar sicher. Jede siebte Person meint, dass der Westen Putin zum Sündenbock macht, um von echten Problemen abzulenken. Der Vorstellung, der Westen habe sich gegen Putin verschworen, um die eigene Macht zu vergrößern, stimmen 15,6 Prozent teilweise und 10,7 Prozent voll zu. Jede achte Person ist der Meinung, Putin kämpft mit seinem Angriffskrieg gegen eine globale Elite, die heimlich die Strippen zieht. Erzählungen darüber, dass Putin die Ukraine von Faschist:innen befreit, glauben hingegen nur knapp 5 Prozent der Deutschen.

Spannend sind die Feststellungen darüber, bei welchen Gruppen diese Verschwörungserzählungen besonders beliebt sind. Während sich zwischen den Geschlechtern kaum Unterschiede ausmachen lassen, gibt es gravierende Unterschiede zwischen den Altersklassen. „Menschen zwischen 40-49 Jahren zeigten die höchsten Zustimmungswerte (24,3%), gefolgt von Menschen zwischen 30-39 (23,9%), 18-29 Jahren (18,5%) und 50-59 Jahren (18,2%). Die niedrigste Zustimmung fand sich bei den über 60-Jährigen mit 13,1 Prozent“, fasst die Studie zusammen.

Ungeimpfte besonders anfällig für russische Verschwörungserzählungen

Interessant ist, dass die Studie einen Zusammenhang zwischen dem Impfstatus und der Zustimmung von Verschwörungserzählungen feststellt. Gewissermaßen scheint eine Covid-19-Impfung nicht nur gegen das Virus zu schützen, sondern auch gegen Fake-News: „Je mehr Impfungen Personen erhalten haben, desto weniger glauben sie, dass es sich beim Krieg gegen die Ukraine um eine Verschwörung handelt. Während Menschen, die mindestens eine Schutzimpfung erhalten haben, zu 14,5 Prozent diesen Narrativen (eher) zustimmen, sind es 56,2 Prozent der Ungeimpften.“

Quelle: CeMAS

Wer besonders gern gegen die staatlichen Coronaschutzmaßnahmen protestiert, stimmt der russischen Propaganda ebenfalls eher zu, so die Studie. „Diese Ergebnisse verdeutlichen nochmals, dass es bei den Protesten weniger um eine Kritik an den staatlichen Coronaschutzmaßnahmen ging, sondern um demokratiefeindliche Bestrebungen, die auch die Verharmlosung von russischen Kriegsverbrechen und die Verbreitung von russischer Propaganda miteinschließen.“

Dass Putin-Fans sich häufig mit Impfgegner:innen und Corona-Leugner:innen überschneiden, stellte auch das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) fest (Quelle). Der Volksverpetzer hat diesen Zusammenhang in diesem Artikel untersucht. Darin haben wir erklärt, wie die Querdenken-Logik nahtlos an Putins Lügen anknüpft. „Man hat sich jahrelang die Impfgegner- und Querdenkenblase antrainiert und indoktriniert und jetzt rannte man mit Ukraine-Propaganda offene Türen ein. Es zeigt sich auch, dass diese Blase nie etwas mit kritischem Denken oder kohärenten Weltbildern zu tun hatte, sondern nur auf confirmation bias, bestimmte Triggerworte und Narrative angesprungen ist – wie wir es bei Volksverpetzer seit Jahren erklären.“ Auch die Kurzstudie des Instituts für strategischen Dialog (ISD) legte nahe, dass Impfgegner:innen für Putins Narrative offen sind.

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AfD-Wähler:innen stimmen russischer Propaganda am häufigsten zu

Schlüsselt man die Zustimmung zu Verschwörungserzählungen nach Parteipräferenzen auf, fällt in der Lamberty-Tort-Heuer-Studie auf, dass es am wenigsten Zustimmung unter Wähler:innen der Grünen gibt (3,8%). Darauf folgen SPD (10,3), CDU/CSU (11,9%) und FDP (15,7%). Deutlich mehr Zustimmung gab es unter Wähler:innen der Linken (26%). Spitzenreiter sind mit Abstand Anhänger:innen der rechtsextremen AfD. Mehr als die Hälfte, 58,4 Prozent, glauben an Verschwörungen in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine.

Auch in einem anderen Punkt stehen AfD-Wähler:innen ganz vorne: „Der Ukraine sprechen 30,5 Prozent der AfD-Wähler:innen eine hohe Schuld für den Kriegsausbruch zu, weitere 42 Prozent sehen das zumindest teilweise so.“ Ein großer Teil der Linke- (21,5%) und ein noch größerer Teil der AfD-Wähler:innen (42,5%) sehen die Verantwortung für den Angriffskrieg bei der Nato, der USA und der EU. Nur etwas mehr als ein Drittel der deutschen Gesamtbevölkerung schreibt der Ukraine gar keine Schuld für den Krieg zu.

Russische Verschwörungserzählungen finden breite Zustimmung

Die Studie macht eines deutlich: „Unsere repräsentative Umfrage hat gezeigt, dass Verschwörungserzählungen rund um den Angriffskrieg auch in der breiten Bevölkerung Zuspruch finden und sich russische Propaganda in Deutschland verfangen hat.“ Besonders erfolgreich sind Verschwörungserzählungen bei Ungeimpften und AfD-Wähler:innen. Kriege seien Zeiten der Komplexität und Unsicherheit, weshalb Menschen nach einfachen Antworten suchten, so die Vermutung der Studie. Fake-News und Verschwörungserzählungen hätten daher in Kriegszeiten Konjunktur. Auch nach dem Krieg könnten Rechtsextreme und Verschwörungsideolog:innen die sozial und wirtschaftlich unsichere Situation für Hetze und Radikalisierung nutzen, warnt die Studie.

„Die Ergebnisse zeigen noch einmal für die Gesellschaft auf, was wir für den digitalen Raum bereits belegen konnten: Wo Corona-Leugnung vorher das Thema war, wird nun der Angriffskrieg gegen die Ukraine verschwörungs­ideologisch aufgeladen“, erklärt Pia Lamberty gegenüber dem RND. „Dementsprechend ist es wichtig, langfristig Strategien für den Umgang zu entwickeln. Diese Mobilisierungen werden nicht einfach so verschwinden – gerade in Anbetracht der multiplen Krisenlagen“, so die Psychologin und CeMAS-Geschäftsführerin.

Vom 1. bis zum 12. April befragte das Marktforschungsinstitut Bilendi & Respondi im Auftrag des gemeinnützigen Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) 2031 Menschen im Alter zwischen 18 und 92 Jahren mittels eines standardisierten Onlinefragebogens.

Artikelbild: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

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