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Kriminalität: So realitätsfern ist die “alternative” Sicht der AfD-Wähler

von | Jun 3, 2019 | Analyse

LAUT afd seien 95% aller straftäter ausländer!

Eine Forschungsgruppe der Hochschule Macromedia und der Universität Leipzig hat 242 Pressemitteilungen der AfD aus dem Jahr 2018 analysiert. Anlass war eine Lüge des sächsischen AfDlers Maximilian Krah, der behauptete, von 60 vergewaltigten Frauen seien 56 Opfer von “Migranten” geworden – was völlig frei erfunden war. Wir haben darüber seinerzeit berichtet:

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Solche glatten Lügen konnten die Forscher*innen nicht mehr finden, Gerüchte und Spekulationen blieben zumindest in den Pressemitteilungen die Ausnahme (auf Twitter und in persönlichen Äußerungen war das natürlich anders, wir haben da ja viel dokumentiert). Dennoch zeigen die 242 Pressemitteilungen, die sich mit strafbaren Handlungen befassen, ein völlig unrealistisches Bild und vermitteln AfD-Anhängern, die durch das Lügenpresse-Narrativ von anderen Medien ferngehalten werden, eine verzerrte Realität.

Mit Statistiken werde nicht gearbeitet und wenn doch, nur sehr selektiv. Vor allem nutze man medial wirksame Einzelfälle, erklärt Thomas Hestermann, Leiter des Projekts. Ziel ist die Bestärkung der der AfD dienlichen Narrative, der selektiven Dämonisierung ihrer Feindbilder und die andauernde Thematisierung von Flüchtlingen und Zuwanderern. Auffällig ist hierbei auch die skandalisierende und wertende Sprache.



AfD vs REalität

Die AfD fokussiert sich demnach überproportional auf terroristische Handlungen, Drogendelikte, Rohheitsdelikte, Sexualstraftaten und Tötungsdelikte. Eigentumsdelikte (wie Diebstahl oder Sachbeschädigung) und eine ganze Reihe anderer Straftaten wie Betrug sind stark unterrepräsentiert.

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Gerade Sexualdelikte (14,3% vs. 1,1%), Tötungsdelikte (18,7% vs 0,1%) und terroristische Handlungen 5,9% vs <0,01%) sind massiv überrepräsentiert. (Hier zur PKS 2018) Im Bereich Extremismus sind die Verhältnisse ebenfalls massiv verzerrt und irreführend verteilt.

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Während “Linksextremismus” knapp mehr als die Hälfte aller Fälle ausmacht, die die AfD erwähnt, so sind in Wahrheit 56,6% aller politisch motivierten Straftaten von Rechtsextremisten begangen worden. Religiöser und “ausländischer” Extremismus sind ebenfalls weit überrepräsentiert. Besonders dramatisch wird die Falschdarstellung bei der Darstellung der Nationalitäten von Tatverdächtigen. In 95% aller Fälle, in denen die Nationalität eines Tatverdächtigen erwähnt wird, handelt es sich bei der AfD um einen Nichtdeutschen.

Die PKS zeigt, dass selbstverständlich der Großteil aller Tatverdächtigen deutscher Nationalität ist. Bei insgesamt 50,7% aller Tatverdächtigen wird die Herkunft des Täters nicht bestimmt. Doch im Tandem mit ihrer Rhetorik soll suggeriert werden, dass es sich ebenfalls um Nichtdeutsche handelt. Die Kommentierenden gehen jedenfalls regelmäßig davon aus, wie man jederzeit sehen kann.

Hinweis: Wem die 34,5% viel vorkommen, der muss bedenken, dass hier ebenfalls Touristen, Reisende und Internetkriminalität hineinspielen, und dass auch hier lebende Menschen ohne deutschen Pass und Schutzsuchende unterschiedliche Gruppen sind. Erstere sind nicht nur die größere Gruppe, sondern zum größten Teil EU-Bürger. Wer mehr wissen will, kann hier unsere Analyse lesen:

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Verzerrte realität

Wer sich in der AfD-Filterblase befindet, muss zwangsläufig ein falsches Bild von der Realität bekommen. Begleitet werden die Pressemitteilungen schließlich auch durch unzählige Medienberichte in den geheimen Gruppen, sowie diverse Aussagen und Postings der AfD-PolitikerInnen. Die durchaus nicht davor zurückzuschrecken, Statistiken zu verdrehen oder Falschbehauptungen aufzustellen. Jüngstes Beispiel:

Sexuelle Belästigung in Schwimmbädern: So täuscht die AfD Sachsen ihre Wähler über Straftaten

Die Forscher stellen darüber hinaus fest, dass diese einseitige und verzerrte Darstellung, gepaart mit reißerischem Framing und fremdenfeindlichen Narrativen, dazu führt, dass größere Medien die Themen aufgriffen. Zuerst twitterte die AfD “Messerepidemie grassiert!”, wenige Tage später titelte die BILD-Zeitung: “Was tun gegen die grassierende Messer-Epidemie?” (Es gibt keine “Messerepidemie”, mehr dazu) Die BILD fiel mehrfach auf, da sie Themen und sogar Begriffe der AfD 1:1 aufgriff. Besonders kritisierenswert ist die Tatsache, dass sie in ihren Kommentarspalten unmoderiert hetzen lässt.

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Während 2014 lediglich 4,3% aller TV-Medienberichte über Gewaltkriminalität von Nichtdeutschen berichteten, waren es 2017 bereits 16,4%. Auch ist die AfD nicht die einzige, die viel seltener über deutsche Tatverdächtige berichtet. Auch deutsche Medien sehen in der Tatsache, dass es sich beim Täter um einen Ausländer handelt, höheren Medienwert. Wir berichteten auch im Dezember über zwei Fälle, in denen es beides Mal um die Vergewaltigung einer 14-Jährigen ging. Der (wie sich später herausstellte) unschuldige Schutzsuchende kam auf alle Titelseiten, der verurteilte deutsche Täter nicht.

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Fazit

Die um Aufmerksamkeit heischende Medienlandschaft verzerrt ohnehin schon die Häufigkeit verschiedener Delikte und Tätergruppen, und in der Darstellung der AfD ist dieser Trend noch extremer. Während man zumindest in offiziellen Pressemitteilungen selten direkt lügt, so pickt man sich vor allem Einzelfälle heraus und stellt Statistiken falsch oder nur teilweise dar, um so ein falsches Bild zu erzeugen, das die eigene, fremdenfeindliche Politik zu rechtfertigen versucht.

Ziel ist die Untermauerung, Rechtfertigung und Befeuerung von fremdenfeindlichen Einstellungen und damit der eigenen Politik. Zusammen mit der Diskreditierung jeglicher Berichte, die ein gegenteiliges (und realistischeres) Bild zeichnen (“Lügenpresse”), wird dafür gesorgt, dass die eigenen Anhänger nicht nur vom vermeintlichen Problem erfahren, sondern gleich auch wissen, wer der Schuldige ist und was man tun muss, um das aufgeblähte Problem zu lösen – AfD wählen.

Artikelbild: Roman Samborskyi, shutterstock.com, Grafiken: Volksverpetzer