Nächste Lüge der Pandemie-Leugner
Eine Schwangere soll ihr Kind verloren haben? Pandemie-Leugner:innen lügen immer: Die Pandemie-Leugner:innen, Rechtsextreme und Verschwörungsideolog:innen, die vergangenen Samstag durch Berlin marschierten sind notorische und verblendete Verbreiter:innen von Lügen, die in ihre Agenda passen. Abgeschlossen in digitalen Echokammern fallen sie regelmäßig auf diverse Fake News über Corona und die Maßnahmen dagegen herein und lassen sich so leicht von Rechtsextremisten und Betrüger:innen instrumentalisieren und radikalisieren.
Jeglicher Widerspruch und jegliche Aufklärung wird mit Hass und Ablehnung begegnet, sodass man quasi an alles glauben kann, was man möchte, was zu unzähligen Fake News führt. Selbst zu vergleichsweise belanglosen Lügen wie über die Teilnehmerzahlen der Berlin-Demo.
Faktencheck: Nur 40.000 – Pandemie-Leugner lügen wieder über Teilnehmerzahlen
Lüge: Schwangere Frau soll Kind verloren haben
Eine weitere, bewusst in die Welt gesetzte Lüge ist, dass nach einem Polizeieinsatz eine schwangere Frau ins Krankenhaus eingeliefert worden sei und ihr Kind verloren haben soll. In einem kurzen Videoausschnitt, in dem der Kontext nicht ersichtlich ist, wird sie von einem Polizisten auf den Boden gedrückt. Man hört Rufe wie „Lasst sie los! Sie ist schwanger! Ihr könnt ihr doch nicht auf den Bauch drücken!“. Dass das Kind der Schwangeren verstorben sei, wurde hier ohne Beleg behauptet:
Die bewusst in die Welt gesetzte Lüge verbreitete sich daraufhin rasend schnell im faktenfreien Netzwerk der Pandemie-Leugner und Rechtsextremen, ebenso wie der andere Fake, dass eine 60-jährige Frau bei einem anderen Polizeieinsatz getötet worden sei. Die Lüge wurde von der selben Person erfunden. Mehr dazu:
Fake über Berlin-Demo: Die Frau im Video lebt – Pandemie-Leugner erfinden Tote
Es gibt jedoch keine bestätigte Meldung zu diesem Vorfall.
Die Polizei erklärt auch in einer öffentlichen Stellungnahme, dass die Schwangere unverletzt blieb:
„In einem weiteren Video, dass im Internet eingestellt worden ist, wurde die Festnahme einer schwangeren Frau aufgenommen. Auch diese Festnahme ereignete sich im Bereich des Großen Sterns in Tiergarten. Einsatzkräfte gaben an, dass die 42-Jährige gegen 13.45 Uhr versucht hatte, eine Absperrung zu durchbrechen. Sie soll im weiteren Verlauf einen Beamten geschlagen und angespuckt haben. Einsatzkräfte brachten die Frau zu Boden und nahmen sie fest. Sanitäter eines Rettungswagens stellten keine Verletzungen fest.
Einen Transport in ein Krankenhaus lehnte die Schwangere ab. Sie sieht nun ebenfalls Strafermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte durch einen tätlichen Angriff und Körperverletzung entgegen. Anders als in den sozialen Medien behauptet wird, gibt es keine Anhaltspunkte für eine Gesundheitsbeeinträchtigung der Mutter und des ungeborenen Kindes.“
FAzit
Pandemie-Leugner:innen erfinden solche Gerüchte einfach in ihren Telegram-Gruppen, um ihre Mitstreitenden aufzuhetzen. Und diese haben das Gerücht unkritisch einfach weiterverbreitet, ohne es zu überprüfen. Diverse Blogs und Youtuber haben das immer noch unbestätigte Gerücht über das verstorbene, ungeborene Kind einfach weiterverbreitet. Perfide: Wenn ganz viele die gleiche Lüge wiederholen fallen mehr Menschen darauf herein, weil sie nicht glauben können, dass so viele Leute wirklich bewusst lügen oder unkritisch unbestätigte Informationen weitergeben. In der Querfront-Szene ist genau das aber Alltag. Ironischerweise von genau jenen Leuten, die von „Lügenpresse“ schreien und von sich behaupten „kritisch zu denken“. So viel dazu.
Pandemie-Leugner:innen brauchen diese Fake-Meldungen, um sich selbst anzuheizen und ihre Bewegung weiter zu radikalisieren und weitere Gewalt zu rechtfertigen.
So verbreitete sich die Meldung
Der Politikwissenschaftler Josef Holnburger hat in einem Twitter-Thread dokumentiert, woher die beiden erfundenen Meldungen kamen und wie sie sich verbreitet haben.
Auf Telegram verbreitet sich rasant die Falschinformation einer beim Einsatz der Polizei getöten Frau. Ein Einblick, wie schnell sich das verbreiten konnte. Und wie ekelhaft das ist. Als Thread. 1/10
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Brigitte K. postet gestern um 23:26 Uhr in der Gruppe Vereinigte Scharfschützenbewegung ein Video von John F. und einen Text von Mr. MaxiWin, wohnach eine Frau bei einem Polizeieinsatz getötet worden wäre. Der Text und das Video finden sich später in anderen Kanälen wider 2/10 pic.twitter.com/y24fb86GKH
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Etwa eine Stunde später schickt der „IKB – Info Kanal Berlin“ das Video und den Text an seine etwa 4.000 Abonnenten. Erst heute Nachmittag wird die Behauptung, dass die Frau dabei getötet wurde, durch den Kanal wegeditiert. 3/10 pic.twitter.com/Tu7iDdl241
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Stand 17:00 Uhr hat die Meldung von IKB etwa 160.000 Views. Das ist sehr viel – die max. Views pro Tag im deutschsprachigen Telegramraum liegen idR bei 60k bis 80k.
Die Nachricht wurde also sehr häufig geteilt. Hier die Entwicklung der Views. 4/10 pic.twitter.com/vPTXmdCfkg— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Insgesamt 34 deutschsprachige Kanäle teilten die Falschinformation. Darunter besonders reichweitestarke wie Oliver Janich (140k Abos), Heiko Schrang (78k), Thorsten Schulte (33k) und der Holocaustleugner Nikolai Nerling (25k). Alle haben es geteilt, bevor es korrigiert wurde 5/10
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Um 15:20 Uhr twittert die Polizei Berlin zu den zwei Falschinformationen. Keine Frau sei getötet worden, eine schwangere Frau hätte auch nicht ihr Kind verloren. Sie ermittelt auch bzgl der gezeigten Szenen. Bis dahin wurde die erste Falschinformation 150k mal gesehen. 6/10
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Doch wer hat diese Lügen in die Welt gesetzt? Das Video stammt von John, der Text mit der Lüge von Mr. MaxiWin. Und dieser fällt auch durch andere Aussagen in einem Chat mit 2.600 Mitgliedern auf (Content Warning). 7/10 pic.twitter.com/BUVcUhqnaf
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Der selbe Mr. MaxiWin setzt am selben Abend auch noch die andere Lüge in die Welt, dass bei einem Polizeieinsatz eine schwangere Frau ihr Kind verloren hätte.
Mr. MaxiWin hat eine Agenda. Und seine Lüge und seine Agenda verbreiten sich in irrer Geschwindigkeit. 8/10
8/10 pic.twitter.com/qtgifqorET— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Ein Nutzer postet gestern Abend zwei Falschinformationen auf Telegram. Rechte Kanäle verbreiten diese Lüge weiter. Der Verdacht liegt nahe, dass man das mit Kalkül tat. Man will sich selbst zum Opfer stilisieren. Obwohl man am Wochenende Täter war. 9/10
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Zum Thema:
So rechtsextrem war Berlin: AfD, NPD, III. Weg, Identitäre, Holocaustleugner, Gewalt
Artikelbild: Screenshot youtube.com
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