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Faktencheck: So absurd falsch ist das AfD-Programm bei der Klimakrise

von | Aug 4, 2021 | Analyse

Alle Wahlen wieder: Die AfD und ihre Klimalügen

Gastbeitrag von David Zauner

Die AfD tritt auch diese Bundestagswahlen wieder mit einem wissenschaftsleugnenden Klimaprogramm an. In diesem Faktencheck stellen wir die problematischen Behauptungen dem aktuellen Stand der Wissenschaft gegenüber.  

Die AfD pflegt eine, sagen wir mal, ungesunde Beziehung zur Wissenschaft. Das wurde über die letzten Jahre insbesondere in  Bezug auf den Klimawandel deutlich. Mal will Frau Storch den Klimawandel der Sonne in die Schuhe schieben, obwohl die Strahlungsintensität der Sonne seit 1980 stagniert (Quelle); Mal negiert Rainer Kraft, klimapolitischer Sprecher der AfD, die Existenz des Treibhauseffekts (Quelle). Auch das aktuelle Wahlprogramm ist ein Flickenteppich aus Phantomargumenten und Falschinformationen.

Hier der Faktencheck:

1. AfD steigt gleich mit wirren Aluhut-Geschichten ein

„Das Ziel der Bundesregierung, die CO₂-Emissionen auf null zu senken, führt zu einem radikalen Umbau von Industrie und Gesellschaft („Die Große Transformation“ / „The Great Reset“) und bedroht unsere Freiheit in einem immer beängstigenderen Ausmaß.“

Schon im ersten Satz haut die AfD ganz schön auf die Pauke und gibt den Ton für das weitere Programm vor. Die Angstmache vor der vermeintlichen „Ökodiktatur“ ist ein alter Schuh. Da dieses Narrativ im Programm wiederkehrend ist, widme ich mich dem Punkt etwas ausführlicher unter Punkt 6.

Besonders auffällig ist, dass gleich zu Beginn mit „The Great Reset“ ein populärer Verschwörungsmythos eingestreut wird. Ob Hans-Georg Maaßen, Ken Jebsen oder Attila Hildmann, alle haben sie schon vor dem „Great Reset“ gewarnt und ihre eigenen kleinen Theorien dazu beigetragen. Da sich aber bereits ein:e andere:r Volksverpetzer:in im Detail mit diesem Mythos befasst hat, verlinke ich den Artikel und gehe weiter zum nächsten Zitat.

Die Zerstörung des „Great Reset“-Verschwörungsmythos – Was wirklich dahinter steckt

2. CO2 ist .. in Wahrheit ganz gut, nein, wirklich!

„Das Spurengas CO₂ ist als Voraussetzung für alles Leben unverzichtbar. Der Anstieg der Konzentration von CO₂ in der Atmosphäre hat in den letzten Jahrzehnten zu einem Ergrünen der Erde beigetragen.“

Hier handelt es sich um ein klassisches Phantomargument. Zwar sind die Aussagen nicht falsch, aber irreführend. Der Kohlenstoffdioxid-Kreislauf ist untrennbar mit Leben auf diesem Planeten verbunden. Das ist korrekt. Natürlich steht das in keinem Widerspruch zu dem Fakt, dass CO₂ den Hauptanteil am anthropogenen, also menschgemachten Treibhauseffekt ausmacht. Einmal geht es um CO₂ als Ausgangsstoff für die Photosynthese und einmal um CO₂ als Treibhausgas. Wenn bei einer Person gerade die Wohnung mit Wasser vollläuft, ist es auch prinzipiell richtig, dass Wasser „für alles Leben unverzichtbar“ ist. Dennoch wird die Person ertrinken, wenn nicht bald jemand den Wasserhahn findet und abdreht.

Die AfD pflegt eine, sagen wir mal, ungesunde Beziehung zur Wissenschaft. Das wurde über die letzten Jahre insbesondere in  Bezug auf den Klimawandel deutlich. Mal will Frau Storch den Klimawandel der Sonne in die Schuhe schieben, obwohl die Strahlungsintensität der Sonne seit 1980 stagniert (Quelle); Mal negiert Rainer Kraft, klimapolitischer Sprecher der AfD, die Existenz des Treibhauseffekts (Quelle).

Viele Pflanzen reagieren auf höhere CO₂-Konzentrationen mit verstärktem Wachstum. Aber…

Ob eine Pflanze davon profitiert, hängt von dem Photosynthese-Typ der Pflanze ab. Es wird in C3-, C4- und CAM-Photosynthese unterschieden. Die drei Typen unterscheiden sich in ihrem Prozess mit dem CO₂ absorbiert und zu Zucker umgewandelt wird. In Gewächshäusern werden C3-Nutzpflanzen, wie Weizen oder Reis, auch mit höheren CO₂ Konzentrationen gedüngt. Während C3-Pflanzen bei höheren CO₂ Konzentrationen also einen deutlichen Anstieg der Produktivität verzeichnen, liegt die Sättigungsgrenze von C4-Pflanzen, wie Mais und Zuckerrohr, bei etwa der gegenwärtigen Konzentration von etwas über 400ppm (parts per million) (Quelle).

Der positive Effekt den CO₂ auf das Pflanzenwachstum ausübt, nahm allerdings über die letzten Jahre rapide ab und hat sich seit 1982 um 50% verringert (Quelle). Grund dafür ist Wasser- und Nährstoffknappheit. Nährstoffe steigen im Boden natürlich nicht proportional zur CO₂-Konzentration an und limitieren so das Wachstum. Und Wassermangel oder Trockenheit ist in vielen Regionen der Erde eine direkte Folge des Klimawandels und damit auch eine direkte Folge von steigenden CO₂-Emissionen (Quelle). Einer Pflanze, die zu wenig Wasser oder Nährstoffe zur Verfügung hat, hilft mehr CO₂ überhaupt nichts.

Klimawandel ist auch schlecht für das Pflanzenwachstum…

Seit Jahren warnen Forscher:innen davon, dass die negativen des Klimawandels auf die Vegetation, durch veränderte Niederschlagsmengen und –zyklen, steigende Temperaturen und dadurch bedingt mehr Verdunstung etc., die düngende Wirkung von CO₂ langfristig überwiegen wird (Quelle).

Ein weiterer Grund für die Ergrünung ist die besonders schnelle Erwärmung arktischer und alpiner Regionen. Früher ganzjährig vereiste Gebiete werden nun langsam von Pionierpflanzen besiedelt. Gleichzeitig vollzieht sich eine Versteppung und Verwüstung andere Gebiete. Es wird prognostiziert, dass die Ernteerträge einiger nordischer Länder, wegen längeren Vegetationsperioden, ansteigen werden. Das steht allerdings in keinem Verhältnis zu den prognostizierten Ernteausfällen, in subtropischen und tropischen Ländern, wie Indien und großen Teilen von Afrika und Südamerika (Quelle).

3. AfD will einfach mit der Apokalypse leben lernen!

„Statt einen aussichtslosen Kampf gegen den Wandel des Klimas zu führen, sollten wir uns an die veränderten Bedingungen anpassen, so wie es Pflanzen und Tiere auch tun.“

Das Narrativ des aussichtslosen menschlichen Kampfes gegen eine natürliche Klimaschwankung, ist alt und wird mit jährlich wachsenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, absurder. Es gibt schlicht keine andere Erklärung für den rapiden Temperaturanstieg auf der Erdoberfläche, genauso wenig, wie für den Anstieg von Treibhausgasen in der Atmosphäre, als menschliche Aktivitäten.

Natürliche Faktoren, wie Sonneneinstrahlung, Vulkanismus, Plattentektonik, die Umlaufbahn der Erde um die Sonne zeigten keine Schwankungen, die den beobachteten Klimawandel erklären könnten. Seit 1750 ist bei Vulkaneruptionen mindestens hundertmal weniger CO₂ freigesetzt worden, als bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe durch den Menschen. Im Gegenteil können große Vulkaneruptionen sogar kurzzeitig zu einer globalen Abkühlung führen. Der Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo 1991 hatte eine globale Abkühlung von 0.4 °C zur Folge. Dafür sind Aerosole, kleine Aschepartikel und Ähnliches, die das Sonnenlicht zurückreflektieren und die Wolkenbildung anregen, verantwortlich (Quelle).

Es gibt nur eine Erklärung für Klimaveränderungen: Menschengemachter Klimawandel

Veränderungen in der Erdumlaufbahn, auch Milanković-Zyklen genannt, und Plattentektonik sind extrem langsame Prozesse, und können deshalb die rasante Erderwärmung nicht erklären.
Stattdessen weiß man ziemlich genau, wie viel Treibhausgase jedes Jahr durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre gepustet werden. Seit Beginn der Industrialisierung ist die CO₂ Konzentration der Atmosphäre von 280 auf etwa 420 ppm gestiegen.

Tatsächlich bleibt nur etwa die Hälfte der bisher emittierten Treibhausgase in der Atmosphäre und der Rest wird von natürlichen Senken, wie Wäldern, Mooren oder den Ozeanen aufgenommen. Im Gegensatz zu einer weiteren, von der AfD verbreiteten Behauptung, stößt das Meer trotz Erwärmung bisher kein CO₂ aus, sondern nimmt nach wie vor CO₂ auf (Quelle).

Diesem rapiden Anstieg von CO₂ stehen 12 Tausend Jahre weitestgehend stabile Werte zwischen 260 und 280ppm gegenüber (Quellen). Analysen von Eisbohrkernen belegen sogar, dass während der letzten 800.000 Jahre eine Konzentration von 300 ppm nicht überstiegen wurde (Quelle).

Die AfD will sich lieber an den Klimawandel anpassen. Wie die Tiere. Die gerade in Massen aussterben

Statt gegen den Klimawandel anzukämpfen, will sich die AfD lieber anpassen. So wie Tiere und Pflanzen eben. Wenn man sich allerdings vergegenwärtigt, dass Tier- und Pflanzenarten gerade in einer derartigen Geschwindigkeit aussterben, dass viele Forscher:innen von dem sechsten Massenaussterben sprechen, scheint diese Strategie gar nicht mehr so überzeugend (Quelle, Quelle). Die Biodiversität schrumpft etwa hundertmal so schnell, wie unter normalen Bedingungen. Mit normalen Bedingungen sind die Zeiträume zwischen den fünf bisherigen Massenaussterben gemeint (Quelle).

Natürlich sind Anpassungen an den Klimawandel ohnehin integraler Bestandteil klimawissenschaftlicher Analysen, sowie eines jeden ernstzunehmenden Klimaprogramms. Denn bereits heute sind die Folgen des Klimawandels sichtbar und erfordern politische Maßnahmen. Selbst der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) unterteilt in seinen Sachstandberichten Klimaschutz in Mitigation und Adaption. Also Strategien zur Minderung der Auswirkungen des Klimawandels, etwa Umstieg auf Erneuerbare, und Strategien zur Anpassung an die nicht vermeidbaren Auswirkungen, etwa besser Abflusssysteme gegen Hochwasser und den Umbau von forstlichen Monokulturen zu Mischwäldern (Quelle, Quelle).

Strategien die man in dem Wahlprogramm der AfD vergeblich sucht. Auf dem über 200 Seiten langen Wahlprogramm findet sich keine einzige wirksame Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels.

4. Für die AfD sind Klimakatastrophen „Blütezeiten des Lebens“

„Die Menschheitsgeschichte belegt, dass Warmzeiten immer zu einer Blüte des Lebens und der Kulturen führten, während Kaltzeiten mit Not, Hunger und Kriegen verbunden waren.“

Ein Klassiker des Klimaleugner:innen Potpourris. Es ist richtig, dass wärmere Klimaphasen historisch mit gesellschaftlichen Blütezeiten in Verbindung gebracht werden (Quelle). Diese Argumentation leidet jedoch an einer eurozentristischen Perspektive. Europa profitierte beispielsweise von der mittelalterlichen Klimaanomalie, eine Periode hoher Durchschnittstemperaturen zwischen etwa 950 und 1250 n. Chr., während in Afrika und Amerika lang anhaltende Dürren zu Hungerkatastrophen führten (Quelle, Quelle, Quelle).

Darüber hinaus ist der Vergleich zur heutigen Erderwärmung aus verschiedenen Gründen problematisch. Zum einen waren die meisten Warm- und Kaltphasen regionale Erscheinungen und keineswegs globale Trends (Quelle, Quelle). Auch während der mittelalterlichen Klimaanomalien fanden die Warmperioden nicht simultan auf den verschiedenen Kontinenten statt. Heute hingegen, haben wir es mit einer globalen Erwärmung zu tun.
Des Weiteren, sind die Ursachen dieser Phasen wissenschaftlich ziemlich gut verstanden. Ebenso gut verstanden ist, dass nicht dieselben Ursachen für den heutigen Klimawandel verantwortlich sind.

Die Warmphase ab 950 kann mit einer überdurchschnittlich hohen Sonnenaktivität, geringer Vulkanaktivität (wenig Aerosole in der Luft) und Schwankungen in atmosphärischen und ozeanischen Zirkulationssystemen erklärt werden (Quelle, Quelle). Keine dieser Faktoren kann den jetzigen Klimawandel erklären, wie unter dem letzten Punkt bereits erläutert.

Schließlich schreitet die heutige globale Erwärmung wesentlich schneller voran, als während irgendeiner Temperaturschwankung der jüngeren Erdgeschichte (Quelle, Quelle). Warmphasen gehen also keineswegs immer und überall mit einer „Blüte des Lebens“ einher, noch lassen sich vergangene Klimaschwankungen gut mit der Gegenwart vergleichen.

5. AfD leugnet einfach die überwältigend eindeutigen, wissenschaftlichen Tatsachen

„Es ist bis heute nicht nachgewiesen, dass der Mensch, insbesondere die Industrie, für den Wandel des Klimas maßgeblich verantwortlich ist. Die jüngste Erwärmung liegt im Bereich natürlicher Klimaschwankungen, wie wir sie auch aus der vorindustriellen Vergangenheit kennen.“

Der ewige Vorwurf „Ist ja noch gar nicht bewiesen…“ beruht auf einem prinzipiellen Missverständnis über das Wesen von empirischen Naturwissenschaften. Die Klimaforschung kann nie einen Beweis dafür erbringen, dass der Mensch für den Klimawandel verantwortlich ist. Das gilt für alle empirischen Naturwissenschaften. Es gibt keinen Beweis, dass Rauchen krebserregend ist. Es gibt auch keinen Beweis für die Schwerkraft.

Es gibt Theorien, Beobachtungen, Belege und Wahrscheinlichkeiten. Und die Belege dafür, dass der Klimawandel der letzten Jahrzehnte menschgemacht ist, sind derart profund, dass es unter Expert:innen daran praktisch keinen Zweifel mehr gibt. Zu dem Thema, wie groß der wissenschaftliche Konsens eigentlich wirklich ist, gibt es diverse Studien. Dabei geht es um einen Konsens über,
erstes „der Klimawandel existiert“ und zweitens „der Mensch ist Hauptverursacher“.

Studien kommen konsistent auf 97 bis annährend 100 % von Expert:innen, die diesen Konsens teilen (Quelle, Quelle, Quelle). Ein weiteres Ergebnis dieser Studien ist, dass der Konsens stärker bei Wissenschaftler:innen ausgeprägt ist, die selbst zum Klimawandel forschen, als bei solchen, die vor allem in anderen Feldern aktiv sind.

Sorry AfD: Konsens über menschengemachten Klimawandel jetzt bei 100%!

Sorry AfD: Der Konsens liegt bei bis zu 100%

Der amerikanische Wissenschaftler Peter Gleick hat sich darüber hinaus die Statements verschiedenster Wissenschaftsorganisationen angeschaut und kam zu dem Schluss, dass kein einziges Institut den Klimawandel, noch den Menschen als Hauptverursacher, bestreitet (Quelle).

Natürlich gibt es einzelne Wissenschaftler:innen die diesem Konsens widersprechen. Die wird es vermutlich immer geben. Doch auch unter den deutschen Klimawandelleugner:innen muss man lange suchen, bis man tatsächlich eine:n Klimaforscher:in findet.

Einer der bekanntesten Akteure der deutschen Szene ist Sebastian Lüning, ein Geologe und früherer Experte für den Kohle-, Öl- und Gaskonzern RWE.  Er ist eng mit dem Europäischen Institut für Klima & Energie e. V. (EIKE e. V.) verbunden. Tatsächlich handelt es sich dabei allerdings um kein Forschungsinstitut, sondern einen Verein, der sich zur Hauptaufgabe gemacht hat, den menschgemachten Klimawandel zu leugnen. Ihre Thesen finden sich nicht in Fachzeitschriften, da sie bereits an vielen Stellen wissenschaftlich widerlegt wurden (Quelle, Quelle). Tatsächlich finden sich im Fachbeirat von EIKE ein pensionierter Klimatologe, Dr. Hans Jelbring, und ein pensionierter Meteorologe, Prof. Dr. Horst Malberg. Beide haben auf dem Gebiet keinerlei relevanter Veröffentlichungen vorzuweisen.

EIKE leugnet sogar eine ganze Wissenschaft

Das Fehlen von renommierten Klimaforscher:innen erklärte Eikes Pressesprecher Horst-Joachim Lüdecke damit, dass sie keine Klimaforscher bräuchten, schließlich gäbe es keine wissenschaftlichen Beweise für den menschgemachten Klimawandel. Wenig überraschend ist EIKE eng mit AfD, aber auch Teilen der CDU, FDP und vereinzelt SPD verbunden (Quelle, Quelle, Quelle).

Die andere Behauptung „Die jüngste Erwärmung liegt im Bereich natürlicher Klimaschwankungen, wie wir sie auch aus der vorindustriellen Vergangenheit kennen.“ ist schlicht falsch und wurde bereits im vorhergehenden Abschnitt diskutiert. Zumindest während der letzten drei Millionen Jahre, gibt es keine Beispiele in der die Temperatur so schnell und anhaltend angestiegen ist wie heute (Quelle).

6. AfD erfindet Klima-„Cancel Culture“

„Die AfD fordert einen öffentlichen, freien Diskurs über die Ursachen von Klimaveränderungen und die verheerenden Folgen einer Dekarbonisierung.“

Das entspricht der klassischen Opferinszenierung der AfD à la Cancel Culture. Natürlich gibt es einen freien Diskurs über die Ursachen und Folgen des Klimawandels. Diesen Diskurs gibt es sowohl auf der politischen, als auch wissenschaftlichen Ebene. Genauso gibt es unzählige Studien in denen unterschiedliche Wege zur Dekarbonisierung diskutiert werden, sowie mögliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen (Quelle).

Der IPCC, gleichermaßen Flaggschiff der internationalen Klimaforschung, wie Feindbild der Leugner:innenszene, begutachtet für seine Sachstands- und Sonderberichte alle für den Klimawandel relevanten wissenschaftlichen Veröffentlichungen, sowie Regierungsberichte oder Texte von Unternehmen und NGOs (Quelle). Er betreibt also nicht selbst Forschung, sondern fasst den aktuellen Stand der Wissenschaft aus allen Neuveröffentlichungen zusammen.

Die Autor:innen der Berichte sind international anerkannte Expert:innen, die von Organisationen und Regierungen nominiert werden. Von all den Nominierungen, werden die Autor:innen anschließend auf Basis der wissenschaftlichen Kompetenz gewählt. Außerdem wird darauf geachtet, dass in allen Arbeitsgruppen Expert:innen aus sowohl Industrie- und Entwicklungsländern sitzen und eine Geschlechter-Balance besteht (Quelle).

Rechte Opferinszenierung

In einem aufwendigen mehrstufigen Review-Prozess werden schließlich die Berichte erstellt (Quelle). Der erste Entwurf wird dabei von externen Fachgutachter:innen, sogenannten Expert Reviewers, überprüft und kommentiert. Die Expert Reviewers können sich selbst beim IPCC anmelden, einzige Voraussetzung ist, dass sie Expertise auf den entsprechenden Gebieten vorweisen können. Dadurch wird ein hohes Maß an Transparenz ermöglicht (Quelle). Alle eingesendeten Kommentare, die es nicht in den finalen Bericht schaffen, werden vom IPCC dokumentiert, zusammen mit einem Hinweis, was mit ihnen passiert ist. Auch nach Veröffentlichung gemeldete Fehler werden in einem transparenten Verfahren überprüft und gegebenenfalls korrigiert (Quelle).

Der IPCC wird immer wieder fachlich kritisiert und überarbeitet deshalb in Wechselwirkung mit dem wissenschaftlichen Diskurs seine Arbeitsschritte (Quelle, Quelle).

Die Behauptung, es würde kein freier Diskurs rund um den Klimawandel stattfinden ist weder auf Deutschland bezogen, noch international haltbar. Es handelt sich dabei um den Versuch Klimaschutz und Klimawissenschaft als autoritär zu diffamieren, genauso wie mit den Begriffen „Klimadiktatur“ oder „Ökodiktatur“. Zwei Kampfbegriffe die von rechtkonservativen bis rechtsextremen Akteur:innen propagiert werden und sich auch in rechtsoffenen Medien, wie der Welt und Bild finden lassen (Quelle, Quelle, Quelle, Quelle, Quelle).

7. AfD täuscht über „saubere“ Kohlekraftwerke in Deutschland

„Deutschland hat die weltweit saubersten und effizientesten Kohlekraftwerke. Daher lehnen wir die Ausstiegspläne aus der Kohleverstromung ab.“

Die Lobeshymnen der AfD auf die deutsche Kohlekraft erinnert ein wenig an Trump-Rhetorik und ähnlich faktenbasiert sind die Argumente. In Deutschland sind nach wie vor über hundert Kohlekraftwerke in Betrieb. Die Emissionen der Kohlekraftwerke machen, Stand 2018, 77 % der Gesamt-Emissionen der deutschen Stromerzeugung aus. Gleichzeitig decken sie nur 36 % des Strombedarfs (Quelle).

Kohle, und ganz besonders Braunkohle, ist selbst unter den fossilen Brennstoffen der ineffizienteste und CO₂-intensivste Rohstoff (Quelle).Die Behauptung, die Kohlekraftwerke Deutschlands sind „weltweit die Saubersten und Effizientesten“, ist schon allein deshalb unhaltbar, weil in Deutschland mehr Braun-, als die effizientere, Steinkohle verbannt wird. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland schlecht ab (Quelle).

2016 kam eine Studie gar zu dem Ergebnis, dass vier der fünf emissionsreichsten Kohlekraftwerke der EU in Deutschland zu finden sind (Quelle). Bei der Verbrennung von Kohle wird allerdings nicht nur Kohlenstoffdioxid freigesetzt, sondern auch jede Menge gesundheitsgefährdender Schadstoffe: Schwefeldioxid, Stickoxid, Kohlenmonoxid, Quecksilber und Arsen. Eine Studie von Greenpeace kam 2013 zu dem Ergebnis, dass 3.100 vorzeitige Todesfälle jährlich mit den deutschen Kohlekraftwerken in Verbindung stehen (Quelle). Kohlekraft hat nichts mit sauber zu tun.

Woher die AfD diese Weisheit über die deutschen Kohlekraftwerke genommen hat, bleibt ungeklärt. Klar ist: Der Ausstieg aus der Kohleenergie ist notwendig und überfällig.

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Autor: David Zauner. Artikelbild: pixabay.com, CC0

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