19.060

„Klapper Klaus“: Das steckt wirklich hinter dem rechten Pseudo-Shitstorm

von | Nov 4, 2019 | Aktuelles, Analyse, Social Media

Warum machen sich AfD-Anhänger so lächerlich?

In den rechtsextremen Kreisen der AfD gibt es seit kurzem wieder einen neuen, vermeintlichen Aufreger: Den Klapper Klaus von Nestlé. Dieser Weihnachtsmann heißt „Klapper Klaus“, weil er innen mit Smarties gefüllt ist – und deshalb klappert. „Klaus“ natürlich, weil es „Santa Claus“ ist. Die Marke gibt es mindestens seit 2004 – also über 15 Jahre (Quelle). Und „Klaus“ ist ja doch ein Recht deutscher Name, oder? „Ja und?“ denkt sich jeder normale Mensch. Doch die rechtsextremen Trolle der AfD sehen darin (mal wieder) nichts weniger als den Untergang des Abendlandes, wie die Recherchegruppe DieInsider dokumentiert:

Social Media wird förmlich mit dieser ganzen gekünstelten Aufregung überschwemmt, die AfD-Gruppen sind voll mit Hass, Boykottaufrufen und Klagen, dass „unsere Kultur“ „verleugnet“ werde – wegen eines Schoko-Weihnachtsmanns.



Warum um alles in der Welt?

Das ist alles Absicht, dahinter steckt eine Strategie. Rechtsextreme Parteien und Gruppen erzeugen mit voller Absicht diese künstlichen Shitstorms zur Weihnachtszeit, wenn besonders viele Produkte mit Weihnachts-Thema verkauft werden. Vor wenigen Tagen fotografierte der AfD-Bundestagsabgeordnete Brandner die Rückseite eines Adventskalenders – um sich darüber zu beschweren, dass der Name „Adventskalender“ angeblich nicht drauf stünde. Wir haben berichtet:

Adventskalender: Die Strategie hinter der „Weihnachts-Hysterie“ der AfD

Weitere, austauschbare Aufreger sind „Lichtermarkt“ (Mehr dazu), Wintermarkt (Mehr dazu) oder der „Herbststern“.

Islamisierung? AfD blamiert sich wegen Aufregung um Herbststern im Aldi

Doch auch der „Klapper Klaus“ sorgt jedes Jahr aufs Neue für Aufregung – und jedes Mal glauben die AnhängerInnen der AfD, dies sei eine neue „Umbenennung“. So recherchierten unsere Kolleg*innen von Mimikama zum Beispiel 2017 bereits zum „Klapper Klaus“ (Hier). Das ist die Methode hinter diesen Hirngespinsten.

Bewusst gesteuerte Shitstorms

Über Social Media werden gezielt solche Shitstorms in die Welt gesetzt – dabei spielt es absolut keine Rolle, wie der wirkliche Name zu Stande kam oder ob das Produkt schon Jahre (oder Jahrzehnte) diesen Namen aus völlig anderen Gründen trägt. Man nimmt ein aus dem Kontext gerissenes Foto und stellt dazu eine wahnwitzige Behauptung auf. Wie dass „Klapper Klaus“ ein muslimischer Name sein soll. Es ist völlig egal, dass das absolut gar keinen Sinn macht.

Diese Grafik wird dann von unzähligen, dubiosen Accounts verbreitet, so dass der Ursprung nicht mehr zurück zu verfolgen ist. Wenn sich anscheinend besonders viele darüber aufregen und es ein großes Gesprächsthema wird, glauben dann anfällige Mitglieder nicht nur die Verschwörungstheorie, sondern auch die absichtlich falsche Behauptung. Der „Klapper Klaus“ oder was auch immer wird dann nur zu einem weiteren Symbol für ein angebliches Verschwinden „kultureller Identität“. Die „Schuld“ daran wird automatisch Muslimen gegeben, auch wenn es absolut gar keinen Zusammenhang dazu gibt. Aber Rassismus macht auch gar keinen Sinn.

Diese ganzen Pseudo-Skandale, die jeder für sich genommen frei erfunden ist, setzen sich jedoch zu einem großen Bild zusammen und in den Köpfen der zu Manipulierenden bleibt nur der Eindruck zurück, dass es unzählige „Beweise“ gegeben hätte – obwohl es keinen einzigen gab. Eine besondere Rolle spielen dabei rechtsextreme Influencer und Volksverhetzer*innen wie AfD-Politiker*innen, die diese Fake News ebenfalls verbreiten, und dabei so tun können, als würden sie nur Aufreger „des Volkes“ aufgreifen. Dabei sind sie es, die diese erst selbst künstlich erzeugen.

Wie eine Recherche in einer internen AfD-Gruppe gezeigt hat, wissen die Anhänger*innen oft genau, dass an den ganzen Lügen nichts dran ist – sie sehen darin aber nur einen passenden Ausdruck ihrer rassistischen Weltanschauung:

Enthüllt: Dieser interne Streit entblößt, wie die AfD wirklich denkt

Wie mit dieser Hetze umgehen?

Medien und Nutzer*innen müssen sich fragen, wie sie mit diesen gezielten Manipulationsversuchen umgehen sollen. Denn hier wird versucht, eine gesellschaftliche Debatte aus dem Nichts zu erzeugen. Es ist wichtig, dass dieser Blödsinn nicht ernst genommen wird. Denn jeder normal denkende Mensch erkennt natürlich sofort, dass diese Behauptungen völlig haltlos sind. Manchmal reicht es ja, den Adventskalender einfach umzudrehen, um die Lüge zu erkennen.

https://www.facebook.com/fluegge.erik/videos/721558955013834/?__xts__%5B0%5D=68.ARC9CdUQ81e0JYlicEeDp2VQo_x1lZkjy_E7ALJ1ZedrOtwly-VbPTtasK1E4l7ix74j734l7NrBSqBw-VR3kY-AWxBtqGLa8i0QjI9dK1S7ICH1CGJA8qVDBPWWDEURqA6KHRPeNeB6Ko1jASnSNRflmxWj626qkiWYXXTitDVnAh5QaZeeTz3aFucxVm_Jiyizr-S14XqowljY1bIWtbK4H0k1eZRBx8K4Vqyy161gZFJvQfNAoAFy5qAGB6xBfJaFjBi4AGW6XTeIeUq7BAFEvdX61COf1ND4moqJh-v2XuVd36lJG7v6pcEDQGeenWp5lqT11jTxsQCLBOvHywQBZU9r-JGwu-I&__tn__=-R

Was die Medien beachten sollen

Es ist wichtig, dass Medien nicht den Fehler machen und so tun, als seien diese Pseudo-Diskussionen eine wirklich ernst zu nehmende Position. Denn sonst vermittelt man einigen Menschen den Eindruck, an den Vorwürfen wäre etwas dran. Wenn die Medien es schließlich als ernst zu nehmende „Kritik“ bezeichnen, dann muss es wohl gute Gründe für diese Kritik geben. Tut es aber definitiv nicht. Dabei ist es auch wichtig, Teaser und Titel nicht missverständlich zu gestalten – denn viele lesen nur diese und können so einen falschen Eindruck bekommen.

Man muss beachten, dass die Öffentlichkeit sich bewusst wird, dass hier rechtsextreme Gruppen gezielt versuchen, ein breites Medienecho zu ködern. Um den Eindruck zu erwecken, dass es wirklich so etwas wie die Nazi-Verschwörungstheorie der „Islamisierung“ gäbe. Denn während man darüber diskutiert, von welcher Seite ein Adventskalender anzuschauen ist, ob ein Herbststern einfach früher blüht als ein Winterstern oder eben ob ein Nestlé-Schokoweihnachtsmann „Klapper Klaus“ schon seit 15 Jahren so heißt, weil darin Smarties klappern, spricht keiner über die Grundrente, über das Klimapaket oder über den zu niedrigen Mindestlohn.

Artikelbild: Cookie Studio, shutterstock.com