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8 Gründe, warum Rainer Wendt wirklich ungeeignet war

von | Nov 25, 2019 | Aktuelles, Hintergrund

Warum Rainer Wendt untragbar war

Seit gestern steht fest: Rainer Wendt wird nicht Staatssekretär im Innenministerium in Sachsen-Anhalt. Wer das entschieden hat, ist etwas unklar: Innenminister Stahlknecht sagt, Wendt habe „auf seine Berufung verzichtet“, Wendt selbst, dass die CDU das „Angebot zurückgezogen“ hat (Quelle). Die Entscheidung für Wendt war selbst in der CDU umstritten und gilt vor allem als Vorstoß Stahlknechts (Quelle).

Fest steht, dass die Berufung des Polizeigewerkschafters einen Koalitionsstreit mit SPD und Grünen hervorgerufen hatte, die die Personalentscheidung heftig kritisiert hatten und nicht zustimmen wollten.  Während Wendt auf seiner privaten Seite sich als Opfer von „linkem Mainstream“ und „Lügnern und „Heuchlern“ darstellt – typische rechte Opfernarrative – gibt es allerdings einige gute Gründe, dass Wendt nicht Staatssekretär geworden ist.



1. Rechtswidrige Gehaltsbezüge

Mit den wichtigsten Grund stellen die Ermittlungen rund um rechtswidrige Gehaltsbezüge dar, die Wendt bekommen hat. Er wurde nämlich besoldet, belobigt und sogar befördert – obwohl er jahrelang überhaupt gar keinen Dienst als Polizist geleistet hatte.

Während diese Ermittlungen wegen Verdacht auf Untreue eingestellt wurden, stellten Sonderermittler fest, dass es „keine rechtliche Grundlage“ für die Besoldung gab und dass die Belobigung und sogar Beförderung „rechtswidrig“ waren. (Quelle). Da Wendt dafür jedoch nicht bestraft werden konnte und die Bezüge auch behalten durfte, leugnet er den ganzen Vorfall.

2. Keine Rücksprache mit den Koalitionspartnern

Die Ernennung war quasi ein nicht angekündigter Alleingang von Stahlknecht und Ministerpräsident Reiner Haseloff (Beide CDU). Als solche ist sie ein Affront für die Koalitionspartner in der Kenia-Koalition gewesen und quasi eine bewusste Provokation, aus Gründen, die später geklärt werden. In einer Koalition verpflichtet man sich zu einem Konsens, den die CDU dann doch nicht gefährden wollte. Hätte sie darauf bestanden, hätte das sogar zu einem Ende der Koalition führen können.

3. Wendt ist Westdeutscher

Als weiteren Grund gaben SPD und Grüne an, dass der gebürtige Duisburger Wendt als Westdeutscher erneut eine Führungsposition in Sachsen-Anhalt besetzen würde. Sie weisen Haseloff darauf hin, dass dieser dies doch hätte vermeiden wollen (Quelle).

4. Unangemeldete Nebentätigkeit im Aufsichtsrat von AXA

2017 wurde ein Disziplinarverfahren gegen Wendt eingeleitet, weil dieser eine Aufwandsentschädigung von 50.000 Euro im Jahr für einen Posten im Aufsichtsrat des Axa-Versicherungskonzerns erhalten habe. Er habe diese Bezüge weder angegeben, noch die Nebentätigkeit angezeigt. Dieses Geld kam noch zu der rechtswidrigen Beamtenbesoldung hinzu (Quelle).

Scharfmacher vom rechten Rand

Wie man sieht, kommt Wendts politische Einstellung erst nach einer bereits langen Liste an problematischen Fakten, weshalb von „linkem Mainstream“, der seine Berufung verhindert haben soll, nicht wirklich die Rede sein kann. Auch seine Behauptung, die Entscheidung sei ein „Kommando aus dem Kanzleramt“, ist nach der vorangegangenen Liste ebenso lächerlich wie ein Beweis für die problematische, rechtspopulistische Rhetorik des Vorsitzenden der zweitgrößten Polizeigewerkschaft.

Auch parteiintern wird Wendt als „Scharfmacher vom rechten Rand“ (Polenz, CDU) bezeichnet. Nehmen wir noch weitere Beispiele.

5. Kriminalitäts-Hysterie

Wendt missbraucht seine Autorität als Polizeigewerkschafter, um regelmäßig rechtspopulistische Panikmache zu betreiben. „Deutschland wird abgehängt“ oder „Deutschland in Gefahr“ lauten die Titel seiner Bücher. Er argumentiert nicht nur an der Faktenlage vorbei damit, dass Deutschland angeblich unsicherer geworden ist (Mehr dazu, die Kriminalpolizei argumentiert genau gegensätzlich), er gibt dafür natürlich auch nur Muslimen die Schuld, von denen er sagt, die „Machokultur junger Muslime“ gehöre „fast zu den genetischen Grundbausteinen dieser Kultur“.

6. Interviews mit Propagandaorgan der Neuen Rechten

Wendt hat diese Aussage in einem Magazin der Neuen Rechten getätigt, womit er zeigt, dass er keine Berührungsängste zu rechtsextremen und faschistischen Ideologen hat (Quelle). Damit hat er die rassistische Propaganda des Magazins mit seinem Posten aufgewertet.

7. Politische Wahlbeeinflussung als Gewerkschafter

Zur Landtagswahl in Bayern hat Wendt eine Wahlempfehlung gegen die Grünen ausgesprochen. Das ist problematisch, da Wendt als Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft auf seiner offiziellen Seite (nicht auf seinem Privatprofil!) sich in die Politik einmischte. Als im Ruhestand befindlicher Beamter (und er hat wie oben erwähnt schließlich jahrelang ohne rechtlichen Grund Sold erhalten) und Polizist muss er eigentlich politisch neutral agieren – und auch seine Gewerkschaft verlangt das. Mehr dazu:

Wenn du Angst um die politische Neutralität der Polizei bekommst …

8. Rassismus, Muslimfeindliche Hetze

Wendt instrumentalisierte einen Mord rechtspopulistisch (Quelle), echauffiert sich nur über Täter/Tatverdächtige, wenn sie einen Migrationshintergrund haben (Quelle), befürwortete Polizeigewalt (Quelle) und verharmlost diese (Quelle), schürt in seinen Büchern Angst vor Geflüchteten und befürwortet ein Burkaverbot (Quelle). Dafür wird er auch von der AfD gefeiert (Quelle, Beispiel).

Er forderte 2015 einen (europarechtswidrigen) Zaun, um Geflüchtete aufzuhalten (Quelle) und auch Klimaaktivisten bezeichnete er auch schon als „Klimasekte“ (Quelle). Alles in allem trifft die von Polenz (CDU) verwendete Bezeichnung als „Scharfmacher vom rechten Rand“ durchaus zu. Wendt verwendet rechtspopulistische Narrative, Begriffe und Feindbilder. Auch deswegen war er für SPD und Grüne (und auch Teile der CDU) nicht tragbar.

Fazit

Für den rechten Rand der CDU und die Rechtsextremisten ohnehin (und Wendt selbst) ist natürlich nur das Opfer-Narrativ und die Bespielung der Darstellung wichtig, dass Wendt lediglich aufgrund seiner „Meinung“ nicht Staatssekretär wurde.

Wie wir jedoch gesehen haben, gab es viele schwerwiegende Gründe, bevor politische Positionierungen überhaupt ins Spiel kamen. Darüber hinaus sind seine politischen Einmischungen als Beamter und Gewerkschafter, beides Positionen die Wertneutralität vermitteln sollten, für seriöse Politik No-Gos.

Dass jemand mit derartigen rechtspopulistischen Äußerungen und dem Bedienen rassistischer Vorurteile weder bei Grünen, SPD noch Teilen der CDU erwünscht ist und Applaus der rechtsextremen AfD erhält, dürfte hier nicht verwundern. Das ist kein „linker Mainstream“ gewesen, sondern einfach ein demokratischer.

Artikelbild: Superbass/ CC-BY-SA-4.0 (via Wikimedia Commons)