6.358

Gerüchte & Unterstellungen: 6 Fake News über Greta Thunberg

von | Feb 4, 2019 | Aktuelles, Hintergrund, Umwelt/Klima

Gerüchte & Unterstellungen

Eines vorab: Ich bin kein Greta-Fan. Mich stört ihre mediale Präsenz nicht, ihren Einsatz für eine radikalere Klimapolitik finde ich gut. Und wenn es eine 16-jährige Klimaaktivistin braucht, damit wir nach Jahren fremdenfeindlicher Flüchtlings-Diskussionen endlich über die Klimakrise reden, dann ist das so. Für eine Heldin halte ich sie aber nicht.

Wenn ich die unsägliche Hetze gegen sie zum wiederholten Male kritisiere, dann nicht, weil ich mein „Idol“ verteidigen will. Sondern weil Greta anscheinend ihren politischen Gegnern so gefährlich wird, dass sie zu schmutzigen Tricks greifen müssen. Anstatt über den menschengemachten Klimawandel und Gretas Argumente zu reden, werden ihre Person und ihre Motive angegriffen.

Greta Thunberg: So viel Schiss haben die Rechten vor einem jungen Mädchen

Und das teilweise mit unterirdischen Beleidigungen, Diskriminierungen und Hass. Einige Aktivisten von #ichbinhier haben analysiert, dass bis zu 50% aller Accounts, die unter öffentlichen Posts über Greta Hass und Lügen verbreiten, gar keine authentischen Facebook-Accounts sind. Ziel ist es anscheinend, eine Scheinmehrheit an KritikerInnen zu simulieren (Hier mehr dazu).



Mythen über Greta

Dass Beleidigungen und Gossensprache keine Meinung ersetzen und als substanzlos ignoriert werden können, ist wohl jedem klar. Diese taugen nicht mal als argumentum ad hominem, also als Scheinargument, das die Person angreift, anstatt deren Argumente. Und deshalb nichts zur eigentlichen Diskussion beiträgt.

Doch bei diesen ganzen persönlichen Angriffen gegen die Person Gretas wurden einige Behauptungen und Unterstellungen geäußert, die falsch sind. Ich möchte niemandem unterstellen, der Greta oder ihre neue Funktion als Person des Öffentlichen Lebens kritisch sieht, Teil einer rechten Klimawandelleugner-Kampagne zu sein. Aber auch wenn wir über ihre Person und nicht ihre Argumente reden, sollten wir bei der Wahrheit und den Fakten bleiben.

In einem Facebook-Beitrag hat die Aktivistin am Samstag jetzt mit den häufigsten falschen Vorwürfen und Unterstellungen aufgeräumt.

1.) sie wurde von ganz allein bekannt

Hinter Greta Thunbergs Prominenz steht kein Unternehmen oder eine  Gruppe, nicht einmal ihre Eltern. Im Mai 2018 nahm sie an einem Schreibwettbewerb einer schwedischen Zeitung teil, welchen sie gewann. Sie wurde daraufhin von einer Klima-NGO kontaktiert, die sich gegen die Klimakrise engagiert. In einem Telefonat wurden verschiedene Projekte diskutiert, unter anderem der Schulstreik, der von den Aktionen der Überlebenden des Amoklaufs an der US-Schule Parkland inspiriert wurde.

Da die Gruppe jedoch andere Projekte realisieren wollte, übernahm Greta die Idee des Streiks selbst. Auch erhielt sie keine Unterstützung ihrer Eltern bei diesem Projekt. Im August letzten Jahres startete sie also den Schulstreik alleine vor dem Schwedischen Parlament. Die Social Media-Posts ihrer Aktion erreichten daraufhin große Reichweite, was dann erst die Aufmerksamkeit von JournalistInnen nach sich zog.

2.) Niemand steht „hinter ihr“, sie macht das ehrenamtlich

Greta stellt fest, dass sie allein hinter ihrem Aktivismus steht, ihre Eltern waren zuvor alles andere als KlimaaktivistInnen. Erst durch ihren Aktivismus setzten sie sich mit der Thematik auseinander und begannen, sie dabei zu unterstützen. Sie ist kein Mitglied irgendeiner Organisation. Gelegentlich kooperiert sie jedoch mit NGOs, die sich für das Klima einsetzen. Sie erklärt, dass weder sie noch Mitglieder ihrer Familie dafür Geld oder Versprechen zukünftiger Zahlungen erhalten. Und dass es auch so bleiben wird.

„Ich habe noch keinen einzigen Klimaaktivisten getroffen, der unseren Planeten wegen des Geldes retten will. Diese Idee ist völlig absurd.“

– Greta Thunberg

Sie reist auch nur mit der Erlaubnis ihrer Schule. Und ihre Eltern zahlen Tickets und Eintrittskarten. Das Buch, das die Familie gemeinsam geschrieben hatte, welches beschreibt, wie sie und ihre Schwester ihre Eltern von der Dringlichkeit der Klimakrise überzeugt haben, sollte ursprünglich veröffentlicht werden, bevor Greta zufällig internationale Bekanntheit erlangte.

Erst durch Meinungsverschiedenheiten mit dem Herausgeber verzögerte sich dies. Auch profitiert die Familie nicht von den Verkäufen, 100% der Gewinne gehen an acht verschiedene Wohltätigkeitseinrichtungen, die sich für das Klima und Tierrechte einsetzen.

3.) Sie schreibt ihre eigenen Reden

Greta schreibt ihre eigenen Reden. Ihr ist jedoch bewusst, dass ihre Worte viele Menschen erreichen, weshalb sie regelmäßig um Input und Meinungen anderer Personen bittet. Insbesondere um die einiger Klimaforscher, die sie wegen wissenschaftlicher Fakten um Hilfe bittet, um nicht versehentlich Falschaussagen zu verbreiten.

4.) „Asperger ist keine Krankheit“

Greta hat Asperger-Autismus. Das hatte viel ableistische Diskriminierung zu Folge. Viele, die keine Ahnung haben, was diese Diagnose bedeutet, unterstellen, dass sie deshalb diese Prominenz gar nicht selbst erreicht haben könne. Aber auch wohlwollende Kritik, die besagt, dass keine „kranke“ Person derart in der Öffentlichkeit stehen sollte, wird geäußert. Doch Greta sieht das nicht so.

„Asperger ist keine Krankheit, sie ist ein Geschenk“, schreibt sie. „Wäre ich ’normal‘ und sozial gewesen, hätte ich mich in einer Organisation wiedergefunden oder eine selbst gegründet. Doch da ich nicht so gut darin bin, mit anderen Menschen zu sozialisieren, habe ich stattdessen das gemacht.“ Sie sei frustriert gewesen, dass nicht genug gegen die Klimakrise unternommen worden ist. Und habe deshalb den Streik begonnen.

5.) Die Klimakrise ist so simpel, wie Greta sie darstellt

Greta erzählt, sie werde dafür kritisiert, dass sie die Klimakrise übersimplifiziert und als ein „black and white issue“ darstellt. Sie werde dafür kritisiert, dass sie radikale Ansätze fordert und dass sie dazu auffordere, dass die Menschen „panisch“ werden sollen. Doch nicht jeder relativierende Ansatz ist der Richtige. Die Klimakrise ist dramatisch. Ja, sie ist komplex und die größte Herausforderung der Menschheit. Aber die Lösung ist einfach: Wir müssen aufhören, Treibhausgase zu produzieren.

„Entweder begrenzen wir die globale Erwärmung auf 1,5°C über vorindustriellen Werten oder nicht. Entweder überschreiten wir den Wendepunkt, der eine Kettenreaktion hervorruft, die wir nicht mehr stoppen können, oder nicht. Entweder machen wir als Zivilisation so weiter, oder nicht. Es gibt keine Grauzonen bei unserem Überleben.“

Wenn sie von „Panik“ spricht, dann meint sie damit, dass man die Klimakrise als Krise behandeln soll. Und sie ernst nehmen. Und nicht wie seit 40 Jahren, mit Trotteln darüber diskutieren, ob der menschengemachte Klimawandel real ist, oder nicht. Das ist unter denjenigen, die sich auskennen, unbestritten (Mehr dazu).

6.) Sollten wir auf ein Kind hören?

„Es gibt ein Argument, das ich nicht ändern kann. Und das ist die Tatsache, dass „ich ein Kind bin und man sollte nicht auf Kinder hören“. Aber das kann man leicht umgehen – Hört einfach auf die eindeutige Wissenschaft. Wenn jeder den Wissenschaftlern zuhören würde und den Fakten, die ich ständig zitiere, dann müsste niemand auf mich oder die hunderttausende anderen Kinder hören, die für das Klima streiken“

Greta ist nur der Bote dieser wichtigen Botschaft. Sie sagt nichts Neues, nicht einmal etwas Kontroverses. Sie gibt nur das wieder, was Experten seit Jahrzehnten sagen. Der Versuch, sie unter dem Hass und den persönlichen Angriffen zu begraben, sagt viel darüber aus, welch starke Kräfte es gibt, die tätig werden, um wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel zu behindern.

Greta gibt ihren Kritikern Recht – Sie ist zu jung, um darüber zu reden. Kinder sollten sich nicht für das Klima einsetzen müssen. Aber wenn es sonst niemand macht, wenn wir stattdessen über rassistische Wehwehchen von spazierenden Rentner reden, aber nicht über die größte Krise der Menschheit, dann muss es vielleicht so sein. Wer sich ernste Sorgen um das Mädchen macht und was die Bekanntheit ihr antun könnte, sollte vielleicht selbst über die Problematik der Klimakrise reden oder sich informieren.

Artikelbild: Greta Thunberg/Instagram, Hier ihr Originalpost