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Neonazi Mario Müller zieht gegen uns vor Gericht. Hier 20 Seiten Recherche über ihn

von , | Mrz 27, 2024 | Analyse

Vom Neonazi zum Mitarbeiter der AfD

Von 2007 bis 2010 wuchs in Delmenhorst die Neonazi-Szene stetig – und mit ihr die Gewalt: Überfälle auf Jugendtreffs, zahlreiche Körperverletzungen, gar Morddrohungen. „Es gipfelte 2010 in zwei Brandanschlägen auf Autos der Familien von antifaschistischen Jugendlichen“. Mario Müller galt als zentrale Figur der rechtsextremen „Aktionsgruppe Delmenhorst“, später Nationaler Widerstand Delmenhorst.

Mario Müller am 25.02.2010 auf dem Delmenhorster Marktplatz
Mit freundlicher Genehmigung Recherche-Nord- Quelle

„So was wie ein Nazi“

In einem Interview mit Spiegel Online sagt der zweimal wegen Körperverletzung verurteilte Müller, er sei früher „so etwas wie ein Nazi“ gewesen, tut diese Phase aber als „Jugendsünde“ ab. Seine Aktivitäten im Rahmen von Kontrakultur Halle sowie seine persönlichen Verbindungen deuten auf eine fortgesetzte Verbindung zur Neonazi-Szene hin.

Der Rechtsextremismusexperte Torsten Hahnel stellte in einem Artikel von Belltower News fest, dass etwa zwei Drittel der Mitglieder von Kontrakultur Halle und der IM im Allgemeinen aus organisierten Neonazistrukturen, vor allem aus der NPD-Jugendorganisation, stammen.

„Sowohl die Identitäre Bewegung als auch Kontrakultur sind Anlaufstellen für Menschen aus rechten und neonazistischen Strukturen, die sich strategisch von diesen Szenen distanzieren wollen.“

Auch Jochen Hollmann, Leiter des Verfassungsschutzes Sachsen-Anhalt, stuft Kontrakultur Halle und die Identitäre Bewegung als rechtsextrem ein, beide Gruppen werden vom Verfassungsschutz beobachtet.

Müller ist Autor eines im neurechten Antaios-Verlag von Götz Kubitschek erschienenen Buches mit dem Titel „Kontrakultur“, auf dessen Cover das Logo der Identitären Bewegung prangt. Kontrakultur, das als „metapolitisches Wörterbuch“ konzipiert ist, enthält Artikel von A bis Z zu Themen, die für die Identitäre Bewegung relevant sind. Eine Passage aus dem 2017 erschienenen Buch lautet:

Der Begriff Avantgarde wurde erstmals in der Kriegsführung verwendet und bezeichnete eine Vorhut. Das, und nicht weniger, will unsere Aktivistenbewegung sein! Wir sind keine Initiative von „besorgten Bürgern“ und fehlgeleiteten Sparern, keine diffuse Massenbewegung gegen „die da oben“, die um den heißen Brei herumredet. Wir sind die Schrittmacher dieser Revolution, deren Vorhut sich bereits in ganz Europa abzeichnet.“

Quelle

Zeitleiste: ab 2008

Herr Müller behauptet ja gerne, dass er keine „entscheidende“ Rolle in der Neonazi-Szene gespielt habe, und keine Führungsrolle in dieser „Bewegung“ innehatte. Mario Müller hatte eine Führungsrolle in der Aktionsgruppe Delmenhorst, im Nationalen Widerstand Delmenhorst, Kontakte zum NPD/JN Umfeld und durch Julian Monaco zum Bundesvorstand der Jungen Nationalisten.

Herr Müller war nachweislich im Umfeld der Autonomen Nationalisten sehr aktiv, nahm an Demonstrationen der NPD/JN teil. Herr Müller war und ist bis heute ein integraler Bestandteil eines klar neonazistisch und neofaschistischen Netzwerkes mit Verbindungen in die AfD! Er ist der Beleg dafür, dass die AfD sich nicht scheut, auch militante Neonazis in ihr Konzept und die tägliche „Arbeit“ einzubinden.

14.01.2008 in Ganderkesee: Angriff auf eine Infoveranstaltung in Ganderkesee

Acht Autonome Nationalisten störten eine Infoveranstaltung mit dem damaligen Landespräventionsrat Gerhard Bücker in der Mensa des Gymnasium Ganderkesee, die Autonomen Nationalisten um Kevin Boeck und Mario Müller wurden unterstützt durch mehrere Soltauer Neonazis, die sich unter dem Namen „Autonome Nationalisten – Nord-West“ gruppierten.

Die meisten dieser Personen finden sich später in der Parteijugend der NPD in Delmenhorst, den „Junge Nationaldemokraten“ (JN), wieder.

27.12.2008 in Salzwedel

Am 27. Dezember 2008 fand die Jahresabschlussdemonstration des NPD-Kreisverbandes Salzwedel statt, an der etwa 280 bis 300 Neonazis teilnahmen. Diese Neonazis stammten hauptsächlich aus Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Die Veranstaltung wurde unter dem Motto abgehalten: „Unser Volk lässt sich nicht verspekulieren! Aufstand wagen – Kapitalismus zerschlagen!“ Es war der wohl aggressivste Neonaziaufmarsch, der je in Sachsen-Anhalt stattgefunden hat.

Während des Beginns der Demonstration griffen die Neonazis Gegendemonstranten an und versuchten mehrmals, die Polizeiabsperrung zu durchbrechen. Sie warfen Flaschen, Steine und Pyrotechnik. Dank des zivilgesellschaftlichen Protests konnte jedoch der Aufmarsch nach wenigen hundert Metern gezwungen werden, sich zurückzuziehen.

Auch Mario Müller war hier zugegen.

Mario Müller 2008 in Salzwedel – Quelle

01.08.2009 in Bad Nenndorf: Sanitäter beim „Trauermarsch“

Mario Müller nahm als „Demosanitäter“ am 01.08.2009 in Bad Nenndorf an einem Aufmarsch der Neonazi-Szene teil.

Am 01.08.2009 versammelten sich etwa 750 Neonazis in der niedersächsischen Stadt Bad Nenndorf zu einem marschähnlichen Event. Die Neonaziszene verfolgte jahrelang das Ziel, Bad Nenndorf zu einem Wallfahrtsort für ihre Bewegung zu etablieren, indem sie die Geschichte manipulierte und für ihre Zwecke instrumentierte. Mithilfe von sogenannten „Trauermärschen“ und „Gedenkdemonstrationen“ versuchten sie, eine Verbindung zum Soldatentum und dem Dritten Reich herzustellen.

Dieses martialische Spektakel zog auch 2009 Jahr wieder Hunderte von Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach Bad Nenndorf und bestätigte die kontinuierliche Entwicklung in den Vorjahren. Das langfristige Ziel, in Norddeutschland eine jährliche Großdemonstration zu etablieren, scheint den Organisationsstrukturen der organisierten Neonazis vor Ort erfolgreich gelungen zu sein. Dies ist insbesondere dann zu erkennen, wenn man die bisherige Bilanz betrachtet, da die Führungsfunktionäre bereits seit August 2006 zu Mobilisierungen in die nahegelegene Stadt aufrufen und aktiv an der Errichtung eines neonazistischen Wallfahrtsortes nach dem Vorbild der Stadt Halbe arbeiten. Dabei verzeichnen sie sowohl eine steigende Teilnehmerzahl als auch eine zunehmende Außenwirkung.

Der Vergleich mit Halbe drängt sich förmlich auf, da bereits seit den 90er Jahren in dieser Stadt Demonstrationen von Neonazis anlässlich eines sogenannten „Heldengedenkens“ stattfinden. Diese Veranstaltungen verherrlichen sowohl die Soldaten der Wehrmacht als auch der Waffen-SS. Halbe wurde nicht zufällig ausgewählt, da sich auf dem Waldfriedhof der Gemeinde eine der größten Kriegsgräberstätten der Bundesrepublik befindet, auf der über 20.000 Opfer des Zweiten Weltkriegs begraben liegen. In den umliegenden Wäldern fand eine der letzten großen Kesselschlachten des Zweiten Weltkriegs statt, bei der über 60.000 Menschen ihr Leben verloren. Der Ort beherbergt auch zahlreiche ermordete Deserteure der Wehrmacht und Zwangsarbeiter.

Halbe diente lange Zeit als propagandistische Plattform für Geschichtsklitterung und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten von Neonazis. Das Ziel war klar definiert: die politische Indoktrination der eigenen Szene durch Verherrlichung von Soldatentum und militärischem Kampf sowie eine einseitige Geschichtsklitterung, die begangene Verbrechen des Nationalsozialismus ausblendet.

05.09.2009: Neonazis veranstalten „Antikriegstag“ in Dortmund

5. September 2009, Dortmund: Nachdem den Nazis aus juristischen Gründen ein ursprünglich geplanter Aufmarsch verboten wurde, halten sie eine Kundgebung in Dortmund ab. Auch Nazis aus der Region Delmenhorst und Bremen sind beteiligt, minimal erwähnenswerter als der Rest sind hierbei Gerry Bakker, Nils Budig und Mario Müller.

Mario Müller -5. September 2009, Dortmund – Quelle

12. Oktober 2009, Delmenhorst

Mit Schlagstöcken und Flaschen bewaffnet greifen mehrere Delmenhorster Nazis einen Jugendtreff an. Im Anschluss stellt die Polizei von einigen vermummten Angreifern die Personalien fest. Beteiligt war neben Mario Müller auch Julian Monaco,Jonathan von Seggern (Ganderkesee), Sebastian Müller und Marcel Hesse (beide Delmenhorst). Das Strafverfahren wegen des geschilderten Sachverhalts endete am 06.09.2011 vor dem AG Delmenhorst mit Freisprüchen.

13. Januar 2010, Wildeshausen:

Am 13. Januar 2010 fand vor dem Amtsgericht Wildeshausen eine Gerichtsverhandlung gegen Mario Müller statt, bei der er wegen Körperverletzung und Nötigung angeklagt war. Müller wurde schließlich zu 50 Sozialstunden verurteilt. Dieses Urteil wurde von vielen als zu milde angesehen, da Müller für gewalttätige Übergriffe verantwortlich gemacht wurde, die von Zeugen detailliert geschildert wurden.

Während der Gerichtsverhandlung fand vor dem Amtsgericht Wildeshausen eine Mahnwache statt, die von Neonazis, darunter auch Julian Monaco und Kevin Boeck von den „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), organisiert wurde. Diese Mahnwache wurde von Andreas Hackmann, einem Bremer Neonazi, unterstützt. Das Transparent, das während der Mahnwache getragen wurde, enthielt Symbole, die auf die militanten „Autonomen Nationalisten“ hinwiesen. Trotz dieser neonazistischen Aktivitäten gab es auch eine Gegendemonstration mit über 40 Teilnehmern auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die von der Polizei von den Neonazis getrennt wurde.

13.02.2010 in Dresden: Geschichtsrevisionistische Naziaktivitäten

Neben Björn Höcke nahm auch Mario Müller am neonazistischen Aufmarsch 2010 in Dresden teil.

25. Februar 2010, Delmenhorst. Mehrere Nazis aus dem Raum Delmenhorst halten auf dem Marktplatz des Ortes eine Kundgebung ab.

Beteiligt sind Personen aus dem Spektrum der JN Delmenhorst und des „Nationalen Widerstand Delmenhorst“, Verantwortlicher ist der JN-Landesvorsitzende Julian Monaco. Mario Müller ist auch vor Ort.

01.05.2010 in Berlin: „Unserem Volk eine Zukunft! […] Nationaler Sozialismus – jetzt!“

Am 1. Mai 2010 versuchte die extreme Rechte, an verschiedenen Orten aufzumarschieren. Sie konnte bundesweit schätzungsweise gut 3.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mobilisieren. In Berlin hatte Sebastian Schmidtke, ein Neonazi-Aktivist und damalig stellvertretender Landesvorsitzender der NPD Berlin, einen Aufmarsch im Prenzlauer Berg angemeldet, an dem etwa 640 Neonazis teilnahmen. Auch Mario Müller war aktiv an der Demonstration beteiligt.

Mario Alexander Müller auf der Neonazi Demo zum 01. Mai 2010 – Quelle Recherche Nord

15.05.2010: Abschluss einer neonazistischen „Aktionswoche“ im Raum Delmenhorst

Am 15.05.2010 nahm Mario Alexander Müller an der von der JN betriebenen neonazistischen Aktionswoche teil.

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15.01.2011 in Magdeburg: „Ehrenhaftes Gedenken statt Anpassung an den Zeitgeist!“

Mario Müller war auch Teilnehmer der Neonazidemonstration am 15.01.2011 in Magdeburg.

Neonazi Aufmarsch Dresden am 19.02.2011

Auch im Jahre 2011 nahm Mario Müller am „Gedenk“ Aufmarsch von Neonazis in Dresden teil.

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Mario Müller ist ab Sekunde 7 im Video zu erkennen.

Oktober 2012, JN-Bundeskongress:

Im Juli 2012 fand in Kirchheim, Thüringen, ein Treffen der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) statt. Auf dieser Veranstaltung wurde ein neuer Vorsitzender gewählt, Andy Knape, der von 94 Prozent der Delegierten unterstützt wurde. Julian Monaco wurde mit 76 Prozent zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt, und Andreas Kolb erhielt 88 Prozent der Stimmen und wurde ebenfalls stellvertretender Vorsitzender. Kolb wurde den „Autonomen Nationalisten“ zugeordnet und sollte wahrscheinlich die Beziehungen zwischen der rechtsextremen Partei und dieser Bewegung in der Region stärken.

Unter den Teilnehmern dieser Veranstaltung befand sich auch Mario Müller, der zu dieser Zeit in der rechtsextremen Szene aktiv war. Interessanterweise waren mindestens drei der acht Vorstandsmitglieder der JN auch in der sächsischen NPD-Fraktion im Landtag beschäftigt. Dies verdeutlichte die Einflussnahme von NPD-Chef Holger Apfel auf die JN, da er selbst früher Bundesvorsitzender dieser Jugendorganisation war.

Andy Knape wurde vermehrt von Holger Apfel eingesetzt und war Leiter des NPD-Ordnungsdienstes. Er begleitete auch die sogenannte Deutschlandtour im Sommer dieses Jahres. In der rechtsextremen Szene erlangte er durch die erfolgreiche Durchführung des „Trauermarsches“ in Magdeburg Bekanntheit. Schäfer zog Bilanz über seine fünfjährige Amtszeit als Vorsitzender der JN und betonte die angeblichen Erfolge, obwohl die Mitgliederzahlen der JN gesunken waren.

Die JN war in vielen Bundesländern kaum aktiv und wurde in der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen. Die Organisation kämpfte mit schwindenden Mitgliederzahlen und geringer Präsenz in der politischen Landschaft. Andy Knape versprach, „in Nischen einzudringen“ und „Denkverbote aufzubrechen“, ohne Kritik an der bisherigen Ausrichtung zu äußern.

2013 – Klage wegen Körperverletzung

Im Jahr 2013 wurde Müller wegen Körperverletzung angeklagt. Der Richter sah es als erwiesen an, dass der Rechtsextremist am 4. März 2010 eine Gruppe von vier Jugendlichen auf dem Delmenhorster Marktplatz angegriffen hatte.

Müller hatte einem der vier Jugendlichen eine selbstgebastelte Waffe, bestehend aus einer Socke mit einem 200 Gramm schweren Metallstück, an die Stirn geworfen, der dadurch eine Kopfverletzung erlitt. Nahrath argumentierte, dass Müller in Selbstverteidigung gehandelt habe. Müller wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten und zwei Wochen auf Bewährung verurteilt, die Bewährungsfrist wurde auf drei Jahre festgesetzt.

Verteidigt wurde Müller von dem neonazistischen Staranwalt Wolfram Nahrath, der insbesondere für die Vertretung von Holocaust-Leugnern wie Ursula Haverbeck, Michèle Renouf oder Bischof Richard Williamson bekannt ist.

Mario Müller mit dem Neonazi Nahrath

2014/2015 – Das Neonazistische Netzwerk in die Ukraine

Müller hat offenbar Verbindungen zum neonazistischen Asow-Bataillon, einem dem ukrainischen Innenministerium unterstellten Freiwilligenbataillon, das erstmals als paramilitärische Truppe im Rahmen der Regimewechseloperation Euromaidan in Erscheinung trat. Laut dem Fachblog Sachsen-Anhalt Rechtsaußen reiste Müller nach Kiew, um sich von Alexey Levsha tätowieren zu lassen, der in der Neonazi-Szene für seinen martialischen Stil bekannt ist. Die Tätowierung auf Müllers rechtem Bein zitiert eine Zeile aus einem Lied des Nazi-Dichters Hans Baumann, ein Motiv, mit dem Kontrakultur in der Vergangenheit für gemeinsame Unternehmungen geworben hatte:

Die Rebellen haben den Tod und den Teufel als Gefährten.

Quelle

Müller ist bereits 2014 auf einem Bild mit Kämpfern des Asow-Bataillons zu sehen. Müller markierte Levsha im Kommentarbereich des Bildes mit den Worten „Könnten bald Freiwillige in Westeuropa brauchen …“

Im Januar 2015 nahm Müller an einem Fackelmarsch in Kiew zum Gedenken an den ukrainischen Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera teil.

2016 – Teilnahme an der Sommerakademie des IfS

Im September 2016 nahm Müller an einer Sommerakademie teil, die der neurechte Ideologe und rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek auf seinem Landsitz in Schnellroda veranstaltete.

2017 – Gründung Kontrakultur Halle

Von 2017 bis Ende 2019 diente das Haus in der Adam-Kuckhoff-Straße 16 in Halle (Saale) als Zentrum und Wohnprojekt für die Identitäre Bewegung, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird. Im selben Zeitraum unterhielt der AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider ein Abgeordnetenbüro in diesem Gebäude. Gründe von Kontrakultur war Mario Müller.

Am 6. Juni 2017 erfolgte die offizielle Ankündigung des Hausprojekts auf den Webseiten des Vereins Ein Prozent und der Zeitschrift Sezession. Beide Initiativen gehen auf den neurechten Verleger Götz Kubitschek zurück, der auch als strategischer Kopf hinter dem Hausprojekt maßgeblich agierte. Anfangs wurde ein Standort in Sachsen für das Projekt vorgesehen, um neben dem Institut für Staatspolitik (IfS) in Schnellroda und der Bibliothek des Konservatismus in Berlin einen weiteren Anlaufpunkt für die Neue Rechte zu schaffen. Das Gebäude sollte neben Büros auch ein Filmstudio, einen Veranstaltungssaal und einen Konferenzraum beherbergen. Spenden wurden für Renovierungsarbeiten, Sicherheitsmaßnahmen und laufende Kosten gesammelt.

Schließlich wurde das Hausprojekt im Steintorviertel gegenüber dem geisteswissenschaftlichen Steintorcampus der Universität Halle-Wittenberg realisiert. Es wurden mehrere Überwachungskameras installiert. Das Grundstück, einschließlich des Hauses mit einer Fläche von 404 m², wurde für 330.000 Euro erworben und gehört seit dem 1. Januar 2017 Helmut Englmann aus Johannesberg in Bayern, dem Gründer der Titurel-Stiftung in Bad Nauheim, die als Förderinstrument des IfS fungiert. Andreas Lichert (AfD), der auch Vorsitzender des Vereins für Staatspolitik ist, wird als Ansprechpartner der Stiftung genannt. Obwohl Andreas Lichert behauptete, das Haus nicht für die Identitäre Bewegung gekauft zu haben, trat er im Kaufvertrag vom 14. April 2016 als Bevollmächtigter des Käufers auf.

2017 – Sommerfest von Publicatio e.V.

2017 besuchten Müller und Martin Sellner, der Chef der Identitären Bewegung in Österreich, das Sommerfest von Publicatio e.V., dem Träger der rechtsextremen Zeitschrift Arcadi. Gründer von Publicatio e.V. und Herausgeber von Arcadi ist der AfD-Politiker Yannick Noé.

2017 – Aktion gegen Hilfsorganisation SOS Mediterranee und „Seemission“ von Defend Europe

Im Mai 2017 nahm Mario Müller zusammen mit zahlreichen IM-Mitgliedern aus Österreich, Frankreich und Italien an einer Aktion in Catania (Sizilien) teil. Sie versuchten, ein Rettungsschiff der Hilfsorganisation SOS Mediterranee am Auslaufen zu hindern. Müller nahm offenbar nicht an der Aktion selbst teil, aber trat in einem Video auf.

Im August 2017 beteiligte sich Müller an einem Projekt von Defend Europe, dem paneuropäischen Projekt der Identitären Bewegung. Defend Europe hatte in einem Crowdfunding-Projekt mehr als 200.000 US-Dollar gesammelt, um ein Schiff im Mittelmeer zu chartern, das Flüchtlinge daran hindern sollte, auf dem Seeweg nach Europa zu gelangen. Die Seemission von Defend Europe wurde von prominenten rechtsextremen Akteuren weltweit unterstützt, darunter der ehemalige „Imperial Wizard of the Ku Klux Klan“, David Duke.

2017 – Angriff auf zwei zivile Polizeibeamte

Im November 2017 griffen Mario Müller und eine andere Person von Kontrakultur Halle, bewaffnet mit Polizeischutzausrüstung, Pfefferspray, einem Schlagstock und einem Baseballschläger, offenbar zwei zivile Polizeibeamte an.

Quelle

2018 – „Alternative Help Association“ (AHA)

Im Jahr 2018 trat Müller als Mitbegründer der „Alternative Help Association“ (AHA) auf, die „Syrern, die in libanesischen Flüchtlingslagern gestrandet sind, bei der Rückkehr in ihre Heimat“ helfen will. Müller, AHA-Mitbegründer Matthias Matussek und andere AHA-Aktivisten reisten daraufhin nach Syrien und in den Libanon. In Syrien wurden sie von Joseph Absi, dem Patriarchen der syrisch-melkitischen Katholiken, beherbergt. „Gemeinsam mit unseren syrischen Partnern helfen wir im mehrheitlich christlichen Maalula“, so Müller.

2020 – Mit anderen Rechtsextremisten auf Lesbos

Am 6. März 2020 wurden Mario Müller und drei weitere Rechtsextremisten auf der Insel Lesbos gesichtet, wo sie sich als Journalisten ausgaben.

Es ist nicht bekannt, was genau sie auf der Insel taten, aber es ist wahrscheinlich, dass sie sich anderen Neonazis bei ihren Aktionen gegen Flüchtlinge anschlossen. Ein Begleiter Müllers, der NPD-Politiker Jonathan Stumpf aus Mannheim, wurde angegriffen und am Kopf verletzt. Die beiden anderen Personen der Gruppe, die Lesbos besuchten, waren österreichische Identitäre: Fabian Rusnjak aus der Steiermark und Stefan Juritz, Chefredakteur der österreichischen identitären Nachrichtenseite tagesstimme.at.

Beide gehörten zu den ersten Mitgliedern der österreichischen Identitären, und beide sind Mitglieder rechter Burschenschaften. Rusnjak, eines der Gründungsmitglieder der Identitären Bewegung in Wien, ist als extrem gewalttätig bekannt. Bei einer IM-Aktion in Graz am Standort eines geplanten Flüchtlingsheims soll Rusnjak antifaschistische Gegendemonstranten mit einem Teleskopschlagstock angegriffen haben.

2020: Pandemie-Leugner-Demo

Am 29. August 2020 nahm Müller offenbar an einer Demonstration von Pandemie-Leugnern in Berlin teil, darunter Hardcore-Neonazis, Reichsbürger, Identitäre, Anti-Vaxxer, Anhänger der Qanon-Verschwörungstheorie und andere Anhänger, die unter einem antiwissenschaftlichen und verschwörungstheoretischen Dach in die „Querfront“ gelockt wurden.

2021 – Gemeinsames Kampfsporttraining von AfD, IB, NPD und JN

Im Jahr 2021 fand im Sportkomplex Rennbahn regelmäßig ein gemeinsames Kampfsporttraining statt, an dem Aktivistinnen und Aktivisten der AfD, der Identitären Bewegung und der NPD teilnahmen. Diese Treffen ermöglichten es den Teilnehmenden, sich in öffentlichen Sportanlagen ohne jegliche Störungen oder Einschränkungen zu versammeln und zu vernetzen. Nazis konnten diese öffentlichen Einrichtungen unbehelligt für ihre Zwecke nutzen und fanden dort einen Raum für unbeschwertes Zusammenkommen und Austausch.

Mindestens vier Aktivisten der „Identitären Bewegung“ (IB) nahmen regelmäßig am Kampfsporttraining teil. Zu ihnen gehört Mario Müller.

Ein weiterer Teilnehmer ist „Linus“, ein Pseudonym, der bereits 2016 und 2017 an der Organisation von IB-Demonstrationen in Berlin beteiligt war und auch gegenwärtig noch in IB-Aktionen involviert ist. Roy Grassmann aus Bernau, früher auf NPD-Veranstaltungen präsent und jetzt Verteiler des Compact-Magazins auf Querdenken-Demos, trägt ein großes Kolovrat-Tattoo, eine Variation des Hakenkreuzes, unter seinem „Greifvogel-Wear“-Shirt.

Aus den Reihen der AfD beteiligten sich ebenfalls regelmäßig Personen am Training. Jörg Sobolewski, der auch als IB-Aktivist bekannt ist und zur Burschenschaft Gothia gehört, war einst Leiter der AfD-Geschäftsstelle in Berlin und später in der Bundestagsfraktion und der AfD-Fraktion in Friedrichshain-Kreuzberg tätig.

Diese Zusammenfassung zeigt, wie Aktivisten der Identitären Bewegung und der AfD regelmäßig an Kampfsporttrainings teilnehmen, wobei einige von ihnen Verbindungen zu neonazistischen Gruppierungen und Symbolik aufweisen.

Wer es zulässt, dass organisierte Neonazis gemeinschaftlich Kampfsportübungen durchführen, billigt stillschweigend die Möglichkeit, dass diese Fähigkeiten gegen andere eingesetzt werden können. Veranstaltungen wie dieses Training verdeutlichen, dass die vermeintliche Unterscheidung zwischen gemäßigten und extremistischen Rechten kaum mehr als eine Illusion ist. Trotz offizieller Distanzierungen finden sich Angehörige des rechten Spektrums – von der AfD über die Identitäre Bewegung bis zur NPD – regelmäßig zu Diskussionen, Trainings und Demonstrationen zusammen, was auf eine enge Verbundenheit hinweist.

2022 – Mitarbeiter bei Jan Wenzel Schmidt AfD

Mario Müller war seit Juli 2022 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt (AfD) beschäftigt. Die Verwaltung des Deutschen Bundestages antwortete im März 2023 auf eine Anfrage der Tageszeitung taz, dass Müller weder im Besitz eines Bundestagsausweises sei noch den Deutschen Bundestag als Gast betreten dürfe. Er habe ein Hausverbot für alle Liegenschaften des Deutschen Bundestages aufgrund seiner Vorstrafen. Auch eine Anfrage von Journalist Gunnar Hamann an den Bundestag bestätigt das. Wenzel und Müller kennen sich aber schon länger, bereits 2017 traf man sich in Halle.

2023 – Teilnahme an einer Wanderung von NPD/JN, III-Weg

Und dass es sich bei dem ehemaligen AfD-Bundestagsmitarbeiter Mario Müller um einen aktiven Neonazi handelt, zeigt nicht zuletzt seine Teilnahme an einer Wanderung von Neonazis aus den Strukturen von NPD, Ex-HDJ, JN etc. zu einer NS-Kultstätte im Juli 2023.

2023 – Teilnehmer in Potsdam

Müller soll bei dem bekannten Treffen von Rechtsextremisten in der Potsdamer Villa Adlon im November 2023 eine „wichtige Figur“ gewesen sein. Dort identifizierte er die Antifa als „Hauptgegner der Rechten“ und wies darauf hin, dass er im Deutschen Bundestag Zugang „zu Informationen über Personen aus dieser Gruppe“ habe. Er präsentierte seine Strategie im Umgang mit der politischen Linken und stellte sich zu Beginn seines Referats – zwar im ironischen Ton aber wörtlich – als „gewaltbereiter Neonazi“ vor.

In seinem Kampf gegen Linke setze er auf „zwei Waffen: Gewalt und Medien“. Als Beispiel dafür gab er an, den Aufenthaltsort eines deutschen Antifa-Mitglieds in Polen an „polnische erlebnisorientierte Fußballkreise“ (vermutlich Hooligans) weitergegeben zu haben. Diese hätten den Antifaschisten daraufhin „sehr handfest und sportlich konfrontiert“, was zu einem Nervenzusammenbruch des Betroffenen geführt habe. Müller bestätigte seine Anwesenheit bei dem Treffen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, bestritt jedoch einzelne Vorwürfe.