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Nazinotstand: Diese Reaktionen der AfD gehen nach hinten los

von | Nov 2, 2019 | Aktuelles, Social Media

„Diese Stadt hat ein Problem mit Nazis“

Dieser Satz stammt von Max Aschenbach, der für die PARTEI im Stadtrat von Dresden sitzt. Er gilt als Initiator des Antrags „Nazinotstand?“. Auch Grüne, Linke, SPD und sogar die FDP stimmten der Ausrufung des „Nazinotstands“ zu. Damit soll die Stadt Dresden künftig „die demokratische Alltagskultur stärken“ sowie den Schutz von Minderheiten und Opfern rechter Gewalt intensivieren.

Man kann das natürlich einfach gut so finden, wie es ist. Oder man macht es wie die Freien Wähler und zieht völlig willkürlich Vergleiche zu den Notstandsverordnungen, die die demokratischen Grundrechte einschränkten (Quellen). Ist ja alles irgendwie „verständlich“. Aber zumindest dass Dresden ein Naziproblem hat und man es beheben muss, da sind sich ja wohl alle einig. Oder etwa nicht?



AfD wirkt – lächerlich

Natürlich ist sich die AfD da nicht so ganz sicher. Eine Partei, die Faschisten in der „Mitte der Partei“ hat, ist natürlich nicht wirklich prädestiniert dazu, einen objektiven Blick auf die Frage „Nazinotstand oder nicht?“ zu haben. Deswegen fragt sie auf Facebook lieber noch mal nach:

Haben wir in Dresden einen Nazinotstand?

So lautet die Umfrage der AfD Fraktion Dresden auf Facebook. Jokes aside: Es geht hier selbstverständlich nicht um eine empirische Erhebung, die die AfD durchführen möchte. Die Partei hofft natürlich, dass eine möglichst hohe Zahl an eigenen Followern die Frage mit „Nein“ beantwortet, sodass man am Ende wieder Spott und Häme über die „Altparteien“ verteilen kann und sich rühmen kann, man sei die einzige Partei, die das Volk verstehe.

Aber all diese Pläne wurden von der wunderbaren Ironie der Social Media zerstört. Denn natürlich ist es irgendwie durchgesickert, dass es eine solche Umfrage gibt. Und sofort ist die provokative „Erhebung“ zu dem geworden, was sie eigentlich nie hätte werden sollen: Eine Umfrage, beantwortet von Leuten sämtlicher politischer Hintergründe, nicht nur denen der AfD. Aber eigentlich ist das Zwischenergebnis schon Pointe genug:

Quelle: facebook.com

Auch Diffamierungs-Versuch Nr. 2 geht schief

Während die AfD Dresden also noch in Schockstarre war, weil ihr Propaganda-Versuch so jämmerlich schief ging, übernahmen die Kollegen von der AfD Gladbeck. Was die Kollegen aus NRW damit zu tun haben, fragt ihr euch? Wir uns auch. Keine Ahnung, jedenfalls glaubten sie, für die AfD Dresden in die Bresche springen zu müssen. Und produzierten einen noch größeren Fail als die „Umfrage“ zum Nazinotstand.

Denn sie taten genau das, was die AfD immer tut, wenn sie inhaltlich mal wieder völlig überrumpelt wurde: Sie packten ein Argument ad hominem aus. Also ein Argument, was nichts mit dem Inhalt der Debatte zu tun hat, sondern sich einzig und allein gegen den politischen Gegner richtet. In diesem Falle war das Max Aschenbach, der Initiator des „Nazinotstand“-Antrags. Dazu posteten die Freunde des gepflegten Lookismus ein Bild von Aschenbach, welches ihn in „unangemessener“ Kleidung mit Bierdose in der Hand zeigt. Wohlgemerkt ein absichtliches Parodie-Bild. Dazu folgender Kommentar:

Das ist Max Aschenbach, der Stadtrat der Satirepartei „Die Partei“, der den Antrag zum „Nazi-Notstand“ für Dresden gestellt hat, den u.a. die FDP mit getragen hat. Muss man eine Politik ernst nehmen, die selbst nur Klamauk sein will?

Die AfD (die ja selbst ihre fragwürdigen Anträge mit ihrer „demokratischen Legitimation“ begründet) spricht also einer ebenso demokratisch gewählten Partei die Fähigkeit ab, Politik zu machen? Nur, weil deren Äußerlichkeiten und deren Selbstbezeichnung als „Satire-Partei“ den AfDlern nicht passt? Das ist traurig und vor allem traurig diffamierend. Erst Recht, da sie damit ihre Trolle indirekt dazu aufrief, Aschenbach heimzusuchen. Doch wieder hat die AfD die Rechnung ohne Social Media gemacht.

Wie der „Nazinotstand“-Initiator verteidigt wird

Denn auch dieser Beitrag erzielte nicht ganz die Reaktionen, die man sich im Lager der Rechtspopulisten erhofft hatte. Häme, Hass und Lookismus wollte die Social-Media-Abteilung der AfD Gladbeck erzeugen. Doch die Kommentarspalte ist überschwemmt mit Solidaritätsbekundungen für Aschenbach. Ein Lovestorm. Hier ein paar Beispiele:

Fazit

Der Fall „Nazinotstand“ zeigt hervorragend, was mit Rechten passiert, deren Filter-Bubble von außen geöffnet wird: Sie sind hilflos überfordert. Denn sie können es nicht fassen, dass sie nur eine kleine, hetzende Minderheit sind. Spezialisten sind sie darin, wegen jedem Müll einen eigenen Shitstorm anzufangen. Wenn sie jedoch einem Lovestorm ausgesetzt sind, wissen sie nicht was sie dagegen machen sollen.

Die AfD hat nahezu automatisierte Internet-Trolle, die wissen, wie man loshetzt, wenn ein Schutzsuchender angeblich irgendetwas gemacht hat oder Angela Merkel in einem unangenehmen Augenblick abgelichtet wird. Doch was machen sie, wenn man ihnen einfach keine Angriffssfläche bietet?

Weder die Opferrolle, noch das „Lügenpresse“-Narrativ funktioniert hier. Die AfD ist geschlagen – mit ihren eigenen Waffen, nämlich großen Mengen an Usern, die zeigen, dass sie anderer Meinung sind. Nur, dass es sich hier nicht um eine Armee aus Bots und Trollen handelt. Sondern um „echte“ Menschen, die Menschlichkeit zeigen und die Demokratie verteidigen. Eine schöne Botschaft!

Artikelbild: Mark Nazh, shutterstock.com