Als Reaktion tödliche Schüsse eines Polizisten auf einen unbewaffneten jungen Mann in Frankreich kam es in der letzten Woche zu großangelegten Protesten und auch zu Plünderungen und Gewalt. Dabei wurden 99 Rathäuser angegriffen, 200 Geschäfte und 300 Bankfilialen wurden zerstört. Auch gab es 700 verletzte Polizisten, die Gewalt richtete sich also nicht nur gegen „Sachen“, wie ja auch gern behauptet wird. Auch ein Kommunalpolitiker und seine Familie wurden angegriffen. Die Protestierenden schändeten auch ein Holocaust-Mahnmal.
Was ist passiert?
Ein Polizist hatte den 17-jährigen Nahel M. bei einer Polizeikontrolle erschossen. Laut Zeugenaussagen handelte es sich um ein Automatikauto, welches losfuhr, als Nahel die Bremse losließ. Daraufhin erschoss ihn der Polizist als Reaktion. Die Polizei hatte zunächst eine andere Darstellung, die allerdings durch ein Video widerlegt wurde.
Es gibt ein herzzerreißendes Video eines Sanitäters, der den Polizisten danach zur Sau macht für dessen schreckliche Tat. Man muss kein Französisch können, um es zu verstehen:
Ursachen für die Proteste in Frankreich
Es ist nicht das erste Mal, dass es in Frankreichs Vororten zu Ausschreitungen kommt. 2005, 2009 und 2017 kam es jeweils zu größeren Ausschreitungen nach mutmaßlicher Polizeigewalt.
Eine Ursache der Ausschreitungen ist auch die Segregation der „Banlieus“, die einem Teufelskreis gleichkommen. Jahrzehntelang wurden die Viertel vernachlässigt. Ab den 1950er Jahren kamen vermehrt Migranten nach Frankreich, unter anderem Algerier, die auf der Seite der Franzosen im Algerienkrieg gekämpft hatten. Algerien, das eine französische Kolonie war. Die Regierung kümmerte sich aber jahrzehntelang überhaupt nicht um die Integration der Menschen. Wer dazu in der Lage ist, versucht also möglichst aus den Vierteln zu entkommen, was natürlich die Situation der zurückbleibenden nicht verbessert. Die aktuellen Proteste haben also mitnichten mit der Flüchtlingskrise 2015 zu tun, sondern sind das Ergebnis von Generationen von Fehlentscheidungen der französischen Regierung.
Die französische Gesellschaft scheint nicht in der Lage zu sein, diese Konflikte zu lösen. 2017 wurden in Frankreich die Regeln für den Schusswaffengebrauch von Polizisten gelockert, nachdem ein Beamter von Jugendlichen schwer verletzt worden war. 2022 wurden 13 Personen bei Polizeikontrollen erschossen, weil sie den Anweisungen der Polizei keine Folge leisteten. 2023 führt ein solcher Fall dann zu den jetzigen gewaltsamen Protesten. Es zeigt sich also, dass hier eine Eskalationsspirale im Gange ist.
Entgegen einigen Fake News war Nahel eben auch kein Migrant, sondern ein französischer Bürger. Nach seinem Schulabbruch war er in einem Sportprogramm zur Wiedereingliederung.
Rechte wollen, dass es eskaliert – und gegen Ausländer hetzen
Rechtsextreme speisen ihre politische Macht daraus, dass die Probleme eben NICHT gelöst werden. „Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD“, du erinnerst dich. Wenn es Probleme gibt, dann können Rechte sagen: Die Ausländer sind Schuld, wählt uns. Völlig egal, was die Realität ist. Daher verbreiten sie auch bei den aktuellen Protesten große Mengen an Fake News, um die gesellschaftliche Spaltung weiter anzuheizen. Daher sind Reden, wie hier die von Armin Laschet so wichtig, die den Lügen und der Hetze der Rechtsextremen widersprechen:
Er weist unter anderem darauf hin, dass die Großmutter von Nahel trotz ihres Schmerzes auch dazu aufgerufen hatte, die gewaltsamen Proteste einzustellen. Im Gegensatz dazu nutzen Rechte hingegen die Situation, um noch stärker zu hetzen und zu spalten.
Manila, Algerien, Nepal, Gelbwesten-Proteste, sogar Szenen aus „Fast and Furious“
Und da den Rechtsextremen Lösungen für Probleme völlig egal sind und die Wahrheit sowieso, teilen sie einfach alles, um die Stimmung aufzuheizen und ihren Feindbildern mehr Futter für Hass zu liefern. Scheißegal, ob die Videos was mit Frankreich oder den Protesten zu tun haben. Hauptsache Hass, Hauptsache Hetzen. Die AfD & Co. wollen um jeden Preis, dass du auf ihre Lügen und ihren Hass hereinfällst. Und blamieren sich dabei gehörig.
Der rechtsextreme AfD Abgeordnete Pazderski postete sogar direkt hintereinander zwei Videos, die rein gar nichts mit den aktuellen Protesten zu tun hatten. Zuerst teilte Pazderski ein Video, welches den Brand eines Postamts in Manila auf den Philippinen zeigte. Er behauptete aber, es sei aus Frankreich. Hier die Lüge:
Und dieses Video hier zeigt Proteste aus dem Jahr 2019, die sich auch nicht gegen den französischen Staat, sondern den algerischen Präsidenten Bouteflika richteten:
Der rechte Desinformationsverbreiter Alexander Wallasch, der in der Covid-Krise schon Fakes verbreitet hatte, fällt auch jetzt naiv auf Falschmeldungen herein und desinformiert seine Follower. Er postet ein Video von Plünderern im Apple Store in Bordeaux. Das Video ist von allerdings aus 2018 von den Gelbwesten-Protesten.
Damals fanden Rechte Ausschreitungen noch echt super, falls ihr euch erinnert. Politiker der rechtsextremen Partei „Britain First“ teilte ein Video von einem Sniper-Schützen auf einem Dach. Das Video stammt aber schon aus dem März 2022 und die gezeigte Waffe ist nicht echt.
Paul Golding von „Britain First“ teilte ebenfalls ein Video aus dem Film „Fast and Furious“ und gab es als reale Gewaltakte aus.
Auch ein weiteres Video, in dem Protestler in einer Ambulanz unterwegs sind, stammt nicht aus Frankreich, sondern aus einem Spielfilm. Viele weitere Videos zeigen wilde Tiere, die angeblich aus dem Zoo freigelassen wurden, aber sie sind alle nicht aus Frankreich. Nicht das Nashorn, auch kein Gorilla oder Zebra und keine Löwen.
„Community Notes“ versagen
Die Welle an Falschmeldungen zeigt, dass man sich auf die „Communiy Notes“ auf Twitter auch nur bedingt verlassen kann. Die Notes werden von Twitter Nutzern ausgewählt und mehrere Nutzer mit unterschiedlichen Meinungen müssen sich dabei einig sein. Dabei fällt zuerst auf, dass extrem viele der falschen Posts KEINE Community Notes haben, da nur 8 % der Notes als „hilfreich“ gevoted wurden.
Ein Post bekam allerdings eine Community Note, die komplett falsch war. Sie behauptete, dass das Video die Folgen einer Gas-Explosion zeigte, dabei war es tatsächlich ein während Ausschreitungen beschädigtes Gebäude.
Dennoch sieht man mal wieder: Rechte lügen. Pausenlos. Ihnen ist die Wahrheit völlig egal. Du darfst ihnen einfach nicht trauen. Sie sind nicht an den Fakten interessiert, nicht an der Lösung der Probleme. Sie wollen, dass du ihrem Hass glaubst und darauf hereinfällst. Damit sie die Macht ergreifen können. Die vielen Fakes rund um Frankreich zeigen das wieder mal deutlich.
Artikelbild: Screenshot youtube.com