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Wo sind die Schweigeminuten der AfD für alle anderen Morde in letzter Zeit?

von | Jun 10, 2018 | Aktuelles

Vor kurzem wurde eine junge Frau in Frankfurt getötet, davor eine andere in Merseburg. Im Rhein-Herne-Kanal fand man eine Frauenleiche. Davor wurden ebenfalls drei Menschen in Serie umgebracht. Nicht gehört? Weil die Mörder halt „nur Deutsche“ waren.

Der Fall Susanna, der in allen Medien ist, ist tragisch, traurig und macht fassungslos. Der Mörder soll seine gerechte Strafe erhalten. Aber wie die Medien und gerade die rechtsextreme AfD den Fall instrumentalisiert, ist widerlich und pervers. Sogar die Trauer der Mutter instrumentalisiert die AfD für ihre Zwecke. Weil der Tatverdächtige ein abgelehnter Asylbewerber ist.

Jedes Jahr werden zwischen 280 und 400 Menschen ermordet. Im Schnitt also jeden Tag. Und der absolute Großteil nun mal von Deutschen. Die AfD will jedoch der Bevölkerung Angst vor Asylbewerbern machen. Warum? Weil sie sich selbst gleichzeitig als (einzige) Lösung des von ihr aufgebauschten Problems präsentieren kann. Es ist eine uralte Taktik: Ein Problem kreieren und vom Verkauf der vermeintlichen Lösung profitieren.

Kaum überregionale Berichterstattung über Morde

Vor kurzem wurde Irina in Frankfurt getötet,  davor Natalie in Merseburg  Im Rhein-Herne-Kanal fand man eine Frauenleiche. Davor wurden  drei Menschen in Serie in Hille umgebracht. Das sind nur ein paar Beispiele aus den letzten Wochen und Monaten. Die Meldungen gewinnen kaum überregionale Relevanz. Würde man im Bundestag für jeden in Deutschland verübten Mord eine Schweigeminute abhalten, würde man jede Sitzung ein oder zweimal eine halten müssen.

Doch das passiert nicht. Die AfD und die „rechte Lügenpresse“ picken sich ausschließlich Straftaten von Migranten oder Asylbewerbern heraus – die absolute Mehrheit der von Deutschen verübten Straftaten wird geflissentlich ignoriert. Die deutsche Presse macht bei diesem Spiel mit: Studien zeigen, dass sie überproportional öfter über Straftaten von Asylbewerbern berichten. Kein Wunder, dass die echten Zahlen der PKS dann der Bevölkerung unglaubwürdig erscheinen müssen.

In Fällen wie in Münster oder bei dem Fall Keira in Berlin sprechen die Rechten so lange von einem Fall, bis sich herausstellt, dass es sich bei dem Tatverdächtigen letztlich doch um einen Deutschen gehandelt hat – Dann wird es schnell fallen gelassen und tot geschwiegen – Auch Fälle, in denen der Täter unbekannt ist, werden ausgeschlachtet und Asylbewerbern in die Schuhe geschoben.

Kaum Gefahr für Frauen von Asylbewerbern

Bei Sexualdelikten haben sich Täter und Opfer in 80 Prozent der Fälle vorher gekannt, genau wie es bei Susanna der Fall war. Statistisch gesehen ist die eigene Wohnung gefährlicher als ein Park bei Nacht. Silvia Zenzen vom Bundesverband Frauen gegen Gewalt erklärt, dass die Herkunft keine Rolle spielt: „Die Frauen, die zu uns in die Beratungsstellen kommen, die Zahlen, die wir haben, spiegeln das nicht wider.“

Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt wurden nicht importiert, so Zenzen: „Unsere Beratungsstellen gibt es seit 40 Jahren. Und das Thema war schon virulent, bevor so viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen. Das ist doch nicht durch andere Kulturen zu uns gebracht worden. Ich glaube nicht, dass wir es hier mit einem kulturellen Problem zu tun haben. Es geht hier um Machtverhältnisse. Es geht darum, wie Macht in der Gesellschaft verteilt ist. Patriarchalische Machtverhältnisse haben wir weltweit.“

Medieninteresse überproportional hoch bei Ausländern

Deshalb ist es auch klar, dass die meisten Opfer von Asylbewerbern andere Asylbewerber sind. Die AfD überdramatisiert die Gefahr für deutsche Frauen gewaltig und macht den Menschen in diesem Land unnötig Angst. Studien belegen, dass Gewalt gegen Frauen in allen Schichten und allen Herkunftsgruppen vorkommt. Das ist ein Männerproblem, kein Herkunftsproblem. Hinzu kommt, dass die Anzeigebereitschaft steigt, wenn der Täter ein Ausländer ist, das verzerrt die Kriminalstatistik.

Das Medieninteresse ist leider besonders hoch, wenn der Täter nicht deutscher Herkunft ist. Das beobachtet man verstärkt seit den Übergriffen in Köln im Silvester 2016. Das Problem gab es natürlich schon früher, aber es hat selten jemanden interessiert. Es ist eine Schande und eine Tragödie, was dieser Täter getan hat. Und er soll dafür seine gerechte Strafe erhalten. Aber die 98% nicht straffälligen, unauffälligen, anerkannten Asylbewerber jetzt eine Mitschuld zuzuschieben, ist abscheulich. Und alle Medien spielen das Spiel der Rechtsextremen mit.