Alles Täuschung? Das steckt wirklich hinter der “Sammelklage gegen Drosten”
Pandemie-Leugner:innen scheinen es sich zum lukrativen Geschäftsmodell gemacht zu haben, mit längst widerlegten Fake News auf Telegram und YouTube Leuten die falschen Informationen zu verkaufen, die sie hören wollen. Es ist inzwischen deutschlandweit bekannt, dass Leute mit Spenden, Schenkungen, Geldsammlungen für diverse Projekte und dem Verkauf von Merchandise ein Geschäft draus gemacht haben, besonders kreativ Fake News zu basteln, damit sich so einige nicht der Realität stellen müssen, dass Corona echt und gefährlich ist, PCR-Tests funktionieren und Impfungen ziemlich sicher sind. Über einen Fall hatten wir ja schon berichtet: Die angebliche “Corona-Schadensersatzklage” und “Sammelklage” gegen Dr. Drosten, das RKI, die WHO und die Corona-Maßnahmen.
Was war das? Ein gewisser Pandemie-Leugner-Anwalt namens Fuellmich (Ja, wirklich) verkündet, dass er eine “Sammelklage” und eine “Corona-Schadensersatzklage” gegen Dr. Drosten & Co auf den Weg bringen möchte. Man könne sich als “Klägerin oder Kläger” der Klage anschließen. Er wolle Schadensersatz gegen Dr. Drosten geltend machen. Und zwar in den USA. Und das ist nicht einmal alles: Man müsse dafür nur 800€ zuzüglich Steuern zahlen. Angeblich seien so geschätzt 1,3 Millionen Euro zusammen gekommen. Bereits im September haben wir erklärt, warum diese “Sammelklage” ein völlig absurdes Konzept ist:
Quatsch-Corona-Sammelklage: Werden naive „Querdenker“ einfach abgezockt?
Auch andere haben sich angeschaut, was hinter der Quatsch-Sammelklage stecken soll:
Alles nur Täuschung und heiße Luft?
Dass die ganzen Behauptungen, die Fuellmich & Co täglich so von sich geben, mehr als fragwürdig sind, davon können wir nach bald einem Jahr Faktenchecks über Corona und PCR-Tests ein sehr langes Lied singen. Geschenkt, dass der ganze Unsinn zigfach widerlegt wurde. Nicht nur von uns, sondern von allen seriösen Medien. Wer noch mal eine Auffrischung braucht, hier haben wir einen umfassenden Faktencheck gemacht:
Nein, dass es sich hier seit Monaten um eine “Sammelklage” um “Schadensersatz” “gegen Drosten” handeln soll, scheint auch Betrug zu sein. Gehen wir doch gerne mal ins Detail. Was hat Desinformations-Anwalt Fuellmich seit Monaten seinen Anhänger:innen (und vielleicht Mandant:innen?) versprochen?
Das wurde versprochen:
Noch im August bewarb er eine “Sammelklage” und bot bereits Personen (gegen Zahlung) an, sich als Kläger:innen zu beteiligen:
Im September hieß es, es würde eine “Billionen Klage gegen Drosten, das RKI und die WHO” geben:
In vielen weiteren Interviews heißt es zum Beispiel: “Gigantische Klage gegen Drosten & Co.”
In einem weiteren Video (November 2020) wird er erneut wegen einer “Sammelklage gegen Drosten, Wieler & Co” interviewt:
Und in weiteren Interviews heißt es, dass er “eine Sammelklage (Class Action) vorbereitet” und er mit seinen Kolleg:innen “mit ihrer Klage” Drosten und Wieler “falsche Behauptungen” unterstellt.
In seinem eigenen Telegram-Kanal verbreitet er diese Aussagen und gibt damit zu Erkennen, dass sie wohl genau so der Wahrheit entsprechen sollen:
Ein Blick auf dessen Desinformations-Kanal bei Youtube zeigt das auch. (Witziger Hinweis: Alte Videos mit den Titeln “Sonnenlicht ist immer noch das beste Desinfektionsmittel”.)
Und nicht nur das: Auf der Website, auf der er in seinem Namen Texte veröffentlicht, die buchstäblich “Corona Schadensersatzklage” heißt, wird wörtlich erklärt, dass es bei der “Sammelklage” “unmittelbar […] gegen Prof. Drosten” richtet, sowie gegen die WHO.
Und erst gestern (18. Januar) verbreitete er in seinem Kanal ein weiteres Video “zum Stand der Klage gegen Drosten”.
Pandemie-Leugner-Anwalt Fuellmich will also ganz offensichtlich, dass alle Leute denken, er würde eine “Sammelklage” für “Schadensersatz” “gegen Dr. Drosten” in den USA einreichen. Warum das so relevant ist und ich das so vehement belege? Weil überhaupt keine “Sammelklage” für “Schadensersatz” “gegen Dr. Drosten” eingereicht wurde.
Ist die “gigantische Sammelklage” ein gigantischer Betrug?
Auf ihrer eigenen Website haben Fuellmich und sein Team zwei angebliche Klageschriften hochgeladen. In allen Veröffentlichungen nennt er stets beide hintereinander, eine soll in Kanada eingereicht worden sein, die andere in New York. Die Dateien sind buchstäblich auf der Website “fuellmich.com” zu finden. Dumm nur: Keine einzige der beiden Klagen adressiert Dr. Drosten.
Die eine “PCR-Klage” – von der wohl jeder ausgehen müsste, dass es sich um die Klage gegen Dr. Drosten handelt, ist keine Sammelklage, geht nicht um Schadensersatz, geht nicht um deutsche Corona-Maßnahmen und auch nicht gegen Dr. Drosten oder Dr. Wieler. Die andere vermeintliche Klage in Kanada übrigens auch nicht. Hier werden – kein Scherz – unter anderem der Papst und Queen Elizabeth II. verklagt.
Die “Sammelklage” in Kanada erstreitet auch nicht Schadensersatz für deutsche “Geschädigte” des weltweit führenden Corona-Experten Dr. Drosten, sondern für die diskriminierte indigene Bevölkerung wegen eines “Genozids”. Die New-Yorker-Klage hingegen hat in Wahrheit nur zum Ziel, dass dort die Schulen wieder geöffnet werden sollen. Vertreten werden auch nicht die Kläger:innen in Deutschland, die 800€ gezahlt haben, sondern Eltern von acht Schulkindern aus New York (Quelle).
Anwalt Jun erklärt auf Twitter dazu: “Über 1.400 Rechnungen über insg. über 1.3 Mio EUR wurden an Unternehmer geschickt, um sie zu finanzieren. Sie ist gar keine Sammelklage, denn dafür müsste der Schaden mind. 5 Mio US$ betragen. Es geht auch nicht um deutsche Maßnahmen, es geht auch nicht um Drosten oder die WHO, auch nicht um die Bundesregierung. Es geht nicht um Schadensersatz. Sondern: Es geht um: Schließungen von Schulen in New York und Erstattung der Anwaltskosten. QuatschJura. Angeblich soll aber noch eine echte Sammelklage in Kanada für die diskriminierte indigene Bevölkerung in Arbeit sein. Dort können sich noch Deutsche anschließen.”
Die lange angekündigte US-Corona-Sammelklage gegen die deutschen Corona-Maßnahmen wurde in New York eingereicht. Über 1.400 Rechnungen über insg. über 1.3 Mio EUR wurden an Unternehmer geschickt um sie zu finanzieren. Jetzt liegt sie vor. https://t.co/j8VXZS1AcW pic.twitter.com/zslzKg8vRV
— Chan-jo Jun 🇺🇦 (@Anwalt_Jun) January 19, 2021
Warte, was?
Ich denke, es dürfte an dieser Stelle klar sein, aber die Rechtmäßigkeit der Schließungen von Schulen in den USA wurde schon längst vor Gericht bestätigt (Quelle). Diese Klagen scheinen nicht mal für sich genommen groß Sinn zu ergeben. Was sie definitiv nicht sind: “Gigantische” “Sammelklagen” gegen “Drosten & Co.” Geschätzt hat Fuellmich über eine Million Euro von Mitklagenden eingesammelt. Die anscheinend gar nicht mit klagen. Und die auch bei einem völlig unwahrscheinlichen Sieg vor Gericht garantiert keinen Schadensersatz von irgendjemandem erhalten.
Hier sieht man auch als juristischer Laie, dass hier einfach nur ein riesiger PR-Stunt ohne viel dahinter vorzuliegen scheint. Möglicherweise handelt es sich sogar um waschechten Betrug. Vielleicht möchte sich jemand, der hier Geld gezahlt hat, einmal erkundigen, ob das, was ganz offensichtlich versprochen wurde, auch umgesetzt wird? Oder sich vielleicht juristisch wehren? Wir beim Volksverpetzer helfen gerne, einen möglichen Betrug aufzudecken. Und das ganz, ohne dass man zuvor 800€ zahlen muss.
Fuellmich, den wir im Übrigen, wegen diffamierenden Falschbehauptungen, uns noch juristisch belangen werden, scheint nach über einem halben Jahr bisher nicht das real gemacht zu haben, was er die ganze Zeit verkündet: Auch eine gegen uns im November angekündigte Klage wurde bis heute nicht zugestellt. Es scheint so zu sein, wie schon von Anfang an vermutet: Hinter den angekündigten juristischen Folgen steckt wohl genau so viel wie hinter den Fake News der Pandemie-Leugner:innen über Corona: Gar nichts.
Er ist übrigens der Anwalt, der für Wodarg eine Viertelmillion Euro Schadensersatz von uns verlangte:
Und hier noch eine sehr peinliche Geschichte über Fuellmich:
Polizei löst als „Parteigründung“ getarnte illegale Querdenker-Versammlung auf
Artikelbild: Screenshots
Unsere Autor:innen nutzen die Corona-Warn App des RKI: