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Das gescheiterte Maaßen-Experiment zeigt: Ein CDU-Rechtsruck wäre Selbstmord

von | Sep 28, 2021 | Analyse

Der Maaßen-Testballon ist geplatzt

Der CDU Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen hat die Wahl um das Direktmandat in Südthüringen gegen die SPD verloren. Der Ex-Verfassungsschutzchef erlangte 22,3% der Erststimmen in Suhl, der AfD-Rechtsextremist 21,2%, wohingegen der SPD-Kandidat Ullrich 33,6% erreichte (Quelle). Wir hatten bereits im Vorfeld der Wahl ausführlich belegt, welches Gedankengut Maaßen vertritt. Er verbreitete Fake News wie die AfD, ist eng vernetzt mit der rechtsextremen Filterblase, gibt regelmäßig Interviews für rechtsradikale und rechtsextreme Medien und benutzt deren Narrative und sogar antisemitisch codierte Schlagbegriffe und Verschwörungsmythen. Hier ausführlich belegt:
Offener Brief an die Union: Was Unions-Wähler über Maaßen wissen sollten
Viele Stimmen in der CDU verurteilten einen Kandidaten, der Einstellungen und Meinungen hat, die nicht von der AfD und teilweise Neonazis zu unterscheiden sind, die – im Gegensatz zu der Mehrheit in der Union – sogar zur Wahl von Maaßen aufriefen. Beobachter:innen sahen es als Experiment: Kann die Union Stimmen von der rechtsextremen AfD zurückgewinnen, wenn sie zumindest Teile ihrer Positionen übernimmt? Es ist eine extrem umstrittene und gefährliche Kalkulation. Expert:innen erklären seit langem, dass „radikaler Konservativismus“ nur schwer zu Unterscheiden von Rechtsextremismus ist und letztlich nicht Rechtsextremist:innen besiegt, sondern deren Einstellungen nur in konservativen Parteien normalisiert, was letztlich schlimmer ist (mehr dazu). Für die Demokratie wäre ein Rechtsruck der Union zweifelsohne extrem gefährlich, historisch haben Rechtsextremist:innen oft erst durch die helfende Hand Konservativer ihre Macht ergriffen. Aber ein egoistisches Argument der Vertreter:innen dieses Weges hatte damit nicht zu tun: Man schwäche rechtsextreme Parteien wie die AfD zu Gunsten der Konservativen Parteien. Gerne wird der Rechtsruck der ÖVP in Österreich als Vorbild hergenommen (mehr dazu). Doch Maaßen zeigt: Ein Zugehen auf die AfD stärkt sie und ist eine Verlierer-Strategie.
Neurechte Netzwerke der AfD Teil 4: Die Konservative Revolution in der Weimarer Republik & heute

Analyse: Größte Verluste in Thüringen für die CDU in Maaßens Wahlkreis

Die CDU hat allgemein sehr viele Stimmen und Prozentpunkt eingebüßt, im ganzen Land. Das ist kein besonderes Phänomen im Wahlkreis von Maaßen, wo die CDU in Erststimmen 11,2 Prozentpunkte verlor und gar 13,8 Prozentpunkte in der Zweitstimme. Aber das ist ein Rekordverlust für die CDU in Thüringen (Quelle, Quelle). Besonders mit Blick auf Zweiststimmen zeigt sich: In Maaßens Wahlkreis verlor die Union nicht nur mehr Stimmen als im Rest Thüringens, sie hat dort auch kein bisschen die AfD „geschwächt“ – was ja das beste Argument für eine rechtere CDU wäre: Die AfD hat 3,4 Prozentpunkte *zugelegt* und wurde dort sogar stärkste Kraft. Auch hier ist es sogar der größte Zuwachs in ganz Thüringen, in anderen Wahlkreisen gab es weniger Zuwachs oder sogar Verluste (Quelle). Also auch im überregionalen Abwärtstrend aus Gründen, die wenig mit Maaßen direkt zu tun haben, schneidet Maaßen im Vergleich zu den anderen CDU-Kandidat:innen in Thüringen am schlechtesten ab. Es stimmt, dass er (nur) bei den Erststimmen offenbar einige Stimmen vom AfD-Kandidaten abziehen konnte, aber damit schwächte er sie kaum – und der SPD-Kandidat hätte möglicherweise auch so gewonnen. So zeigt sich dort auch: Maaßen hat offenbar mehr CDU-Stammwählende verloren, als er von der AfD geholt hat. Es kann also auch aus Selbsterhaltungstrieb keine Strategie für die CDU sein, zur AfD 2.0 zu werden. Für unsere Gesellschaft ist es ohnehin der Weg in die Katastrophe.

Es gab einen Linksruck und die AfD verliert ein Fünftel

Bei allen geschockten Blicken auf Bundesländer wie Sachsen, wo die AfD auch stärkste Kraft wurde, dürfen wir nicht vergessen, dass es nur ein relativer Erfolg der Rechtsextremist:innen ist. Ich will nicht argumentieren, dass alles rosig ist und dass eine derart starke Partei von Rechtsextremist:innen keine große Gefahr darstellt. Aber Fatalismus bringt uns eben auch nicht weiter. Die AfD verlor insgesamt bei der Bundestagswahl ein Fünftel ihrer Stimmen. Auch in Sachsen verlor sie 2,4% ihrer Zweitstimmen (Quelle), nur halt die CDU noch viel mehr (9,7%). In Thüringen hatte sie allerdings natürlich einen kleinen Zuwachs von 1,3% (Quelle). Überall anders sieht man jedoch deutliche Verluste:
Darum ist die Zeit der Erfolge der Rechtsextremisten von der AfD vorbei
Die summierten Zugewinne von SPD und Grünen, auch mit Einpreisung der Verluste der LINKE zeigen bundesweit gegenübergestellt mit den extremen Verlusten für die Union (und auch die AfD), dass mehr Menschen Parteien links der Mitte gewählt haben. Es ist auch ein Zeichen für die Union, dass eine Anbiederung an Rechtsextremist:innen ein Weg für Verlierer ist. Nicht nur ist das ein gefährlicher Weg für die Demokratie, nicht nur wählen diese dann lieber ihr Neonazi-Original, dort sind auch insgesamt weniger Mehrheiten zu holen. Merkel hatte es doch 16 Jahre lang vorgemacht. Man holt weniger vom rechten Rand, als man an demokratische Parteien verliert. Auch für den Selbsterhalt der Union zeigt sich: Sie brauchen eine starke Brandmauer nach Rechts. Und das ist eine wichtige Lektion, die man im Konrad-Adenauer-Haus mitnehmen sollte.

Zum Thema:

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Artikelbild: photocosmos1

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