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Kekulé will sich gegen Drosten inszenieren – und wird von diesem zerstört

von | Mai 28, 2020 | Aktuelles, Corona, Social Media

Drosten kritisiert Stimmungsmache durch Kekulé

BILD-Chefredakteur Reichelt dürfte jubeln. Nach den schäbigen Attacken seines Boulevardblattes auf Prof. Drosten, die mit aus dem Kontext gerissenen Zitaten von Wissenschaftlern versuchten, eine solide Studie Drostens als „grob falsch“ zu diffamieren, dürfte es ihn freuen, dass Prof. Kekulé jetzt in die gleiche Kerbe schlägt. Dass sich alle Wissenschaftler von der Hetze der BILD distanzierten, zeigt, wie unseriös die schamlosen Angriffe auf die Reputation Drostens sind (mehr dazu).

BILD hetzt weiter gegen Drosten & blamiert sich genauso wie zuvor

Heute veröffentlichte Alexander Kekulé im Tagesspiegel einen Gastbeitrag mit einem auffällig ähnlichen Titel wie der der BILD: „Warum Drosten und sein Team ihre Arbeit hätten zurückziehen müssen“.

Kekulé kritisiert darin die emotionale Debatte um Drostens am 29. April veröffentlichte Studie (hier). Die Studie von Prof. Drosten untersuchte die Ansteckungsrate von Kindern. Seine Untersuchung suggeriert: Kinder könnten genau so ansteckend sein wie Erwachsene. Prof. Kekulé kritisierte das „Umschwenken“ nach weiterer Forschung Drostens in der Frage nach Schulöffnungen. Nicht erwähnen tut Kekulé, dass er selbst „umschwenkte“: Am 13. März bezeichnete er „Schulschließungen“ noch als „alternativlos“ (Quelle).

Kekulé: Studie soll „methodische Fehler“ haben

Kekulé führt die Details von Drostens Studie aus und kritisiert unter anderem darin, dass die abgenommenen Probenmengen nicht vergleichbar seien und dass die statistische Methode die Schlussfolgerungen nicht stützen würde. Er behauptet gar, der Studie fehle die „wissenschaftliche Grundlage“ und dass das Update der Studie Drostens und eine Neuberechnung der Statistik die „aktuelle Arbeit nicht retten“ werden könne. „Warum Drosten die Studie nicht einfach zurückzieht, ist schwer nachvollziehbar“, schreibt Kekulé. Warum hingegen ein Update der Studie mit Berücksichtigung der gemachten Fehler nicht möglich sein könne, erklärt er nicht.

Am Schluss geht Kekulé noch auf die Debatte über Schulöffnungen ein: Er behauptet, es gebe noch gar keine eindeutige wissenschaftliche Antwort, die für oder wider Öffnungen von Kitas und Grundschulen sprechen könnten und kritisiert „Schnellschüsse“. Sein Vorschlag für „eine einfache, politische Lösung“: Das regelmäßige, gruppenweise Testen von Kindern. Er erklärt auch: „Dazu braucht man keinen Wissenschaftler als Kronzeugen.“

Drosten über Kekulé: „In unserer Community spielt er keine Rolle.“

Die Selbstinszenierung Kekulés lässt Drosten jedoch kalt. Denn genau wie zuvor die BILD hat der aufmerksamkeitsheischende Titel wenig mit der wirklichen wissenschaftlichen Substanz hinter der Kritik zu tun. Auf Twitter schreibt Drosten: „Kekulé macht Stimmung. Seine Darstellung ist tendenziös. Er kennt unsere Daten nicht und zitiert falsch. Kekulé selbst könnte man nicht kritisieren, dazu müsste er erstmal etwas publizieren.“ Uff, burn.

Und gleich hinterher: „Der von Kekulé bemühte Leonhard Held sagt selbst über seine statistische Nachanalyse unserer Studie, dass diese nicht konklusiv ist. Kekulé ist das egal, er feuert trotzdem. Danke dafür. Wir werden ein Update unserer Daten und Statistik liefern.“ Kekulé kreiert also einer nicht-konklusiven, statistischen Kritik an Drostens Studie, die Drosten schließlich bei seinem Update berücksichtigen will, dass die ganze Studie nutzlos sei. Das ist völliger Unsinn.

Prof. Drosten hat offenbar genug davon, mit unseriöser Stimmungsmache attackiert zu werden und wirft Prof. Kekulé vor, sich unkollegial zu verhalten, wenn sie die Hetze von BILD und Co weiter befeuern:

Hartes Urteil: Kekulé argumentiert weder mit den Zahlen, noch forscht er selbst dazu, noch spiele er in der Expert*innen-Community eine Rolle. Drosten macht den unkollegialen Kekulé richtig klein. Und es stimmt: Die letzte Publikation von Kekulé liegt drei Jahre zurück und ging um das Zika-Virus. Drosten publizierte 2020 bereits 20 mal und das zu SARS-CoV-2. Er hat zehnmal mehr Dokumente publiziert und wurde zwanzig mal öfter von Kolleg*innen zitiert. Das ist keine Auseinandersetzung auf Augenhöhe.

Das ist keine fertige Studie!

Was alle auch Kekulé völlig unter den Tisch fallen lassen: Die Publikation Drostens vom 29. April ist eine VORveröffentlichung. Er gibt sie Kolleg*innen zur Kritik, damit er diese dann anpassen kann. Eine Kritik eines Statistikers ist sogar derart fundiert, Drosten hat ihn kurzerhand in sein Team aufgenommen. Drosten kann keine Studie „zurücknehmen“, die er noch gar nicht schlussendlich veröffentlicht hat. Die Kritik von BILD und Kekulé stellen es allerdings dar, als würde Drosten Unsinn veröffentlichen und dann unbeirrt darauf beharren.

Dabei arbeitet Drosten derzeit hart daran, die Kritik an seiner Studie einzubauen und nimmt sie sehr ernst, wo sie ernst zu nehmen ist. Wenn er also „Besseres zu tun“ hat, als einem Boulevard-Blatt zu antworten, dann ist das der Fall. Und wenn er die Möchtegern-Kritik seines Kollegen als unbedeutend und lächerlich darstellt dann nicht, weil sein Ego gekränkt sei. Sondern weil die Kritik unbedeutend und lächerlich ist. Ich würde auch gerade die Drosten-Kritiker*innen dringend bitten, in die aktuelle Folge seines Podcasts wenigstens mal kurz reinzuhören. Das Trugbild des hochnäsigen, Akademiker-Fatzkes, der allen seine persönliche Weltsicht aufdrücken will, verfängt da einfach gar nicht.

Drosten sagt nichts anderes als Kekulé

Es ist der perfide Versuch von Kekulé, der definitiv weitaus weniger Ahnung von der Materie hat als Drosten, sich selbst als rationaleren Wissenschaftler zu inszenieren und so mehr Glaubwürdigkeit in den Medien zu erlangen. Aber mit Wissenschaft oder sachlicher Kritik hat das nichts zu tun. Kekulé kritisiert Schnellschüsse aufgrund von nicht eindeutigen Studienergebnissen und suggeriert damit, Drosten würde das tun. Oder die Politik würde auf Drosten hören was bei massenhaften Rücknahmen der Corona-Maßnahmen definitiv nicht der Fall ist.

Drosten erklärt selbst, dass seine Studienergebnisse mit Vorsicht zu genießen seien und nicht die allgemeingültige Wahrheit darstellen. Und in seinem Podcast schlug er ebenfalls, genau wie Kekulé vor, Tests im Poolverfahren zu machen, sowie die Hygienemaßnahmen in Erziehungsanstalten anzupassen. Kekulé schreibt einen vernichtenden Brandbrief gegen seinen Kollegen, der deutlich mehr Ahnung vom Thema hat als er selbst, mit Behauptungen, deren wissenschaftliche Grundlage komplett fehlt und seine Schlussfolgerung, was stattdessen sinnvolle Vorschläge seien sind letztlich genau die gleichen, die Drosten selbst anbringt.

Das ist keine seriöse Kritik unter Expert*innen, das ist der traurige Versuch eines seit Jahren nicht mehr forschenden Virologen, sich in der aktuellen Debatte zu inszenieren, indem er sich an die Hetze der BILD anhängt und unsachlich seinen Kollegen angreift. Wer davon letztlich profitiert? Populist*innen, Rechtsextreme, Verschwörungsideolog*innen und Corona-Leugner*innen, die jede Diffamierung Drostens bejubeln, den sie als Feindbild auserkoren haben. Wer verliert? Die sachliche Debatte, die Wissenschaft. Und mitten in einer gefährlichen Pandemie? Wir alle.

Wie wissenschaft vs wissenschaftskommunikation funktioniert haben wir hier schon analysiert:

„WHAT? vs SO WHAT?“ Virologencheck: Darum ist Drosten seriöser als Streeck & Kekulé



Artikelbild: Superbass – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0