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Urteile der Woche (KW 44): AfD-Politiker Halemba verhaftet, nun wieder frei

von | Nov 5, 2023 | Serie

Es gibt immer mehr Prozesse gegen Demokratiefeinde, Extremisten und Verschwörungsideologen. Die Abgrenzung, wer „Querdenker“, Rechtsextremist, Antisemit, Reichsbürger oder alles gleichzeitig ist, fällt immer schwieriger. Am Ende wählen die meisten ohnehin die rechtsextreme AfD oder stehen ihr ideologisch zumindest nahe. Die Übergänge verflossen immer weiter. Zugleich haben viele der Verurteilten auch deutliche Schnittmengen mit anderen demokratiegefährdenden Gruppen, sodass wir uns entschlossen haben, die „Querdenker“-Urteile umzubenennen. Letzte Woche berichteten wir darüber, dass es einen Haftbefehl gegen AfD-Politiker Halemba gab:

Daniel Halemba (AfD) – erst verhaftet, nun wieder frei

Am Montag wurde 22-jährige Daniel Halemba verhaftet, kam aber kurze Zeit später unter Auflagen wieder frei. Der in Polen geborene AfD-Politiker, Kind von Spätaussiedlern aus Oberschlesien, muss sich nun wöchentlich bei der Polizei melden. Er darf zu der Burschenschaft keine Kontakte mehr pflegen. Die Staatsanwaltschaft hat sich noch nicht geäußert, ob sie Beschwerde einlegt, um ihn erneut in Untersuchungshaft sehen. Wir berichteten bereits letzte Woche, dass die Staatsanwaltschaft gegen ihn und vier weitere Beschuldigte ermittelt. Die Punkte sind Volksverhetzung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Halemba unterschrieb das Gästebuch der Burschenschaft mit „Si*g He*l“.

Daraufhin erfolgte im September 2022 eine Durchsuchung/Razzia bei der Burschenschaft Teutonia Prag. Bei Halemba im Zimmer seien nicht nur Schlagringe, Machete, Schlagstöcke und ein Einhandmesser gefunden worden, sondern auch noch eine Schreckschusswaffe. Mittlerweile kam heraus, dass Halemba den Haftbefehl erhielt, da er mindestens einen weiteren Beschuldigten bedrängt haben soll. Sein Zimmer „dekorierte“ er mit einem Ausdruck eines mit „SS“-Symbol versehenen Befehls des ehemaligen SS-Chefs Heinrich Himmler

AfD gegen Soli-Demo für AfD-Mitglied

Die Identitäre Bewegung steht auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD. Das hielt Halemba jedoch nicht davon ab, sich am 20.11.2021 an einer Demo der Identitären Bewegung in Wien teilzunehmen. Konsequenzen hatte die Demo-Teilnahme bislang nicht. Könnte daran liegen, dass er damit nicht alleine ist. Der Merkur hat herausgefunden, dass die neue AfD-Fraktion im bayrischen Landtag mehrere Kontakte in entsprechende rechtsextreme Kreise pflegt.

Die für gestern angesetzte Soli-Demo, organisiert von der AfD Jugend, fand nicht statt. Grund war nicht etwa der „böse Staat“, sondern die bayrische Parteispitze der AfD. Sie sah es, als schwierig zu vermitteln an, dass „Solidarisierung mit einem, dem die Staatsanwaltschaft konkrete Straftaten vorwirft und der im politischen Spektrum offenkundig maximal weit rechts einzuordnen ist.“ (SZ.de) seitens der AfD stattfindet. Dennoch gibt es bislang keine Informationen über ein angestrebtes Parteiausschlussverfahren und auch keine Distanzierung seiner Aussagen. Das ist nicht ganz unironisch, da die AfD-Fraktion Daniel Halemba diese Woche im Plenum in ihre Mitte geholt hatte. Für gewöhnlich sitzen Neulinge im Landtag meist in den hintersten Reihen. Eine Solidarisierung mit Halemba scheint es also neben der Jungen Alternative auch seitens seiner Landtagsfraktion zu geben.

Querdenker kassiert Strafe für Verstoß gegen Maskenpflicht

In Freiburg fanden zur Hochzeit der Covid19-Pandemie wöchentliche Demonstrationen gegen alles und jede:n, vor allem aber gegen die Corona-Maßnahmen des Staates, statt. Der 39 Jahre alte „Anführer“ und Leiter der Demonstration rief im März 2022 dazu auf, sich gegen die Auflage des Maske Tragens zu widersetzen. Nachdem die Demonstration in der Folgewoche vorzeitig durch die Polizei beendet werden musste, soll er auf eine Polizeisperre zugerannt sein. Dabei soll er einen Polizeibeamten an der Schulter verletzt haben. Im Oktober 2022 fuhr er ohne Maske in einem Bus mit. Er musste von der Polizei aus dem Bus gezogen/getragen werden. Dabei wehrte er sich so heftig, dass eine Polizeibeamtin Blutergüsse erlitt.

Die Stürmung der Polizeisperre konnte im Prozess nicht zweifelsfrei bestätigt werden. Alle anderen – auf Video dokumentierten Vorfälle – räumte der Tankwart, der ohne Verteidiger erschien, aber ein. Die Richterin verurteilte ihn zu 200 Tagessätzen zu je 40 € (insgesamt 7.200 €), wie die Badische Zeitung berichtete. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Neuer Prozess mit Dirk Sattelmaier in der Nebenrolle

Letzte Woche berichteten wir noch, wie „Querdenker“ Anwalt Dirk Sattelmaier als Verteidiger einen Prozess verloren hat – ihn aber als Sieg sah. Mit diesem Mindset kann es bei Querdenkern nahezu nie Niederlagen geben. So auch diese Woche. Bei der Verteidigung von Jon-Peter W. aus Münster-Altenberge kam es zur Verurteilung in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 15 €. Angeklagt war er wegen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung. W. wurde bekannt als der „freie Patriot“. Er verteilt fleißig mit Rechtschreibfehlern gespickte „Tapferkeitsmedaillen“. Sein Outfit besteht aus einem schwarzen Barett mit Fledermaus-Anstecknadel und oftmals einem schwarzen Mantel. Er bezeichnet sich auch immer wieder als „Reservist“ und „Veteran“.

Weil ihm nicht alles 100 % nachgewiesen werden konnte, wurde er also nur zu einem Teil der angeklagten Punkte verurteilt. Für Dirk Sattelmaier ein klarer Sieg. Aus der Urteilsbegründung ging hervor, dass wohl irgendwann irgendwo einmal irgendwas nicht ganz richtig lief im Staat und damit anscheinend künftige Prozesse gewonnen werden können – vielleicht. In seinem Video berichtet Sattelmaier zwar auch, dass sein Mandant jetzt eher unzufrieden mit der Verurteilung sei. Überraschend.

Angeklagter bezeichnet Prozess als „Märchenstunde“

W. jammerte bereits im letzten Wort, dass seine Worte ja eh keine Wirkung haben würden, weil den Zeugen mehr geglaubt werden würde. Er sagte dann auch, dass es sich für ihn hier um eine Märchenstunde handele. Keine Ahnung was er dann erwartet vom Gericht zu hören, wenn man so wenig Respekt entgegenbringt. Da muss man anscheinend durch, weil ja jetzt klar ist, dass Maskenkontrollen auf Versammlungen rechtswidrig seien. Hilft seinem Mandanten jetzt auch nicht. Oder um es mit Sattelmaiers Worten zu sagen: „Es ist ein Teilerfolg und deswegen ist es eine positive Entwicklung“.

Interessante Nebeninformation: W.s Tagessatz betrug 15 €, das ist das Niveau eines Bürgergeld-Empfängers. Jemand, der die Maßnahmen des Staates hasst und sie ablehnt, sich damit quasi gegen den Staat stellt, scheint bei seinen Einkommensverhältnissen aber genau von diesem finanziert zu werden. Konsequent wäre es, das Bürgergeld abzulehnen und sich – wie es sich für einen „freien Patrioten“ gehört – selbst zu finanzieren.

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