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Teile diese Anleitung, um zu verbreiten, wie man Aluhüte wie Hildmann & Co anzeigt

von | Jun 29, 2020 | Aktuelles

Wir müssen den Staat einschalten

Die Verschwörungsideologen glauben, sie könnten sich (auf Telegram) alles erlauben. Auf Social Media Plattformen wie Youtube, Twitter, Instagram oder Facebook ist es möglich, Inhalte sperren zu lassen, wenn diese gegen deren Benutzerregeln verstoßen (wie zum Beispiel dem Verbreiten von Falsch- oder Hassnachrichten) und entsprechend gemeldet werden. Auf Telegram können jedoch viele Verschwörungsideologen ungehindert Lügen verbreiten und Hass säen, weil das Melden von Beiträgen dort kaum Auswirkungen hat.

Mit diesem Artikel wollen wir Euch eine Anleitung an die Hand geben, wie wir uns als Zivilgesellschaft dennoch gegen diesen Hass zur Wehr setzen können. Indem ihr die Postings zur Anzeige bringt. Diese Anleitung entstand in Zusammenarbeit mit SchlafschafTV (abonniert ihn auf Insta) und dem Rechtsanwalt Raphael Slowik (@raphaelslowik). Wir werden hier als Beispiel die volksverhetzenden und antisemitischen Aussagen von Attila Hildmann heranziehen und Euch zeigen, wie man anhand dieses Beispiels gegen Verschwörungsideologen Strafanzeige erstatten kann, damit diese Hetze endlich Konsequenzen hat.

Dann legen wir mal los.

So zeigt ihr Hetzende wegen Volksverhetzung an – Grundsätzliches:

Eine Strafanzeige kann bei der Staatsanwaltschaft, der Polizei oder den Amtsgerichten mündlich oder schriftlich erstattet werden. Die Strafanzeige kann von jeder Person gestellt werden, nicht nur vom Opfer der Straftat.
In den meisten Bundesländern ist es inzwischen auch möglich, eine Strafanzeige online, d.h. über das Internet zu erstatten. Eine deutschlandweite Übersicht über sogenannte Internetwachen findet man hier:

https://www.berlin.de/polizei/internetwache/indexmitc.php

In unserem Beispiel gehen wir vom Portal der Brandenburger Polizei aus, den Link findet ihr hier:

https://polizei.brandenburg.de/onlineservice/auswahl_strafanzeige

Mit der Erstattung einer Anzeige zu einer vermuteten Straftat werden polizeiliche Ermittlungen ausgelöst. Eine Strafanzeige kann – anders als ein Strafantrag – grundsätzlich nicht zurückgezogen werden. Als Beispiel für Volksverhetzung wird unter anderem der folgende Beitrag von Attila Hildmann aus dessen Telegram-Channel genommen, der nach Auffassung von Rechtsanwalt Raphael Slowik den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt.


In den beiden folgenden Artikel sind weitere Beispiele zu finden, die man zur Anzeige bringen könnte:

Jetzt prüft der Staatsschutz: Wie rechtsextrem ist Attila Hildmann?

Und hier:

„Jüdische Weltverschwörung“: Attila Hildmann verbreitet antisemitische Aussagen

Beispiel aus dem Artikel

Ein kurzer Hinweis an dieser Stelle: Wie es scheint, wenden sich einige der loyalen Anhänger*innen von Hildmann aufgrund seiner antisemtischen Aussagen ab. Eine öffentlich bekannte Strafverfolgung oder gar Verurteilung könnte noch viel mehr seiner Anhänger abschrecken:

Aktuell bedroht er sogar offen Journalisten:

Video: Attila Hildmann bedroht Journalisten – Polizei schaut zu – Strafanzeige

So zeigt ihr wegen Volksverhetzung an – Step by step

Zunächst sieht das Fenster wie folgt aus (hier nochmal der Link):

Hier klickt Ihr bei „wurde die Tat im Bundesland Brandenburg begangen“ auf „Ja“, macht das Häkchen bei der Datenschutzerklärung und klickt auf weiter.

Danach kommt Ihr in diese Ansicht. Legt Euch ein Benutzerkonto an und gebt Eure korrekten Daten an. So habt Ihr die Möglichkeit, mit der Polizei im Austausch zu bleiben, um ggf. über den Fortschritt des Prozesses informiert zu werden.

Im nächsten Fenster wird dann nach der „Tatzeit“ gefragt:


Bitte dort das Datum des frühesten Postings einsetzen, das ihr zur Anzeige bringen wollt. Das von uns angehängte Beispiel stammt vom 18. Juni 2020. Bei „bis“ könnt ihr das Datum des heutigen Tages eingeben, an dem ihr das anzeigt, da der Post immer noch zu lesen ist und (bislang) nicht gelöscht wurde.

Jetzt wird es spannend. Nun soll die Tat beschrieben werden. Tragt in das Feld „Beschreibung der Tat“ folgendes ein:

„In dem Telegram Channel des Attilla Hildmann ( https://t.me/ATTILAHILDMANN ) erscheinen seit 18. Juni 2020 in regelmäßigen Abständen volksverhetzende Kommentare gegen Juden bzw. Zionisten (oder gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen).

Er wäre gesetzlich verpflichtet, die von ihm betriebene Internetseite laufend zu überwachen und neue volksverhetzende Kommentare sofort zu löschen bzw. auch seine eigenen erst gar nicht zu veröffentlichen.
Anbei finden Sie zwei Beispiele für solche volksverhetzenden Kommentare, die Attila Hildmann bislang nicht entfernt hat, weil nach entsprechenden Hinweisen diejenigen Teilnehmer, die die Löschung verlangt hatten, aus dem Channel verbannt worden sind. Die Verbreitung des volksverhetzenden Inhaltes wird indes weiter aufrecht halten.“


Im nächsten Fenster wird gefragt ob ihr selbst geschädigt wurdet. Hier bitte „Nein“ einsetzen.

Angaben zum Beschuldigten könnt ihr zunächst mit seinem Vor- und Nachnamen machen, der Rest ist Euch vermutlich unbekannt.

Als Zeugen könnt ihr auch erstmal keine genauen Angaben machen. Hier empfehlen wir einfach auf die Screenshots hinzuweisen, die ihr einreicht.
Jetzt sind wir fast am Ende. Hier könnt Ihr die Screenshots anhängen, die Ihr zur Anzeige bringen wollt.

Bei Ergänzungen zum Tathergang fügt Ihr folgendes ein:

Ich (Name) möchte XXX wegen Volksverhetzung anzeigen. Zur Erläuterung:

Volksverhetzung (§  130 Abs.  1 StGB)

In sozialen Netzwerken häufen sich in jüngster Zeit rassistische Äußerungen, die sich insbesondere regelmäßig gegen „Juden” bzw. „Zionisten“ richten. Der dabei oft verwirklichte §  130 Abs.  1 StGB gliedert sich wie folgt auf:.

a) Tatbestand

Der auf den ersten Blick unübersichtliche §  130 Abs.  1 StGB verlangt, dass der Täter gegen eine der in Nr. 1 näher bezeichneten Gruppen, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer der genannten Personenmehrheiten zum Hass aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert. Nr. 2 verlangt einen Angriff auf die Menschenwürde durch Beschimpfen, böswillig Verächtlichmachen oder Verleumden eines der o.g. Angriffsobjekte.

b) Deliktsnatur und geschütztes Rechtsgut

Die Tathandlungen müssen in einer Weise geschehen, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Es handelt sich bei §  130 Abs.  1 StGB um ein sog. abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt. Der Eintritt einer konkreten Gefahr ist demnach zwar nicht erforderlich, allerdings muss eine konkrete – und nicht bloß abstrakte – Eignung zur Friedensstörung gegeben sein. Hierbei ist das geschützte Rechtsgut ist in erster Linie der öffentliche Frieden innerhalb der bzw. einer Gesellschaft.

c) Juden bzw. Zionisten als Teile der Bevölkerung i.S.d. §  130 Abs.  1 StGB

Nicht ganz unproblematisch ist, ob „Zionisten” Teile der Bevölkerung und somit taugliches Angriffsobjekt i.S.d.§  130 Abs.  1 StGB sein können und diese eine eigene Bevölkerungsgruppe sind. Teile der Bevölkerung sind Personenmehrheiten, die sich auf Grund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale als unterscheidbare Teile von der Gesamtbevölkerung abgrenzen lassen. Das mit Zionisten in Form eine Codes Juden gemeint sind, hat ein Gericht im Jahr 2015 festgestellt.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article136958755/Wer-Zionisten-den-Tod-wuenscht-ist-Volksverhetzer.html#Comments

Juden gehören ohne Zweifel gerade wegen des historischen Kontextes zum Kernbereich des Tatbestandsmerkmals der geschützten Bevölkerungsgruppe i.S.d. § 130 StGB.

d) Tathandlungen

§  130  Abs.  1 Nr. 1 StGB setzt das Aufstacheln zum Hass oder das Auffordern zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen voraus. Beide Handlungen können sich überschneiden. Das Aufstacheln zum Hass ist eine auf die Gefühle des Adressaten abzielende, über bloße Äußerung von Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizens zu einer feindseligen Haltung.

Ein Angriff auf die Menschenwürde i.S.d.§  130 Abs.  1 Nr. 2 StGB ist gegeben, wenn das Recht der Bevölkerungsgruppe, als gleichwertige Persönlichkeiten in der staatlichen Gemeinschaft zu leben, bestritten wird. Dies ist z.B. bei der vorliegende Darstellung der Fall, weil der der Täter unterstellt, sie würden gegen allen anderen hetzen, die Kontrolle der Welt anstreben, Kriege aus beiden Seiten finanzieren würden und hiermit den Zionisten vorgehalten wird, dass sie im Prinzip homophob sei.

So und wenn ihr das alles gemacht habt, seid ihr schon fertig. Ihr müsst das natürlich nicht genauso machen, wie von uns geschildert, aber ihr könnt das so machen. Es spricht nichts dagegen, dass ihr eure Anzeige anders ausgestaltet.

Hier noch ein paar allgemeine Hinweise des Rechtsanwalts Raphael Slowik :

Die Strafanzeige muss folgende Angaben enthalten:

Name und Anschrift des Beschuldigten einfügen, wenn bekannt, falls nein, richtet sich die Anzeige ausdrücklich gegen „Unbekannt“.
Der Sachverhalt sollte angegeben werden.

Anlagen: z.B. Screenshot der Kommentare, ggf. Vorlage der Aufforderung zur Löschung der betreffenden Beiträge. Videoausschnitte wären aber auch denkbar

  • Nähere Angaben zu dem angezeigten Vorfall
  • Was ist vorgefallen? Schildert, was vorgefallen ist
  • Wo ist der „Tatort“? Macht hier bitte Angaben zum Tatort, an dem sich der Vorfall ereignet hat bzw. Benennung der URL der entsprechenden Internetseite oder des entsprechenden Telegram Channels.
  • Wann ist es passiert? Bitte den Zeitpunkt oder Zeitraum des Geschehens so genau wie möglich angeben.
  • Wie ist es passiert? Schildert bitte den genauen Ablauf des Geschehens und haltet dabei möglichst die zeitliche Reihenfolge ein. Auch die Wiedergabe von Dialogen zwischen den Beteiligten, insbesondere von diskriminierenden Äußerungen, kann wichtig sein, wie auch der Kontext, der zB bei suggestiven Umfragen eine Rolle spielt.
  • Warum ist es passiert? Welche Ursachen haben zu dem geschilderten Geschehen geführt? Welche vorhergehenden Ereignisse könnten dabei von Bedeutung sein? Wie haben sich die Beteiligten vor und nach dem Vorfall verhalten?
  • Wem ist es passiert? Hier sind evtl. Hinweise auf Klarnamen wichtig. Die Polizei kann in aller Regel keine Klarnamen ermitteln, aber als Anzeigenerstatter*in hat man oft die Möglichkeit, mit der Community diesbezügliche Erkenntnisse zu sammeln und der Polizei mitzuteilen.
  • Wer ist der Anzeigeerstatter?

Für Demokratie und Grundrechte

Wir vom Volksverpetzer sind der Meinung, dass antisemitische und volksverhetzende Äußerungen Konsequenzen haben müssen. Nun wisst ihr, wie man bei sowas vorgehen muss und könnt Euch selbst zur Wehr setzen. Vielleicht kommt der ein oder andere auf Hinweise, die noch nicht berücksichtigt wurden. Mit Eurer Recherchearbeit könnt ihr der Polizei und den staatlichen Behörden sogar indirekt helfen. Diese müssen endlich handeln und zeigen, dass der Rechtsstaat sowas nicht einfach nur zur Kenntnis nimmt.

Keine Demokratie ohne Fakten. Viel Erfolg!

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Artikelbild: dpa-Zentralbild/dpa, Screenshot twitter.com


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