BILD nutzt versehentlich veraltetes Bildmaterial, muss sich korrigieren
Als gäbe es nicht genug schlimmes Bildmaterial bei der Invasion der Ukraine durch Putin, bediente sich die BILD Zeitung bei altem Bildmaterial, um zu berichten. Gleich mehrere aktuelle Beispiele legen das dar. Die für BILD typisch schlampige und fehlerhafte Berichterstattung liefert jetzt – und ausnahmsweise versehentlich – eine Steilvorlage u.a. für rechtsextreme Gruppen, um Putins Angriff und gezielte Desinformation zu relativieren. Auch russische Staatspropagandamedien schlachten das natürlich sofort aus:
Die Beispiele werden hergenommen, um zu unterstellen, „westliche Medien“ würden genau so manipulieren wie Putins Propagandamedien.
Putins nützliche Idioten: Querdenker, AfD & Co. verharmlosen Krieg in der Ukraine
BILD hat die fehlerhaft gezeigten Videoausschnitte immerhin inzwischen öffentlich korrigiert.
1) BILD TV zeigt Explosion aus Tianjin aus 2015:
Fangen wir mit dem dreistesten an. Russland bombardiert die Ukraine und BILD zeigt dazu diese Aufnahmen:
Die #Bild-Zeitung ist ein widerliches Stück Scheiße.
Das ist NICHT die #Ukraine❗️
Diese Bilder sind gefälscht. Sie stammen aus Tianjin aus dem Jahr 2015.@PresseratDE #HaltDieFresseBild #HaltDieFresseSpringerpresse pic.twitter.com/ECfutF9qO2
— Tino Pfaff (@TinoPfaff) February 25, 2022
Die hier gezeigt Aufnahmen stammen jedoch aus China, Tianjin aus dem Jahr 2015. Ein:e Nutzer:in auf Twitter hat die beiden Aufnahmen gegenübergestellt:
Das ist echt unverschämt 🤬 @BILD #Ukraine #UkraineKonflikt #UkraineWar @Volksverpetzer pic.twitter.com/RihJvti2Ul
— Danielski (@the_schoeni) February 25, 2022
Der Fakt, dass die Ukraine unter russischen Raketenbeschuss steht, scheint der BILD nicht zu reichen, man muss auch sensationslüstern die „passenden“ Bilder dazu liefern, selbst wenn diese aus einem völlig anderem Jahr und Land stammen.
2) Irreführend: Gebäude schon seit Monaten zerstört
Das andere Beispiel ist weniger falsch wie die anderen Beispiele, jedoch dennoch etwas irreführend: Hier zeigt BILD Reporter Paul Ronzheimer kaputte Gebäude in Donezk.
This morning in #Awdijiwka, less than 10km away from Donetsk city. Things are looking very bad. Dark days ahead. #Ukraine pic.twitter.com/gBZpBxYu54
— Paul Ronzheimer (@ronzheimer) February 23, 2022
Gerade das Gebäude, welches er zeigt, ist jedoch schon seit längerem in diesem Zustand, durchaus wegen den seit Jahren anhaltenden Bürgerkrieg, jedoch nicht wegen den aktuellen Kampfhandlungen.

Screenshot aus der Süddeutschen
3) BILD zeigt Fallschirmspringer-Video von 2016
Und auch dieses Video hier zeigt wie schlampig BILD beim Kampf um die „besten“ Bilder recherchiert: Sie zeigen dramatische Bilder von Fallschirmspringern.
"Wir haben diese unglaublichen Bilder gesehen, Sandra, von den Fallschirmspringern…"
Ja, in einem Facebook-Video, hochgeladen 2016.@BILD#LuegenpresseDanke an @GurtStock!! 💪🏻 pic.twitter.com/SzjjWqltUW
— N I K I T A (@sorryabernein) February 24, 2022
In Wahrheit stammen die Bilder aus einem Facebook-Video aus dem Jahr 2016.
4) „Augenzeugin“, die gar nicht aus Kjiv zugschaltet war
Wie Medieninsider berichtet, waren das nicht alle Fehler der BILD in diesem Kontext. BILD lässt in letzter Zeit ununterbrochen Expert:innen oder Zivilist:innen zu Wort kommen. Medieninsider schreibt:
„Eine von ihnen war eine Lehrerin aus Kiew.Bild schaltete sie am Donnerstag und Freitag mehrere Male ins Studio. Die Frau hatte darüber berichtet, was in ihrer Heimat vor sich gehe und wie sich die Menschen versuchten, vor der Invasion und dem Krieg zu retten.“
Doch: Anders als behauptet, sei die Frau nicht aus Kjiw zuschaltet, sondern aus Deutschland. BILD soll davon gewusst haben. Hier zum ganzen Bericht (Paywall).
BILD entschuldigt sich für (einige) Fehler
Auf Twitter hat BILD ihre fehlerhaften Videos öffentlich korrigiert, auch wenn sie es herunterspielen und es mit „einige Sekunden“ verharmlosen, dabei liefen diese durchaus länger und öfter.
Gestern sind uns während der Live-Sendung 2 Fehler unterlaufen: In einigen Beiträgen waren für Sekunden Bilder einer Explosion und von Fallschirmjägern zu sehen, die nicht im Zusammenhang mit dem Krieg stehen. Wir haben die Videos offline genommen bzw korrigieren sie 1/2
— BILD (@BILD) February 25, 2022
Während die Berichterstattung der BILD bei Putins Angriff auf die Ukraine immerhin nicht sonst wie besonders in der Corona-Pandemie grundlegend darauf aufgebaut ist, durch Täuschung irreführende Narrative zu verbreiten, Feindbilder wie Drosten oder Lauterbach mit Lügen und Falschdarstellungen zu schaden und Desinformation zu verbreiten, so heißt das offenbar auch nicht, dass man plötzlich sauber recherchiert. Auch bei Putins Angriff gilt bei BILD wohl weiterhin, dass sensationelle Bilder wichtiger sind als saubere Recherche. Und leider wieder, und diesmal unabsichtlich, liefert BILD damit Desinformationsmedien Steilvorlagen für deren Propaganda.
Übrigens: Die gefährlichsten (da erfolgreichsten) Fake News über Corona und Impfungen in den letzten 12 Monaten kamen nicht aus Telegram, nicht von der AfD, sondern von den Axel-Springer-Medien WELT und BILD. Sie haben die extremistische Szene vermeintlich bestätigt und gestärkt.
— Volksverpetzer (@Volksverpetzer) February 25, 2022
Zum Thema:
70% der Intensivstationen waren überlastet: BILD legt Lauterbach Lüge in den Mund
Änderungshinweis: Punkt Nummer 4 wurde nachträglich ergänzt. Artikelbild: Screenshots
Spendiere uns einen Kaffee:
Unsere Autor:innen nutzen die Corona-Warn App des RKI.