3.760

Urteile der Woche (KW 33): Zwei weitere AfD-Mitglieder vor Gericht

von | Aug 20, 2023 | Serie

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen Demokratiefeinde und Extremisten – es gibt auch immer mehr Urteile. Die Abgrenzung, wer „Querdenker“, Rechtsextremist, Antisemit, Reichsbürger oder alles gleichzeitig ist, fällt uns mit dem Wegfall der Covid19-Schutzmaßnahmen immer schwieriger. Am Ende wählen die meisten ohnehin die rechtsextreme AfD oder stehen ihr ideologisch zumindest nahe. Die Übergänge verfließen immer weiter. Zugleich haben viele der Verurteilten auch deutliche Schnittmengen mit anderen demokratiegefährdenden Gruppen, sodass wir uns nun entschlossen haben, die „Querdenker“-Urteile umzubenennen und auszuweiten. Ab sofort veröffentlichen wir nur noch die „Urteile der Woche“, und zählen darin alle Demokratiefeinde, Desinformationsverbreiter und Wissenschaftsfeinde auf. Vorletzte Woche berichteten wir über ein verurteiltes AfD-Mitglied, letzte Woche bereits über zwei verurteilte Mitglieder und auch diese Woche sind wieder Mitglieder der AfD von Gerichten verurteilt worden. Triggerwarnung Antisemitismus im ersten Artikel!

AfD-Chef verharmloste den Holocaust: Strafe

Florian Jäger ist Kreisvorsitzender und Kreisrat der AfD in Fürstenfeldbruck. Er wurde bereits wegen Volksverhetzung verurteilt, ging jedoch in Berufung. Ihm wurde vorgeworfen, die Schutzmaßnahmen gegen Covid19 als staatliche Willkür bezeichnet zu haben. Diese Maßnahmen soll er zusätzlich mit der Verfolgung der Jüdinnen und Juden in Deutschland durch die Nationalsozialisten insbesondere während der Novemberpogrome 1938 verglichen haben. Der Oberstaatsanwalt nannte Jäger laut SZ einen „Zündler“, der „Benzin in Brände gekippt“ habe. Jäger veröffentlichte dazu ein Video und arbeitete sich darüber hinaus auch noch an Markus Söder ab. Laut Staatsanwaltschaft war Jäger auf der Suche nach einem Sündenbock, den er da auszumachen gedachte. Video und Posting erhielten 3401 Likes und wurden 2598 mal geteilt.

Jäger legte Einspruch gegen Strafbefehl ein

Den zum damaligen Zeitpunkt erlassenen Strafbefehl wollte Florian Jäger nicht akzeptieren und lehnte Einspruch ein. Am Amtsgericht Fürstenfeldbruck bestand in der Hauptverhandlung kein Zweifel an der Tat, so dass er erstinstanzlich zu 90 Tagessätzen zu je 60€ (Gesamt 5.400€) verurteilt wurde. Typisch für Querdenker akzeptieren sie die Strafen für ihre Taten selbstverständlich nicht, so dass Jäger auch gegen dieses Urteil anging. Zur Überraschung aller, legte jedoch auch die Oberstaatsanwaltschaft Berufung gegen das Urteil ein – ihnen war die Strafe zu gering.

So kam es, dass sich Florian Jäger vergangene Woche vor dem Landgericht München II verantworten musste. Jäger sah für sich nur einen Freispruch, da „unter den Kommentatoren seines Videos kein Jude gewesen sei, der sich herabgesetzt gefühlt habe“. Dahingegen beantragte der Oberstaatsanwalt 120 Tagessätze zu je 60€. Hintergrund dürfte gewesen sein: mit dem Strafmaß gelte er dann als vorbestraft und hätte seine Mandate verloren.

Der Richter behielt die Anzahl der Tagessätze bei, reduzierte den Tagessatz jedoch auf 30€. Die Begründung schon speziell: die Mieten in München seien so hoch, außerdem mache er derzeit eine Umschulung und habe ja auch noch ein Kind. Das neue Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Jens Maier war 2019 schon Thema bei uns:

Disziplinarklage gegen AfD-Mitglied Jens Maier erhoben

Stell dir vor du bist Richter und Bundestagsabgeordneter, hetzt in deiner Freizeit aber gegen die ZDF-Journalistin Marietta Slomka und zeigst zudem Verständnis für die grausamen Taten von Anders Breivik, der im Juli 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya insgesamt 77 Menschen ermordete. Darunter 69 Teilnehmende eines Ferienzeltlagers der sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Bei Anders Breivik handelt es sich um einen rechtsterroristischen und islamfeindlichen Massenmörder. Für dich und uns unvorstellbar, ja, aber wenn dein Name Jens Maier lautet und du für die AfD im Bundestag sitzt, wirst du das ganz normal finden.

Das sächsische Justizministerium hatte eine Disziplinarklage gegen Jens Maier erhoben. Begründung: die Verletzung von Dienstpflichten im Richteramt. Seit 2020 wird Maier zudem vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingeschätzt.

Breivik sei «aus Verzweiflung» zum Massenmörder geworden – was für ein Bullshit!

Die Disziplinarklage bezieht sich auf Maiers Äußerungen zu Anders Breivik – und zwar noch vor seiner Wahl in den Bundestag. 2017 habe er über die Gewalttaten des norwegischen Terroristen Anders Breivik öffentlich geäußert, dieser sei «aus Verzweiflung» zum Massenmörder geworden. Maier zeigte somit Verständnis für die grausamen Taten von Anders Breivik. Doch auch die „Mainstreammedien“ wurden von Maier scharf kritisiert. Bezüglich der ZDF-Journalistin Marietta Slomka habe er auf seiner Facebook-Seite geschrieben: «GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!».

Das Justizministerium Sachsen teilte in dieser Angelegenheit mit:

«Richterinnen und Richter haben sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Sie haben sich zudem innerhalb und außerhalb ihres Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, dass das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit nicht gefährdet wird, und unterliegen der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten».

Maier klagt gegen Versetzung in den Ruhestand

Maier wurde bereits aus dem Dienst heraus in den Ruhestand versetzt. Die ursprüngliche Klage wurde bei dem am Leipziger Landgericht ansässigen Dienstgericht für Richter erhoben. Das Leipziger Dienstgericht erklärte seine Versetzung in den Ruhestand bereits für zulässig, damit wollte sich Maier aber nicht abfinden. Das Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof (BGH) soll am 5. Oktober final über die Versetzung in den Ruhestand entscheiden.

22 Monate Haft für Querdenker, der Spenden veruntreut hat

Bei dem Fall wissen wir gar nicht, wo wir anfangen sollen. Ins Ansbach organisierte ein 37-jähriger zu Beginn der Corona-Pandemie regelmäßig Demonstrationen, die sich gegen die Maßnahmen richteten. Dabei sammelte er auch Spenden ein. Hätte er diese Spenden entsprechend weitergeleitet, hätte es jetzt auch keine Probleme gegeben. Er behielt das Geld (Summe 2.000€) jedoch zum Teil für sich, obwohl er parallel noch Leistungen vom Jobcenter in Empfang genommen hat. Zusätzlich war er allerdings in zwei Studiengänge eingeschrieben, wodurch er dem Arbeitsmarkt offiziell nicht zur Verfügung steht und maximal Anspruch auf Wohngeld gehabt hätte, nicht jedoch auf Arbeitslosengeld. Man muss kein:e Expert:in sein um zu verstehen, dass es sich dabei um Betrug handelt. In seinem Fall gleich um einen mehrfachen Betrug.

Jobcenter um 25.000 Euro betrogen

Er soll das Jobcenter so um 25.000€ betrogen haben – und damit am Ende auch alle Steuerzahler:innen. Der BR berichtet: „Dass er seinen Studentenstatus bewusst verschwiegen hatte, davon ging auch das Gericht in seiner Urteilsbegründung aus: „Es gab einen Vordruck, auf dem Sie ankreuzen mussten: bin ich Student, ja oder nein? Und sie haben ganz bewusst nein angekreuzt“, so der Richter Christian Winkelmann.“

Man könnte meinen, er habe somit schon genug profitiert, doch damit noch nicht genug. Zusätzlich mietete er eine Wohnung an, zahlte jedoch nicht dafür. Eine Bewährungsstrafe kam für das Gericht nicht mehr in Betracht, da er bereits mehrfach straffällig wurde und auch Haftstrafen abgesessen hatte. Aufgrund der Schnelle der Rückfallgeschwindigkeit verurteile ihn der Richter daher zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten.

Die Liste seiner Vorstrafen ist lang

Zu seinen Vorstrafen zählen unter anderem: Betrugsdelikte, unerlaubtes Führen einer Waffe bei einer öffentlichen Veranstaltung, Urkundenfälschung und gefährliche Körperverletzung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ihr ahnt warum: er legte Berufung ein und will die Strafe für seine Taten nicht akzeptieren.

Artikelbild: shutterstock / Canva