Grünen-Politiker Robert Habeck, Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister, wurde erneut zum Angriffsziel rechter Hetze. Ein drei Jahre altes Video mit einem Interviewausschnitt wird von rechtsextremen Hetz-Accounts aus seinem ursprünglichen Kontext gerissen und verbreitet. Es soll suggeriert werden, dass seine Aussagen die aktuelle Energiepreiskrise betreffen und Habeck heimlich gefilmt wurde. Mit derartigen Lügen wollen antidemokratisch gesinnte Menschen bewusst die Öffentlichkeit manipulieren.
Rechte Hetzer wieder mal beim Lügen über Grüne erwischt
Auf Twitter und weiteren Social Media-Plattformen kursierte ein 15-sekündiges Video von Robert Habeck. In diesem sagt er zeitgleich in Smartphone und Mikrofon, er „wisse auch nicht, weshalb er so dusselige Fehler mache“. Der Ersteller des Tweets log, Habeck habe sich vor angeblich „irrtümlich“ laufender Kamera entsprechend geäußert. Der Beitrag enthält keine Quellenangabe, so dass davon auszugehen ist, dass die bislang 43.000 Viewer:innen davon ausgehen sollen, das Video sei kürzlich und in Verbindung mit der gegenwärtigen Energiepreiskrise entstanden.
in Wahrheit: Ausschnitt aus Interview von 2019
Tatsächlich stammt der Videoausschnitt aus einem Interview mit „Welt“ aus dem Jahr 2019. Habeck reflektiert im Gespräch mit der überregionalen Axel Springer – Tageszeitung selbstkritisch den negativen Einfluss von Online-Netzwerken wie Twitter und Facebook auf ihn, nachdem auf seine Aussagen in einem von den Thüringer Grünen veröffentlichten Internetvideo ein Shitstorm folgte. Er begründet des Weiteren die für ihn logische Konsequenz ergo das Löschen seiner Accounts. Auch auf seiner Homepage ging Habeck damals ausführlich auf seine Beweggründe ein.
Typisch rechtsextreme Hetz-Kampagne
Nachdem wir nun wissen, dass es sich bei dem Tweet um Fake News handelt, sollten wir uns den Ersteller noch einmal genauer anschauen. Der Twitter-Account – den wir nicht bewerben und deshalb nicht namentlich nennen wollen – existiert seit 2017 und verzeichnet 30,5 Tausend Follower, darunter viele AfD-Politiker:innen wie Götz Frömming und Beatrix von Storch. Wer hinter dem anonymen Account steckt, ist unklar. Nach eigenen Angaben handelt es sich bei dem User um einen libertären Juristen aus Österreich. Überprüfen lassen sich die Behauptungen jedoch nicht, ein Impressum fehlt.
Verbreitet werden auf dem Account hauptsächlich rechtsradikale Positionen. So schrieb der User nach den antisemitisch und islamfeindlich motivierten Anschlägen in Halle von 2019, die Opfer seien „eine Deutsche, die gerne Volksmusik hörte“ und „ein Bio-Deutscher“ gewesen. Und weiter: „Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?“
Der Tweet verschwieg, dass der Anschlag ursprünglich einer Synagoge galt und dass der rechtsextremistische Täter danach einen von einem Muslim geführten Imbiss unter Beschuss genommen hatte.
Retweet des Lügen-Accounts kostete AfD-Hetzer Brandner ein Amt
Der rechtsextreme AfD-Politiker Stephan Brandner, damals Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag, retweetete den Beitrag und verlor daraufhin sein Amt. In einem Statement der AfD zur Abwahl Brandners im Rechtsausschuss reagierten die damaligen AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland entrüstet auf die Fragen anwesender Journalist:innen. Als ein Pressemann wissen wollte, ob die AfD als nächstes eine „integre Person“ für den Vorsitz im Rechtsausschuss vorschlagen werde, meinte Weidel: „Schon wieder so eine dämliche Frage.“
Gauland pflichtete ihr mit lauter Stimme bei: „Wir haben nur integre Persönlichkeiten. Stellen Sie nicht solche Fragen!“ Weidel entwich dann noch ein „Mein Gott, ist das alles dümmlich hier.“ Gerade einmal einen Monat später wurde Stephan Brandner übrigens von seiner Partei zum stellvertretenden Bundessprecher ernannt, was er noch heute ist (Stand September 2022).
Fazit: Gefährliche Lügen von Rechtsextremen
Um ihre fehlende Logik zu kaschieren und ihr extremistisches Weltbild zu rechtfertigen, greifen Rechtsextreme pausenlos zu Lügen, um Hass gegen ihre Feindbilder – wozu oft die Grünen zählen – zu erzeugen. Es scheint in dem Milieu völlig normal, sich ein drei Jahre altes Video dem verqueren Weltbild entsprechend zurechtzuschneiden und dieses zu verbreiten. Das ist keineswegs harmlos, denn viele User:innen prüfen den Wahrheitsgehalt des Beitrags nicht und rufen – wie hier von Fabian Laasch dokumentiert – Habeck nicht nur zum Rücktritt auf, sondern gar zum Suizid.
Artikelbild: Screenshot