12.220

„Das ist nicht erträglich“: Merz hat seine eigene Partei verloren – Reaktionen

von | Jul 24, 2023 | Aktuelles

Friedrich Merz hat es wieder getan – doch diesmal ist er wohl den einen Schritt zu weit gegangen. In seinen offenbar verzweifelten, aber erfolglosen Versuchen, durch Rechtspopulismus der AfD „Stimmen abzunehmen“, rückt der CDU-Vorsitzende die Partei immer weiter nach Rechts. Dabei macht er buchstäbliche Nazi-Framings salonfähig, plant Treffen mit Trump-Extremisten und sorgt mit solchen Grenzübertritten dafür, dass der Mainstream-Diskurs sich immer weiter nach rechts verschiebt. So hat Merz die rechtsextreme AfD in den Umfragen auf über 20 % gehievt.

Die neuste Eskalation nach rechts gab es am Sonntag: Friedrich Merz stellte im ZDF-Sommerinterview klar, dass es in Zukunft auf kommunaler Ebene Zusammenarbeit seiner Partei mit der AfD geben könnte. Das ist natürlich ein klarer Verstoß gegen die ohnehin schon bröckelnde „Brandmauer nach rechts“, welche Merz selbst noch unter Androhung eines Parteiausschlusses ausgerufen hatte. Konsequenterweise müsste es nun also ein Parteiausschlussverfahren gegen Friedrich Merz geben. Ob sein halbherziges Zurückrudern den Parteivorsitzenden diesmal noch retten kann, scheint fraglich. Die Reaktionen im Netz sprechen eine eindeutige Sprache: Friedrich Merz hat den Rückhalt seiner Partei verloren. Wir fassen für euch die Reaktionen zusammen.

„Wehret den Anfängen“: Die Reaktionen von Unions-Spitzenpolitikern

Gewohnt meinungsstark zeigte sich der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz. Der bekannte Vertreter der gemäßigten Christdemokrat:innen und Gegner des in der Union wachsenden Rechtspopulismus appellierte an die „Verpflichtung zur Loyalität des Vorsitzenden gegenüber der CDU“:

Selbst für den CSU-Chef und Ministerpräsidenten von Bayern Markus Söder, der immer wieder als Freund von faktenfernem Opportunismus auftritt, ging Friedrich Merz hier zu weit. Auch wenn er sich nicht traute, den CDU-Vorsitzenden beim Namen zu nennen, betonte er, dass die CSU jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ablehne.

Der regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, betont: „Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist.“

Norbert Röttgen war 2021 die aussichtsreichste Merz-Alternative bei der Wahl zum Parteivorsitzenden. Mit gemäßigten Positionen und Erfahrung als Bundesminister steht er für den pragmatischen (und damit Merz-kritischen) Teil der Union. Er betont das „einschränkungslose Kooperationsverbot mit der AfD“ und kritisiert damit auch Merz, ohne ihn namentlich zu erwähnen.

Deutlicher wird der ehemalige Ministerpräsident und heutige Landesvorsitzende im Saarland, Tobias Hans. Merz‘ Kuschelkurs mit den Rechtsextremen sei für ihn „nicht erträglich und kann nicht stehen bleiben“; er bemüht sogar das geflügelte Wort „Wehret den Anfängen“ und gibt damit der unter Demokrat:innen weit verbreitete Sorge Ausdruck, dass Friedrich Merz die CDU so weit nach rechts rückt, um letztlich ein Bündnis mit der rechtsextremen AfD zu legitimieren.

„Klares Nein“: Weitere prominente Stimmen distanzieren sich von Merz

Serap Güler war Staatssekretärin für Integration in NRW und sitzt aktuell für die CDU im Bundestag. Sie schließt Zusammenarbeit mit der AfD auf allen Ebenen für die Zukunft aus – und verweist, wie viele andere, auf den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU.

Anette Widmann-Mauz ist ebenfalls Bundestagsabgeordnete und seit 2015 Vorsitzende der Frauen-Union – offensichtlich einer weiteren Gruppe innerhalb der eigenen Partei, die Friedrich Merz schon verloren hat:

Dass Friedrich Merz den Rückhalt großer Teile der Bundestagsfraktion verloren hat, wird durch deren Distanzierungen von seinen Aussagen zur Zusammenarbeit mit der AfD deutlich. Da ist zum Beispiel der Bremer Abgeordnete Thomas Röwekamp:

Die sächsische Bundestagsabgeordnete und Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas schließt sich an:

Und auch der langjährige Berliner Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak:

Die Kritik reicht sogar bis nach Europa: Beispielsweise kritisiert das Mitglied des Europaparlamentes Dennis Radtke implizit Merz und erinnert den rechtsoffenen Parteivorsitzenden daran, dass die Gründung der Union auch auf den Widerstand gegen die Nationalsozialisten zurückgehe.

Direkt attackiert wird Merz von der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft: „Es gibt einen Parteitagsbeschluss, dass mit der AfD keine Zusammenarbeit erfolgt. Daran hat sich auch Friedrich Merz zu halten!“

Der Parteivorsitzende hat also offensichtlich nicht nur der Rückhalt der Spitzenpolitiker:innen und der Bundestagsfraktion verloren. Auch auf kommunaler Ebene, die Merz laut eigener Aussage ja nach Rechtsaußen öffnen will, gibt es massive Kritik. Zum Teil noch direkter und offener, als es sich die Parteielite erlauben will.

„Schlecht informiert, mies beraten“: Kommunalpolitiker gegen den Vorsitzenden

In den sozialen Medien finden sich unzählige Aussagen von enttäuschten und wütenden CDU-Kommunalpolitiker:innen, die sich teils über Jahrzehnte unter starkem persönlichen Einsatz und teils auch Risiko für die Partei eingesetzt haben, die sich mit Merz nun in wenigen Monaten von einer konservativen zu einer rechtspopulistischen zu transformieren droht. Wir haben beispielhaft einige Tweets zusammengestellt, die die Stimmung auf der Kommunalebene der CDU auffangen:

„Für mich als Mitglied der CDU ist Friedrich Merz als Parteivorsitzender gescheitert“ – Basis verlässt Merz

Doch falls Merz gehofft hatte, mit seinen Aktionen wenigstens die Basis hinter sich zu haben, war auch das naiv. Mitglieder der CDU melden sich zu Wort und zeigen, dass sie genug haben von Friedrich Merz. Sie wollen seinen Rechtskurs nicht mehr mittragen, einige sehen Friedrich Merz schon als gescheitert an:

Andere Stimmen werden laut, die fast schon verzweifelt klingen, wobei sie nur das selbstverständliche fordern, nämlich eine Besinnung auf „unsere Verantwortung für diese Demokratie“:

„Ein Armutszeugnis“ – dem haben wir auch nichts hinzuzufügen.

Merz war schon vorher bei allen unbeliebt

Und dabei war Friedrich Merz schon vor Sonntag alles andere als mit einer Mehrheit hinter sich. Seine verbalen Entgleisungen (Schüler als „Paschas“ zu bezeichnen) und seine diversen Versuche, sich dem Niveau der AfD anzupassen, haben ihm offensichtlich keine Sympathiepunkte eingebracht – im Gegenteil: In der Bevölkerung sind die Beliebtheitswerte vom Merz im Keller. Merz ist sogar unbeliebter als einige der wichtigsten Ampel-Politiker wie Baerbock, Lindner oder Kanzler Scholz.

ARD-DeutschlandTRENDStatista

Laut Civey wird sein politischer Kurs von mehr als der Hälfte als eher negativ oder sehr negativ bewertet. Selbst die Mehrheit der CDU-Anhänger ist unzufrieden mit Merz. Und viele in der Union halten andere, wie Wüst oder Günther für viel beliebter.

Quelle

Fazit: Merz verliert die Partei auf allen Ebenen – Rechtsruck ist gescheitert

Wir könnten diesen Artikel noch ewig weiter führen, die gemäßigten, pragmatischen und demokratischen Protestmeldungen aus der CDU sind zahlreich. Die entscheidende Erkenntnis ist: Mit der weiteren Eskalation nach rechts scheint Merz es nun endgültig zu weit getrieben zu haben. Stimmen von der Basis über Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europapolitiker:innen bis hin zu Spitzenpolitiker:innen der eigenen Partei und der CSU werden laut.

Sie widersprechen dem Mythos einer „schweigenden Mehrheit“, die den Rechtskurs unterstütze und zeigen ganz klar auf: Friedrich Merz ist gescheitert. Die CDU kann durch Annäherung an die AfD nur verlieren. Er verliert ja bereits. Sie braucht einen Neustart nach Merz – mit klaren Veränderungen an der Parteispitze. Wir haben da mal ein paar Namen gesammelt, mit denen es eine bessere CDU geben könnte. Doch zuvor müssen jetzt die Konsequenzen gezogen werden, die ChristDEMOKRAT:INNEN in den letzten 90 Jahren gelernt haben müssten: Keinen Millimeter nach Rechts.

Artikelbild: Michael Kappeler/dpa