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„The new Hitler“: So berichtet das Ausland über Höcke

von | Okt 31, 2019 | Aktuelles, Kolumnen, Politik

„Deutschlands neuer Hitler“

Im Ausland traut man sich zu schreiben, was bei uns in Deutschland politisch gerade eigentlich abgeht. Der Telegraph aus Großbritannien titelte „Germany’s ’new Hitler‘ poised to lead AfD to regional election gains“. „Deutschlands neuer Hitler“ wird Höcke schonungslos genannt. Ich kann jedem nur das Lesen dieses Artikels empfehlen, der in seinen einzelnen Passagen schön dezidiert darlegt, warum der Vergleich zwischen Höcke und Hitler zutreffend ist.  Nach dem lesen des Artikels und der Perspektive von außen auf die deutsche Politik ist mir eins schmerzlich klar geworden:

Hitlers Ideologie ist zurück

Die Nationalsozialistische Ideologie ist wieder zurück in Deutschland und sie hat politisches Gewicht. Niemand will es glauben, kaum jemand will es aussprechen. Da hilft der neutrale Blick aus dem Ausland. Faschist Höcke steigt die Leiter der politischen Macht langsam, aber kontinuierlich weiter auf. Den Status eines zu vernachlässigen Spinners hat er seit dieser Wahl verloren, denn sein Einfluss in der AfD wächst. Anscheinend denkt Höcke selbst, er würde es noch weit in der deutschen Politik schaffen. Erst kürzlich drohte er einem Journalisten nach einen abgebrochenem Interview mit den Worten: „Vielleicht werde ich auch mal eine interessante persönliche, politische Person in diesem Lande. Könnte doch sein.“

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Vorbild laut Telegraph könnte aber auch aus der strategischen Sicht Donald Trump sein:

„He turns on the press too, lecturing the German television camera crews. ‚The press has an important role in a democracy‘,“ he says. „Unfortunately our German media does not perform it. They prefer to produce propaganda for the establishment.” A lot of what Mr Höcke says is straight out of the Trump playbook — he even trots out the line “Drain the swamp”. But this is Trumpism with a twist: Mr Höcke says he wants to “drain the swamp of the lefist biotype”

Übersetzt:

„Er wendet sich auch der Presse zu und spricht zu den deutschen Fernsehkamerateams. ‚Die Presse spielt eine wichtige Rolle in einer Demokratie‘, sagt er. ‚Leider wird sie von unseren deutschen Medien nicht erfüllt. Sie ziehen es vor, Propaganda für das Establishment zu produzieren.‘ Vieles, was Herr Höcke sagt, kommt direkt aus dem Trump-Playbook – Er plappert sogar die Zeile ‚Trockne den Sumpf aus‘ nach. Aber das ist Trumpismus mit einer Wendung: Herr Höcke sagt, er will ‚den Sumpf des linken Biotyps austrocknen‘.“

Aber wieder zurück, zum Vergleich mit Hitler

Der Telegraph schreibt weiter: „Mr Höcke’s opponents accuse him of deliberately using language that evokes that of the Nazis. In the summer, German television asked several AfD politicians to identify whether quotations came from Hitler’s Mein Kampf or a book by Mr Höcke. None of them could.“ (Übersetzung: Die Gegner von Herrn Höcke werfen ihm vor, bewusst eine Sprache zu verwenden, die an den Nationalsozialisten erinnert. Im Sommer bat das deutsche Fernsehen mehrere AfD-Politiker, festzustellen, ob die Zitate aus Hitlers Mein Kampf oder einem Buch von Herrn Höcke stammen. Keiner von ihnen konnte das.“)

Analyse: Die erschreckendste Erkenntnis aus dem Höcke-Interview

Die faschistische Ideologie Höckes

In seinem Buch „Nie zweimal in den selben Fluss“ beschwört er den „Volkstod durch den Bevölkerungsaustausch“ (genau auf dieses Narrativ stützten sich auch der Christchurch- und Halle-Attentäter) und fordert ein großangelegtes „Remigrationsprojekt“, um Deutschland von „kulturfremden Menschen“ zu säubern und bei welchem „sich menschliche Härten und unschöne Szenen nicht immer vermeiden lassen werden“. Dafür sei Gewalt nötig, wörtlich eine Politik der „wohltemperierten Grausamkeit“. Existenzbedrohende Krisen erfordern „außergewöhnliches Handeln“.

Höcke stellt in seinem Buch auch fest: „Wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind mitzumachen.“ Damit meint er wohl Leute wie mich oder wie dich, der/die gerade diesen Text liest. Mit „starkem Besen“ sollte eine „feste Hand“ und ein „Zuchtmeister“ den „Saustall ausmisten“. Ja, dieses hochrangige AfD-Mitglied fordert massenhafte Deportationen, notfalls mit Gewalt. Und will diejenigen beseitigen oder deren Tod vielleicht sogar in einem Bürgerkrieg in Kauf nehmen, die bei diesen neuen Massendeportationen Widerstand leisten. Kann man das fassen?

Dazu empfehle ich die Analyse des Buches von Höcke von Rechtsextremismus-Forscher Hajo Funke in der Zeit (Hier). Noch am Wahlabend von Thüringen kündigt Höcke an: „Beim nächsten Mal holen wir die absolute Mehrheit“ (Quelle).

Im Ausland klar: Die AfD ist die Partei des neuen Hitler

Der interne Streit in der AfD mit dem „Flügel“ scheint beigelegt zu sein. Gauland bezeichnete Höcke als „Mitte der Partei“ und hebt so die schützende Hand über ihn, obwohl zuvor noch im Gespräch gewesen ist, ihn aus der Partei auszuschließen (Quelle).

Dieser Satz Gaulands nach der Wahl könnte das Ende der AfD bedeuten

Der Telegraph zitiert dann noch eine weitere Stelle aus Höckes Buch: “The longing of the Germans for a historical figure, who once again heals the wounds in the people, overcomes turmoil and puts things in order, is deeply anchored in our soul”. (Übersetzung: „Die Sehnsucht der Deutschen nach einer historischen Gestalt, die wieder die Wunden im Volk heilt, Unruhen überwindet und Ordnung schafft, ist tief in unserer Seele verankert“.)

Weiter heißt es:

„Mr Höcke has set up his own faction within the AfD called Der Flügel, or The Wing. At its annual meeting he hands out silver badges to loyal followers. At this year’s gathering a supporter welcomed him on stage by saying: “You are our leader, who we are happy to follow”. The German word he used was Anführer.“ (Übersetzung: „Herr Höcke hat eine eigene Fraktion innerhalb der AfD namens Der Flügel gegründet. Bei der Jahresversammlung verteilt er silberne Abzeichen an treue Anhänger. Bei der diesjährigen Zusammenkunft begrüßte ihn ein Unterstützer auf der Bühne mit den Worten: ‚Du bist unser Anführer, dem wir gerne folgen‘.)

Auch in den USA werden die Entwicklungen in Deutschland verfolgt

So titelte die New York Times‘Hitler or Höcke?’ Germany’s Far-Right Party Radicalizes.“

Hier heißt es: „Mr. Höcke has never been coy about his views. In 2017, at a rally in Dresden, he questioned the guiding precept of modern Germany — the country’s culpability in World War II and the Holocaust — calling on Germans to make a “180 degree” turn in the way they viewed their history. Germans were “the only people in the world to plant a monument of shame in the heart of their capital,” he said, referring to the Holocaust memorial in Berlin.“

(Übersetzung: Herr Höcke war nie zurückhaltend bei seinen Ansichten. Im Jahr 2017 stellte er bei einer Kundgebung in Dresden das Grundprinzip des modernen Deutschland – die Schuld des Landes im Zweiten Weltkrieg und den Holocaust – in Frage und forderte die Deutschen auf, eine “ 180°-Wende “ in der Art und Weise vorzunehmen, wie sie ihre Geschichte sahen. Die Deutschen waren „die einzigen Menschen auf der Welt, die im Zentrum ihrer Hauptstadt ein Denkmal der Schande errichtet haben“, sagte er mit Bezug auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin.“)

Weiter schreibt die New York Times:

„Mr. Höcke has used metaphors reminiscent of Goebbels, Hitler’s chief propagandist, saying that Germans need to be wolves rather than sheep. He uses terminology and concepts once used by Hitler himself, including racial suicide, a “decaying state’’ and “cultural Bolshevism.”“

(Übersetzung: Höcke hat Metaphern verwendet, die an Goebbels, den Chefpropagandisten Hitlers, erinnern und gesagt, dass Deutsche Wölfe und nicht Schafe sein müssen. Er verwendet Terminologie und Konzepte, die Hitler einst selbst verwendet hat, darunter Rassenselbstmord, einen „zerfallenden Staat“ und „kulturellen Bolschewismus“.)

Auch die Washington Post berichtet über Höcke

Die schreibt: „Such language has alarmed even members of Hoecke’s own party, which has twice tried unsuccessfully to kick him out . Former party leader Frauke Petry argued there was sufficient evidence to show that Hoecke had written pseudonymous articles for neo-Nazi magazines, a conclusion shared by Germany’s domestic intelligence agency. Hoecke has denied writing for neo-Nazi magazines or being an extremist. Still, he marched publicly alongside known extremists at a rally last year and last month a regional court rejected Hoecke’s complaint against protesters who described him as a “fascist,” citing the contents of his book.“

(Übersetzung: Eine solche Sprache hat sogar Mitglieder von Hoeckes eigener Gruppe alarmiert, die zweimal erfolglos versucht hat, ihn rauszuwerfen. Die ehemalige Parteichefin Frauke Petry argumentierte, es gebe genügend Beweise dafür, dass Höcke Artikel unter Pseudonym [Landolf Ladig] für neonazistische Zeitschriften geschrieben habe, eine Schlussfolgerung des Bundesnachrichtendienstes. Höcke hat es geleugnet, für neonazistische Zeitschriften zu schreiben oder ein Extremist zu sein. Dennoch marschierte er letztes Jahr bei einer Kundgebung öffentlich mit bekannten Extremisten zusammen, und im vergangenen Monat wies ein Landgericht Höckes Beschwerde gegen Demonstranten zurück, die ihn als „Faschisten“ bezeichneten, indem sie den Inhalt seines Buches zitierten.)

Weiter heißt es:

„Germany’s security services have warned that far-right extremists feel increasingly emboldened, citing the killing in June of a moderate politician from Merkel’s party who was shot dead by a suspected neo-Nazi, and the anti-Semitic shooting this month in Halle in which two people were killed. Other parties have accused AfD of fueling violence against political opponents and minorities with its vocal criticism of immigration, a charge the party has strongly denied. Hammering home his message to voters in the final days of the campaign, Hoecke said AfD would “launch a deportation offensive 2020 if we get into government.”“

(Übersetzung: Die deutschen Sicherheitsdienste haben davor gewarnt, dass sich Rechtsextreme zunehmend ermutigt fühlen, indem sie die Ermordung eines gemäßigten Politikers [Lübcke] aus Merkels Partei, die von einem mutmaßlichen Neonazi erschossen wurde, im Juni und die antisemitische Schießerei in diesem Monat in Halle, bei der zwei Menschen getötet wurden, angeben.

Andere Parteien haben der AfD vorgeworfen, mit ihrer lautstarken Kritik an der Einwanderung Gewalt gegen politische Gegner und Minderheiten zu schüren, was die Partei entschieden bestritten hat. Höcke hämmerte seine Botschaft an die Wähler in den letzten Tagen der Kampagne und sagte, die AfD würde „eine Deportationsoffensive 2020 starten, wenn wir in die Regierung eintreten“.)

Und was ist mit unserer Presse?

Ist das, was Höcke treibt nicht viel zu offensichtlich? Wie deutlich muss er eigentlich noch werden? Man muss endlich aussprechen, was Sache ist: Höcke ist ein Faschist. Höcke ist ein Nazi. AfD-Wähler wählen einen Nazi, der an die Macht will. Ein Rattenfänger hat wieder Erfolg in Deutschland. Von der Perspektive aus dem Ausland, könnten sich viele deutsche Medien eine Scheibe abschneiden. Ich weiß, es ist zu schlimm, als dass es wahr sein könnte, aber: Es ist wieder soweit. Hitlers Ideologie ist zurück.

Artikelbild: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0