Windräder statt Einheitsbuddeln?
Heute ruft die Bundesregierung anlässlich des Tags der Deutschen Einheit die Bürger*innen auf, einen Baum für das Klima zu pflanzen. Beim Einheitsbuddeln soll jede*r einen Baum pflanzen oder dafür spenden, dass ein Baum gepflanzt wird. So könnten jedes Jahr 83 Millionen Bäume gepflanzt werden. Schöne Idee oder?
https://www.facebook.com/Bundesregierung/photos/a.769938079764597/2492448187513569/?type=3&__xts__%5B0%5D=68.ARCP9YtPRpMA6psUfGqtMjsxjePbVOWozvQsKpddbp-pR8du4Psg5cEgIQHZvT581Ys2s55aPEfbuvCEUDJa3gRp4jnf93MF80Av7llVRHM-OODkl8RucASpy3Hg8LieWpZZYXBxkJLgrKlN1WoIQyE3YHmM5L8PO8WsC-EVan3BoeIvt8bX0gwn8vKT4TAFThPiwVCCuDApBAI0UnwlDHIR_CNEkIZvQusyc2HVpu3RNWTqCn2r9BdhO624-oUCub3Bl4vqETMTKc0cKsgh26hxbP1-VaeNKWKaqFr3fejEbjNrMsEypnNOozZeEnceFUNobMxPxFwtCZTtz6aND0IgZg&__tn__=-R
In der Tat eine schöne Idee. Ein Mitglied aus dem Volksverpetzer-Team hat sogar selbst eine große Einheitsbuddeln-Veranstaltung organisiert. Wir brauchen definitiv Bäume für den Klimaschutz. Aber dazu später mehr. Denn nicht wenige Menschen scheinen zu glauben, dass damit das Thema Klimaschutz gegessen sei. Hey, wir können einfach Bäume pflanzen und dann brauchen wir keine alternativen Antriebe zu Verbrennungsmotoren, keine CO2-Steuer, die 57 Milliarden Euro klimaschädliche Subventionen können weiter laufen!
Auch unsere Freunde von Fridays For Hubraum, die unser Angebot einer sachlichen Diskussion ausgeschlagen haben und uns stattdessen auf Twitter blockiert haben halten an diesem Glauben fest. Greta Thunberg ist eine “Extremistin”, denn es reicht doch, wenn man Bäume pflanzt, oder? Auch Lindner der Klimaschutzverzögerer-Partei FDP freut sich, dass er ein paar Bäume pflanzen kann, um zu zeigen, dass er irgendwas fürs Klima tut, ohne Steuern einzuführen oder Subventionen abzuschaffen, die seine Parteispender ablehnen.
https://www.facebook.com/lindner.christian/photos/a.713522445328995/3050927981588418/?hc_location=ufi
Fakt: wir bräuchten deutschland fünf mal
Um den Anteil Deutschlands am internationalen CO2-Ausstoß zu neutralisieren müsste jeder Bundesbürger nicht nur einen Baum jeden 3. Oktober pflanzen. Sondern jeweils fünf Tennisfelder Wald. Und zwar jedes Jahr für 15 Jahre. Nur so könnten wir bis 2035 unsere CO2-Emissionen neutralisieren. Ein Umstieg auf erneuerbare Energien wäre nicht nur viel schlauer, sondern auch logisch möglich. Denn: Um klimaneutral zu werden, müssen wir genauso viel CO2 binden, wie wir ausstoßen.
Aber Deutschland ist nur 35 Millionen Hektar groß. Wir bräuchten also fast 5 Deutschlands voll mit Wald. Platz für Menschen und Autobahnen gibt es dann natürlich nicht mehr, was das Problem halt auch irgendwie löst.
So viel Fläche bräuchten wir, um Deutschland allein durch Wald klimaneutral zu machen:
Wenn alle 7 Mrd. Menschen weltweit so verschwenderisch leben würden wie wir, müssten wir eine Fläche von 14 Mrd. Hektar Wald aufforsten. So einfach wird das aber nicht, wenn wir weiter auch noch alle Rindfleisch futtern wollen und oft gibt es halt auch nen Grund, warum nicht überall Bäume wachsen (Quelle). Es ist also praktisch unmöglich, allein durch das Pflanzen von Bäumen die Pariser Klimaziele zu erreichen.
Fakt: Ein Windrad ist 1000 mal effektiver als der Wald
Wenn man statt eines Waldes auf der gleichen Fläche eine Windkraftanlage baut, so spart diese hingegen mehr als 1000 (!) mal mehr CO2 ein (Quelle). Eine Windkraftanlage würde 1000 mal mehr CO2 einsparen, als der Wald, der an ihrer Stelle stehen würde. Wer sich Sorgen um tote Vögel macht: An Windfarmen sterben zehnmal weniger Vögel pro Kilowattstunde als an Kraftanlagen, die mit fossilen Energieträgern laufen (Quelle). Und übrigens auch weniger als im Straßenverkehr.
Es wäre also sinnvoller, Deutschland mit Windrädern “aufzuforsten”, als nur Bäume zu pflanzen. Man könnte sie ja grün anmalen, wenn das hilft. Deutschland behindert aber aktiv den Ausbau von Windkraft. Im ersten Halbjahr 2019 wurden gerade mal 35 neue Windräder gebaut. In ganz Deutschland. Mindestabstandsregelungen sind so streng festgelegt, dass sie einem Windrad-Verbot gleichkommen. Auch das Bundesumweltamt sagt, dass solche Regelungen die Energiewende bremsen.
Und nicht nur das: Windkraft hat auch die geringsten Kosten. Fun fact: Atomkraft hat sich wirtschaftlich niemals rentiert. Atomkraft war, ist und wird niemals wettbewerbsfähig sein und lebt nur von Subventionen. Wer erneuerbare Energien ablehnt, weil diese sich wirtschaftlich durchsetzen sollten, sollte das bedenken. Für Kohle gilt übrigens inzwischen ähnliches, die heute noch Milliarden Euro Subventionen erhält. Warum wird der Bau von Windrädern de facto verboten, aber andere massiv subventioniert?
Fazit
Das Einheitsbuddeln ist gut, wir sollten Bäume pflanzen. Bäume haben abseits von ihrer Nutzbarkeit als CO2-Speicher viel Nutzen, als Lebensraum, um Innenstädte abzukühlen usw. Auch können wir mit erneuerbaren Energien nicht komplett klimaneutral werden, wir brauchen die Neutralisation durch Bäume dringend. Doch so zu tun, als sei das die einzig wahre Lösung, im Gegensatz zur Abschaffung klimaschädlicher Subventionen oder Einführung eines CO2-Preises, ist gefährlich.
Es ist falsch, so zu tun, als seien die Grundforderungen von Fridays For Future Extremforderungen und man müssen sich in der Mitte zwischen ihnen und Klimawandelleugnern treffen. Eine Einführung eines sinnvollen (und sozial verträglichen) CO2-Preises, Abschaffung der klimaschädlichen Subventionen und Förderung von Alternativen ist die Minimalvoraussetzung, um die Klimaziele einzuhalten. Klimaziele, die Deutschland unterzeichnet hat. Macht mit beim Einheitsbuddeln, wir tun es auch. Aber lasst euch nicht erzählen, dass das ausreichen würde.
5 Gründe, warum der Co2-Preis des Klimapakets ein schlechter Witz ist
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