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Argumentationshilfe: So einfach beweist du, dass Höcke ein Faschist ist

von | Sep 18, 2019 | Analyse, Politik, Social Media

Wie man Höcke enttarnt

Peter Nagel hat zusammengestellt, was die Karriere von Björn Höcke bei jeder vernünftigen Partei beendet hätte. Nagel ist Anwalt, ehemaliger verfassungsrechtlicher Berater der sächsischen Regierung und ehemaliger Richter.

Beliebtes Argument der AfD auf Social Media: „Uns nennen immer alle rechtsextrem, dabei sind wir nur konservativ/bürgerlich/kritisch/[man könnte allein aus diesem Satz ein Bullshit-Bingo machen]“. Natürlich ist klar, dass die AfD rechtsradikal und in Teilen rechtsextrem ist. Doch wie weist man das aus dem Stand nach?

Eine Variante ist natürlich, immer ein paar passende, rechtsextreme Zitate hoher AfD-Kader parat zu haben. Siehe zum Beispiel hier:

21 Aussagen, die zeigen, wie rechtsradikal die AfD wirklich ist



Doch noch eleganter

Nämlich mit einer einfachen Argumentationsführung rund um Björn Höcke, die er in diesem Thread anbietet:

Quelle: twitter.com

Eigentlich relativ schlüssig. Das Problem bleibt jedoch: Was, wenn das zum Nachweisen noch nicht genügt? Wenn Belege für die einzelnen Punkte gefordert werden? Wenn der Kollege auf Social Media „QUELLE?!??!!“ spamt?

Um die Schlussfolgerung zu widerlegen müsste man ja mindestens eine der Thesen widerlegen. Genau darum haben wir uns mit den einzelnen Schritten intensiver auseinandergesetzt.

1. „Höcke ist Landolf Ladig“

Der Vorwurf lautete so: Björn Höcke soll unter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ hetzerische Texte geschrieben haben, in denen er ausdrücklich für die NPD geworben hat.

Aber ist Höcke auch wirklich Landolf Ladig? Dafür gibt es (fast schon zu) viele Indizien.

  • Höcke ist schon länger mit dem NPD-Kader Thorsten Heise befreundet (Quelle). Dieser Thorsten Heise ist der Herausgeber der rechtsextremen Neonazi-Zeitschrift „Volk in Bewegung“ (Quelle), für die Landolf Ladig geschrieben hat.
  • Höcke und „Ladig“ bedienen sich einer oft nahezu identischen Wortwahl, sogar ein Buchtitel wurde auf identische Art und Weise falsch wiedergegeben (Quelle)
  • Höcke droht, jeden zu verklagen, der behauptet, er wäre Ladig. Der Aufforderung, eidesstattlich zu bestätigen, dass er nicht Ladig ist, kam er hingegen nicht nach (Quelle). Im mdr-Sommerinterview bezeichnet er den Fall, der ihn schon fast einen Parteiausschluss gekostet hätte, als „zu trivial“, weswegen er dazu keinen Kommentar abgeben würde. (Quelle)
  • Sogar die eigene Partei steht ihm in diesem Fall kritisch gegenüber. Die Aufforderung zur eidesstattlichen Erklärung kam beispielsweise von Bernd Lucke. Schließlich stellte die Partei selbst sogar fest, dass davon auszugehen ist, Björn Höcke und Landolf Ladig seien identisch (Quelle). Hätte sich Petry in der AfD durchgesetzt und die Radikalisierung weniger stark vorangetrieben, Höcke wäre vermutlich schon rausgeflogen.

Herausgefunden hatte das alles der Journalist Andreas Kemper. Auch der Verfassungsschutz kommt in seinem Gutachten, das Höckes Parteiflügel als „Prüffall“ (bereits teilweise beobachtet) einstuft, zu dem Ergebnis, es handle sich um eine „nahezu unbestreitbare Identität“, weshalb die Texte für ein „Gesamtverständnis von Höckes Positionen erforderlich“ seien. Man kann es also als erwiesen ansehen, dass Höcke und Ladig identisch sind. Nun zu Punkt 2:

2. „Landolf Ladig strebt die Abschaffung des Grundgesetzes an“

Das ist tatsächlich relativ einfach nachzuweisen – wohl auch deswegen wehrt sich Höcke so vehement gegen Nummer 1.

„Political Beauty“ widmet der Höcke/Ladig-Story eine ganze Website, auf der unter anderem gewisse hetzerische Artikel von Landolf Ladig verlinkt sind.

Auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, dass jemand ausgerechnet diesen Punkt der Argumentation in Frage stellt, hier ein paar Zitate mit Nazi-Gedankengut zum Gegenhalten (nicht verlinkt, da wir denen keine Reichweite geben wollen. Originale gibt es bei politcalbeauty):

„Obwohl die BRD zusammen mit Italien die rote Laterne bezüglich der Geburtenzahlen trägt, ist auch die Lage unserer europäischen Brudervölker alles andere als rosig.“  (aus einem Artikel der „Eichsfeld Stimme“)

„Die gegenwärtigen Meinungsführer in Politik, Wirtschaft und Medien […] kaschieren damit eine Tatsache, die, wenn die politische Marschrichtung nicht umgehend in Richtung „Inländerfreundlichkeit“ und „aktive Bevölkerungspolitik“ korrigiert wird, den raschen Tod unseres Volkes nach sich zieht“ (ebenda)

„Auch die befürwortete Transformation gewachsener Völker in multikulturelle Gesellschaften belegt die totale Hegemoniekulturalistischer oder behavioristischer Theorien inner­halb „grüner“ Gesellschaftsutopien.“ (aus dem „Volk in Bewegung“-Artikel)

3. „Björn Höcke führt den Flügel“

Auch diese Aussage ist Konsens (Quelle) und auch nicht umstritten. Wenig wahrscheinlich auch, dass ein Höcke-Anhänger das Bestreiten möchte.

4. „Der Flügel dominiert die AfD“

Diese Aussage ist wiederum zumindest von einigen angefochten.

Zumindest im Osten Deutschlands, wo die AfD ihre einzigen wirklich großen Erfolge feiert, gehören mindestens 40% der Mitglieder dem „Flügel“ an, der rechtsnationalen Strömung innerhalb der Partei (Quelle), die bereits teilweise vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Wichtiger: Flügel-Mitglieder besetzen alle Führungspositionen in den Landesverbänden und sind dort die Spitzenkandidaten. Gauland selbst sagte allerdings, dass 40% der Gesamt-AfD zum Flügel angehören:

Dieser Satz Gaulands bei Maischberger könnte das Ende der AfD bedeuten

„Dann ist das ja aber weniger als 50% und damit nicht die Mehrheit“, könnte ein gewitzter Gesprächspartner sagen. Stimmt aber nicht. Denn: Diese 60%, die nicht dem Flügel angehören, sind nicht homogen, sondern bestehen aus verschiedenen Strömungen innerhalb der Partei. Keine andere Strömung hat in der AfD so viele Unterstützer wie der Flügel. Mittlerweile hüten sich selbst gemäßigtere Mitglieder der AfD vor ausdrücklicher Kritik am „Flügel“. Weil sie wissen, wie groß dessen Einfluss ist (Quelle). Gegen den „Flügel“ geht in der AfD nichts mehr.

Fazit

Am Ende kann man die These „Die AfD ist eine in erheblichen Teilen rechtsextreme Partei“ lückenlos belegen: „Björn Höcke, der als „Landolf Ladig“ rechtsextreme Texte für Zeitschriften mit neozaistischem Hintergrund geschrieben hat, ist Chef der bedeutendsten Strömung in der Partei, des „Flügels“. Er lenkt die Geschicke der Partei und ohne ihn können keine grundsätzlichen Entscheidungen mehr getroffen werden.“

Findet sich jemand, der das nicht glaubt, dann verlinkt ihn auf diesen Artikel. Hier ist alles zu dieser Beweisführung zusammengefasst. Einen „Faschisten“ darf man Höcke übrigens laut Gericht offiziell nennen:

Gerichtlich bestätigt: Man darf Höcke als „Faschist“ bezeichnen

Artikelbild: knipsdesign, shutterstock.com