Da es im dritten Pandemiejahr fast täglich eine „Querdenker“-Verurteilung gibt, haben wir uns entschlossen, nicht mehr über jeden Fall einzeln zu berichten, sondern ab sofort Sammelartikel zu erstellen. Sozusagen die „Querdenker-Verurteilungen der Woche“. Sonst verliert man ja vor lauter Querdenke(r)n noch irgendwann den Überblick ;). Hier der Artikel von letzter Woche:
“Ungeimpft”-Stern am Holocaust-Mahnmal: Freispruch für Sven Liebich?
Ihr habt sicherlich die gelben “Ungeimpft”-Sterne aus der Querdenkerszene mitbekommen, die an den damaligen Judenstern erinnern. Diese tragen den Aufdruck “Ungeimpft” um zu zeigen, dass man damit quasi eine politisch verfolgte Person sei. Das Tragen solch eines Sterns ist an und für sich schon ein Affront gegenüber jüdischen Mitbürger:innen, egal, ob sie Betroffene im Holocaust waren oder nicht. Wir bilden diesen Stern daher hier nicht ab, um solche holocaustverharmlosenden Inhalte nicht zu reproduzieren.
Zwischen 1939 und 1945 war das Tragen eines Judensterns ein Zwangskennzeichen für Menschen, die nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 als Juden galten, soziale Ausgrenzung sowie politische Verfolgung inklusive. Querdenker sehen sich als Opfer genau solch einer politischen Verfolgung und tragen daher grinsend diesen Stern auf ihren “Spaziergängen”. Und als ob das alleine nicht schon schlimm genug ist, setzte der bereits verurteilte Rechtsextremist Sven Liebich dem Ganzen noch die Krone auf, indem er im April 2021 mit diesem Stern und einem Buch von Anne Frank am Holocaust-Mahnmal in Berlin posierte. Der Pullover trug zudem die Aufschrift „Ungeimpfte sind hier unerwünscht“. Ein Lied der “Schwarzen Division Sachsen”, einer Rechtsrockband trägt einen ähnlichen Titel, allerdings ist dort das Wort Ungeimpfte durch Juden ausgetauscht und auch in der NS-Zeit fanden sich solche Aussagen oft auf Schildern von Einzelhändlern.
Wir hatten Sven Liebich davor im Übrigen bereits schon einmal wegen einer anderen Sache angezeigt:
Liebich ist also einschlägig wegen Volksverhetzung in Erscheinung getreten. Umso mehr überrascht, wieso das Gericht ihn in diesem Fall freigesprochen hat. Während die Staatsanwaltschaft 7 Monate Haft beantragte, bilanzierte der Richter, dass es lediglich “sehr geschmacklos” und ein “extremes Verharmlosen” gewesen sein soll. Der Straftatbestand der Volksverhetzung sei dadurch nicht erfüllt, wie das Jüdische Forum auf twitter berichtet:
Man hofft, dass die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat.
“Captain Future” wegen Landfriedensbruch verurteilt: 140 Tagessätze
Eventuell kennt ihr den “Querdenker” “Captain Future” noch von seinen Greatest Hits “Freedom Parade Berlin” oder der Preisverleihung “Goldene Spritze 2021”, der Pseudo-Gegen-Preisverleihung zum “Goldenen Aluhut”, weil die “Querdenker” diesen Preis damals aufgrund von Wahlbetrug nicht erhalten haben:
Der Goldene Aluhut ist der Preis, den der Querdenker Ballweg daraufhin einklagen wollte – das ging nur mächtig nach hinten los und nunja, mittlerweile sitzt er im Gefängnis in Untersuchungshaft.
Aber zurück zum selbsternannten “Captain Future”, der eigentlich Michael Bründel heißt. Bründel fiel in der Corona-Pandemie immer wieder mit illegalen Versammlungen in Form von Partys auf. SPIEGEL TV widmete ihm sogar eine Kurzfolge:
Doch die Party ist jetzt erst einmal vorbei, er wurde zu 140 Tagessätzen zu je 15€ verurteilt. Dies entspricht in etwa dem Niveau eines Sozialleistungsempfängers, dort liegen Tagessätze oft zwischen 10 und 15€.
Landfriedensbruch, öffentlicher Aufforderung zu Straftaten, Anstiftung zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie zum tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte
Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte ihn schlussendlich wegen Landfriedensbruchs, öffentlicher Aufforderung zu Straftaten, Anstiftung zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie zum tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 2.100 Euro. Unter anderem forderte er eingekesselte Demo-Teilnehmende dazu auf die Polizeikette zu durchbrechen. Er heizte die Gruppe von außen mit einem Megafon an.
Die Polizei setzte aufgrund dieser Bedrohung Schlagstöcke und Reizgas ein, sechs Polizisten wurden dabei verletzt. Bründel gilt damit nun als vorbestraft. Besonders pikant, da er selbst von einem weiteren Prozess gegen ihn berichtete, der noch ausstehe. Das Strafmaß dürfte im Falle einer weiteren Verurteilung also nicht am unteren Ende ausfallen.
Andererseits: je mehr Prozesse er hat, desto weniger Zeit hat er künftig, um auf Friedhöfen nach Bluetooth-Signalen von Verstorbenen zu suchen. Wirklich wahr:
Falsche Impfnachweise aus der Apotheke: mehrere Jahre Haft!
Nach Ansicht des Landgerichts München I soll eine angestellte Apothekerin über 1000 Impfnachweise gefälscht haben. Ihre ehemalige Affäre hat diese dann wiederum im Darknet verkauft, die Einnahmen sollen über 130.000€ betragen haben. Sie nutzte dafür einen Computer aus der Apotheke in der sie angestellt war. Auch vor der Pandemie trat er schon wegen Urkundenfälschung in Erscheinung: er fälschte Zeugnisse und Zertifikate und erschlich sich so Jobs als Mediengestalter.
Da sich die Apothekerin geständig zeigte, wurde sie u.a. wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz “nur” zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Bekannte erhielt eine Haftstrafe von vier Jahren, weiterhin soll er 100.000€ zurückzahlen. Rechtskraft besteht noch nicht.
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