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Februar 2022: Die Tage, als Putin sich endgültig als Lügner entlarvte

von | Feb 22, 2023 | Aktuelles

Putin war schon immer ein Lügner. Er belügt seine eigene Bevölkerung, er behauptete, es gäbe keine Pläne für eine Annexion der Krim, er leugnete 2014 die Präsenz russischer Truppen im Donbass und auf der Krim. Kurz darauf begann die Operation der „Grünen Männchen“ aka getarnter russischer Soldaten auf der Krim. Später leugnete der Kreml über Jahre, dass eine russische Buk für den Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 in der Ostukraine verantwortlich war. Mittlerweile kam heraus, dass wahrscheinlich sogar Putin persönlich die Lieferung der Waffe genehmigte, mit der der Abschuss erfolgte. Der Kreml leugnete eine Beteiligung am Mord von Skripal, obwohl alle Fakten dafür sprachen, genauso im Fall Navalny. Und vieles mehr. 

Doch alle diese Lügen wurden immer von einer großen Desinformationskampagne begleitet. Viele Menschen wissen deshalb bis heute nicht, dass in all diesen Fällen die Faktenlage eigentlich eine sehr klare Sprache spricht. Denn die russische Desinformation war sehr effektiv darin, mit so viel Schmutz, Lügen und Verunsicherung zu werfen, dass viele Menschen den Glauben an objektive Wahrheiten verloren haben. Genau das war auch das Ziel der Kampagnen, man nennt das “muddying the waters” (das Wasser trüben). Dabei kräftig mitgeholfen haben Pro-Putin Medien und Politiker wie Rechtsextreme um die AfD, aber auch Linke wie Wagenknecht.

Lügen werden zum Boomerang

Doch der Tag des Angriffs auf die Ukraine war einer der Tage, an denen der Schleier der Desinformation einfach zu schwach war, um die Monstrosität der Verbrechen zu verdecken, die Putin und seine Getreuen durchführten. Das lag auch daran, mit welcher unverhohlenen Vehemenz der Kreml zuvor über den kommenden Einmarsch gelogen hatte. Hier einige Beispiele vom Februar 2022, also kurz vor Beginn der Invasion:

15. Februar: Russland habe Truppen von der ukrainischen Grenze abgezogen, wie auch Wladimir Putin bestätigte.

17. Februar: Russische Botschaft in Deutschland zitiert Wladimir Putin: “Wollen wir einen Krieg, oder nicht? – Natürlich nicht.”

https://twitter.com/RusBotschaft/status/1494220072856035329?s=20

17. Februar: Russische Botschaft in Deutschland verbreitet eine Aussage von Maria Zakharova (Sprecherin des Außenministeriums), die sich über die Berichterstattung westlicher Medien lustig macht, dass ein Angriff Russlands unmittelbar bevorstehen würde. 

19. Februar. Die russische Botschaft in Österreich verbreitet die Behauptung, dass Russland Gas nicht als politische Waffe einsetze. Russland nutzt schon seit Jahrzehnten Gas als Druckmittel. Zu diesem Zeitpunkt war der Gasspeicher in Rehden bereits fast leer durch ausbleibende Lieferungen, damit sollte eine Öffnung von Nordstream 2 erzwungen werden. Putin stoppte am 26. April die Gaslieferungen über die Pipelines durch Polen. Anfang September stoppte er auch Pipeline-Lieferungen über Nordstream nach Deutschland.

https://twitter.com/RusBotWien/status/1494959938803843075?s=20

20. Februar: Regierungssprecher Peskow lügt: Russland habe noch nie jemand angegriffen. Hier mal der Wikipedia-Eintrag aller Militäroperationen Russlands und der Sowjetunion. Hier die neun zwischen 1991 und 1999 und hier die 13 seit 2000.

Er betont, dass in Russland niemand das Wort “Krieg” aussprechen möchte. Auf zynische Art und Weise war dieser Teil sogar die Wahrheit: Wer den Krieg “Krieg” nannte, musste in Russland mit heftigen Strafen rechnen.

22. Februar. Das Außenministerium postet auf Twitter, dass Ukrainer “Verwandte” der Russen seien. Nur um wenige Tage später anzufangen, sie zu töten. 

https://twitter.com/mfa_russia/status/1496177471556837387?s=20

Auch Lügen gegenüber deutschen Politikern

Scholz besuchte im Vorfeld der Invasion noch Putin. Die NATO hatte versichert, dass keine Mitgliedschaft der Ukraine auf der Tagesordnung steht. Putin versicherte Scholz, dass kein Krieg bevorstehe. Neun Tage vor der Invasion. Danach trat Scholz und auch Saskia Esken – die SPD Vorsitzende – selbstbewusst auf, einen Schritt Richtung Diplomatie gemacht zu haben. 

Doch es war alles gelogen, nur wenige Tage später befehligte Putin den Einmarsch in die Ukraine. “Wir wurden eiskalt belogen” – so das Fazit von Annalena Baerbock. Auch Lars Klingbeil folgert “Putin hat uns belogen und betrogen.” 

Verhandlungen mit einem Lügner

Dieser Vertrauensverlust ist auch ein Grund für das massive Umschwenken in der Politik der Bundesregierung, insbesondere in der SPD. 

Diese Lügen machen auch Verhandlungen schwieriger. Welchen Sinn hat es, wenn Putin irgendein Abkommen unterschreibt, wenn sein Wort nichts wert ist? Denn wir sehen doch, wie wenig ihn Völkerrecht interessiert: Putin hat gegen die UN-Charta verstoßen. Putin hat die NATO-Russland Grundakte von 1997 gebrochen, das die Souveränität aller Staaten achtet. Russland hat das Budapester Memorandum gebrochen, das die Unabhängigkeit der Ukraine garantierte, im Austausch dafür, dass sie ihre Atomwaffen aufgeben.

Selbst wenn Putin seine Truppen zurückzieht – wer soll ihm glauben, dass er nicht in 2 Jahren wieder angreift, wenn seine Truppen und seine Wirtschaft sich erholt haben? Putin ist ein pathologischer Lügner, das steht jetzt fest. Auch seine jüngste Rede zur Lage der Nation war voller wirrer Thesen und Lügen.

Gerade die Ukraine wird russischen Zusagen auf Jahrzehnte keinen Glauben mehr schenken. Sie hatte doch bereits russische Zusagen und wurde trotzdem überfallen. Zusagen, die Putin mit Füßen getreten hat. 

Deshalb ist es auch kein Widerspruch, die Ukraine in ihrer Selbstverteidigung zu stärken, während man versucht, den Konflikt diplomatisch zu lösen. Im Gegenteil: Die Ukraine braucht etwas Besseres als Putins Wort, um sich auf Verhandlungen einzulassen. Sie braucht Waffen, um sich gegen künftige Aggression Putins zu wehren, um überhaupt darüber nachdenken zu können, den Konflikt diplomatisch zu lösen. Denn mit denen kann sie sich im Zweifel verteidigen. Mit einem Blatt Papier geht das nicht.

Manche Leute werden gern verarscht

Manche Menschen ignorieren aber bis heute, wie falsch sie lagen in ihren Einschätzungen von Wladimir Putin. Wie eine Sahra Wagenknecht, die ständig den imperialistischen Diktator mit Desinformation und längst widerlegen Behauptungen in Schutz nimmt. Vier Tage vor der russischen Invasion behauptete sie, Diplomatie sei „wahrscheinlich hoffnungslos verloren“, wenn Putin ein „durchgeknallter Nationalist“ wäre, der „Grenzen verschieben“ wolle. Siehe da: Genau das ist Putin. Trotzdem spult Wagenknecht die gleiche, höhnische Laier ab, dass man der Ukraine nicht helfen solle, damit sie den Krieg schneller gegen Putin verliert und diesem „durchgeknallten Nationalisten“ vertrauen sollte. 

Artikelbild: Luca Perra