14.970

Genosse Stalin, Unrechtsstaat: Rechte verbreiten Lügen über Bodo Ramelow

von | Feb 12, 2020 | Aktuelles, Analyse, Social Media

Rechte Lügen über Ramelow

Nach dem gescheiterten Coup der AfD in Thüringen zusammen mit FDP und CDU, versuchen die Rechten, die Meinungshoheit über den Diskurs zurückzugewinnen. Die Strategie der AfD liegt darin, über Selbstverharmlosung und Propaganda über ihre politischen Feinde eine Annäherung an das demokratische Spektrum zu erreichen. In Thüringen versuchten sie es über das gemeinsame Feindbild von FDP und CDU: Bodo Ramelow.

Durch Verteufelung des Ex-Ministerpräsidenten von Thüringen will die AfD von ihrem faschistischen Landeschef Höcke ablenken und ihrem Extremismus. Doch auch wenn die AfD zunächst „ihre“ Wahl Kemmerichs feierte, verwandelte sich das schnell in einen Pyrrhus-Sieg: Anstatt die erste Zusammenarbeit bei der Entstehung einer neuen Regierung zu legitimieren führte der Vorfall nur zur breiten Verurteilung, Empörung und Abstürzen der CDU und FDP in Umfragen.

Thüringen ging also nach hinten los: FDP und CDU haben deutlich gesehen, dass jedwede Annäherung an die Faschisten von den meisten Deutschen nicht gern gesehen wird. Viele prominente Figuren in beiden Parteien machten den demokratischen und antifaschistischen Konsens deutlich. Die Rechten versuchen deshalb eine neue Strategie: Sie wollen Bodo Ramelow in die „linksextreme Ecke“ stellen, um seinem Ansehen zu schaden.

Unrechtsstaat? Ramelow nennt DDR „Diktatur“

Es wird die Meldung verbreitet, Bodo Ramelow sehe die DDR nicht als „Unrechtsstaat“. Ziel davon ist es, es erscheinen zu lassen, als würde er das Unrecht der DDR verharmlosen. Fakt ist: Ramelow sagte über die DDR:

„Die DDR war eindeutig kein Rechtsstaat.“ und

„DDR war eine Diktatur. Es fehlte alles, was eine Demokratie ausmacht: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Demonstrationsfreiheit, freie Wahlen, das Recht auf Opposition“

Woher die Darstellung kommt, Bodo Ramelow würde die DDR verharmlosen? Der Begriff „Unrechtsstaat“ stammt von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und wurde in Verbindung mit den Auschwitz-Prozessen über die NS-Diktatur verwendet. Die NS-Diktatur und die DDR-Diktatur auf eine Stufe zu stellen sei jedoch für Ramelow persönlich falsch:

„Der Begriff ‚Unrechtsstaat‘ aber ist für mich persönlich unmittelbar und ausschließlich mit der Zeit der Nazi-Herrschaft und dem mutigen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und seiner Verwendung des Rechtsbegriffs ‚Unrechtsstaat‘ in den Auschwitz-Prozessen verbunden““

„Genosse Stalin“: Ramelow nennt Stalin „Mörder“

Auf Facebook schriebt Bodo Ramelow 2016, Stalin habe „im Namen des Kommunismus Millionen Menschen verhungern oder ermorden“ lassen. Dazu schrieb er: „Mörder bleibt Mörder.“ Die Linke in Thüringen gedachte auch im August 2018 des Publizisten Willi Münzenberg, der „gegen Hitler und Stalin“ Widerstand geleistet hatte (Quelle).

Der zweite rechte Versuch, Bodo Ramelow in die Nähe von Linksextremisten zu stellen, ist nämlich das Verbreiten eines alten, aus dem Kontext gerissenen Tweets aus dem Jahr 2012. Rechte verbreiten die Lüge, Bodo Ramelow würde „Stalin anbeten“. Dies ist selbstverständlich eine absurde Unterstellung:

Hintergrund des bereits länger gelöschten, satirischen Tweets war eine Delegationsreise von Thüringer Politiker*innen nach Russland. Darunter auch FDP-Politiker Uwe Barth oder die damalige Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) (Quelle). In der Stadt Uljanowsk stießen sie auf Stalin-Andenken und ein riesiges Porträt des Diktators.

Gegenüber dem ARD-Faktenfinder sagt Ramelow, dass die Delegation ratlos über das Bild gewesen sei. Er bezeichnete es als „skurril“. Die Delegation wollte die Stalin-Verherrlichung verspotten und habe sich darüber lustig gemacht. So seien die Bilder entstanden, die Ramelow twitterte. Heute noch online ist ein eindeutiges Bild, wo Ramelow den FDP-Politiker Barth vor dem Stalin-Bild fotografierte. Ich glaube kaum, dass die Rechten behaupten wollen, auch die FDP würde Stalin „anbeten“.

Wer nicht glaubt, dass Ramelow sich über den „Genosse Stalin“ lustig macht: Ramelow parodiert des öfteren derartige (linke) Klischees. So hier zum Beispiel 2016 als er zum Spaß ein manipuliertes Bild über Chemtrailflugzeuge teilte mit dem Kommentar „Das internationale Finanzkapital zeigt hier sein wahres Gesicht unter dem Aluhut!“ – Womit er sich über (linke) Verschwörungstheorien lustig macht.

https://www.facebook.com/bodo.ramelow/photos/a.669263293116015/1032126056829735/?type=3

Zur Erinnerung: Das ist Faschist Höcke

Thüringens AfD-Chef, Bernd Höcke, hingegen hat in Dresden eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert, was ebenfalls heißt, die Zeit des Nationalsozialismus positiv zu betrachten, was man aus seiner Rede auch einfach herauslesen kann. Verherrlichung von Nazis. Die absichtliche Doppeldeutigkeit, mit der Höcke das Holocaust-Denkmal in Berlin bezeichnet hat, wird ihm als antisemitisch ausgelegt. Er behauptet, er habe den Holocaust mit der „Schande“ gemeint, der Kontext seiner Rede lässt das jedoch nicht vermuten.

Eine weitere, direkte Kopie nationalsozialistischer Sprache durch Höcke: „Ich will, dass Magdeburg und dass Deutschland nicht nur eine tausendjährige Vergangenheit haben. Ich will, dass sie noch eine tausendjährige Zukunft haben, und ich weiß, ihr wollt das auch“. Und noch ein Höcke, der explizit nicht aus der Partei wegen seiner Einstellung geworfen wurde: Er sagte in einem Interview, dass es „ein Problem“ sei, dass „Hitler als absolut böse dargestellt wird“, und dass es nicht so „Schwarz und Weiß“ sei. Insbesondere im Kontext seiner vielen anderen Aussagen ist es wieder eine Verharmlosung und Relativierung Hitlers und des Dritten Reiches.

2016 wählte er ein Gedicht des Hitler-Jugend-Dichters Herbert Napiersky aus dem Jahr 1940 zu Weihnachten aus und veröffentlichte dieses auf seinem Facebook-Account. Zufall wird das nicht gewesen sein. Er ist Geschichtslehrer gewesen. Mehr über die Neonazi-Verbindungen von Höcke:

Das neurechte Netzwerk der AfD Teil 3: Thorsten Heise und Björn Höcke

Fazit

Es dürfte klar sein, dass hier Bilder und Aussagen aus dem Kontext gerissen werden, um den Demokraten Bodo Ramelow in die linksextreme Ecke zu stellen. Ziel davon ist, das extrem hohe Ansehen Ramelows in Thürungen zu schwächen. Ramelows Arbeit in Thüringen wird von 74% der Wähler*innen für gut befunden. In Umfragen hat die Linke in Thüringen auf 39% Zustimmung zugenommen.

Die Rechten scheinen verzweifelt zu sein, weil sie merken, die Mehrheit lässt sich nicht von ihren Falschdarstellungen manipulieren, weshalb sie jetzt mit diesen aus dem Kontext gerissenen Meldungen kommen. In der CDU wird „das Linke Lager“ als zentrales Feindbild des Konservativismus in Frage gestellt (Quelle) und auch die wissenschaftlich höchst umstrittene „Hufeinsentheorie“, dass AfD und Linke gleich schlimm seien wird als falsch erkannt (Quelle).

Deshalb ist es jetzt wichtig, dass die Lügen über Ramelow, die ein falsches, schlechtes Licht auf ihn werfen sollen, konsequent aufgeklärt werden. Teilt diesen Aufklärungsartikel und widersprecht diesen Behauptungen, wo immer ihr sie findet. Bodo Ramelow bezeichnet die DDR als „Diktatur“ und Stalin als „Mörder“. Andere Darstellungen helfen der AfD nur dabei, die Demokrat*innen untereinander zu spalten.



Artikelbild: Matthias Wehnert, shutterstock.com