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Faktencheck: Wie man euch mit dieser Fake-„Impf-Checkliste“ manipulieren will

von | Mrz 12, 2021 | Analyse

Wie dich diese Liste täuscht

Pandemie-Leugner:innen verbreiten wieder mal ein Sharepic, das in großen Teilen nicht der Wahrheit entspricht wer hätte es gedacht? Schließlich kann diese ideologisch verblendete Minderheit ihre Weltvorstellungen nur aufrecht erhalten, in dem sie alle Fakten und Studien ignoriert oder schlechtredet, die ihnen widerspricht und stattdessen pausenlos Fake News konsumiert, die ihr versichern sollen, dass sie schon „das Richtige“ glaubt. Eines dieser Beispiele ist diese „Impf-Checkliste“, die vermeintliche Absurditäten mit der Corona-Impfung aufzeigen soll. Doch sie täuscht die Betrachter:innen extrem.

1. Impfung schützt bis zu 95 % vor Erkrankung & reduziert schwere Krankheitsverläufe

Die „Impf-Checkliste“ erklärt, dass eine Corona-Impfung nicht vor einer Ansteckung schützen würde. Das stimmt in gewisser Weise, ist aber extrem irreführend. Ein Anschnallgurt schützt ja auch nicht vor Autounfällen, kann aber in einem solchen Fall dein Leben retten. Mit der Corona-Impfung ist es ähnlich. Es geht ja darum, vor COVID-19 zu schützen. Und das machen die bisherigen Impfstoffe gut: Studiendaten zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit, an COVID-19 zu erkranken, bei den COVID-19-geimpften Teilnehmer:innen um 95 % (BioNTech, Moderna) bzw. 70 % (AstraZeneca) geringer war als bei den Placebo/Kontrollimpfstoff-geimpften Teilnehmer:innen (Quelle). (Das Konfidenzintervall von AstraZeneca liegt bei 63 % und 92 %, d. h. es wirkt wahrscheinlich besser, als sich die 70 % anhören, mehr dazu).

Das heißt also: Eine geimpfte Person wird mit großer Wahrscheinlichkeit bei einer Ansteckung nicht an COVID-19 erkranken. Wären bereits alle geimpft, wäre ein Ausbruch der Krankheit extrem selten, und das ist doch super, oder? Wie lange der Impfschutz besteht, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Und ja, es ist noch nicht geklärt, in welchem Maße die Ansteckung durch geimpfte Personen verringert oder verhindert wird. Aber für den individuellen Schutz funktionieren sie doch super, und das allein reicht uns ja (Quelle). Außerdem wird durch die Impfung die Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs ähnlich stark gesenkt (92 %), dass ein Verlauf von COVID-19 viel harmloser verläuft (Quelle).

2. Bisherige Daten suggerieren, dass Impfung Ansteckungsrisiko senkt

Weiter behauptet die „Impf-Checkliste“, dass die Impfung nicht verhindert, dass man andere ansteckt. Auch das täuscht über die Realität hinweg. Denn bei keiner Corona-Maßnahme gibt es eine 100 %-ige Wirksamkeit. Das heißt nicht, dass sie nutzlos werden. Außerdem ist die dazugehörige Datenlage noch nicht endgültig geklärt. Die bisher zugelassenen Impfstoffe führen zu hohen IgG-Antikörper-Spiegeln gegen das Coronavirus. Die allermeisten Expert:innen gehen deshalb davon aus, dass die Impfungen das Ansteckungsrisiko senken (Quelle). Daten aus Israel legen nahe, dass der Impfstoff von BioNTech/Pfizer tatsächlich auch hilft, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, auch wenn die Studienergebnisse mit Vorsicht zu genießen sind (Quelle). Sie scheinen also das Risiko zu senken und das ist besser als der status quo.

3. Fordert diese „Impf-Checkliste“ Sonderrechte für Geimpfte?

Dieser Punkt der Liste ist wahr, aber aus Sicht der Impfgegner:innen extrem heuchlerisch. Hier wird erklärt, dass eine Impfung einen nicht von der Maskenpflicht befreit. Und das stimmt auch und ist auch völlig richtig so. Denn wie oben geschrieben ist noch nicht geklärt, ob und wie Impfungen Ansteckungen verhindern. „Auch Geimpfte sollten sich tunlichst so verhalten, als könnten sie andere anstecken“, erklärt RKI-Chef Lothar Wieler (Quelle).

Das hat auch einfach praktische Gründe: Wie soll man denn den Impfstatus im Alltag kontrollieren (Quelle)? Oder fordern ausgerechnet Impf-Gegner:innen hier Sonderrechte für Geimpfte und den von ihnen so verteufelten Impfpass, mit dem man diese Sonderrechte erhalten kann? Wenn Geimpfte von der Maskenpflicht befreit werden würden, weil fundierte Daten belegen, dass die Ansteckung verringert wird, werden genau diejenigen, die diese „Impf-Checkliste“ teilen, sich aufregen.

4. und 5.: Das Gleiche gilt für die Abstandsregeln & Tests

Bei den nächsten beiden Punkten gilt das gleiche wie bei Punkt 3. „Die bestehenden Empfehlungen (AHA-Regeln) und Einschränkungen zum Infektionsschutz gelten für alle weiter.“, erklärt das Gesundheitsministerium (Quelle). Auch Quarantäne- und Testpflichten (Quelle). Aus den gleichen Gründen: Wie gut Impfungen Ansteckungen verringern, ist noch nicht eindeutig geklärt. Und diese Maßnahmen helfen, die Ansteckung zu senken. und alles andere wären Sonderrechte für Geimpfte, was genau diese Leute verteufeln würden, die diese Fake-Liste hämisch teilen.

6. Die Impfstoffe sind gut getestet

Hier verbreitet die „Impf-Checkliste“ reine Fake News: Die Impfungen sind ausreichend und gründlich getestet worden. Forscher:innen haben weltweit zeitgleich daran gearbeitet und die Impfungen ausgiebig getestet. Es ging so schnell, weil man die Testphasen gleichzeitig ablaufen ließ, statt wie üblich hintereinander. Ausgelassen wurde aber nichts. Im Gegenteil, die Testgruppen waren viel größer als üblich, was noch mehr Daten und Sicherheit verspricht. Langzeitdaten braucht man bei Impfungen übrigens nicht. Mehr dazu:

Gutachterin für Impfstoffe klärt auf: Warum keine „Langzeitdaten“ kein Problem sind

7. Impfstoffe sind regulär zugelassen

In diesem Punkt belügt dich die „Impf-Checkliste“ einfach dreist: Impfstoffe sind regulär zugelassen und genehmigt. Die regulären Zulassungsanträge von BioNtech/Pfizer wurden inzwischen von der europäischen Arzneimittel-Agentur EMA genehmigt. Am 7. Januar 2021 hat die Europäische Kommission den Moderna-Impfstoff für die EU zugelassen und Ende Januar 2021 hat der Arzneimittelkonzern AstraZeneca die Zulassung seines Corona-Impfstoffs auch in der EU erhalten. Wir impfen ausschließlich mit Impfstoffen, die über die EMA eine EU-Zulassung haben (Quelle, Quelle). Im Gegensatz übrigens zu dem „selbstgebastelten“ Impfstoff des Milliardärs Stöcker, den Impfgegner:innen paradoxerweise feiern. Mehr dazu:

Faktencheck: Gutachterin für Impfstoffe über den „selbstgebastelten Impfstoff“ von Stöcker

8. Ja, für mögliche Folgen wird gehaftet

Auch hier lügt das Sharepic: § 60 des Infektionsschutzgesetzes garantiert, dass für eventuelle Schäden durch die Impfung gehaftet wird (Quelle). Die Bundesregierung gewährt Schadensersatz. Sogar Hersteller:innen und Ärzt:innen sind haftbar, falls sie sich nicht an die Regelungen des Produkthaftungsgesetzes, des Arzneimittelgesetzes sowie die allgemeinen Haftungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches halten (Quelle). Haftungsregelungen können sich ergeben aus dem Arzneimittelrecht, dem Produkthaftungsgesetz sowie den allgemeinen Haftungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Das Sharepic verbreitet hier Fake News.

9. Bisher keine Todesfälle, die kausal auf die Impfung zurückzuführen sind

Im Gegensatz zu der Panikmache von Impfgegner:innen gibt es bei über 300 Millionen Geimpften weltweit noch keinen Fall, der eindeutig kausal auf die Corona-Impfung zurückzuführen ist. Hier lügt die „Impf-Checkliste“ schon wieder. Bisher ist in Deutschland kein Fall bekannt, bei dem ein Mensch durch die Corona-Impfstoffe verstarb. Dabei wurden bereits hunderte untersucht (Quelle). Die meisten Fälle, die medial diskutiert wurden, beruhen lediglich auf einem zeitlichen Zusammenhang von Toten zufällig kurz nach der Impfung. Bisher wurde jedoch kein Kausalzusammenhang zur Impfung festgestellt. Oder oft starben diese Menschen sogar an Corona, bevor die Impfwirkung sich entfalten konnte. Das PEI stellt sogar fest, dass die beobachtete Anzahl an Todesfällen nach Impfung sogar unter der statistisch erwartbaren Anzahl an Todesfällen ohne Impfung liegt (Quelle).

Perfide: Querdenker machen aus Corona-Toten in Berliner Altenheim Opfer von Impfungen

Warum News über Tote zufällig nach der Impfung so gute Fakes abgeben

Zu den häufigeren Reaktionen zählen Beschwerden wie Schmerzen an der Einstichstelle sowie Kopfschmerzen oder Übelkeit, auch Fieber kann auftreten. Selten kommt es zu einem allergischen Schock. Dieser kann lebensbedrohlich sein, ist aber bei schneller ärztlicher Hilfe gut zu überstehen. Deshalb muss man nach der Impfung vorsichtshalber noch einige Zeit unter Beobachtung bleiben, meist etwa 30 Minuten (Quelle).

10. Dauerimpfungen?

Auch dieser Punkt ist teilweise wahr, aber soll die Betrachter:innen täuschen. Denn dass „Dauerimpfungen im Gespräch“ sind, muss ja erstmal nichts heißen. Besprechen kann man ja alles. Hier soll der Eindruck erweckt werden, dass eine einmaligeImpfung nutzlos sei, um gegen Impfungen zu hetzen. Aber wie man zuvor gesehen hat, bringt die Impfung ja ziemlich guten Schutz und ist ziemlich sicher. Man ist sich jedoch unsicher, wie lange der Impfschutz anhält. Und ob bereits vorhandene und zukünftige Mutationen dadurch auch abgedeckt sind.

Hier gibt es aber einfach noch keine konkreten Daten, deshalb ist es „im Gespräch“. Man könnte drei Impfdosen verimpfen, um die Wirkung zu steigern, was Wissenschaftler:innen als vielversprechend bezeichnen. Und man führt bereits Studien durch, um zu sehen, wie gut es wirkt, wenn man sich mit mehreren Impfstoffen immunisiert (Quelle). Ähnlich wie bei der jährlichen Grippe-Impfung könnte man auch Impfstoffe anpassen, um sie auch gegen diverse Mutationen wirksam zu machen. Das alles ist noch theoretisch und ändert auch nichts an der bisher belegten Wirksamkeit der Impfungen.

Fazit: Du sollst verarscht werden

Das Sharepic wurde von Leuten erstellt, die verzweifelt Gründe suchen, die sicheren und wirksamen Corona-Impfungen schlecht zu reden. Dazu reißen sie bewusst Dinge aus dem Zusammenhang und lügen schlicht, um alle Tatsachen so zu verdrehen, dass die Corona-Impfung gefährlich und nutzlos wirkt. Aber sie lassen den Kontext weg und verschweigen wichtige Fakten, um dich zu täuschen. Sie hoffen, dass auch du auf ihre Lügen hereinfällst, wenn du diese Grafik liest, damit sie selbst an ihren Fake-Narrativen festhalten können. Nutze diesen Faktencheck, um aufzuzeigen, wie die „Impf-Checkliste“ andere verarschen soll.

Artikelbild: Screenshot

Unsere Autor:innen nutzen die Corona-Warn App des RKI