11.070

So antifeministisch und frauenfeindlich ist die AfD

von | Aug 13, 2020 | Aktuelles, Hintergrund

Die antifeministische AfD

Schon länger versucht sich die AfD zur Schützerin von Frauenrechten, gar zu einer feministischen Partei, zu stilisieren und damit Wähler:innen zu gewinnen. So warnen vermehrt Abgeordnete der AfD vor dem Verlust der Frauenrechte und der Rückgängigmachung der Gleichberechtigung von Frau und Mann durch eine vermeintliche „Islamisierung“ Deutschlands. Sie propagieren das in der Neuen Rechten verbreitete Narrativ des „Bevölkerungsaustauschs“ und verfolgen eine massive Abschottungspolitik. Das „Austausch“-Narrativ, das auch von rechtsextremen Attentätern geglaubt wird:

Nein Maaßen, die Ideologie des Hanau-Terroristen ist nicht „selfmade“ – Sie kommt von AfD & Co

Beispielsweise warnte die AfD-Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst am Weltfrauentag vor einer Relativierung und Normalisierung des Tragens von Kopftüchern in Deutschland und fantasierte die damit einhergehende Einführung der Scharia und Entrechtung der Frau herbei.

Komisch, denn gleichzeitig diskreditierte sie Politik der Gleichstellung der Frau als „Gleichstellungstotalitarismus“ (Quelle). Auch der Abgeordnete der hessischen AfD-Landtagsfraktion Volker Richter kritisierte die Eröffnung einer Moschee, indem er die gesamte muslimische Gemeinde dahinter als misogyn und archaisch diffamierte und verknüpfte das nicht ganz nachvollziehbar mit einem Rückschritt der Frauenbewegung (Quelle).

Gegen sexuelle Gewalt – aber nur von „Migranten“

#metoo: Doch leider waren meine Täter nur Deutsche

Zu den wohl bekanntesten Vorwürfen zählt der Generalverdacht vieler AfD Politiker*innen gegen Männer mit (vor allem muslimischem) Migrationshintergrund, sie würden allesamt ein traditionelles Dominanzverhalten an den Tag legen. Und Frauen sexuell belästigen und vergewaltigen, sodass diese sich nicht mehr alleine auf die Straße trauen würden, sie zur Ganzkörperverhüllung zwingen und ihnen häusliche Gewalt antun (Quelle).

Die permanente Wiederholung solcher Pauschalisierungen führt zu einer Vorverurteilung aller muslimischen Migranten und zu einer überspitzten Angst bei Frauen, die sie wiederum in die Fänge der AfD treibt. Hier zeigt sich die politische Agenda der AfD, rassistische Stereotype zu befeuern, indem sie sich vermeintlichen Feminismus auf die Fahne schreibt.

Islamophober „Feminismus“

Es gibt noch etliche weitere Beispiele von AfDler*innen, die besorgt um Frauenrechte scheinen, jedoch haben all diese Beispiele eines gemeinsam: Die vermeintlich feministischen Positionen stehen immer! in einem islamophoben Kontext. Das heißt, dass es der AfD nie um die Rechte der Frau und ihre Emanzipation per se geht, sondern Feminismus als Freifahrtsschein dafür nutzt, gegen Muslime und den Islam zu hetzen.

Selbstverständlich darf und muss Kritik an patriarchalen und misogynen Strukturen sowohl im Islam als auch in anderen Religionen geübt werden, aber das, ohne all ihre Anhänger*innen pauschal zu diffamieren. Sexualisierte Gewalt an Frauen* ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das unbedingt thematisiert und bekämpft werden muss. Kritik darf jedoch nicht mit Hetze verwechselt oder gleichgesetzt werden, wie es bei der AfD Usus ist. Was die AfD seit jeher betreibt, ist stumpfe Meinungsmache gegen Muslim*innen mit einem Pseudofeminismus als Steigbügelhalter.

Frauenfeindliche Positionen der AfD

Wenn man sich nämlich beispielsweise das Grundsatzprogramm der Alternative für Deutschland mal genauer anschaut, springen einem enorm viele rückständige, frauenfeindliche und sexistische Positionen ins Auge (Quelle für alle nachfolgenden Programmpunkte).

Im sechsten Kapitel ihres Parteiprogramms bekennen sie sich zur „traditionellen“, heteronormativen Familie als Leitbild und nennen verschiedene Komponenten einer aktivierenden Familienpolitik: So soll das „Leitbild der Ehe und traditionellen Familie mit Kindern“ gestärkt werden, indem an Schulen „anerkannte Regeln zu Partnerschaft und Familie, Haushaltsführung, Lebensschutz und Kindererziehung“ unterrichtet werden und junge Menschen „durch Aufklärung und Hilfe“ dazu ermutigt werden sollen, eine (traditionelle) Familie zu gründen.

Die AfD betont hier, dass eine Familie aus beiden Elternteilen und den Kindern bestehen soll und erwähnt sogar im Parteiprogramm die Zerstörung der traditionellen Familie durch das sogenannte „Gender-Mainstreaming“, oder wie Gunnar Lindemann letztens meinte: Den Genderwahnsinn (mehr dazu).

Fahrspurende & weitere Blamagen – was sich die AfD von Peinlichkeiten erhofft

Gegen Homosexuelle und Alleinerziehende

Homosexuelle Paare sowie alleinerziehende Elternteile werden somit als Anomalie dargestellt. Letztere sollen nur dann finanzielle Hilfe erhalten, wenn sie sich durch eine Fügung des Schicksals und nicht „eigenverschuldet“ als Alleinerziehende durchschlagen müssen. Auch diese Forderung würde vor allem Frauen benachteiligen, da 90% der 1,6 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland Frauen sind (Quelle).

In einem weiteren Programmpunkt fordert die AfD mehr Kinder für den Erhalt des Staatsvolkes und gegen den demografischen Wandel – statt „Masseneinwanderung“ aus vor allem muslimischen Staaten. So will sie die (deutsche) Frau wieder zur Geburtsmaschine und Hausfrau degradieren, anstatt dass sie selbstbestimmt entscheiden kann, ob sie eine Familie gründen möchte. Das um das „deutsche Volk“ vor dem vermeintlichen Aussterben zu bewahren und vor „Überfremdung“ zu schützen.

Auch diese Forderung begründet die AfD mit dem neurechten Ansatz, die höhere Geburtenrate unter Migrant*innen verstärke den „ethnisch-kulturellen Wandel der Bevölkerungsstruktur, (…) was zur Ausbreitung von konfliktträchtigen, pluralistischen Parallelgesellschaften, einem schlechteren sozialen Zusammenhalt und einer Abnahme der öffentlichen Sicherheit führt“. Da ist sie wieder, die alte (und falsche) Leier vom Bevölkerungsaustausch (Erklärung).

Die AfD unterstellt damit, Ausländer*innen und Menschen mit Migrationshintergrund seien nicht integrierfähig und würden die Sicherheit der Einheimischen gefährden: Deutschland den Deutschen also (Quelle).

Darüber hinaus sind AfDler*innen bekennende Abtreibungsgegner*innen.

Die AfD will, dass Abtreibungen meldepflichtig sind, Ärzt*innen, die sich nicht daranhalten, sollen sanktioniert werden und Schwangerenkonfliktberatungen sollen ausschließlich den Schutz des ungeborenen Lebens zum Ziel haben. Das Postulat die Abtreibung zu einem Menschenrecht zu erklären, wird abgelehnt. Stattdessen sollen Maßnahmen zur Familienförderung ergriffen werden. Obwohl Abtreibungen in Deutschland auch momentan noch nach §218 des Strafgesetzbuches eine Straftat darstellen.

Unter bestimmten Bedingungen – einer Schwangerschaftskonfliktberatung und einer verpflichtenden dreitägigen Bedenkzeit – können Abbrüche jedoch straffrei durchgeführt werden (Info). Eine Verschärfung des Gesetzes würde noch massiver als bereits aktuell in die Rechte von Frauen auf körperliche Selbstbestimmung eingreifen und das Leben des Fötus über das der Schwangeren erheben. Ein absolutes Verbot von Abtreibungen führt bewiesenermaßen nicht zur Unterbindung dieser, sondern verwehrt Frauen die Möglichkeit sicher abtreiben zu können (Quelle).

Ideologie gegen „Gender-Ideologie“

Um nochmal auf das Genderwahnsinn-Thema zurückzukommen: Quotenregelungen, Equal Pay Day, geschlechterneutrale Sprache, nonbinäre Identitäten und Gender-Studies werden als Gender-Ideologie und Propaganda bezeichnet oder gar als verfassungswidrig erklärt. Es wurden sogar vermehrt Anträge auf Abschaffung der geschlechtergerechten Sprache gestellt (Quelle). Andere Partnerschaften als die traditionelle Familie und zum Beispiel homo- oder transsexuelle Lebensformen, lehnt die AfD in ihrem Parteiprogramm ab. Sowie auch ihre Thematisierung im sexualpädagogischen Unterricht an Schulen.

Diese Konzepte entsprechen einem archaischen, zweigeschlechtlichen und patriarchal- und heteronormativgeprägten Familienmodell, welches für die Frau ein vorherbestimmtes Dasein als Hausfrau und Mutter vorsieht. Währenddessen bekommt der Mann die gesellschaftliche Position des Geldverdieners zugewiesen. Durch die Forderung nach elterlicher Betreuung der Kinder bleibt auch diese Aufgabe mehr als ohnehin schon an der Frau hängen.

AfD: Für einen Rückschritt in der Gleichberechtigung

Die AfD begünstigt durch ihre Programmpunkte einen enormen Rückschritt in der Gleichberechtigung der Frau, während sie paradoxerweise davor warnt, 70 Jahre Frauenbewegung durch zu viel Toleranz gegenüber dem Islam aufs Spiel zu setzen (Quelle). Somit entpuppt sich der vermeintliche Schutz von Frauenrechten als Kniff, um beherzt gegen Migranten und den Islam hetzen zu können.

Eine tatsächliche gesellschaftliche Parität und eine selbstbestimmte und emanzipierte Lebensgestaltung für Frauen und LGBTIQ* hat die AfD de facto nicht im Sinn. Im Gegenteil – Die AfD predigt ein völkisch-nationalistisches und rückständiges Frauenbild. Im Bundestag ist sie die Partei mit dem geringsten Frauenanteil. Neben 81 Männern sitzen lediglich 10 Frauen (Quelle). Nicht nur das sollte zu denken geben.

Artikelbild: Foto-berlin.net


Unsere Autor:innen nutzen die Corona-Warn App des RKI: