Nein, nicht nur „Linke“ sind entsetzt!
Nachdem die FDP sich heute mit Stimmen der Faschisten der AfD in Thüringen zum Ministerpräsidenten wählen ließ, ist der Aufschrei groß. Dieser demokratische Tabubruch hat dazu geführt, dass erstmals seit vielen Jahren wieder Faschisten einen Ministerpräsidenten gewählt haben. Faschisten, insbesondere weil der Landesverband Thüringen von Höcke geführt wird – dem bereits teilweise vom Verfassungsschutz beobachteten „Flügel“-Chef, der laut Verwaltungsgericht Meiningen so bezeichnet werden darf: „Das Werturteil beruht auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage“.
Selbst wenn es sich bei der Aufstellung Kemmerichs um einen PR-Schachzug gehalten hatte, der nie die Absicht hatte, mit Stimmen von der AfD gewählt zu werden – Kemmerich hat angenommen und die Zusammenarbeit damit offiziell gemacht. Wie die AfD später zugegeben hat, was das von ihr sogar von Anfang an geplant. Und Ex-Wirtschaftsminister Thüringens, Wolfang Tiefensee, scheint bereits Stunden vor der Wahl von vermeintlichen Plänen der FDP gehört zu haben, die es scheinen lassen, als wäre es kein Versehen gewesen.
In jedem Fall ist der Jubel bei der AfD und anderen Rechtsextremen groß. Die FDP hat sich – aus Naivität oder aus Kalkül – zum Komplizen von Faschisten gemacht.

So euphorisch reagiert die AfD und andere Rechtsextreme
Einige rechts-außen-Mitglieder der FDP sehen die Empörungswelle als schlechtes Verlieren von „Linken“ und machen sich darüber mit ausgelutschten Klischees lustig.
Doch die FDP-Mitglieder sollten lieber noch einmal kräftig nachdenken, ob eine Zusammenarbeit mit der AfD so klug wäre – und ob das mit liberalen Werten übereinstimmt. Wer „Linke“ mit kommunistischen Diktatoren gleichsetzt, aber keine Scheu vor waschechten Faschisten im Hier und Jetzt hat, sollte sich überlegen, ob die FDP die richtige Partei für ihn ist. Denn alle Demokrat*innen sind sich einig: Das war ein Tabubruch. Es sind nämlich nicht nur „Linke“, die wütend sind. Sondern auch Liberale und Konservative und viele mehr:
CDU-Chefin AKK
Annegret Kramp-Karrenbauer lehnt das Angebot der FDP an einer Regierung ab und fordert Neuwahlen:
Das Präsidium der @cdu ist einstimmig meiner Linie gefolgt: Keine CDU-Minister in einem "Kabinett Kemmerich", keine Zusammenarbeit mit der AfD.
Am besten sollten die Wählerinnen und Wähler in Thüringen erneut die Wahl haben.— A. Kramp-Karrenbauer (@akk) February 5, 2020
WELT-Chef Poschardt
Auch der WELT-Chef bezeichnet den Fall als „Schande“, die man über den Liberalismus gebracht hat. Poschardt ist sicherlich kein „Linker“.
https://twitter.com/ulfposh/status/1225058119967002625
Ruprecht Polenz (CDU)
Auch der Ex-Bundestagsabgeordnete Polenz verlangt Neuwahlen nach diesem Tabubruch.
Der FDP-MP Kemmerich kann nur mit Stimmen von FDP, CDU und der völkisch-nationalistischen AfD gewählt worden sein. In eine von der AfD tolerierte FDP-Regierung darf die CDU nicht eintreten. Es sollte so schnell wie möglich Neuwahlen geben. #Thüringen
— Ruprecht 🇺🇦 Polenz 💙💛🇩🇪🇪🇺🇺🇦‼️ (@polenz_r) February 5, 2020
CDU-Generalsekretär Ziemiak
Der Generalsekretär Ziemiak bezeichnet es als „Schwarzer Tag für Thüringen“. „FDP hat mit dem Feuer gespielt und […] unser Land in Brand gesetzt.“ Er verurteilt, dass seine Parteikollegen in Kauf nahmen, Kemmerich zusammen mit „Nazis wie Herrn Höcke“ zu wählen.
Mein Statement zu Thüringen👇 pic.twitter.com/qZdSlf5CGY
— Paul Ziemiak (@PaulZiemiak) February 5, 2020
Kai Whittaker (CDU)
Auch der Bundestagsabgeordnete Whittaker bezeichnet es als falsch, dass seine Partei Kemmerich gewählt hat und dieser die Wahl annahm.
Ich sage das ganz deutlich: Es war falsch von der @cdu_thueringen Kemmerich zu wählen. Und es war falsch von Kemmerich, die Wahl anzunehmen. Für mich ist klar, dass ich niemals mit der AfD gemeinsame Sache machen werde. @cducsubt @CDU
— Kai Whittaker (@Kai_Whittaker) February 5, 2020
Bundesvorstand der FDP Strack-Zimmermann
Auch Strack-Zimmermann, Mitglied im FDP-Vorstand bezeichnet den Fall als „inakzeptabel und unerträglich“. Und als „schlechten Tag für mich als Liberale“.
Ich schätze Thomas #Kemmerich persönlich. Ich verstehe seinen Wunsch, #Ministerpräsident zu werden. Sich aber von jemandem wie #Höcke wählen zu lassen, ist unter Demokraten inakzeptabel & unerträglich. Es ist daher ein schlechter Tag für mich als Liberale. #Thüringen #Thueringen
— Marie-Agnes Strack-Zimmermann (@MAStrackZi) February 5, 2020
Ex-FPD-Innenminister Baum
Auch der Ex-FDP-Innenminister Baum kritisiert den Tabubruch scharf: „Der FDP-Fraktionschef hätte sich angesichts der absehbaren Gefahr, von der AfD gewählt zu werden, gar nicht zur Wahl stellen dürfen und er hätte erst recht nicht die Wahl annehmen dürfen.“ Und: „Ich habe mit Herrn Kemmerich schon immer meine Probleme gehabt und auch einen öffentlichen Streit: Mir ist er thematisch zu nah nach rechts gerückt.“(Quelle)
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
Auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ex.Justizministerin erklärt, dass es ein „Spuk“ ist, der „sofort beendet werden“ muss.
Der Spuk in Thüringen muss sofort beendet werden, bevor er zum Albtraum #NoAfD #fdp #Thueringen
— Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (@sls_fdp) February 5, 2020
Auch fordert sie einen Rücktritt:
Herr Kemmerich sollte zurücktreten. #noafd #fdp #Thueringen https://t.co/uYh2CRLb0z
— Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (@sls_fdp) February 5, 2020
Vize-Vorsitzender der FDP, Lambsdorff
Auch der Vize-Vorsitzende der FDP, Alexander Lambsdorff verlangt sofortigen Rücktritt.
Man kann, ja soll in einer demokratischen #Wahl antreten. Aber man lässt sich nicht von @AfD-Faschisten wählen. Wenn es doch passiert, nimmt man die Wahl nicht an.
Am besten für @KemmerichThL, #Thüringen und @fdp: Sofortiger #Rücktritt, schnelle #Neuwahlen.#Thueringen #FDP— Alexander Lambsdorff (@Lambsdorff) February 5, 2020
Bundestagsmitglied Kuhle (FDP)
Auch Kuhle fordert einen Rücktritt und Neuwahlen
Liberale dürfen das Gift des Faschismus nicht unterschätzen, das mit der AfD in deutsche Parlamente eingezogen ist. Meine Stellungnahme zu den Ereignissen in Thüringen: pic.twitter.com/JNrvYvu2ck
— Konstantin Kuhle (@KonstantinKuhle) February 5, 2020
FDP Schleswig-Holstein
Auch die FDP Schleswig-Holstein fordert Kemmerichs Rücktritt und Neuwahlen.
Gerade in der @FDP_SH beschlossen: Kemmerich kann aus seiner Wahl keinen Regierungsauftrag ableiten. Liberaler MP darf nicht von Stimmen einer rechtsradikalen Partei abhängig sein. Die FDP lehnt jegliche Kooperation mit AfD ab. FDP SH fordert Kemmerichs Rücktritt und Neuwahlen.
— Gyde Jensen (@GydeJ) February 5, 2020
Zentralrat der Juden
Auch der Zentralrat der Juden ist entsetzt.
Dr. Josef Schuster: „Ich bin entsetzt, dass sich der Landes- und Fraktionschef der FDP in #Thüringen mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen." https://t.co/jO5cSuaPAL
— Zentralrat der Juden in Deutschland (@ZentralratJuden) February 5, 2020
Echt tolle, „Linke“, oder?
Alle Demokrat*innen sind sich einig: Das war ein Tabubruch, der schleunigst wieder rückgängig gemacht werden muss. Es muss Neuwahlen geben. Die FDP in Thüringen hat Mist gebaut. Das sagen nicht „Linke“, das sagen alle, die noch mit beiden Beinen auf dem Grundgesetz stehen und nicht mit Zusammenarbeit mit Faschisten liebäugeln. Wer ein Statement gegen diesen demokratischen Tabubruch setzen möchte – und nebenbei an eine Nazi-Aussteigerorganisation spenden möchte, kann sich unsere „Lebe stets so, dass die AfD dich nie wählen würde“-Tasse (und Sticker!) im Shop ansehen (Hier).
Thüringen: Lebe stets so, dass die AfD dich nie wählen würde!
Artikelbild: Screenshots twitter.com