Aus “Diktatur” Deutschland nach Thailand auswandern
Desinformationsverbreiter Dr. Sucharit Bhakdi, einst respektierter Professor für Mikrobiologie, hat sich seinen wissenschaftlichen Ruf im Ruhestand in der Corona-Pandemie gehörig ruiniert. Unbeirrt verbreitete er seit Monaten eine Falschinformation über Corona nach der anderen. Er machte unbelegte Behauptungen, stellte wissenschaftlich unhaltbare Thesen auf und wurde wieder und wieder von Kolleg:innen – und von der Realität – mit seinen falschen Thesen widerlegt. Es hinderte ihn nicht daran, gemeinsam mit seiner Frau ein Fake-News-Buch zu schreiben, das sich unter Pandemie-Leugner:innen gut verkaufte. Wie falsch und unseriös seine Thesen dort sind haben wir schon hier analysiert:
Die größten Fakes im Bhakdi-Buch: Wir haben „Corona Fehlalarm?“ gelesen, damit ihr es nicht müsst
Auch die “überwältigende Mehrheit” der Fakultät und Fachschaft Medizin ihrer eigenen Uni Kiel distanziert sich von den Behauptungen und wirft ihnen für das Buch “Corona Fehlalarm” vor, unbelegte und im Gegensatz zu internationaler Forschung stehenden Behauptungen zu verbreiten (Quelle). So suggerierte er zum Beispiel einmal, 30 Tote am Tag durch Corona seien unrealistisch. Zur Erinnerung: Im Dezember gab es bis zu 1340 gemeldete, laborbestätigte Corona-Tode an einem einzigen Tag in Deutschland (Quelle). Er gab auch einem US-Fake-News-Sender ein Interview voller Falschbehauptungen über die Corona-Impfung.
Bhakdi ist endgültig am Ende jeglicher Seriosität angekommen und hat dem extrem rechten Pro-Trump US-Propaganda Sender "Fox News" ein Interview voller Lügen über (eine?) Corona-Impfung gegeben. pic.twitter.com/0jxVryrZx1
— Volksverpetzer (@Volksverpetzer) December 3, 2020
Wir haben die gefährlichen Falschaussagen Bhakdis schon mehrfach analysiert: So behauptete Bhakdi, der in einer Arbeit von 2009 noch Impfungen befürwortet hatte (Quelle), jetzt plötzlich, dass es keine Gedächtniszellen für Antikörper (B-Lymphozyten) gäbe und dass deshalb Impfungen sinnlos seien. Mehr dazu:
Faktencheck: Dieses Video zerlegt die wirren Aussagen von Bhakdi über Impfungen
Die „überwältigende Mehrheit“ der Hochschullehrer der CAU und Mitglieder des Bundesexzellenzclusters widersprächen den „unbelegten und im Gegensatz zu seriösen internationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen stehenden Behauptungen“. Auch ihre Fachschaft Medizin unterstützt ausdrücklich diese Stellungnahme. Sein Buch sei wissenschaftlich nicht haltbar. “Entweder wurde also unsauber gearbeitet, es fehlen grundlegende Kenntnisse, oder es wurden Fakten absichtlich so verdreht, dass sie zur Kernaussage des Buches passen“, heißt es unter anderem (Quelle). Mehrere Epidemiologen widersprachen schon einigen Fakes aus dem Buch (Quelle).
Pandemie-Leugner Bhakdi will “Gesundheitsdiktatur” Deutschland verlassen
Bhakdi ist also offensichtlich komplett in die irrationale Wahnwelt der Pandemie-Leugner:innen und “Querdenker” eingetaucht. Dass er alles andere als Zuspruch aus der wissenschaftlichen Community erhält, scheint für ihn aber kein deutliches Signal zu sein, dass er sich heillos verrannt hat, sondern, dass Deutschland zu einer “Gesundheitsdiktatur” geworden sei, wie er beklagt (Quelle). In einem Youtube-Video aus dem Dezember erklärte er, dass er darüber aus Deutschland auswandern wolle. In Bezug auf die Corona-Maßnahmen sagt er, es sei “so furchtbar, so erschreckend … so albtraumhaft, was wir in diesem Land erleben”.
Als Sohn thailändischer Eltern ist sein Auswanderungsziel wohl eindeutig das Königreich Thailand. Richtig, weil die Demokratie Deutschland (Platz 13 im Demokratie-Index) eine “Gesundheitsdiktatur” sei, will er nach Thailand auswandern. Dort könnte also den angeblich so irrationalen Corona-Maßnahmen entkommen? Vielleicht sollte Bhakdi jemanden die Corona-Situation im KÖNIGREICH Thailand erklären. Wenn Bhakdi nach Thailand reisen sollte, müsste er erstmal in eine 14-tägige, strenge Quarantäne auf eigene Kosten und mehrere Zwangs-Covid-Tests machen (Quelle).
An dieser Stelle möchte ich auch nur mal den bisherigen Verlauf der Pandemie in Thailand mit der bei uns vergleichen:
Thailand: Maskenpflicht, Haftstrafen für Fake News über Corona – Viel Spaß, Bhakdi…?
Wer die Corona-Maßnahmen in Deutschland für eine “Gesundheitsdiktatur” hält, wird in Thailand wirklich keinen Spaß haben. Dort ist der Notstand ausgerufen, wodurch der Regierungschef weitreichende Vollmachten besitzt. Die Folge sind: Einschränkungen der Bewegungs-und Reisefreiheit, der Versammlungs- und der Meinungsfreiheit. Das Auswärtige Amt warnt:
“Reisende müssen sich den Maßnahmen der Regierung (Überwachungs- und Quarantänemaßnahmen, lückenlose Kontrolle ihrer Bewegungen u.a.) im Hinblick auf die Bekämpfung des Coronavirus unterziehen. Verstöße gegen die Notstandsverordnung werden von den thailändischen Behörden strikt geahndet und sind mit Haft- und Geldstrafen belegt.”
In der Tat: Neben einer ebenfalls existierenden Maskenpflicht sind die Maßnahmen noch viel einschränkender und undemokratischer: In Thailand steht das Verbreiten von Fake News über Corona unter harter Strafe: Wer Dinge behauptet, die die Regierung als falsch oder als verzerrend betrachtet und die in der Öffentlichkeit “Angst oder Missverständnisse” erzeugen könnten, kann bis zu zwei Jahre im Gefängnis landen (Quelle). Ja, in Thailand gibt es echte, staatliche Zensur mit harten Strafen. Vielleicht fällt einigen auf, dass Bhakdi hier in Deutschland offensichtlich viel mehr Freiheiten genießt, seine Desinformation zu verbreiten, als das Land, in das er augenscheinlich auswandern will.
In Thailand ist seit einem Militärputsch ein General an der Macht, dem Wahlmanipulation vorgeworfen wird und der hart gegen Oppositionelle vorgeht (Quelle). Etwas, von dem wir froh sein dürfen, dass es nicht in Deutschland gibt. Ganz am Ende offenbart Bhakdi, wie ernst es um seine Pläne sind: Er träumt von seiner eigenen Kolonie, erklärt jedoch, dass seine Schwiegermutter dem einen Riegel vorschiebt.
Zum Thema:
Änderungshinweis: In einer früheren Version hieß es, das Interview sei aktuell, es stammt jedoch aus dem Dezember 2020. Artikelbild: Screenshots
Unsere Autor:innen nutzen die Corona-Warn App des RKI: